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Kennung: 687

Paris, 22. Oktober 1893 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Hartleben, Otto Erich

Inhalt

Paris 63, rue de Seine
22.10.93.


Lieber Herr Hartleben,

mit großem Bedauern erhalte ich eben die NachrichtOtto Erich Hartlebens Großvater mütterlicherseits, der Bergschmiedemeister, Fabrikant und Senator Ernst Eduard Angerstein, sein Vormund, bei dem er nach dem Tod seiner Eltern mit seinen fünf Geschwistern aufgewachsen ist, starb am 17.10.1893 in Hannover. Das war der Presse zu entnehmen [vgl. Senator a.D. Angerstein †. In: Hannoverscher Courier, Jg. 40, Nr. 18519, 19.10.1893, Abend-Ausgabe, S. 3], Wedekind könnte die Nachricht aber auch auf anderem Wege erfahren haben. vom Tode Ihres Großvaters. Sie sagten mir in ZürichOtto Erich Hartleben, der vom 6. bis 12.8.1893 am Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongress in Zürich teilnahm, mit einer „Journalistenkarte“ [Heitmüller 1912, S. 185], wie er Robert Wendeborn am 9.8.1893 von dort schrieb, traf am 31.7.1893 für mehrere Wochen in Zürich ein, wie er seinem Freund Karl Henckell am 28.7.1893 ankündigte: „Montag-Nachmittag komme ich [...] in Zürich an.“ [Heitmüller 1912, S. 185] Er ist Wedekind dort begegnet [vgl. Otto Erich Hartleben, Franz Blei, Wedekind an Selma Hesse, 28.8.1893] und schrieb dem Verleger Samuel Fischer am 19.8.1893 über diese Begegnungen: „Den meisten Verkehr hab ich mit Frank Wedekind, dem Dichter der Kindertragödie, einem ungewöhnlich interessanten Menschen, der übrigens auch in deinen Verlag gehörte.“ [Heitmüller 1912, S. 188], der alte Herr habe Sie über alles geliebt und so wird sein Hinscheiden Sie wol auch schwerer berühren | als Andere. Ich weiß auch aus eigener ErfahrungAnspielung auf den Tod seines Vaters Friedrich Wilhelm Wedekind, der am 11.10.1888 gestorben war. daß das Eintreffen eines solchen Geschickes, wenn es sich auch seit langem hat voraussehen lassen, wenn man sich vielleicht in Gedanken damit abgefunden, doch für geraume Zeit einen unerwartet tiefen Schmerz verursacht. Sie, die Sie Ihre Eltern so frühe verlorenOtto Erich Hartleben war 12 Jahre alt, als seine Mutter Elwine Hartleben (geb. Angerstein) starb, und 15 Jahre, als sein Vater Hermann Hartleben starb., müssen das doppelt empfinden. | Vielleicht ist Ihnen zu Muthe als müßten Sie nun noch einmal, endgültig, wiewol Sie seit Jahren frei im großen Leben stehen, von Ihrer Kindheit und manchen sonnigen Erinnerungen Abschied nehmen.

Seien Sie bitte meiner aufrichtigsten Theilnahme gewiß. – Mit den herzlichsten Grüßen Ihr
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 18 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Paris
    22. Oktober 1893 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort

    Paris
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/72
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Otto Erich Hartleben, 22.10.1893. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

31.08.2024 09:13
Kennung: 687

Paris, 22. Oktober 1893 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Hartleben, Otto Erich
 
 

Inhalt

Paris 63, rue de Seine
22.10.93.


Lieber Herr Hartleben,

mit großem Bedauern erhalte ich eben die NachrichtOtto Erich Hartlebens Großvater mütterlicherseits, der Bergschmiedemeister, Fabrikant und Senator Ernst Eduard Angerstein, sein Vormund, bei dem er nach dem Tod seiner Eltern mit seinen fünf Geschwistern aufgewachsen ist, starb am 17.10.1893 in Hannover. Das war der Presse zu entnehmen [vgl. Senator a.D. Angerstein †. In: Hannoverscher Courier, Jg. 40, Nr. 18519, 19.10.1893, Abend-Ausgabe, S. 3], Wedekind könnte die Nachricht aber auch auf anderem Wege erfahren haben. vom Tode Ihres Großvaters. Sie sagten mir in ZürichOtto Erich Hartleben, der vom 6. bis 12.8.1893 am Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongress in Zürich teilnahm, mit einer „Journalistenkarte“ [Heitmüller 1912, S. 185], wie er Robert Wendeborn am 9.8.1893 von dort schrieb, traf am 31.7.1893 für mehrere Wochen in Zürich ein, wie er seinem Freund Karl Henckell am 28.7.1893 ankündigte: „Montag-Nachmittag komme ich [...] in Zürich an.“ [Heitmüller 1912, S. 185] Er ist Wedekind dort begegnet [vgl. Otto Erich Hartleben, Franz Blei, Wedekind an Selma Hesse, 28.8.1893] und schrieb dem Verleger Samuel Fischer am 19.8.1893 über diese Begegnungen: „Den meisten Verkehr hab ich mit Frank Wedekind, dem Dichter der Kindertragödie, einem ungewöhnlich interessanten Menschen, der übrigens auch in deinen Verlag gehörte.“ [Heitmüller 1912, S. 188], der alte Herr habe Sie über alles geliebt und so wird sein Hinscheiden Sie wol auch schwerer berühren | als Andere. Ich weiß auch aus eigener ErfahrungAnspielung auf den Tod seines Vaters Friedrich Wilhelm Wedekind, der am 11.10.1888 gestorben war. daß das Eintreffen eines solchen Geschickes, wenn es sich auch seit langem hat voraussehen lassen, wenn man sich vielleicht in Gedanken damit abgefunden, doch für geraume Zeit einen unerwartet tiefen Schmerz verursacht. Sie, die Sie Ihre Eltern so frühe verlorenOtto Erich Hartleben war 12 Jahre alt, als seine Mutter Elwine Hartleben (geb. Angerstein) starb, und 15 Jahre, als sein Vater Hermann Hartleben starb., müssen das doppelt empfinden. | Vielleicht ist Ihnen zu Muthe als müßten Sie nun noch einmal, endgültig, wiewol Sie seit Jahren frei im großen Leben stehen, von Ihrer Kindheit und manchen sonnigen Erinnerungen Abschied nehmen.

Seien Sie bitte meiner aufrichtigsten Theilnahme gewiß. – Mit den herzlichsten Grüßen Ihr
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 18 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Paris
    22. Oktober 1893 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort

    Paris
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/72
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Otto Erich Hartleben, 22.10.1893. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

31.08.2024 09:13