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Kennung: 738

München, 27. April 1901 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Zickel, Martin

Inhalt

München, 27.IV.1901.


Lieber Herr ZickelDr. phil. Martin Zickel, in Berlin (Habsburgerstraße 10) Oberregisseur an der von Paul Martin geleiteten Secessionsbühne (Alexanderstraße 40) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 254], war gerade im Begriff, an das Berliner Residenztheater (Direktion: Sigmund Lautenburg) zu wechseln. Die Presse meldete: „Dr. Martin Zickel, der bisherige Oberregisseur der ‚Sezessionsbühne‘, ist, wie wir erfahren, als Dramaturg und Regisseur von Direktor Lautenburg für das Residenztheater gewonnen worden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 106, 27.2.1901, Abend-Ausgabe, S. (2)] Sein Engagement begann am 4.5.1901 mit der Uraufführung von Eduard von Keyserlings Stück „Der dumme Hans“ [vgl. Gräbner/Lauinger 2021, S. 540-542], seiner erster Inszenierung am Residenztheater: „Der erste Akt vor Allem zeigte, wie viel der neue Regisseur, Dr. Zickel, für den die Vorstellung die erste Probe im neuen Amt bedeutete, zu leisten vermag.“ [Beilage zur Norddeutschen Allgemeinen Zeitung, Nr. 105a, 5.5.1901, S. 2]!

