Vergleichsansicht

Bitte wählen Sie je ein Dokument für die linke und rechte Seite über die Eingabefelder aus.

Kennung: 5120

Berlin, 10. Oktober 1910 (Montag), Erschlossenes Korrespondenzstück

Autor*in

  • Cassirer, Paul

Koautoren*in

  • Walser, Karl
  • Mann, Heinrich
  • Wedekind, Frank
  • Schröder, Rudolf Alexander
  • Mann, Thomas
  • Meier-Graefe, Julius
  • Herzog, Wilhelm
  • Walser, Robert

Adressat*in

  • Berliner Volks-Zeitung, (Zeitung)
 
 

Inhalt

[Hinweis in: Berliner Volks-Zeitung, Jg. 58, Nr. 479, 13.10.1910, Morgen-Ausgabe, S. (2):]


Wir erhalten die folgende Zuschrift:

Es gilt heute nicht, eine neue Bewegung durchzusetzen, denn es ist gar keine da. Wir glauben nicht, daß wir irgend einer Richtung zum Siege verhelfen müssen. Das war vielleicht vor 20 Jahren nötig, obwohl bereits damals bei Eröffnung der Freien Bühne Otto Brahm klug und prophetisch sein Pronnuntiamentorecte: Pronunciamiento (span.) = ein Putsch. schloß. „Dem Naturalismus FreundZitat aus dem letzten Absatz der programmatischen Einleitung, mit der Otto Brahm, seinerzeit Herausgeber der Zeitschrift „Freie Bühne“ (gegründet, um dem am 28.8.1889 in Berlin gegründeten Verein Freie Bühne publizistisch Nachdruck zu verleihen und dem Naturalismus zum Durchbruch zu verhelfen), das erste Heft eröffnete: „Dem Naturalismus Freund, wollen wir eine gute Strecke Weges mit ihm schreiten, allein es soll uns nicht erstaunen, wenn im Verlauf der Wanderschaft, an einem Punkt, den wir heute noch nicht überschauen, die Straße plötzlich sich biegt und überraschende neue Blicke in Kunst und Leben sich aufthun.“ [Zum Beginn. In: Freie Bühne für modernes Leben, Jg. 1, Heft 1, 29.1.1890, S. 2] Wie die Zeitschrift „Freie Bühne“ 1890 zum Verein Freie Bühne stand, so sollten nun der 1910 gegründete Verein Pan mit der ebenfalls neugegründeten Zeitschrift „Pan“ (herausgegeben von Paul Cassirer und Wilhelm Herzog) zusammenwirken., wollen wir eine gute Strecke Weges mit ihm schreiten. Allein es soll uns nicht erstaunen, wenn im Verlaufe der Wanderschaft in einem Punkt, den wir heute noch nicht überschauen, die Straße sich plötzlich biegt und überraschende neue Blicke in Kunst und Leben sich auftuen.“

Die Straße hat sich gebogen, und wir haben in neue Welten geblickt. Aber weder die naturalistischen, noch die neuromantischen, noch die neoklassischen Dichter stellen eine der Pflege bedürftige Bewegung dar. Sie werden von allen Theatern angenommen und mit Erfolg gespielt.

