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Kennung: 5276

München, 16. Juni 1910 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Koautoren*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie

Inhalt

Meine liebe Mama!

Empfang meinen herzlichen Dank für Deinen ausführlichen lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Emilie Wedekind an Frank und Tilly Wedekind, 14.6.1910., über den Tilly und ich uns ungemein gefreut haben. Sowohl die Schilderung deines Geburtsfestesam 8.5.1910. sowie die ausführlichen Nachrichten über | Matis VerlobungEmilie (Mati) Wedekind hatte Anfang April ihrer Familie die Verlobung mit Eugène Perré, einem früheren Pensionsgast (1890/91) auf Schloss Lenzburg und inzwischen Nachfolger seines Vaters als Champagnerhändler in Neuilly-sur-Seine mitgeteilt und plante, die Verlobung am Geburtstag der Mutter in Lenzburg zu feiern (siehe die vorangegangene Korrespondenz). waren uns gleich interessant. Ich erhielt derweil einen sehr lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Eugène Perré an Wedekind, 13.6.1910. von Eugène Perré in dem er uns zu seiner HochzeitDie Trauung von Emilie (Mati) Wedekind und Eugène Perré fand am 9.7.1910 in Neuilly-sur-Seine bei Paris statt. einlädt. Ich habe ihm sofort gedankt und geschriebennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Eugène Perré, 15.6.1910. daß es uns zu unserem lebhaften Bedauern nicht möglich sein dürfte, da wir gerade Anfang Juli in München spielenFrank und Tilly Wedekind spielten den kompletten Juli über einen Gastspielzyklus mit Stücken Wedekinds am Schauspielhaus München. sollen. Ich | schickte den Brief an Eugènes Hotel in London und hoffe, daß er ihn erhalten hat. Am ersten Juni haben sich derweil meine geschäftlichen Confliktemit seinem Verleger Bruno Cassirer anlässlich des Verkaufs der Verlagsrechte an Wedekinds Werken. Mit deren Übernahme für 15.000 Mark durch den Verlag Georg Müller Anfang Juni war für Wedekind „das Geschäftliche erledigt“ [Wedekind an Maximilian Harden, 11.6.1910]. gelöst und zwar mit Hülfe von Maximilian HardenWedekind hatte vermutlich bereits am 3. und 4.4.1910 Maximilian Harden bei Besuchen von dem Konflikt berichtet [vgl. Tb] und sich dann später mit der Bitte um Unterstützung brieflich an ihn gewandt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1910], der sich daraufhin um Vermittlung bemühte (siehe die Korrespondenz zwischen Wedekind und Maximilian Harden). und Max LiebermannMaximilian Harden hatte Wedekind vorgeschlagen, Max Liebermann ebenfalls um Unterstützung in dem Konflikt mit Bruno Cassirer zu bitten [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.4.1910]. Wedekind wandte sich daraufhin brieflich an Liebermann, wie ein fragmentarisch überlieferter Briefentwurf belegt [vgl. Wedekind an Max Liebermann, 1.5.1910]. Wedekind hatte den Maler, der mit beiden Verlegern, Bruno und Paul Cassirer, befreundet und durch seine Veröffentlichungen geschäftlich verbunden war, dem Tagebuch zufolge am 4.4.1910 bei Paul Cassirer getroffen („bei Cassirer, wo ich Liebermann, Tuaillon und Slevogt treffe“) und ihn vermutlich bereits über den