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Kennung: 5330

Zürich, 15. Oktober 1887 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie

Inhalt

Zürich, 15.X.87.


Liebe Mama,

herzlichen Dank für Deine freundliche Sendungeine wahrscheinlich am 13.10.1887 in Lenzburg von der Mutter verschickte und am 14.10.1887 in Zürich eingetroffene Sendung mit Lebensmitteln ohne ein Begleitschreiben.. Alles ist wohlbehalten angekommen. Aber kein sterbens Wort dabei. Ich hab gesucht in all den Schnitzeln, in den Umschlägen, unter dem Zucker, überall. Trotzdem bin ich jetzt noch im Zweifel darüber, ob es nicht vielleicht oben aufgelegen und beim Öffnen oder schon vorher verloren gegangen ist.

Eben hab’ ich die EnballageSchreibversehen, statt: Embellage, (frz.) Verpackungsmaterial. | noch einmal durchgesehen, und da nun auch seit gestern kein Brief nachgekommen ist, so muß ich wol annehmen, du seist überhäuft gewesen, habest Kopfschmerzen oder was anderes Hinderndes der Art; muß mit dem zufrieden sein, was ich so unerwartet bekommen habe, und indem ich Dir meinen Dank melde, mich mit der Hoffnung trösten, daß es Dir bald besser ergehen möge.

Liebe Mama, ich dachte, es sei nun alles vergessen. Und da wolltest Du mir wirklichen jenen | Briefgemeint ist Frank Wedekinds verschollener Brief an seinen Bruder Donald [vgl. Frank Wedekind an Donald Wedekind, 26.9.1887], dessen Inhalt die Mutter kannte und für den Frank Wedekind sich bei ihr zuletzt entschuldigt hatte [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 28.9.1887]. und mein b/B/etragen aus einer Zeit nachtragen, da ich ganz reducirt war. Ich versichere Dich, daß ich das nicht glauben/e/. obschonSchreibversehen, statt: glaube, obschon. ich nicht mehr weiß, was ich alles in jenem Brief geschrieben habe. Drei freundliche Worte von Dir würden mich so wohlthuend in meiner Überzeugung bestärken.

Über mich selber weiß ich nicht viel interessantes zu berichtent. Seit Doda fort istDonald Wedekind hatte bei seinem Bruder angefragt, ob er ihn Ende September, Anfang Oktober für eine Woche besuchen könne [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 26.9.1887]. Der Besuch hat offenbar stattgefunden., hab’ ich einiges studirt und gearbeitet. Mehrmals war ich bei Frey’sder Familie des Bezirksarztes Dr. Gottlieb Frey (Freie Straße 14, Hottingen) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich 1888, Teil I, S. 93], bei dem Armin Wedekind assistierte und gegenüber wohnte; im Frühjahr 1888 verlobte er sich mit dessen Tochter Emma Frey [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 7.5.1888], die er am 21.3.1889 heiratete.. Frl. Emma wird immer liebenswürdiger gegen mich. Ich glaube, sie hat nur die Wahl | zwischen überschwänglicher Freundlichkeit und – in Folge dessen hat sie etwas Unheimliches für mich.

Ich wäre dir sehr dankbar für ein aufrichtiges Urtheil über „GährungWedekinds Charakterskizze „Gährung“ [KSA 5/I, S. 21-36] erschien gerade in mehreren Teilen in der „Neuen Zürcher Zeitung“ [vgl. Neue Zürcher Zeitung, Jg. 67, Nr. 285, 13.10.1887, Erstes Blatt, S. 1f.; Nr. 286, 14.10.1887, Erstes Blatt, S. 1f.; Nr. 287, 15.10.1887, S. 1f. und Nr. 290, 18.10.1887, Erstes Blatt, S. 1f.].“. M/G/rüße Alles herzlich von mir. Mati lasse ich für die beiden schönen BilderEmilie (Mati) Wedekinds Bilder, vermutlich Zeichnungen, lagen wohl der Sendung der Mutter bei; sie sind nicht überliefert. bestens danken. Ich werde sie einrahmen und aufhängen.

Mit herzlichen Grüßen und nochmaligem Dank Dein treuer Sohn
Franklin.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Rautiertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    15. Oktober 1887 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

(Band 1)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
180-181
Briefnummer:
60
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 212-213 (Nr. 89).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 15.10.1887. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

05.09.2024 17:26
Kennung: 5330

Zürich, 15. Oktober 1887 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie
 
 

Inhalt

Zürich, 15.X.87.


