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[1. Entwurfsnotizen:]
Mephistos
Todeskampf.
Aus dem Titel ergiebt sich die Widmung als
selbstverständlich für jeden dem
Die dichterische Größe und menschliche Vertiefung des Göthischen Mephisto war mein künstlerisches Vorbild während meiner Arbeit an dem Einakter.
Ich verwarf den Titel „M.T.“
und wählte den anspruchsloseren Titel „T “.
weil ich ihn für anmaßend hielt in der Befürchtung meinem großen Vorbild nicht
im entferntesten nahe gekommen zu sein.
Mein künstlerischer Vorwurf bei meiner Arbeit war Folgendes:
Der Cyniker, der an seinem eigenen Cynismus zu Grunde
gehen muß |
Der fehlerfreie Rechenkünstler der an seiner
glaubenslosen Mathematik zu Grunde gehen muß.
Vor allem aber ‒ und diesen Vorgang habe ich am stärksten betont:
Der eingefleischte Pessimist, der an seinem
unheilbaren Pessimismus zu Grunde gehen muß.
In der Figur des Fräulein von Malchus suchte ich ein Menschliches
Wesen hinzustellen, das als lächerlich in die Handlung eintritt, ch/d/enschaft | mehr
und mehr die Sympathie des Zuhörers erobert, und sich um einen beträchtlichen
Unterschied
Den internationalen Verein zur Bekämpfung des Mädchenhandels
in dieser Figur zu persiflieren, lag mir so gänzlich fern, daß ich in der
letzten Scene versäumte auf dieses Thema zurückzukommen. Um einem solchen
Mißverständnis aus dem Wege zu gehen möchte ich auf Seite x Zeile x nach den
Worten „…………[“] folgendes einfügen: |
Die Aufrichtigkeit dieser Äußerung wird der nicht bezweifeln können. In der Figur der Lisiska suchte
ich die Nichtigkeit, die Eitelkeit des
In der Figur des Herrn König habe ich mich selbst als Autor
in die Handlung hineingestellt um darzubieten wie ich die Anregung zu dem
Einakter k empfing. Der künstlerische Idealismus in dieser Figur kann kaum
von irgend Jemanden als anstößig empfunden werden.
[2. Briefentwurf:]
[Sehr geehrter Herr
Ich danke Ihnen sehr für das lebhafte Interesse, das Sie
meinem Einakter „
Als künstlerisches Vorbild sah ich bei meiner Arbeit an dem Einakter den Götheschen Mephisto vor mir, ganz besonders die menschliche | Vertiefung und Verwirklichung, die der abstrakte Moralbegriff eines Mephisto durch Göthe gefunden hat. Als Titel des Stückes schwebte mir anfänglich vor: „Mephistos Tod“ oder „Mephistos Todeskampf“. Ich verwarf diesen Titel aber erstens weil er mir zu anmaßend erschien, sodann weil ich die Anlehnung als unkünstlerisch empfand, und drittens weil ich wol mit Recht fürchtete, meinem großen Vorbild nicht im entferntesten nahe gekommen zu sein.
Für die richtige Auffassung des Stückes von Seiten eines
größeren Publikums möchte aber der Titel „Mephistos Tod“ von großem | Vortheil sein. Ich möchte Ihnen vorschlagen,
dem Stück diesen Namen
[Aus dem Titel „Mephistos Tod“ ergab sich mir die Widmung
„Meiner Braut“ als ziemlich nahe liegend. Die Widmung wird
Das menschliche Thema, das ich in der Arbeit zu behandeln gedachte, war folgendes.
Der Cyniker, der notwendig an seinem eigenen Cynismus
zu Grunde gehen muß.
Der rohe Gewaltmensch, der | seiner eigenen Gewaltthätigkeit zum Opfer fällt.
Der fehlerfreie Rechenkünstler der an seiner
glaubenslosen Mathematik zu Grunde gehen muß.
Vor allem aber ‒
und diesen Vorgang habe ich am stärksten betont ‒ der eingefleischte Pessimist, der an seinem
unheilbaren Pessimismus zu Grunde gehen muß.
In der Figur des Fräulein von Malchus suchte ich ein
menschliches Wesen hinzustellen, das als lächerlich in die Handlung eintritt,
das dann aber durch Aufrichtigkeit und echte Leidenschaft mehr und mehr die
Sympathie größer und schöner aus dem
Stück verabschiedet, als es in die Handlung eingetreten war.
[Den Verein zur Bekämpfung des Mädchenhandels in dieser
Figur zu persiflieren lag mir so gänzlich fern, daß ich in der letzten Scene
versäumte, auf dieses Thema zurückzukommen. Um einem solchen Mißverständnis aus
dem Wege zu gehen, möchte ich auf Seite 56 Zeile 9 von unten, nach den Worten
„unser martervolles Leben durchdringt“
In der Figur der Lisiska suchte ich die Nichtigkeit, oder vielmehr Unmöglichkeit eines rohen Sinnengenusses, insofern es sich um die unglücklichen Opfer handelt, darzuthun.
In der Figur des Herr König habe ich mich selbst als Autor
in die Handlung gestellt und geschildert, | wie ich die Anregung zu dem Einakter empfange n. Der abstrakte Idealismus dieses
Charakters kann
Die Erfahrungen, die ich mit dem Stück bis jetzt gemacht habe,
sind folgende: Bei der ernste Würdigung entgegen, die ich in den Scenen angestrebt
habe. Die Behörde fand meines Wissens keinerlei Veranlassung, sich mit dem
Stück oder mit der | Beschränkung der Öffentlichkeit der Vorstellungen zu beschäftigen.
[Wir haben den Einakter
Zum Schluß dieser Zeilen, deren Inhalt an maßgebender Stelle zu geschätzter
gefälliger Erwägung zu unterbreiten Sie vielleicht für gut finden, erlaube ich
mir, noch einen anderen Titel in Vorschlag zu bringen, und zwar: „Der Tod des Teufels“
In vorzüglicher Hochschätzung
Ihr
Des
Teufels Tod.]
Bestehend aus 8 Blatt, davon 14 Seiten beschrieben
Der 4.6.1907 ist als Ankerdatum gesetzt – das Schreibdatum, dem Inhalt des Briefentwurfs in Verbindung mit dem Tagebuch zufolge. Wedekind notierte am 4.6.1907: „Brief an Barnowsky zu Hand von Glasenapp über Totentanz.“ [Tb] Der Schreibort ist durch das Tagebuch belegt.
Berlin
4. Juni 1907 (Dienstag)
Ermittelt (sicher)
Berlin
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Frank Wedekind an Victor Barnowsky, 4.6.1907. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (08.12.2025).
Ariane Martin