Ich bin mit Freuden, mit Leib und Seele bei Ihrem neuen UnternehmenMartin Zickel initiierte ein Überbrettl-Projekt an dem von José Ferenczy geleiteten Central-Theater in Berlin (Alte Jacob-Straße 30) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 248], wie Fritz Strich kommentierte: „Ein literarisches Cabaret im Berliner Centraltheater.“ [GB 2, S. 358]; nur wünschte ich, daß Sie sich nicht über das täuschen, was ich zu bieten habe. Ich habe zu mehr als einem Dutzend meiner Gedichte aus der „Fürstin Russalka“ passende Melodien hergestellt, die den wirkungsvollen Vortrag dieser Gedichte eigentlich erst ermöglichen. Augenblicklich trage ich die Sachen Abend für Abend hier in München bei den ScharfrichternWedekind trat als Ensemblemitglied allabendlich im Kabarett Die Elf Scharfrichter auf, das seine Bühne im Hinterhaus des Münchner Wirtshauses Zum goldenen Hirschen (Türkenstraße 28) und seine erste Vorstellung am 12.4.1901 hatte [vgl. Die elf Scharfrichter. In: Allgemeine Zeitung, Jg. 104, Nr. 102, 13.4.1901, Abendblatt, S. 1]; es war am 13.4.1901 offiziell eröffnet worden – da saß Wedekind noch im Publikum [vgl. Wedekind an Bertha Doepler, 14.4.1901]. Seine Auftritte bei den Elf Scharfrichtern fanden gute Resonanz: „Seine ‚Brigitte B.‘ und die ‚Sieben Rappen‘ sind in der Form so vollendet gehalten, daß man es hinnehmen kann, daß der Inhalt ‚jenseits von Dezent und Indezent‘ liegt. Dabei verfügt Herr Wedekind über eine bewunderungswürdige Ruhe im Vortrage, eine Ruhe, die selbst ängstlichen und prüden Gemüthern über etwaige Gewissensbisse leicht hinweghilft.“ [Die Elf Scharfrichter. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 195, 26.4.1901, Morgenblatt, S. 3] vor (zur Guitarre). Ich hätte auch Wolzogen mit diesen Vorträgen zur Verfügung gestanden; aber Wolzogen glaubte nicht an die Wirkung meines Vortrages auf ein größeres Publicum. Dagegen hätte er mich gerne hinter Schloß und Riegel als Witzemacher beschäftigt und darauf konnte ich mich nicht einlassenWedekind hatte Ernst von Wolzogen und seinem Bunten Theater (Überbrettl) in Berlin, eröffnet am 18.1.1901 [vgl. Budzinski/Hippen 1996, S. 437], eine Absage erteilt [vgl. Wedekind an Ernst von Wolzogen, 23.12.1900].. Die große Gefahr für Berlin besteht nun nur darin, daß meine Sachen von der Censur verboten werden könnten. Wenn man die Gedichte so einreicht wie sie gedruckt sind, dann würde das zweifellos stattfinden. Wenn ich sie aber mit einigen Abschwächungen als Manuscripte einreichen würde, und zwar nicht alle auf einmal, sondern immer nur möglichst wenige, so würde die Censur sicher nichts daran auszusetzen haben. An ungedruckten lyrischen Sachen habe ich gar nichts. Ueber ein einactiges modernes Ballet werde ich nachdenken. Ich habe auch eine Idee zu einem, natürlich modernen TotentanzDen Einakter dieses Titels schrieb Wedekind erst Jahre später: „Ich entwerfe das Scenarium von Totentanz.“ [Tb 28.3.1905], in einzelnen kurzen Scenendas Fragment „Blanka Burkhart. Drei Scenen“ [vgl. KSA 4, S. 694], das „Wedekind mit Blick auf seine Beteiligung am Überbrettl-Projekt des von José Ferenczy geleiteten Berliner Centraltheaters in Angriff nahm.“ [KSA 4, S. 691] (Dialogen), die sich ganz nach Belieben und Bedarf aneinanderreihen ließen, wobei nur die erste und die letzte Scene ständig blieben. Ich bitte Sie aber, über diese Idee vorder Hand noch nichts verlauten lassen zu wollen. Darf ich die Gelegenheit wahrnehmen, Sie auf meinen Freund, den Componisten Richard Weinhöppel, aufmerksam zu machen, der hier in München die musikalische SeeleHans Richard Weinhöppel (Scharfrichter-Pseudonym: Hannes Ruch), Gründungsmitglied und musikalischer Leiter der Elf Scharfrichter, der als Dirigent und Sänger auch auftrat, war der Hauskomponist des Kabaretts [vgl. Kemp 2017, Anhang Ensemble, S. 41-44], der zahlreiche Lieder zur Gitarre für die Elf Scharfrichter komponiert hat [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, passim]. der elf Scharfrichter ist, und außer einem orchestrirten IntroductionsmarschDie Komposition „Die Elf Scharfrichter. Grotesker Marsch für Orchester und Chor“ (1901) von Hannes Ruch (= Hans Richard Weinhöppel) mit dem Text von Dionysius Tod (= Leo Greiner), ohne Noten abgedruckt im ersten Programm [vgl. Die 11 Scharfrichter. In München eröffnet am 13. April 1901. München 1901, S. 3], kam zu Beginn der Vorstellungen der Elf Scharfrichter zur Geltung [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, S. 62f.], ein Markenzeichen des Kabaretts, das bei der ersten Vorstellung am 12.4.1901 gesetzt wurde: „Die Vorstellung wird eröffnet durch einen ebenfalls von Hans Ruch komponierten Henkersmarsch der elf Scharfrichter, der, von Leo Greiner gedichtet, in Verbindung mit der blutroten Gewandung der Vortragenden, der roten Beleuchtung und dem Schwertergeklirr sofort jene zwiespältige tragikomische Stimmung hervorruft, die den Zuhörer für alles Folgende empfänglich macht.“ [Edgar Steiger: „Die elf Scharfrichter.“ In: Das litterarische Echo, Jg. 3, Heft 15, Mai 1901, Sp. 1071] sehr hübsche, künstlerisch bedeutende Guitarrenlieder, moderne und alte (aus des Knaben WunderhornHans Richard Weinhöppel (Hannes Ruch) hatte zu zahlreichen Liedern der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder“ (1806) von Achim von Arnim und Clemens Brentano Melodien komponiert und ist mittelalterlich kostümiert gleich in der offiziellen Eröffnungsvorstellung der Elf Scharfrichter damit aufgetreten [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, S. 81].) geschrieben hat. Hier in München bringt er die Lieder selber zum Vortrag. Ich sollte aber denken, daß sie auch in Ihrem Repertoir in Berlin eine würdige Stellung einnehmen könnten. Ueberhaupt beginnen wir hier in München mit unseren Guitarren-Liedern Schule zu machen, und zwar bei Leuten von Namen. Stavenhagen, SchillingsDer Komponist Max von Schillings (Aiblingerstraße 4) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1901, Teil I, S. 524] wurde zwar nicht für die Elf Scharfrichter tätig, aber der ebenfalls in München (Widenmayerstraße 2) lebende Komponist und „Hoftheaterkapellmeister“ [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1901, Teil I, S. 594] Bernhard Stavenhagen (Pseudonym: Hans Styx), der bei dem nächsten Programm der Elf Scharfrichter mitwirkte [vgl. Kemp 2017, Anhang Ensemble, S. 39f.]; das von ihm komponierte Lied „Zwischen Feldern und Wäldern“ (Text: Hanns von Gumppenberg) [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoir, S. 130] wurde zuerst in der Vorstellung vom 5.6.1901 präsentiert und fand in der Presse Beifall: „Am meisten Beifall fanden Jodoks ‚Babette‘ (Musik von Hannes Ruch) und ‚Zwischen Feldern und Wäldern‘ (Musik von Hans Styx).“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 264, 9.6.1901, S. 4] e. ct. tragen sich neuerdings mit der Absicht, Guitarren-Lieder zu schreiben.

