Kennung: 1141

Lenzburg, 1. September 1903 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Albert Langen Verlag, (Verlag)
  • Langen, Albert

Inhalt

Herrn AlberSchreibversehen, statt: Albert. Langen Verlag
München.


ich komme noch einmal auf eine Frage zurück, die ich schon im Laufe des letzten Sommers an Sie richtete. Es handelt sich um § 4 und § 6 unseres Vertragesnicht überliefert. Keiner der erhaltenen, vor diesem Datum abgeschlossenen Verträge zwischen Wedekind und dem Albert Langen Verlag umfasste sechs Paragraphen.. Die Consequenzen, die Sie bis jetzt aus diesen beiden Paragraphen gezogen haben und bis in unabsehbare Zeit ziehen können, bestehen darin, daß ich Ihnen meine gesammte Arbeit auszuliefern habe ohne Zeit meines Lebens einen Pfennig damit zu verdienenIm September 1903 hatte der Albert Langen Verlag ein Guthaben von 2110 Mark gegenüber Wedekind errechnet [vgl. Kutscher 2, S. 113]., während mir zu gleicher Zeit von anderen Verlegern | die glänzen besten Angebote gemacht werden. Das moralisch Unmögliche dieser Praxis hier noch einmal zu erörtern hat wol gar keinen Zweck. Genau genommen wäre es Grund genug mich für mich in meinem vierzigsten JahrZum Zeitpunkt des Briefes war Wedekind 39 Jahre alt. noch dazu zu veranlassen einmal, einen anderen Beruf zu wählen. Schlechterdings habe ich nun aber gar keine Lust, mir durch unseren diesen Vertrag das Recht nehmen zu lassen, das jeder Tagelöhner hat, ; das Recht und das darin besteht, daß er seine meineDurch Unterpunktung wiederhergestellte Streichung. Arbeit so theuer wie nur irgend möglich zuDurch Unterpunktung wiederhergestellte Streichung. verkaufen darf kann. Ich habe schlechterdings keine Lust, Ihnen auch nur eine Zeile meiner Production noch umsonst unentgeltlich auszuliefern und werde das auch nicht thun. Ich frage | Sie jetzt wo ich eben eine neue Arbeit begonnen habe nurDurch Unterpunktung wiederhergestellte Streichung. noch einmal, ob Sie es nicht doch vielleicht vorziehen, sich gutwillig auf in die zur Auflösung eines Contraktes herbei zu lassen zu verstehen, dessen Innehalten für mich, wie mir jeder vernünftige Mensch zugeben muß ein Ding der Unmöglichkeit ist, und aus dem Sie deshalb in Zukunft doch auf keinen Fall noch irgend einen Vortheil ziehen werden.

Die Arbeit, die ich eben begonnen habe ist ein moderner Roman: „Fanny Kettler“Die Idee zu einem Roman mit diesem Titel entstand während Wedekinds Aufenthalt bei seiner Mutter in Lenzburg im Sommer 1903 [vgl. Kutscher 2, S. 159f.]. Letztlich nahm Wedekind die Figur der Fanny Kettler in sein Drama „Hidalla“ auf [vgl. KSA 6, S. 41, 434f.], an dem weiterzuarbeiten er Albert Langen angekündigt hatte [vgl. Wedekind an Albert Langen, 25.5.1903]. der einen Band von zwei 200 bis 300 Seiten füllen wird Sollten Sie in die Abänderung Aufhebung | oder in eine Abänderung der beiden bezeichneten Paragraphen unseres des Vertrages einwilligen so bin ich gerne zu Zugeständnissen bereit, die Sie für einen dabei eventuell aufgegebenen Vortheil entschädigen.

Hochachtungsvoll
FW.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte. Bleistift.
Schriftträger:
Papier. 16,5 x 21 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat auf Seite 1 des Briefentwurfs, auf dessen Grundlage ein Brief geschrieben und abgesandt worden sein dürfte, oben mit Bleistift das Datum „(1.) Sept. 1903.“ notiert. Die Rückseiten von Blatt 1, 2 und 4 sind unbeschrieben, die beschriebenen Seiten oben rechts nummeriert (hier nicht wiedergegeben). Auf der Rückseite von Blatt 3 hat Wedekind oben rechts die Nummer „118.“ und das Zitat: „Die wir erwachsen sind, was sollen wir spielen? v. Brühl“ notiert. Diesen Satz äußert in erweiterter Fassung die Figur des Karl Hetmann im 3. Akt von „Hidalla“ [vgl. KSA 6, S. 79]. Die Korrekturen sind teilweise mit Bleistift ausgeführt worden, stammen also aus einer späteren Schreibschicht. Auf Seite 1 findet sich am rechten Rand eine Bleistiftanstreichung (von „Die Consequenzen“ bis „Pfennig“).

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 1.9.1903 ist als Ankerdatum gesetzt – das Schreibdatum des in Lenzburg geschriebenen Briefs, der Datumsnotiz auf dem Briefentwurf zufolge.

  • Schreibort

    Lenzburg
    1. September 1903 (Dienstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
10-107
Briefnummer:
214
Kommentar:
Im Erstdruck ist der Brief als „Entwurf“ ausgewiesen.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 201
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an (Verlag) Albert Langen Verlag, Albert Langen, 1.9.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Cordula Greinert

Überarbeitet von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

15.09.2024 14:33