bestehenden Konflikt unterrichtet.. Besonders Harden bin ich in dieser Angelegenheit zu großem Dank verpflichtet. Ich habe das auch in einer kleinen SchriftIm ersten Abschnitt seiner Schrift „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ gestand Wedekind unter der Überschrift „Maximilian Harden“ diesem zu, unter den Zeitgenossen „am meisten Herzenswärme, am meisten Leidenschaftlichkeit“ in „der ernsten Erörterung einer Kulturfrage“ [KSA 5/II, S. 363] zu besitzen und schloss mit den Worten: „Ihrer regsten Anteilnahme waren alle, die seit Jahren in Deutschland auf eigenen Wegen gingen, sicher. Um Sie zu werben, haben wir keinen Grund. Umsomehr erscheint es mir an der Zeit, Ihnen einmal zu danken.“ [KSA 5/II, S. 364] Wedekinds „Glossarium“ erschien am 18.6.1906 im Verlag Georg Müller: „Schauspielkunst […] im Handel.“ [Tb] ausgesprochen, die dieser Tage erscheinen wird. Sobald ich Exem|plare davon habe, werde ich Dir eines zuschicken. Tilly und ich haben diesen Frühling sehr viel studiert. Jetzt lernt sie meine LiederDem Tagebuch zufolge studierte Tilly Wedekind am 11., 14. und 16.6.1910 das Lied „Brigitte B.“ („Studiere mit Tilly Brigitte B.“; „Tilly übt Brigitte.“) sowie am 17.6.1910 „Mein Lieschen“ („Tilly übt Mein Lieschen“). An den folgenden Tagen übte sie sich im Singen, so am 18.und 19.6.1910 („Tilly nach Tisch Abends gesungen.“), am 20.6.1910 („Tilly gesungen.“) und am 21.6.1910 („Tilly singt nach Tisch.“). und BaladenSchreibversehen, statt: Balladen. singen für einen Vortragsabendam 21.11.1910 für die Freie Literarische Gesellschaft Frankfurt am Main. Wedekind notierte in Frankfurt: „Ich treffe Roda Roda beim Frühstück Besichtigung des Saales. Diner im Hotel Nachmittags Probe im Saal. Vortrag. Tilly singt zum ersten Mal vor 1300 Personen.“ Die Presse schrieb: „Ganz bedenklich aber wurde die Sache, als die freundliche Herdflamme einer unscheinbaren Hauskunst als Cabaret-Stern leuchten wollte, als Frau Wedekind es unternahm, Chansons vorzutragen, Lieder aus den ‚Vier Jahreszeiten‘ ihres Gatten, bei denen er mit der Laute sorglich attestierte. Nur die Liebenswürdigkeit der Hörerschaft, die die sympathische Erscheinung der (als Schauspielerin nicht unbegabten) Dame den Mißerfolg nicht merken lassen wollte, half über diese Peinlichkeit hinweg…“ [Frankfurter Zeitung, Jg. 35, Nr. 323, 22.11.1910, 3. Morgenblatt, S. (1)]. Anfang Juni hatte Wedekind seinen Veranstaltungsagenten wegen des Vortrags aufgesucht: „Besuch bei Gutmann wegen Vortrag Roda.“ [Tb 7.6.1910]., den wir im Herbst mit Roda-Roda zusammen in Frankfurt haben. Da wir in den letzten Monaten nicht spielten haben wir mit Annapamela viele Ausflüge gemacht meist in das herrliche IsarthalIm Tagebuch dokumentiert sind Ausflüge nach Thalkirchen (24.4.1910), Menterschwaige (1.5.1910), Grosshesslohe (1., 5. und 31.5.1910 sowie 5.6.1910) sowie zur Konradshöhe bei Baierbrunn und nach Höllriegelskreuth (12.6.1910).. | Gesternam 15.6.1910. Wedekind notierte im Tagebuch: „Ausflug nach Bernried mit Tilly Anapamela, Frau Jenny Hypolit. Besuch bei Albu. Spaziergang im Park von Bernried.“ waren wir bei strömendem Regen auf dem Starnbergersee.

