Bitte wählen Sie je ein Dokument für die linke und rechte Seite über die Eingabefelder aus.
[Hinweis in: Berliner
Tageblatt, Jg. 39, Nr. 519, 12.10.1910, Abend-Ausgabe, S. (2):]
[Abgedruckte
Beilage:]
Es gilt heute nicht, eine neue Bewegung durchzusetzen, denn es ist gar keine da. Wir glauben nicht, daß wir irgend einer Richtung zum Siege verhelfen müssen. Das war vielleicht vor 20 Jahren nötig, obwohl bereits damals bei Eröffnung der
Die Straße hat sich gebogen, und wir haben in neue Welten geblickt. Aber weder die naturalistischen, noch die neuromantischen, noch die neoklassischen Dichter stellen eine der Pflege bedürftige Bewegung dar. Sie werden von allen Theatern angenommen und mit Erfolg gespielt.
Dagegen gibt es heute bei uns und im Auslande Dichter, deren Stücke nicht oder nur selten gespielt werden, vielleicht weil sie sich nicht ohne weiteres den bekannten Richtungen zuzählen lassen. Sie scheinen uns als Wegweiser zu neuen Zielen der dramatischen Literatur der Aufmerksamkeit wert, und
Wir wollen ferner Werke bereits anerkannter Dichter, gegen die sich die allgemeine Meinung sträubt, oder die von der Zensur verboten wurden, einem Kreise Intellektueller vorführen, um so althergebrachte Urteile umzustoßen.
Hervorragende Künstler haben der Gesellschaft bereits ihre Mitwirkung zugesagt. Wir erwähnen: Abel, ArnoldBertens, Durieux, Grüning, Höflich, Meyer, Moissi, Wegener, Ziegel.
Herr Direktor Barnowsky, der dem Unternehmen das regste Interesse entgegenbringt, hat der Gesellschaft für sämtliche Aufführungen sein „
Anmeldungen zur Mitgliedschaft nimmt der Cassirer, Viktoriastraße 5, und das Bureau des Kleinen Theaters, Unter den Linden 44 entgegen.
Paul Cassirer,
[Erweiterte Beilage in:
Das freie Volk, Jg. 1, Nr. 42, 15.10.1910, Beilage, S. (5):]
Es gilt heute nicht eine neue Bewegung durchzusetzen, denn es ist gar keine da. Wir glauben nicht, daß wir irgend einer Richtung zum Siege verhelfen müssen. Das war vielleicht vor 20 Jahren nötig, obwohl bereits damals bei Eröffnung der Freien Bühne Otto Brahm klug und prophetisch sein Pronunciamento schloß. „Dem Naturalismus Freund, wollen wir eine gute Strecke Weges mit ihm schreiten. Allein es soll uns nicht erstaunen, wenn im Verlaufe der Wanderschaft in einem Punkt, den wir heute noch nicht überschauen, die Straße sich plötzlich biegt und überraschende neue Blicke in Kunst und Leben sich auftun.“
Die Straße hat sich gebogen, und wir haben in neue Welten geblickt. Aber weder die naturalistischen, noch die neuromantischen, noch die neoklassischen Dichter stellen eine der Pflege bedürftige Bewegung dar. Sie werden von allen Theatern angenommen und mit Erfolg gespielt.
Dagegen gibt es heute bei uns und im Auslande Dichter, deren Stücke nicht oder nur selten gespielt werden, vielleicht weil sie sich nicht ohne weiteres den bekannten Richtungen zuzählen lassen. Sie scheinen uns als Wegweiser zu neuen Zielen der dramatischen Literatur der Aufmerksamkeit wert, und die Gesellschaft „Pan“, um ihre Werke auf die Bühne zu bringen. Im Einklang mit den der Dekoration immer mehr zueilenden bildenden Künsten hat sich auch auf der Bühne hier und da ein dekorativer Stil entwickelt. Wir verdanken dieser Bewegung zu viel reizende Bilder, als daß wir ihr gram sein möchten, können uns aber nicht verhehlen, daß sie zuweilen dahindrängt, das dichterische Problem zu äußerlich anzufassen, der Kulisse eine zu große Bedeutung zuzuweisen und das Schauspiel zu einer dekorativen Geste zu verwandeln. Wir möchten versuchen, die geistigen Elemente der szenischen Darstellung mehr in den Vordergrund zu rücken.
Wir wollen ferner Werke bereits anerkannter Dichter, gegen die sich die allgemeine Meinung sträubt, oder die von der Zensur verboten wurden, einem Kreise Intellektueller vorführen, um so althergebrachte Urteile umzustoßen.