Anfang JuniWedekind war Mitte Juni 1901 „einige Tage“ [Wedekind an Carl Heine, 7.8.1901] in Berlin. denke ich nach Berlin zu kommen und hoffe bei der Gelegenheit endlich Ihre persönliche Bekanntschaft machen zu können. Ich habe noch eine große Bühnen-Ideeder Entwurf „Philipp XXV.“ [vgl. KSA 4, S. 686]., die ich hier nicht zu Papier zu bringen wage, zu deren Ausführung ich aber immer an Sie gedacht habe.

Seien Sie herzlichst gegrüßt von Ihrem ergebenen
Frank Wedekind.

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Sonstiges:
Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    27. April 1901 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
67-68
Briefnummer:
187
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Martin Zickel, 27.4.1901. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

05.10.2024 09:20
Kennung: 738

München, 27. April 1901 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Zickel, Martin
 
 

Inhalt

München, 27.IV.1901.


Lieber Herr ZickelDr. phil. Martin Zickel, in Berlin (Habsburgerstraße 10) Oberregisseur an der von Paul Martin geleiteten Secessionsbühne (Alexanderstraße 40) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 254], war gerade im Begriff, an das Berliner Residenztheater (Direktion: Sigmund Lautenburg) zu wechseln. Die Presse meldete: „Dr. Martin Zickel, der bisherige Oberregisseur der ‚Sezessionsbühne‘, ist, wie wir erfahren, als Dramaturg und Regisseur von Direktor Lautenburg für das Residenztheater gewonnen worden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 106, 27.2.1901, Abend-Ausgabe, S. (2)] Sein Engagement begann am 4.5.1901 mit der Uraufführung von Eduard von Keyserlings Stück „Der dumme Hans“ [vgl. Gräbner/Lauinger 2021, S. 540-542], seiner erster Inszenierung am Residenztheater: „Der erste Akt vor Allem zeigte, wie viel der neue Regisseur, Dr. Zickel, für den die Vorstellung die erste Probe im neuen Amt bedeutete, zu leisten vermag.“ [Beilage zur Norddeutschen Allgemeinen Zeitung, Nr. 105a, 5.5.1901, S. 2]!