Ich freue mich sehr, liebe Mama, daß es Dir gut geht und Du vergnügt bist Grüße Mati vielmals von mir. Ich hoffe, daß wir uns im AugustTilly, Frank und Pamela Wedekind verbrachten den August vom 6.8.1910 bis zum 2.9.1910 in Lenzburg [vgl. Tb]. wiedersehen. Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen für Dich, liebe Mama, und Mati
Dein treuer Sohn
Frank.


München 16.6.10.


Meine liebe Mama, auch ich freute mich sehr über Deinen lieben, ausführlichen Brief, über die interessanten und amüsanten Schilderungen. Ich bedauerte es sehr, bei der Geburtstagsfeier nicht dabei gewesen zu sein. Dass Mati sobald heiratet, freut mich sehr, und wenn wir auch bei der Hochzeit nicht dabei sein können, (nächste WocheDie erste Probe für den Wedekind-Zyklus am Schauspielhaus München im Juli fand am 21.6.1910 statt: „Probe von S. ist d. Leben.“ [Tb] beginnen unsre Proben, da ist’s mit der Freiheit zu Ende) so hoffe ich doch sehr, dass wir sie recht bald in Paris besuchenEugène Perré wohnte in Neuilly-sur-Seine, einem Vorort von Paris. Zu dem gemeinsamen Besuch kam es nicht. Wedekind reiste im Juli 1914 alleine nach Paris., und dann einige, | schöne Tage miteinander verleben. Ich bekomme Anfang Juli, vielleicht auch früher, wenn’s möglich ist, Besuch von meiner jüngern Schwester MarthaMartha Newes war dem Tagebuch zufolge vom 25.6.1910 („Tilly und Anapamela holen Martha vom Bahnhof ab“) bis zum 6.8.1910 („Martha fährt nach Insbruck“) zu Besuch in München.. Sie soll während der Zeit unsers GastspielSchreibversehen, statt: Gastspiels. Anna Pamela behüten, mit ihr spazieren gehen etz., denn ganz nur den MädchenDie wechselnden Kindermädchen der Wedekinds sind nicht identifiziert. überlassen will ich sie nicht. Und im August giebt es dann ein frohes Wiedersehn in Lenzburg! Mieze hat mir kürzlich sehr lieb u. ausführlich geschriebenDer Brief Erika Wedekinds an Tilly Wedekind ist nicht überliefert.. Wenn sich ihre Pläne nicht ändern, | dann werden wir voraussichtlich zu gleicher Zeit in LenzburgErika Wedekind traf mit ihrer Tochter Eva Oschwald am 7.8.1910 während Frank und Tilly Wedekinds Lenzburg-Aufenthalt im Steinbrüchli ein: „Wir holen Mieze am Bahnhof ab.“ [Tb] Sie blieben bis zum 20.8.1910: „Mieze und Eva verreisen in aller Frühe.“ [Tb] sein, worüber ich mich sehr freue! Anna Pamela wird glücklich sein, an Eva eine Spielgefährtin zu haben! Hoffentlich ist es für Dich nicht unbequem, soviel Menschen auf einmal im Hause zu haben. Ihr werdet jetzt wohl noch viel Arbeit mit der Ausstattung haben! Grüß’ mir bitte mein liebes Mati recht herzlich. Wenn Du wieder Zeit hast, ich freue mich unendlich über jede Nachricht von Dir.

Herzlichst umarmt u. küsst Dich
Deine Tilly u. Annapamela


[Kuvert:]


Frau Dr. Emilie Wedekind
Lenzburg
Ct. Aargau Schweiz.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 5 Blatt, davon 9 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Lateinische Schrift. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 18,5 cm. 8 Seiten beschrieben. Gelocht. Kuvert. 15,5 x 9,5 cm.1 Seite beschrieben. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben. Kuvert im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Kuvert ist mit zwei aufgeklebten Briefmarken zu je 10 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Uhrzeit im Postausgangsstempel München: „5 – 6 N.“ (= 17 bis 18 Uhr).

  • Schreibort

    München
    16. Juni 1910 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    17. Juni 1910 (Freitag)
    Sicher

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

(Band 2)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
243-244
Briefnummer:
355
Kommentar:
Im Erstdruck ohne Tilly Wedekinds Mitteilungen ediert. Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 365-366 (Nr. 192).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind, Tilly Wedekind an Emilie Wedekind, 16.6.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

25.06.2024 12:08
Kennung: 5276

München, 16. Juni 1910 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Koautoren*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie
 
 

Inhalt

Meine liebe Mama!