Liebe Mama,

herzlichen Dank für Deine freundliche Sendungeine wahrscheinlich am 13.10.1887 in Lenzburg von der Mutter verschickte und am 14.10.1887 in Zürich eingetroffene Sendung mit Lebensmitteln ohne ein Begleitschreiben.. Alles ist wohlbehalten angekommen. Aber kein sterbens Wort dabei. Ich hab gesucht in all den Schnitzeln, in den Umschlägen, unter dem Zucker, überall. Trotzdem bin ich jetzt noch im Zweifel darüber, ob es nicht vielleicht oben aufgelegen und beim Öffnen oder schon vorher verloren gegangen ist.

Eben hab’ ich die EnballageSchreibversehen, statt: Embellage, (frz.) Verpackungsmaterial. | noch einmal durchgesehen, und da nun auch seit gestern kein Brief nachgekommen ist, so muß ich wol annehmen, du seist überhäuft gewesen, habest Kopfschmerzen oder was anderes Hinderndes der Art; muß mit dem zufrieden sein, was ich so unerwartet bekommen habe, und indem ich Dir meinen Dank melde, mich mit der Hoffnung trösten, daß es Dir bald besser ergehen möge.

Liebe Mama, ich dachte, es sei nun alles vergessen. Und da wolltest Du mir wirklichen jenen | Briefgemeint ist Frank Wedekinds verschollener Brief an seinen Bruder Donald [vgl. Frank Wedekind an Donald Wedekind, 26.9.1887], dessen Inhalt die Mutter kannte und für den Frank Wedekind sich bei ihr zuletzt entschuldigt hatte [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 28.9.1887]. und mein b/B/etragen aus einer Zeit nachtragen, da ich ganz reducirt war. Ich versichere Dich, daß ich das nicht glauben/e/. obschonSchreibversehen, statt: glaube, obschon. ich nicht mehr weiß, was ich alles in jenem Brief geschrieben habe. Drei freundliche Worte von Dir würden mich so wohlthuend in meiner Überzeugung bestärken.

Über mich selber weiß ich nicht viel interessantes zu berichtent. Seit Doda fort istDonald Wedekind hatte bei seinem Bruder angefragt, ob er ihn Ende September, Anfang Oktober für eine Woche besuchen könne [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 26.9.1887]. Der Besuch hat offenbar stattgefunden., hab’ ich einiges studirt und gearbeitet. Mehrmals war ich bei Frey’sder Familie des Bezirksarztes Dr. Gottlieb Frey (Freie Straße 14, Hottingen) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich 1888, Teil I, S. 93], bei dem Armin Wedekind assistierte und gegenüber wohnte; im Frühjahr 1888 verlobte er sich mit dessen Tochter Emma Frey [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 7.5.1888], die er am 21.3.1889 heiratete.. Frl. Emma wird immer liebenswürdiger gegen mich. Ich glaube, sie hat nur die Wahl | zwischen überschwänglicher Freundlichkeit und – in Folge dessen hat sie etwas Unheimliches für mich.

Ich wäre dir sehr dankbar für ein aufrichtiges Urtheil über „GährungWedekinds Charakterskizze „Gährung“ [KSA 5/I, S. 21-36] erschien gerade in mehreren Teilen in der „Neuen Zürcher Zeitung“ [vgl. Neue Zürcher Zeitung, Jg. 67, Nr. 285, 13.10.1887, Erstes Blatt, S. 1f.; Nr. 286, 14.10.1887, Erstes Blatt, S. 1f.; Nr. 287, 15.10.1887, S. 1f. und Nr. 290, 18.10.1887, Erstes Blatt, S. 1f.].“. M/G/rüße Alles herzlich von mir. Mati lasse ich für die beiden schönen BilderEmilie (Mati) Wedekinds Bilder, vermutlich Zeichnungen, lagen wohl der Sendung der Mutter bei; sie sind nicht überliefert. bestens danken. Ich werde sie einrahmen und aufhängen.

Mit herzlichen Grüßen und nochmaligem Dank Dein treuer Sohn
Franklin.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Rautiertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    15. Oktober 1887 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

(Band 1)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
180-181
Briefnummer:
60
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 212-213 (Nr. 89).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 15.10.1887. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

05.09.2024 17:26