Ich bin mit Freuden, mit Leib und Seele bei Ihrem neuen UnternehmenMartin Zickel initiierte ein Überbrettl-Projekt an dem von José Ferenczy geleiteten Central-Theater in Berlin (Alte Jacob-Straße 30) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 248], wie Fritz Strich kommentierte: „Ein literarisches Cabaret im Berliner Centraltheater.“ [GB 2, S. 358]; nur wünschte ich, daß Sie sich nicht über das täuschen, was ich zu bieten habe. Ich habe zu mehr als einem Dutzend meiner Gedichte aus der „Fürstin Russalka“ passende Melodien hergestellt, die den wirkungsvollen Vortrag dieser Gedichte eigentlich erst ermöglichen. Augenblicklich trage ich die Sachen Abend für Abend hier in München bei den ScharfrichternWedekind trat als Ensemblemitglied allabendlich im Kabarett Die Elf Scharfrichter auf, das seine Bühne im Hinterhaus des Münchner Wirtshauses Zum goldenen Hirschen (Türkenstraße 28) und seine erste Vorstellung am 12.4.1901 hatte [vgl. Die elf Scharfrichter. In: Allgemeine Zeitung, Jg. 104, Nr. 102, 13.4.1901, Abendblatt, S. 1]; es war am 13.4.1901 offiziell eröffnet worden – da saß Wedekind noch im Publikum [vgl. Wedekind an Bertha Doepler, 14.4.1901]. Seine Auftritte bei den Elf Scharfrichtern fanden gute Resonanz: „Seine ‚Brigitte B.‘ und die ‚Sieben Rappen‘ sind in der Form so vollendet gehalten, daß man es hinnehmen kann, daß der Inhalt ‚jenseits von Dezent und Indezent‘ liegt. Dabei verfügt Herr Wedekind über eine bewunderungswürdige Ruhe im Vortrage, eine Ruhe, die selbst ängstlichen und prüden Gemüthern über etwaige Gewissensbisse leicht hinweghilft.“ [Die Elf Scharfrichter. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 195, 26.4.1901, Morgenblatt, S. 3] vor (zur Guitarre). Ich hätte auch Wolzogen mit diesen Vorträgen zur Verfügung gestanden; aber Wolzogen glaubte nicht an die Wirkung meines Vortrages auf ein größeres Publicum. Dagegen hätte er mich gerne hinter Schloß und Riegel als Witzemacher beschäftigt und darauf konnte ich mich nicht einlassenWedekind hatte Ernst von Wolzogen und seinem Bunten Theater (Überbrettl) in Berlin, eröffnet am 18.1.1901 [vgl. Budzinski/Hippen 1996, S. 437], eine Absage erteilt [vgl. Wedekind an Ernst von Wolzogen, 23.12.1900].. Die große Gefahr für Berlin besteht nun nur darin, daß meine Sachen von der Censur verboten werden könnten. Wenn man die Gedichte so einreicht wie sie gedruckt sind, dann würde das zweifellos stattfinden. Wenn ich sie aber mit einigen Abschwächungen als Manuscripte einreichen würde, und zwar nicht alle auf einmal, sondern immer nur möglichst wenige, so würde die Censur sicher nichts daran auszusetzen haben. An ungedruckten lyrischen Sachen habe ich gar nichts. Ueber ein einactiges modernes Ballet werde ich nachdenken. Ich habe auch eine Idee zu einem, natürlich modernen TotentanzDen Einakter dieses Titels schrieb Wedekind erst Jahre später: „Ich entwerfe das Scenarium von Totentanz.“ [Tb 28.3.1905], in einzelnen kurzen Scenendas Fragment „Blanka Burkhart. Drei Scenen“ [vgl. KSA 4, S. 694], das „Wedekind mit Blick auf seine Beteiligung am Überbrettl-Projekt des von José Ferenczy geleiteten Berliner Centraltheaters in Angriff nahm.“ [KSA 4, S. 691] (Dialogen), die sich ganz nach Belieben und Bedarf aneinanderreihen ließen, wobei nur die erste und die letzte Scene ständig blieben. Ich bitte Sie aber, über diese Idee vorder Hand noch nichts verlauten lassen zu wollen. Darf ich die Gelegenheit wahrnehmen, Sie auf meinen Freund, den Componisten Richard Weinhöppel, aufmerksam zu machen, der hier in München die musikalische SeeleHans Richard Weinhöppel (Scharfrichter-Pseudonym: Hannes Ruch), Gründungsmitglied und musikalischer Leiter der Elf Scharfrichter, der als Dirigent und Sänger auch auftrat, war der Hauskomponist des Kabaretts [vgl. Kemp 2017, Anhang Ensemble, S. 41-44], der zahlreiche Lieder zur Gitarre