Empfang meinen herzlichen Dank für Deinen ausführlichen lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Emilie Wedekind an Frank und Tilly Wedekind, 14.6.1910., über den Tilly und ich uns ungemein gefreut haben. Sowohl die Schilderung deines Geburtsfestesam 8.5.1910. sowie die ausführlichen Nachrichten über | Matis VerlobungEmilie (Mati) Wedekind hatte Anfang April ihrer Familie die Verlobung mit Eugène Perré, einem früheren Pensionsgast (1890/91) auf Schloss Lenzburg und inzwischen Nachfolger seines Vaters als Champagnerhändler in Neuilly-sur-Seine mitgeteilt und plante, die Verlobung am Geburtstag der Mutter in Lenzburg zu feiern (siehe die vorangegangene Korrespondenz). waren uns gleich interessant. Ich erhielt derweil einen sehr lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Eugène Perré an Wedekind, 13.6.1910. von Eugène Perré in dem er uns zu seiner HochzeitDie Trauung von Emilie (Mati) Wedekind und Eugène Perré fand am 9.7.1910 in Neuilly-sur-Seine bei Paris statt. einlädt. Ich habe ihm sofort gedankt und geschriebennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Eugène Perré, 15.6.1910. daß es uns zu unserem lebhaften Bedauern nicht möglich sein dürfte, da wir gerade Anfang Juli in München spielenFrank und Tilly Wedekind spielten den kompletten Juli über einen Gastspielzyklus mit Stücken Wedekinds am Schauspielhaus München. sollen. Ich | schickte den Brief an Eugènes Hotel in London und hoffe, daß er ihn erhalten hat. Am ersten Juni haben sich derweil meine geschäftlichen Confliktemit seinem Verleger Bruno Cassirer anlässlich des Verkaufs der Verlagsrechte an Wedekinds Werken. Mit deren Übernahme für 15.000 Mark durch den Verlag Georg Müller Anfang Juni war für Wedekind „das Geschäftliche erledigt“ [Wedekind an Maximilian Harden, 11.6.1910]. gelöst und zwar mit Hülfe von Maximilian HardenWedekind hatte vermutlich bereits am 3. und 4.4.1910 Maximilian Harden bei Besuchen von dem Konflikt berichtet [vgl. Tb] und sich dann später mit der Bitte um Unterstützung brieflich an ihn gewandt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1910], der sich daraufhin um Vermittlung bemühte (siehe die Korrespondenz zwischen Wedekind und Maximilian Harden). und Max LiebermannMaximilian Harden hatte Wedekind vorgeschlagen, Max Liebermann ebenfalls um Unterstützung in dem Konflikt mit Bruno Cassirer zu bitten [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.4.1910]. Wedekind wandte sich daraufhin brieflich an Liebermann, wie ein fragmentarisch überlieferter Briefentwurf belegt [vgl. Wedekind an Max Liebermann, 1.5.1910]. Wedekind hatte den Maler, der mit beiden Verlegern, Bruno und Paul Cassirer, befreundet und durch seine Veröffentlichungen geschäftlich verbunden war, dem Tagebuch zufolge am 4.4.1910 bei Paul Cassirer getroffen („bei Cassirer, wo ich Liebermann, Tuaillon und Slevogt treffe“) und ihn vermutlich bereits über den bestehenden Konflikt unterrichtet.. Besonders Harden bin ich in dieser Angelegenheit zu großem Dank verpflichtet. Ich habe