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Kennung: 5274

München, 6. Mai 1910 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie

Inhalt

Meine liebe Mutter!

Mit großer Freude nehme ich den heutigen TagGemeint ist der 8.5.1910, der 70. Geburtstag der Mutter, den Wedekind als Ankunftstag seines Briefes annahm. wahr, um Dir offen und herzlich für alles/n/ Reichthum zu danken, den Du mir in dieses Leben mitgegeben hast. Es sind ja erst fünf Jahre her„Wedekind datiert seinen Aufstieg zum anerkannten Theaterschriftsteller mit der überaus erfolgreichen Uraufführung seines Schauspiels ‚Hidalla‘ am 18.2.1905 unter der Regie Georg Stollbergs am Münchner Schauspielhaus“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 244]., daß ich mich dieser Gaben wirklich freuen kann. Umsomehr möchte ich jetzt, daß Du an dieser Freude theilnehmen kannst. Daß ich augenblicklich einen KampfWedekinds auch öffentlich ausgetragene Auseinandersetzungen mit seinem Verleger Bruno Cassirer, die schließlich zur Übernahme seiner Werke in den Verlag Georg Müller führte. | auszufechten habe, darf n/D/ich in keiner Weise erschrecken. Unberufen sind das keine Sorgen mehr sondern Machtfragen, die über kurz oder lang gelöst werden mußten wenn ich Ordnung in den Geschäften haben will.

Von ganzem Herzen, liebe Mama, beglückwünsche ich Dich zum heutigen Tag. Zu alle dem V/v/ielen Schönen, das ich Dir selber zu danken habe, kommt nun auch noch Deine Herzlichkeit und Liebe, die Du meiner Tilly entgegenbringst. Ich erscheine nun heute an Deinem Ehrentag fast mir | leeren Händen. Als Symbol sende ich Dir mein letztes Buchder Einakter „Der Stein der Weisen“, das nach der Erstpublikation in der Zeitschrift „Jugend“ im Juli 1909 bei Paul Cassirer Ende November 1909 als Buch erschienen war [vgl. KSA 6, S. 903, 916]., das Du ja wahrscheinlich schon kennst und muß Dich nun nur wieder bitten, Dich durch das VorwortWedekind setzte in seinem Vorwort [vgl. KSA 6, S. 938] zu „Der Stein der Weisen“ seine Auseinandersetzung mit dem „Berliner Tageblatt“ fort, die er anlässlich einer Rezension seines Stücks „Musik“ durch den Feuilletonredakteur Fritz Engel mit einem offenen Brief begonnen hatte [vgl. Wedekind an Berliner Tageblatt, 2.11.1908] und nahm nun die Einlassungen der Zeitung auf seine damalige Replik zum Anlass einer erneuten Kritik an deren Rezensionspraxis. In späteren Auflagen von „Der Stein der Weisen“ wurde dieses Vorwort nicht erneut abgedruckt. nicht etwa erschrecken zu lassen. Ich stehe mit dem Berliner Tageblatt heute im glänzendsten Einvernehmen. In meiner jetzigen Fehde war es schon mein treuer Bundesgenossedurch den Abdruck eines offenen Briefes Wedekinds [vgl. Wedekind an Verlagsbuchhändler, 23.3.1910] im Zusammenhang mit dem Streit mit seinem Verleger Bruno Cassirer um den Verkauf der Verlagsrechte seiner Werke an potentielle Interessenten. Der Brief erschien unter der Überschrift „Ein Wedekind-Dokument“ [in: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 157, 29.3.1910, Abend-Ausgabe, S. (3)]..