Dagegen gibt es heute bei uns und im Auslande Dichter, deren Stücke nicht oder nur selten gespielt werden, vielleicht weil sie sich nicht ohne weiteres den bekannten Richtungen zuzählen lassen. Sie scheinen uns als Wegweiser zu neuen Zielen der dramatischen Literatur der Aufmerksamkeit wert, und wir gründenPaul Cassirer und Wilhelm Herzog sowie die Mitunterzeichner (darunter Wedekind). Der Verein war ein „von Cassirer finanziertes Projekt: die PAN-Gesellschaft und parallel dazu die Zeitschrift PAN“ [Müller-Feyen 1996, S. 26], federführend war aber wohl Wilhelm Herzog (seinerzeit Lektor im Paul Cassirer Verlag): „auf meine Anregung hin“ entstand „die ‚Pan-Gesellschaft‘, die sich die Aufgabe stellte, wertvolle Dramen lebender Autoren, die von den offiziellen Theatern abgelehnt worden waren, [...] vor einem geschlossenen Kreis eingeladener Gäste zur Aufführung zu bringen.“ [Herzog 1959, S. 207] die Gesellschaft „Pan“, um ihre Werke auf die Bühne zu bringen. Im Einklang mit den der Dekoration immer mehr zueilenden bildenden Künsten hat sich auch auf der Bühne hier und da ein dekorativer Stil entwickelt. Wir verdanken dieser Bewegung zu viel reizende Bilder, als daß wir ihr gram sein möchten, können uns aber nicht verhehlen daß sie zuweilen dahin drängt, das dichterische Problem zu äußerlich anzufassen, der Kulisse eine zu große Bedeutung zuzuweisen und das Schauspiel zu einer dekorativen Geste zu verwandeln. Wir möchten versuchen, die geistigen Elemente der szenischen Darstellung mehr in den Vordergrund zu rücken.

Wir wollen ferner Werke bereits anerkannter Dichter, gegen die sich die allgemeine Meinung sträubt, oder die von der Zensur verboten wurden, einem Kreise Intellektueller vorführen, um so althergebrachte Urteile umzustoßen.

Hervorragende Künstler haben der Gesellschaft bereits ihre Mitwirkung zugesagt. Wir erwähnen: Alfred Abel, Viktor Arnold, Rosa Bertens, Tilla Durieux, Ilka Grüning, Lucie Höflich, Marie Meyer, Alexander Moissi, Paul Wegener, Erich Ziegel.

Herr Direktor Barnowsky, der dem Unternehmen das regste Interesse entgegenbringt, hat der Gesellschaft für sämtliche Aufführungen sein „Kleines Theater“ zur Verfügung gestellt. Als erste VorstellungNicht Wedekinds drei Einakter, sondern drei Einakter von Heinrich Mann wurden bei der ersten Vorstellung des Vereins Pan am 21.11.1910 im Kleinen Theater gespielt (unter dem Gesamttitel „Die Bösen“ die Einakter „Der Tyrann“, „Die Unschuldige“ und „Varieté“); den ersten Vortragsabend der Gesellschaft Pan am 10.11.1910 in Berlin bestritt allerdings Wedekind: „Vortrag von Aufklärungen Totentanz“ [Tb]. werden Anfang November Frank Wedekinds Einakter („In allen Wassern gewaschen“ – „Mit allen Hunden gehetzt“ – „In allen Sätteln gerecht“) in Szene gehen.

Anmeldungen zur Mitgliedschaft nimmt der Verlag von Paul Cassirer, Viktoriastraße 5, und das Bureau des Kleinen Theaters, Unter den Linden 44 entgegen.

Paul Cassirer, Wilhelm Herzog, Heinrich Mann, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe, Rudolf Alexander Schröder, Frank Wedekind, Karl Walser, Robert Walser.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 10.10.1910 ist als Ankerdatum gesetzt – abgeleitet von Wedekinds Notiz im Tagebuch zu einer Zusammenkunft bei Paul Cassirer am 10.10.1910 in Berlin („Konferenz bei Kassirer“), bei der das nicht überlieferte Begleitschreiben zu der von Wedekind mitunterschriebenen Mitteilung zur Gründung der Gesellschaft Pan verfasst worden sein dürfte, die in der „Berliner Volks-Zeitung“ erschien [vgl. Theatergesellschaft „Pan“. In: Berliner Volks-Zeitung, Jg. 58, Nr. 479, 13.10.1910, Morgen-Ausgabe, S. (2)], gleichlautend am Tag zuvor im „Berliner Tageblatt“ (am 12.10.1910, mit beträchtlich erweitertem Text dann am 15.10.1910 in der Berliner Wochenzeitung „Das freie Volk“).

