Münchner
Schauspielhaus
Telefonruf 1274.
München, den 25. August 1898
Neuturmstraße 1.
Lieber Herr DoctorDr. phil. Ludwig Jacobowski, Schriftsteller und Redakteur in Berlin (Wilhelmstraße 141) sowie „Herausgeber der ‚Gesellschaft‘“ [Adreßbuch für Berlin und seine Vororte 1899, Teil I, S. 617], in deren Heften des Jahrgangs 1898 er entsprechend ausgewiesen ist („Verantwortlicher Leiter: Dr. Ludwig Jacobowski in Berlin“). Er gab die Zeitschrift „Die Gesellschaft“ (nun eine Halbmonatsschrift) als Nachfolger von Hans Merian seit dem 1.1.1898 gemeinsam mit Michael Georg Conrad heraus.,
Sie werden nicht wenig überrascht sein, mich als
DramaturgenWedekind war seit dem 22.8.1898 [vgl. Wedekind an Beate Heine, 25.8.1898] als Dramaturg und Sekretär unter der Direktion von Georg Stollberg am Münchner Schauspielhaus (siehe unten) engagiert [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 443], wie die Presse erst später meldete: Der neue Direktor habe „als Dramaturgen den Schriftsteller Frank Wedekind gewonnen“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 101, Nr. 243, 3.9.1898, S. 6], er habe „als Dramaturgen den bekannten Schriftsteller Frank Wedekind gewonnen.“ [Münchner Schauspielhaus. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 51, Nr. 407, 4.9.1898, S. 2]. des Münchner SchauspielhausesDas am 17.11.1897 unter der Direktion von Emil Drach eröffnete Münchner Schauspielhaus [vgl. Allgemeine Zeitung, Jg. 100, Nr. 313, 12.11.1897, 2. Abendblatt, S. 6] war in finanzielle Schwierigkeiten geraten und wurde im Sommer 1898 von Georg Stollberg übernommen, der am Münchner Schauspielhaus zunächst als Oberregisseur und Schauspieler tätig war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1898, S. 468], dann zusätzlich als Direktor [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 443]. Das Münchner Schauspielhaus wurde unter seiner Leitung am 7.9.1898 neu eröffnet, wie die Presse ankündigte: „Das Münchner Schauspielhaus wird am 7. Sept. d. Js. wieder eröffnet werden. Wie bekannt, übernimmt Herr Georg Stollberg, der bisherige Oberregisseur des Schauspielhauses, die Direktion.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 51, Nr. 400, 31.8.1898, Morgenblatt, S. 2] zu finden. Die ungeheure Arbeit die
ich in den letzten acht Tagenseit dem 17.8.1898; zwei Tage darauf hat die Presse eine Erklärung von Georg Stollberg, dem neuen Direktor und Nachfolger von Emil Drach (siehe oben), veröffentlicht, in der es heißt: „Am 7. September werden [...] die Vorstellungen im ‚Münchner Schauspielhaus‘ wieder aufgenommen werden.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 51, Nr. 380, 19.8.1898, Morgenblatt, S. 3] zu bewältigen hatte, ließ mich auch auf Ihre an
mich gerichteten freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ludwig Jacobowski an Wedekind, 17.8.1898. nicht vorher antworten. Ihren Dijab der
Narr fand ich in zwei Exemplaren in der Theaterbibliothek. Wir haben nun noch
nicht einmal das RepertoirSchreibversehen, statt: Repertoire. für die ersten acht Tage festgesetzt. Aber bei dem
Mangel an Novitäten und großem Bedürfniß nach Stücken ist es mehr als wahrscheinlich,
daß wir Ihr DramaLudwig Jacobowski dürfte sich in seinem nicht überlieferten Brief (siehe oben) nach einer möglichen Inszenierung seiner Komödie „Dijab, der Narr“ (1895) am Münchner Schauspielhaus erkundigt haben. bald genug vornehmen.
Was die Beantwortung Ihres Briefesder nicht überlieferte Brief (siehe oben). Ludwig Jacobowski dürfte Wedekind um einen Beitrag für die Zeitschrift „Die Gesellschaft“ gefragt haben. an mich
betrifft so habe ich thatsächlich gar nichts auf Lager und komme jetzt auch
nicht dazu etwas neues zu schreiben. Das einzige was ich Ihnen anbieten kann
ist ein Einacter„Der Kammersänger“ (1899), der in einem verschollenen Manuskript zunächst den Titel „Das Gastspiel“ [vgl. KSA 4, S. 331f.] trug, unter dem Wedekind seinen Einakter hier für einen möglichen Vorabdruck in der Zeitschrift „Die Gesellschaft“ anbietet. Das
Gastspiel, 60 Seiten
lang, tragisch, interessandSchreibversehen, statt: interessant. und nicht anstößig oder gefährlich. Dieser
Einacter läßt sich in drei Scenen zu je cca 20 Seiten zerlegen. Ich habe
nun gar keine AnnungSchreibversehen, statt: Ahnung. ob das in den RamenSchreibversehen, statt: Rahmen. der Gesellschaft paßt | immerhin hat
Merian ja seinerzeit auch den Bartel Turaser zuerst in der Gesellschaft gebrachtPhilipp Langmanns Arbeiterdrama „Bartel Turaser“ (1897) wurde im Vorabdruck in der Zeitschrift „Die Gesellschaft“ (da noch eine Monatsschrift) veröffentlicht [vgl. Philipp Langmann: Bartel Turaser. Drama in drei Akten. In: Die Gesellschaft, Jg. 12, Heft 11, November 1896, S. 1421-1444; Heft 12, Dezember 1896, S. 1581-1610], die seinerzeit von Hans Merian nicht nur herausgegeben und redigiert, sondern auch verlegt wurde (in den Heften annonciert ist „Hans Merian, Verlag der ‚Gesellschaft‘, in Leipzig“)..
Vielleicht schreiben Sie mir darüber. Grüßen Sie bitte was wir an gemeinsamen
Bekannten haben, vor allem Scharf, wenn Sie noch sein ProtectorLudwig Jacobowski hat im Jahr 1898 in der nun von ihm redigierten Zeitschrift „Die Gesellschaft“ (siehe oben) verstreut Gedichte von Ludwig Scharf in Berlin (Ansbacherstraße 54) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1898, Teil I, S. 1151] veröffentlicht – „Großstadt-Eremit“ [vgl. Die Gesellschaft, Jg. 14, Heft 1, S. 27-28], „Lord und Lady“ und „Monsieur Tod“ [vgl. Die Gesellschaft, Jg. 14, Heft 4, S. 262, 272-273], „Nie-Wiederkunft“ [vgl. Die Gesellschaft, Jg. 14, Heft 13, S. 39]. sind. Herr
Director Stollberg läßt sich Ihnen bestens empfehlen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.