Lieber Frank!
Ich brauche am 1. Febr. notgedrungen 40 Mark zur Deckung meiner Miete.
Kannst du mir dieselben schicken oder wenn nicht, willst du mir vielleicht eine
eine Geldanweisung an die Adresse des Kleinen Theaters (Schall und Rauch) in Berlin (Unter den Linden 44) [vgl. Berliner Adreßbuch 1903, Teil I, S. 843], wo Donald Wedekind verkehrte; von den für Frank Wedekind dort verbuchten Einnahmen aus der „Erdgeist“-Aufführung (Premiere 17.12.1902) hatte sich Donald Wedekind zuletzt Geld auszahlen lassen [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 16.1.1903]. senden? Jedenfalls habe die Güte und lasse mir umgehend ein paar Zeilen
zukommen, damit ich | unterrichtet bin. Und bitte, ziehe Mieze nicht in diese
Angelegenheit, da ich sie bei ihrem Hiersein vor einigen Tagen gesehen habe und
wir sogar einige recht gemütliche Stunden zusammen verlebt haben. Das
Hauptgespräch warst beinahe stets du und deine Stücke. Sie gab mir beim
Abschied auch noch einen Zehrpfennig, derselbe hätte jedoch nicht zur Deckung
fraglicher | Ausgabe gereicht.
Den ersten Korrekturbogen meines RomanesDonald Wedekinds Roman „Ultra montes“ erschien bei Costenoble in Berlin und wurde Ende Februar erstmals angekündigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 70, Nr. 43, 21.2.1903, S. 1483]. habe ich
erhalten. So denke ich, daß das Buch mit 1. März an die Öffentlichkeit kommt.
Trotzdem sehe ich mich unabläßlich nach einer festen Betätigung um und habe in
diesem Sinne neulich nach Schweden geschrieben, wo Aussichten sind, daß ich
eine Hauslehrerstelle erhal|te. Es wäre mir dies die denkbar angenehmste Lösung
des Bayreuther RätselsBezug unklar, vermutlich eine familieninterne Anspielung; die gleiche Formulierung für das Erzielen eines eigenen Einkommens verwendete Donald Wedekind in einem Brief an seinen Bruder Armin vom 16.12.1903: „ich habe sogar in den letzten Tagen eine Aussicht bekommen, mich bei einem hiesigen Kunstverlage dauernd zu betätigen. Das wäre endlich einmal eine radikale Lösung des Baireuther Rätsels“ [AfM Zürich, Nachlass Armin Wedekind, PN 169.2:1252].. Damit genug für heute. Nicht wahr, du schreibst mir,
eventuell nur auf
einer Karte, was du in meiner Sache tun kannst? Ich grüße dich von ganzem
Herzen und bin in Freundschaft und Liebe dein Bruder
Donald
Friedenau bei Berlin
6. Friedrich-Wilhelmplatz
d. 28. Jan. 1903