für die Elf Scharfrichter komponiert hat [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, passim]. der elf Scharfrichter ist, und außer einem orchestrirten IntroductionsmarschDie Komposition „Die Elf Scharfrichter. Grotesker Marsch für Orchester und Chor“ (1901) von Hannes Ruch (= Hans Richard Weinhöppel) mit dem Text von Dionysius Tod (= Leo Greiner), ohne Noten abgedruckt im ersten Programm [vgl. Die 11 Scharfrichter. In München eröffnet am 13. April 1901. München 1901, S. 3], kam zu Beginn der Vorstellungen der Elf Scharfrichter zur Geltung [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, S. 62f.], ein Markenzeichen des Kabaretts, das bei der ersten Vorstellung am 12.4.1901 gesetzt wurde: „Die Vorstellung wird eröffnet durch einen ebenfalls von Hans Ruch komponierten Henkersmarsch der elf Scharfrichter, der, von Leo Greiner gedichtet, in Verbindung mit der blutroten Gewandung der Vortragenden, der roten Beleuchtung und dem Schwertergeklirr sofort jene zwiespältige tragikomische Stimmung hervorruft, die den Zuhörer für alles Folgende empfänglich macht.“ [Edgar Steiger: „Die elf Scharfrichter.“ In: Das litterarische Echo, Jg. 3, Heft 15, Mai 1901, Sp. 1071] sehr hübsche, künstlerisch bedeutende Guitarrenlieder, moderne und alte (aus des Knaben WunderhornHans Richard Weinhöppel (Hannes Ruch) hatte zu zahlreichen Liedern der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder“ (1806) von Achim von Arnim und Clemens Brentano Melodien komponiert und ist mittelalterlich kostümiert gleich in der offiziellen Eröffnungsvorstellung der Elf Scharfrichter damit aufgetreten [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, S. 81].) geschrieben hat. Hier in München bringt er die Lieder selber zum Vortrag. Ich sollte aber denken, daß sie auch in Ihrem Repertoir in Berlin eine würdige Stellung einnehmen könnten. Ueberhaupt beginnen wir hier in München mit unseren Guitarren-Liedern Schule zu machen, und zwar bei Leuten von Namen. Stavenhagen, SchillingsDer Komponist Max von Schillings (Aiblingerstraße 4) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1901, Teil I, S. 524] wurde zwar nicht für die Elf Scharfrichter tätig, aber der ebenfalls in München (Widenmayerstraße 2) lebende Komponist und „Hoftheaterkapellmeister“ [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1901, Teil I, S. 594] Bernhard Stavenhagen (Pseudonym: Hans Styx), der bei dem nächsten Programm der Elf Scharfrichter mitwirkte [vgl. Kemp 2017, Anhang Ensemble, S. 39f.]; das von ihm komponierte Lied „Zwischen Feldern und Wäldern“ (Text: Hanns von Gumppenberg) [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoir, S. 130] wurde zuerst in der Vorstellung vom 5.6.1901 präsentiert und fand in der Presse Beifall: „Am meisten Beifall fanden Jodoks ‚Babette‘ (Musik von Hannes Ruch) und ‚Zwischen Feldern und Wäldern‘ (Musik von Hans Styx).“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 264, 9.6.1901, S. 4] e. ct. tragen sich neuerdings mit der Absicht, Guitarren-Lieder zu schreiben.

Anfang JuniWedekind war Mitte Juni 1901 „einige Tage“ [Wedekind an Carl Heine, 7.8.1901] in Berlin. denke ich nach Berlin zu kommen und hoffe bei der Gelegenheit endlich Ihre persönliche Bekanntschaft machen zu können. Ich habe noch eine große Bühnen-Ideeder Entwurf „Philipp XXV.“ [vgl. KSA 4, S. 686]., die ich hier nicht zu Papier zu bringen wage, zu deren Ausführung ich aber immer an Sie gedacht habe.

Seien Sie herzlichst gegrüßt von Ihrem ergebenen
Frank Wedekind.

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Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    27. April 1901 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
67-68
Briefnummer:
187
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Martin Zickel, 27.4.1901. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

05.10.2024 09:20