Kennung: 1239

Prag, 5. März 1910 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Herzog, Wilhelm

Inhalt

[1. Abschrift:]


Prag, 5.III.10.


Sehr geehrter Herr Herzog!

Ich ersuche Sie nachdem ich Ihre geehrten Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wilhelm Herzog an Wedekind, 2.3.1910. Beilage (ebenfalls nicht überliefert), erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 1.3.1910. – Tilly Wedekind hat ihrem Mann die Beilage mit Begleitschreiben am 3.3.1910 abends von München nach Prag nachgesandt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 4.3.1910]. und die Einlagenicht überliefert; die Beilage dürfte ein Brief Bruno Cassirers gewesen sein (siehe oben), von dem im vorliegenden Brief die Rede ist. Frank Wedekind äußerte sich seiner Frau gegenüber auf einer Postkarte [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 4.3.1910] und brieflich [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 5.3.1910] zum Inhalt dieses Briefes. gelesen hab insofern weiter zu gehen„Ich schrieb [...] an Herzog“, teilte Wedekind seiner Frau zum vorliegenden Brief mit, „er möchte die Verhandlungen“ mit Bruno Cassirer „weiter fortsetzen“ [Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 5.3.1910]. Wilhelm Herzog gehörte zu Personen, die in Wedekinds Streit mit seinem Verleger Bruno Cassirer [vgl. Vinçon 2014, S. 227-230] zu vermitteln suchten. Bei seinem nächsten Aufenthalt in Berlin (Ankunft: 30.3.1910) traf sich Wedekind am 3.4.1910 zu einem „Mittagessen mit Wilhelm Herzog“ [Tb] und hatte am 6.4.1910 eine „Unterredung mit [...] Wilhelm Herzog“ [Tb] über seine Auseinandersetzung mit Bruno Cassirer. Ein Gespräch fand außerdem bereits am 2.4.1910 statt, wie Wilhelm Herzog, der neuerdings als Lektor im Verlag Paul Cassirer tätig war und Wedekind für diesen Verlag werben wollte, über ein Treffen mit Wedekind festhielt, zu dem Paul Cassirer nicht erschien: „Cassirer hatte Wedekind zu einer Besprechung über den Verlagswechsel bestellt und war dann nicht erschienen. Er machte seinem Ärger über Cassirers Abwesenheit Luft: ‚Mit mir kann er nicht wie mit einem Manet 100000 Mark verdienen. Daher sein Mangel an Interesse. Da geh’ ich doch lieber zu meinem Georg Müller... Dem sage ich: ich brauche einen Vorschuß von 5000 Mark. Da gibt er mir 1000. Und die Sache ist erledigt‘.“ [Tb Herzog; vgl. Müller-Feyen 1996, S. 26] Das Treffen dauerte bis 14.30 Uhr, wie aus Wilhelm Herzogs stichwortartiger Notiz vom 2.4.1910 hervorgeht: „Wedekind. Mit W. Droschke. Sein Wartenmüssen bei C. ‚Das geht nicht.‘ Georg Müller in München. ‚Ich gehe auch nicht zu Rockefeller, Morgan. Die haben natürlich für mich keine Zeit‘ Im Hohenzoller gegessen. – Vor 16 Jahren hätte er auch mit Przybyszewski bereits im Hohenzollern gegessen. Der Wirt erkennt ihn noch. 2 ½ fort. Er ließ weder die Droschke noch das Mittagessen bezahlen.“ [Tb Herzog]“ Sein Auftaktgespräch mit Wedekind in der Sache des nicht zustande gekommenen Verlagswechsels vom Verlag Bruno Cassirer zum Verlag Paul Cassirer (zustande kam der Wechsel zum Verlag Georg Müller) hat Wilhelm Herzog später ausführlicher und etwas anders wiedergegeben [vgl. Herzog 1959, S. 203-205]., als es sich darum handelt endlich einmal den Preis zu erfahren, den B.C. fordert. Zu meiner Genugthuung sehe ich aus dem Brief B.C’s. daß von einem Bühnenvertrieb nicht mehr die Rede ist. Sobald die Preisfrage erledigt ist, wird der Käufer wenn ihn B.C. wünschAbschreibversehen, statt: wünscht (so im Erstdruck). leicht zu konstruiren sein.