  • Schreibort

    Berlin
    10. Oktober 1910 (Montag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Paul Cassirer, Karl Walser, Heinrich Mann, Frank Wedekind, Rudolf Alexander Schröder, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe, Wilhelm Herzog, Robert Walser an (Zeitung) Berliner Volks-Zeitung, 10.10.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

01.03.2024 19:23
Kennung: 5120

Berlin, 10. Oktober 1910 (Montag), Erschlossenes Korrespondenzstück

Autor*in

  • Cassirer, Paul

Koautoren*in

  • Walser, Karl
  • Mann, Heinrich
  • Wedekind, Frank
  • Schröder, Rudolf Alexander
  • Mann, Thomas
  • Meier-Graefe, Julius
  • Herzog, Wilhelm
  • Walser, Robert

Adressat*in

  • Berliner Volks-Zeitung, (Zeitung)
 
 

Inhalt

[Hinweis in: Berliner Volks-Zeitung, Jg. 58, Nr. 479, 13.10.1910, Morgen-Ausgabe, S. (2):]


Wir erhalten die folgende Zuschrift:

Es gilt heute nicht, eine neue Bewegung durchzusetzen, denn es ist gar keine da. Wir glauben nicht, daß wir irgend einer Richtung zum Siege verhelfen müssen. Das war vielleicht vor 20 Jahren nötig, obwohl bereits damals bei Eröffnung der Freien Bühne Otto Brahm klug und prophetisch sein Pronnuntiamentorecte: Pronunciamiento (span.) = ein Putsch. schloß. „Dem Naturalismus FreundZitat aus dem letzten Absatz der programmatischen Einleitung, mit der Otto Brahm, seinerzeit Herausgeber der Zeitschrift „Freie Bühne“ (gegründet, um dem am 28.8.1889 in Berlin gegründeten Verein Freie Bühne publizistisch Nachdruck zu verleihen und dem Naturalismus zum Durchbruch zu verhelfen), das erste Heft eröffnete: „Dem Naturalismus Freund, wollen wir eine gute Strecke Weges mit ihm schreiten, allein es soll uns nicht erstaunen, wenn im Verlauf der Wanderschaft, an einem Punkt, den wir heute noch nicht überschauen, die Straße plötzlich sich biegt und überraschende neue Blicke in Kunst und Leben sich aufthun.“ [Zum Beginn. In: Freie Bühne für modernes Leben, Jg. 1, Heft 1, 29.1.1890, S. 2] Wie die Zeitschrift „Freie Bühne“ 1890 zum Verein Freie Bühne stand, so sollten nun der 1910 gegründete Verein Pan mit der ebenfalls neugegründeten Zeitschrift „Pan“ (herausgegeben von Paul Cassirer und Wilhelm Herzog) zusammenwirken., wollen wir eine gute Strecke Weges mit ihm schreiten. Allein es soll uns nicht erstaunen, wenn im Verlaufe der Wanderschaft in einem Punkt, den wir heute noch nicht überschauen, die Straße sich plötzlich biegt und überraschende neue Blicke in Kunst und Leben sich auftuen.“

Die Straße hat sich gebogen, und wir haben in neue Welten geblickt. Aber weder die naturalistischen, noch die neuromantischen, noch die neoklassischen Dichter stellen eine der Pflege bedürftige Bewegung dar. Sie werden von allen Theatern angenommen und mit Erfolg gespielt.

Dagegen gibt es heute bei uns und im Auslande Dichter, deren Stücke nicht oder nur selten gespielt werden, vielleicht weil sie sich nicht ohne weiteres den bekannten Richtungen zuzählen lassen. Sie scheinen uns als Wegweiser zu neuen Zielen der dramatischen Literatur der Aufmerksamkeit wert, und wir gründenPaul Cassirer und Wilhelm Herzog sowie die Mitunterzeichner (darunter Wedekind). Der Verein war ein „von Cassirer finanziertes Projekt: die PAN-Gesellschaft und parallel dazu die Zeitschrift PAN“ [Müller-Feyen 1996, S. 26], federführend war aber wohl Wilhelm Herzog (seinerzeit Lektor im Paul Cassirer Verlag): „auf meine Anregung hin“ entstand „die ‚Pan-Gesellschaft‘, die sich die Aufgabe stellte, wertvolle Dramen lebender Autoren, die von den offiziellen Theatern abgelehnt worden waren, [...] vor einem geschlossenen Kreis eingeladener Gäste zur Aufführung zu bringen.“ [Herzog 1959, S. 207] die Gesellschaft „Pan“, um ihre Werke auf die Bühne zu bringen. Im Einklang mit den der Dekoration immer mehr zueilenden bildenden Künsten hat sich auch auf der Bühne hier und da ein dekorativer Stil entwickelt. Wir verdanken dieser Bewegung zu viel reizende Bilder, als daß wir ihr gram sein möchten, können uns aber nicht verhehlen daß sie zuweilen dahin drängt, das dichterische Problem zu äußerlich anzufassen, der Kulisse eine zu große Bedeutung zuzuweisen und das Schauspiel zu einer dekorativen Geste zu verwandeln. Wir möchten versuchen, die geistigen Elemente der szenischen Darstellung mehr in den Vordergrund zu rücken.