Mit unserem Unternehmen denken wir keinen Streich gegen die Theaterdirektoren zu führen, die ernstlich um die Literatur bemüht sind. Wir wollen ihnen im Gegenteil helfen, denn wir wissen allzu gut, daß es ihnen unmöglich ist, aus wirtschaftlichen und aus tausend anderen Gründen, sich nur großen Aufgaben zu widmen. Wir wissen, daß sie heute auf der Jagd nach dem Zugstück nicht Halt machen können, und daß ihnen für künstlerische Experimente weniger die Lust als die Zeit und – wie sie glauben – das Geld der Aktionäre fehlt. Sie können ihre ganze Kraft nicht immer wieder auf Werke konzentrieren, deren Erfolg unerprobt und unsicher ist. Sie brauchen – aus tausend Gründen – den Kassenerfolg.
Wir sind weit davon entfernt, diesen mehr von den Verhältnissen geschobenen als selbst führenden Theaterleitern Vorwürfe zu machen. Wir wollen ihnen vielmehr eine vielleicht willkommene Ergänzung bieten, wir wollen ihnen durch unsere Aufführungen helfen, zu erkennen, ob es gute Stücke gibt. Es wird ihnen freistehen, sie zu erwerben, wenn sie sich Erfolg versprechen.
Neben den Theaterdirektoren wollen wir die Zensur in ihrer schweren Arbeit unterstützen. Ihr erscheint oft ein Werk als unsittlich, das der heute geltenden Moral widerspricht, und sie hat die Macht, seine Aufführung zu verhindern. Wir bieten ihr durch unsere Vorstellungen die Gelegenheit, sich zu überzeugen, daß das Werk eines Künstlers, der mit Recht den Namen eines Dichters führt, nie unsittlich wirken kann, da das vermeintliche Unsittliche stets durch die schöpferische und gestaltende Kraft des Dichters aufgelöst wird.
Hervorragende Künstler haben bereits der Gesellschaft ihre Mitwirkung zugesagt. Wir erwähnen: Alfred Abel, Victor Arnold, Rosa Bertens, Tilla Durieux, Ilka Grüning, Lucie Höflich, Marie Meyer, Alexander Moissi, Paul Wegener, Erich Ziegel.
Herr Direktor Barnowsky, der dem Unternehmen das regste Interesse entgegenbringt, hat der Gesellschaft für sämtliche Aufführungen sein „Kleines Theater“ zur Verfügung gestellt. Als werden Anfang November Frank Wedekinds Einakter („In allen Wassern gewaschen“ – „Mit allen Hunden gehetzt“ – „In allen Sätteln gerecht“) in Szene gehen.
Anmeldungen zur Mitgliedschaft nimmt der Verlag von Paul Cassirer, Viktoriastraße 5, und das Bureau des „Kleinen Theaters“, Unter den Linden 44 entgegen.
Paul Cassirer, Wilhelm Herzog, Heinrich Mann, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe, Rudolf Alexander Schröder, Frank Wedekind, Karl Walser, Robert Walser.
Im Anschluß an die Gründung der Gesellschaft „Pan“ wird Anfang November eine Zeitschrift unter dem gleichen Titel erscheinen, als deren Herausgeber Wilhelm Herzog und Paul Cassirer zeichnen.
Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben
Der 10.10.1910 ist als Ankerdatum gesetzt – abgeleitet von Wedekinds Notiz im Tagebuch zu einer Zusammenkunft bei Paul Cassirer am 10.10.1910 in Berlin („Konferenz bei Kassirer“), bei der das nicht überlieferte Begleitschreiben zu der von Wedekind mitunterschriebenen Mitteilung zur Gründung der Gesellschaft Pan verfasst worden sein dürfte, die zwei Tage darauf erstmals im „Berliner Tageblatt“ erschien [vgl. Theatergesellschaft „Pan“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 519, 12.10.1910, Abend-Ausgabe, S. (2)] und kurz darauf in anderen Zeitungen: am 13.10.1910 gleichlautend in der „Berliner Volks-Zeitung“, am 15.10.1910 mit beträchtlich erweitertem Text unter der Überschrift „Der Verein ‚Pan‘“ in der Berliner Wochenzeitung „Das freie Volk“ (hier wiedergegeben).
Berlin
10. Oktober 1910 (Montag)
Ermittelt (unsicher)
Berlin
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Es gibt keine Informationen zum Standort.
Paul Cassirer, Wilhelm Herzog, Robert Walser, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe, Frank Wedekind, Karl Walser, Heinrich Mann, Rudolf Alexander Schröder an (Zeitung) Berliner Tageblatt, 10.10.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (27.10.2025).
Ariane Martin
Tilman Fischer