Sobald ich in München binWedekind reiste am 10.3.1910 von Dresden zurück nach München [vgl. Tb]., leider nicht vor dem 12.III. werde ich selber denAbschreibversehen, statt: dem (so im Erstdruck). B.C. schreiben, was ihm ja nicht unwillkommen zu sein scheint und werde ihn auffordern, den Verlag direkt an mich zu verkaufenBruno Cassirer veröffentlichte dann die Anzeige: „Ich beabsichtige, aus meinem Verlage sämtliche bei mir erschienenen Werke von FRANK WEDEKIND zu verkaufen.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 77, Nr. 56, 10.3.1910, S. 3079]. Auf diesem Wege ließen sich dann vielleicht die Genugthuungen, die er fordert, am wertvollsten anbringen, in demAbschreibversehen, statt: indem (so im Erstdruck). ich ihn auch darauf aufmerksam machen kann, daß er vielleicht nicht das Recht hat an dem Verkauf der Verlagsrechte anderer als geschäftliche Bedingungen zu knüpfen. Sollten Sie mir jetzt etwas mitzutheilen haben, dann erbitte ich Ihren Brief nach Dresden, Webers Hotel wo ich am 8. eintreffeWedekind traf dem Tagebuch zufolge am 8.3.1910 in Dresden ein.. Von da an dann wieder in München.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


[2. Erstdruck:]


Prag, 5.3.10.

Hotel Blauer Stern


Sehr geehrter Herr Herzog!

Ich ersuche Sie nachdem ich Ihre geehrten Zeilen und die Einlage gelesen insofern weiter zu gehen, als es sich darum handelt endlich einmal den Preis zu erfahren, den B.C. fordert. Zu meiner Genugtuung sehe ich aus dem Brief B.C’s, daß von einem Bühnenvertrieb nicht mehr die Rede ist. Sobald die Preisfrage erledigt ist, wird der Käufer wenn ihn B.C. wünscht leicht zu konstruieren sein.

Sobald ich in München bin, leider nicht vor dem 12.3. werde ich selber dem B.C. schreiben, was ihm ja nicht unwillkommen zu sein scheint und werde ihn auffordern, den Verlag direkt an mich zu verkaufen. Auf diesem Wege ließen sich dann vielleicht die Genugtuungen, die er fordert, am wertvollsten anbringen, indem ich ihn auch darauf aufmerksam machen kann, daß er vielleicht nicht das Recht hat an dem Verkauf der Verlagsrechte andere als geschäftliche Bedingungen zu knüpfen. Sollten Sie mir jetzt etwas mitzuteilen haben, dann erbitte ich Ihren Brief nach Dresden, Webers Hotel, wo ich am 8. eintreffe. Von da an dann wieder München.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 1 Seite beschrieben

Schrift:
Maschinenschrift.
Schreibwerkzeuge:
Schreibmaschine.
Schriftträger:
Papier. 20 x 28,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der handschriftliche Brief, der wie ein anderer Brief Wedekinds unter diesem Datum [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 5.3.1910] auf Briefbogen des Hotels Blauer Stern geschrieben worden sein dürfte, ist verschollen. Der Brief ist wie zehn weitere Briefe Wedekinds an Wilhelm Herzog nur als etwas fehlerhafte maschinenschriftliche Abschrift (mit Tilgung eines Buchstabens mit Tinte von fremder Hand) des handschriftlichen Originals im Nachlass Fritz Strichs überliefert, die Fritz Strich 1924 für eine nicht zustande gekommene 2. Auflage [vgl. Müller-Feyen 1996, S. 30; Tb Herzog, 31.8.1924] seiner Wedekind-Briefausgabe [GB] anfertigte oder anfertigen ließ, sowie vom Adressaten herausgegeben in einer Druckfassung von 1928 (der Erstdruck in Wilhelm Herzogs Zeitschrift „Das Forum“, hier wiedergegeben), die vom Wortlaut der Abschrift leicht abweicht.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Prag
    5. März 1910 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Prag
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Das Forum

Herausgeber:
Wilhelm Herzog
Verlag:
Forum-Verlag
Jahrgang:
1928
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Briefe Frank Wedekinds. In: Das Forum, Jg. 9 (1928/29), Heft 3, Dezember 1928, S. 149.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Burgerbibliothek Bern

Münstergasse 63
3000 Bern
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Fritz Strich
Signatur des Dokuments:
6 (14)
Standort:
Burgerbibliothek Bern (Bern)

Danksagung

Wir danken der Burgerbibliothek Bern für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Wilhelm Herzog, 5.3.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.06.2024 13:15