das auch in einer kleinen SchriftIm ersten Abschnitt seiner Schrift „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ gestand Wedekind unter der Überschrift „Maximilian Harden“ diesem zu, unter den Zeitgenossen „am meisten Herzenswärme, am meisten Leidenschaftlichkeit“ in „der ernsten Erörterung einer Kulturfrage“ [KSA 5/II, S. 363] zu besitzen und schloss mit den Worten: „Ihrer regsten Anteilnahme waren alle, die seit Jahren in Deutschland auf eigenen Wegen gingen, sicher. Um Sie zu werben, haben wir keinen Grund. Umsomehr erscheint es mir an der Zeit, Ihnen einmal zu danken.“ [KSA 5/II, S. 364] Wedekinds „Glossarium“ erschien am 18.6.1906 im Verlag Georg Müller: „Schauspielkunst […] im Handel.“ [Tb] ausgesprochen, die dieser Tage erscheinen wird. Sobald ich Exem|plare davon habe, werde ich Dir eines zuschicken. Tilly und ich haben diesen Frühling sehr viel studiert. Jetzt lernt sie meine LiederDem Tagebuch zufolge studierte Tilly Wedekind am 11., 14. und 16.6.1910 das Lied „Brigitte B.“ („Studiere mit Tilly Brigitte B.“; „Tilly übt Brigitte.“) sowie am 17.6.1910 „Mein Lieschen“ („Tilly übt Mein Lieschen“). An den folgenden Tagen übte sie sich im Singen, so am 18.und 19.6.1910 („Tilly nach Tisch Abends gesungen.“), am 20.6.1910 („Tilly gesungen.“) und am 21.6.1910 („Tilly singt nach Tisch.“). und BaladenSchreibversehen, statt: Balladen. singen für einen Vortragsabendam 21.11.1910 für die Freie Literarische Gesellschaft Frankfurt am Main. Wedekind notierte in Frankfurt: „Ich treffe Roda Roda beim Frühstück Besichtigung des Saales. Diner im Hotel Nachmittags Probe im Saal. Vortrag. Tilly singt zum ersten Mal vor 1300 Personen.“ Die Presse schrieb: „Ganz bedenklich aber wurde die Sache, als die freundliche Herdflamme einer unscheinbaren Hauskunst als Cabaret-Stern leuchten wollte, als Frau Wedekind es unternahm, Chansons vorzutragen, Lieder aus den ‚Vier Jahreszeiten‘ ihres Gatten, bei denen er mit der Laute sorglich attestierte. Nur die Liebenswürdigkeit der Hörerschaft, die die sympathische Erscheinung der (als Schauspielerin nicht unbegabten) Dame den Mißerfolg nicht merken lassen wollte, half über diese Peinlichkeit hinweg…“ [Frankfurter Zeitung, Jg. 35, Nr. 323, 22.11.1910, 3. Morgenblatt, S. (1)]. Anfang Juni hatte Wedekind seinen Veranstaltungsagenten wegen des Vortrags aufgesucht: „Besuch bei Gutmann wegen Vortrag Roda.“ [Tb 7.6.1910]., den wir im Herbst mit Roda-Roda zusammen in Frankfurt haben. Da wir in den letzten Monaten nicht spielten haben wir mit Annapamela viele Ausflüge gemacht meist in das herrliche IsarthalIm Tagebuch dokumentiert sind Ausflüge nach Thalkirchen (24.4.1910), Menterschwaige (1.5.1910), Grosshesslohe (1., 5. und 31.5.1910 sowie 5.6.1910) sowie zur Konradshöhe bei Baierbrunn und nach Höllriegelskreuth (12.6.1910).. | Gesternam 15.6.1910. Wedekind notierte im Tagebuch: „Ausflug nach Bernried mit Tilly Anapamela, Frau Jenny Hypolit. Besuch bei Albu. Spaziergang im Park von Bernried.“ waren wir bei strömendem Regen auf dem Starnbergersee.