Im Lauf dieses Sommers werde ich nacheinander vier neue BücherIn Wedekinds neuem Verlag Georg Müller erschienen im Juni1910 die drei Einakter „In allen Sätteln gerecht“, „Mit allen Hunden gehetzt“ und „In allen Wassern gewaschen“ [vgl. KSA 7/II, S. 690] sowie die Aphorismensammlung „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ [vgl. KSA 5/III, S. 730]. herausgeben, die alle vier schon geschriebenDem Tagebuch zufolge übergab Wedekind seinem Verleger die fertigen Manuskripte am 20.4.1910 („Bringe Iawg zu Georg Müller.), am 20.5.1910 („Besuch bei Müller. Ich bringe ihm Mahg.“) und am 10.6.1910 („Bringe letzte Korrektur Schauspielkunst zu Müller.“). Das dritte Stück beendete er am 24.6.1910: („Letzte Korrektur von Iasg.“). sind und die Dir Tilly gleich nach ihrem Erscheinen schicken wird. Ich hatte in den | letzten Wochen sehr viel Schreibereien notwendig zu erledigen. Sonst würde mich der heutige Tag nicht so unvorbereitet treffen.

Herzinnig würde es mich freuen etwas über MatiEmilie (Mati) Wedekind hatte geplant, ihre Verlobung mit dem Jugendfreund Eugène Perré am Geburtstag ihrer Mutter in Lenzburg zu feiern, wie sie in einem Brief an ihren Bruder Armin vom 5.4.1910 ankündigte: „Verlobungsanzeigen werden keine geschickt aber zu Mamas Geburtstag wird nun alles versammelt sein.“ [AfM Zürich, Nachlass Armin Wedekind, PN 169.05:168] zu hören.

Und nun, liebe Mutter, auf baldiges Wiedersehen, hoffentlich im SommerTilly, Frank und Pamela Wedekind verbrachten den Sommer vom 6.8.1910 bis zum 2.9.1910 in Lenzburg [vgl. Tb]. . Freue Dich heute recht herzlich mit all denen die um Dich sind. Grüße Armin und seine Lieben von mir.

Mit herzlichsten Grüßen und innigen Wünschen zu Deinem siebzigsten Geburtstag

Dein DankbarerSchreibversehen, statt: dankbarer. Sohn
Frank


München 6. Mai 1910.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    6. Mai 1910 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

(Band 2)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
241-243
Briefnummer:
354
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 364-365 (Nr. 191).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 6.5.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

30.04.2024 10:35
Kennung: 5274

München, 6. Mai 1910 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie
 
 

Inhalt

Meine liebe Mutter!

Mit großer Freude nehme ich den heutigen TagGemeint ist der 8.5.1910, der 70. Geburtstag der Mutter, den Wedekind als Ankunftstag seines Briefes annahm. wahr, um Dir offen und herzlich für alles/n/ Reichthum zu danken, den Du mir in dieses Leben mitgegeben hast. Es sind ja erst fünf Jahre her„Wedekind datiert seinen Aufstieg zum anerkannten Theaterschriftsteller mit der überaus erfolgreichen Uraufführung seines Schauspiels ‚Hidalla‘ am 18.2.1905 unter der Regie Georg Stollbergs am Münchner Schauspielhaus“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 244]., daß ich mich dieser Gaben wirklich freuen kann. Umsomehr möchte ich jetzt, daß Du an dieser Freude theilnehmen kannst. Daß ich augenblicklich einen KampfWedekinds auch öffentlich ausgetragene Auseinandersetzungen mit seinem Verleger Bruno Cassirer, die schließlich zur Übernahme seiner Werke in den Verlag Georg Müller führte. | auszufechten habe, darf n/D/ich in keiner Weise erschrecken. Unberufen sind das keine Sorgen mehr sondern Machtfragen, die über kurz oder lang gelöst werden mußten wenn ich Ordnung in den Geschäften haben will.