Wir wollen ferner Werke bereits anerkannter Dichter, gegen die sich die allgemeine Meinung sträubt, oder die von der Zensur verboten wurden, einem Kreise Intellektueller vorführen, um so althergebrachte Urteile umzustoßen.

Hervorragende Künstler haben der Gesellschaft bereits ihre Mitwirkung zugesagt. Wir erwähnen: Alfred Abel, Viktor Arnold, Rosa Bertens, Tilla Durieux, Ilka Grüning, Lucie Höflich, Marie Meyer, Alexander Moissi, Paul Wegener, Erich Ziegel.

Herr Direktor Barnowsky, der dem Unternehmen das regste Interesse entgegenbringt, hat der Gesellschaft für sämtliche Aufführungen sein „Kleines Theater“ zur Verfügung gestellt. Als erste VorstellungNicht Wedekinds drei Einakter, sondern drei Einakter von Heinrich Mann wurden bei der ersten Vorstellung des Vereins Pan am 21.11.1910 im Kleinen Theater gespielt (unter dem Gesamttitel „Die Bösen“ die Einakter „Der Tyrann“, „Die Unschuldige“ und „Varieté“); den ersten Vortragsabend der Gesellschaft Pan am 10.11.1910 in Berlin bestritt allerdings Wedekind: „Vortrag von Aufklärungen Totentanz“ [Tb]. werden Anfang November Frank Wedekinds Einakter („In allen Wassern gewaschen“ – „Mit allen Hunden gehetzt“ – „In allen Sätteln gerecht“) in Szene gehen.

Anmeldungen zur Mitgliedschaft nimmt der Verlag von Paul Cassirer, Viktoriastraße 5, und das Bureau des Kleinen Theaters, Unter den Linden 44 entgegen.

Paul Cassirer, Wilhelm Herzog, Heinrich Mann, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe, Rudolf Alexander Schröder, Frank Wedekind, Karl Walser, Robert Walser.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 10.10.1910 ist als Ankerdatum gesetzt – abgeleitet von Wedekinds Notiz im Tagebuch zu einer Zusammenkunft bei Paul Cassirer am 10.10.1910 in Berlin („Konferenz bei Kassirer“), bei der das nicht überlieferte Begleitschreiben zu der von Wedekind mitunterschriebenen Mitteilung zur Gründung der Gesellschaft Pan verfasst worden sein dürfte, die in der „Berliner Volks-Zeitung“ erschien [vgl. Theatergesellschaft „Pan“. In: Berliner Volks-Zeitung, Jg. 58, Nr. 479, 13.10.1910, Morgen-Ausgabe, S. (2)], gleichlautend am Tag zuvor im „Berliner Tageblatt“ (am 12.10.1910, mit beträchtlich erweitertem Text dann am 15.10.1910 in der Berliner Wochenzeitung „Das freie Volk“).

  • Schreibort

    Berlin
    10. Oktober 1910 (Montag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Paul Cassirer, Karl Walser, Heinrich Mann, Frank Wedekind, Rudolf Alexander Schröder, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe, Wilhelm Herzog, Robert Walser an (Zeitung) Berliner Volks-Zeitung, 10.10.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

01.03.2024 19:23