Ich freue mich sehr, liebe Mama, daß es Dir gut geht und Du vergnügt bist Grüße Mati vielmals von mir. Ich hoffe, daß wir uns im AugustTilly, Frank und Pamela Wedekind verbrachten den August vom 6.8.1910 bis zum 2.9.1910 in Lenzburg [vgl. Tb]. wiedersehen. Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen für Dich, liebe Mama, und Mati
Dein treuer Sohn
Frank.


München 16.6.10.


Meine liebe Mama, auch ich freute mich sehr über Deinen lieben, ausführlichen Brief, über die interessanten und amüsanten Schilderungen. Ich bedauerte es sehr, bei der Geburtstagsfeier nicht dabei gewesen zu sein. Dass Mati sobald heiratet, freut mich sehr, und wenn wir auch bei der Hochzeit nicht dabei sein können, (nächste WocheDie erste Probe für den Wedekind-Zyklus am Schauspielhaus München im Juli fand am 21.6.1910 statt: „Probe von S. ist d. Leben.“ [Tb] beginnen unsre Proben, da ist’s mit der Freiheit zu Ende) so hoffe ich doch sehr, dass wir sie recht bald in Paris besuchenEugène Perré wohnte in Neuilly-sur-Seine, einem Vorort von Paris. Zu dem gemeinsamen Besuch kam es nicht. Wedekind reiste im Juli 1914 alleine nach Paris., und dann einige, | schöne Tage miteinander verleben. Ich bekomme Anfang Juli, vielleicht auch früher, wenn’s möglich ist, Besuch von meiner jüngern Schwester MarthaMartha Newes war dem Tagebuch zufolge vom 25.6.1910 („Tilly und Anapamela holen Martha vom Bahnhof ab“) bis zum 6.8.1910 („Martha fährt nach Insbruck“) zu Besuch in München.. Sie soll während der Zeit unsers GastspielSchreibversehen, statt: Gastspiels. Anna Pamela behüten, mit ihr spazieren gehen etz., denn ganz nur den MädchenDie wechselnden Kindermädchen der Wedekinds sind nicht identifiziert. überlassen will ich sie nicht. Und im August giebt es dann ein frohes Wiedersehn in Lenzburg! Mieze hat mir kürzlich sehr lieb u. ausführlich geschriebenDer Brief Erika Wedekinds an Tilly Wedekind ist nicht überliefert.. Wenn sich ihre Pläne nicht ändern, | dann werden wir voraussichtlich zu gleicher Zeit in LenzburgErika Wedekind traf mit ihrer Tochter Eva Oschwald am 7.8.1910 während Frank und Tilly Wedekinds Lenzburg-Aufenthalt im Steinbrüchli ein: „Wir holen Mieze am Bahnhof ab.“ [Tb] Sie blieben bis zum 20.8.1910: „Mieze und Eva verreisen in aller Frühe.“ [Tb] sein, worüber ich mich sehr freue! Anna Pamela wird glücklich sein, an Eva eine Spielgefährtin zu haben! Hoffentlich ist es für Dich nicht unbequem, soviel Menschen auf einmal im Hause zu haben. Ihr werdet jetzt wohl noch viel Arbeit mit der Ausstattung haben! Grüß’ mir bitte mein liebes Mati recht herzlich. Wenn Du wieder Zeit hast, ich freue mich unendlich über jede Nachricht von Dir.

Herzlichst umarmt u. küsst Dich
Deine Tilly u. Annapamela


[Kuvert:]


Frau Dr. Emilie Wedekind
Lenzburg
Ct. Aargau Schweiz.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 5 Blatt, davon 9 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Lateinische Schrift. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 18,5 cm. 8 Seiten beschrieben. Gelocht. Kuvert. 15,5 x 9,5 cm.1 Seite beschrieben. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben. Kuvert im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Kuvert ist mit zwei aufgeklebten Briefmarken zu je 10 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Uhrzeit im Postausgangsstempel München: „5 – 6 N.“ (= 17 bis 18 Uhr).

  • Schreibort

    München
    16. Juni 1910 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    17. Juni 1910 (Freitag)
    Sicher

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

(Band 2)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
243-244
Briefnummer:
355
Kommentar:
Im Erstdruck ohne Tilly Wedekinds Mitteilungen ediert. Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 365-366 (Nr. 192).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind, Tilly Wedekind an Emilie Wedekind, 16.6.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

25.06.2024 12:08