Von ganzem Herzen, liebe Mama, beglückwünsche ich Dich zum heutigen Tag. Zu alle dem V/v/ielen Schönen, das ich Dir selber zu danken habe, kommt nun auch noch Deine Herzlichkeit und Liebe, die Du meiner Tilly entgegenbringst. Ich erscheine nun heute an Deinem Ehrentag fast mir | leeren Händen. Als Symbol sende ich Dir mein letztes Buchder Einakter „Der Stein der Weisen“, das nach der Erstpublikation in der Zeitschrift „Jugend“ im Juli 1909 bei Paul Cassirer Ende November 1909 als Buch erschienen war [vgl. KSA 6, S. 903, 916]., das Du ja wahrscheinlich schon kennst und muß Dich nun nur wieder bitten, Dich durch das VorwortWedekind setzte in seinem Vorwort [vgl. KSA 6, S. 938] zu „Der Stein der Weisen“ seine Auseinandersetzung mit dem „Berliner Tageblatt“ fort, die er anlässlich einer Rezension seines Stücks „Musik“ durch den Feuilletonredakteur Fritz Engel mit einem offenen Brief begonnen hatte [vgl. Wedekind an Berliner Tageblatt, 2.11.1908] und nahm nun die Einlassungen der Zeitung auf seine damalige Replik zum Anlass einer erneuten Kritik an deren Rezensionspraxis. In späteren Auflagen von „Der Stein der Weisen“ wurde dieses Vorwort nicht erneut abgedruckt. nicht etwa erschrecken zu lassen. Ich stehe mit dem Berliner Tageblatt heute im glänzendsten Einvernehmen. In meiner jetzigen Fehde war es schon mein treuer Bundesgenossedurch den Abdruck eines offenen Briefes Wedekinds [vgl. Wedekind an Verlagsbuchhändler, 23.3.1910] im Zusammenhang mit dem Streit mit seinem Verleger Bruno Cassirer um den Verkauf der Verlagsrechte seiner Werke an potentielle Interessenten. Der Brief erschien unter der Überschrift „Ein Wedekind-Dokument“ [in: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 157, 29.3.1910, Abend-Ausgabe, S. (3)]..

Im Lauf dieses Sommers werde ich nacheinander vier neue BücherIn Wedekinds neuem Verlag Georg Müller erschienen im Juni1910 die drei Einakter „In allen Sätteln gerecht“, „Mit allen Hunden gehetzt“ und „In allen Wassern gewaschen“ [vgl. KSA 7/II, S. 690] sowie die Aphorismensammlung „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ [vgl. KSA 5/III, S. 730]. herausgeben, die alle vier schon geschriebenDem Tagebuch zufolge übergab Wedekind seinem Verleger die fertigen Manuskripte am 20.4.1910 („Bringe Iawg zu Georg Müller.), am 20.5.1910 („Besuch bei Müller. Ich bringe ihm Mahg.“) und am 10.6.1910 („Bringe letzte Korrektur Schauspielkunst zu Müller.“). Das dritte Stück beendete er am 24.6.1910: („Letzte Korrektur von Iasg.“). sind und die Dir Tilly gleich nach ihrem Erscheinen schicken wird. Ich hatte in den | letzten Wochen sehr viel Schreibereien notwendig zu erledigen. Sonst würde mich der heutige Tag nicht so unvorbereitet treffen.

Herzinnig würde es mich freuen etwas über MatiEmilie (Mati) Wedekind hatte geplant, ihre Verlobung mit dem Jugendfreund Eugène Perré am Geburtstag ihrer Mutter in Lenzburg zu feiern, wie sie in einem Brief an ihren Bruder Armin vom 5.4.1910 ankündigte: „Verlobungsanzeigen werden keine geschickt aber zu Mamas Geburtstag wird nun alles versammelt sein.“ [AfM Zürich, Nachlass Armin Wedekind, PN 169.05:168] zu hören.

Und nun, liebe Mutter, auf baldiges Wiedersehen, hoffentlich im SommerTilly, Frank und Pamela Wedekind verbrachten den Sommer vom 6.8.1910 bis zum 2.9.1910 in Lenzburg [vgl. Tb]. . Freue Dich heute recht herzlich mit all denen die um Dich sind. Grüße Armin und seine Lieben von mir.

Mit herzlichsten Grüßen und innigen Wünschen zu Deinem siebzigsten Geburtstag

Dein DankbarerSchreibversehen, statt: dankbarer. Sohn
Frank


München 6. Mai 1910.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    6. Mai 1910 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

(Band 2)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
241-243
Briefnummer:
354
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 364-365 (Nr. 191).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 6.5.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

30.04.2024 10:35