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Kennung: 4976

Berlin, 25. Juni 1910 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Loewenson, Erwin

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Hochverehrter Herr Wedekind

Für Ihren freundlichen Briefvgl. Wedekind an Erwin Loewenson, 2.5.1910., vor allem für die prinzipielle Genehmigung unseres Planesder Ausrichtung eines Wedekind-Abends mit Lesungen und Vorträgen [vgl. Erwin Loewenson an Wedekind, 22.4.1910]., nehmen Sie unsern herzlichen Dank!

Die Verlegergreuel sind ja müssen hierzulande mehr gemeiner als ja gemeingefährlicher sein als man weiß;, nichts ist tiefer beklagenswert, als daß wenn selbst gebenedeitegesegnete, gepriesene. Lebensm/M/ittel des Geistes der Verwaltung gleichsam viehischer Instincte unterstellt sinddurch Unterpunktung aufgehobene Streichung.; hier in großem Stil Abhilfe zu schaffen ist gehört eigentlich die zu der (sehr gewagten) Lebensaufgabe unseres ClubsDer Neue Club bestand von März 1909 bis Frühjahr 1914 als Vereinigung junger Berliner Intellektueller und Literaten, vorwiegend noch Studenten, und wollte laut seiner Satzung „seinen Mitgliedern einen regelmässigen Gedankenaustausch ermöglichen und ihnen Gelegenheit bieten, mit ihren Arbeiten an die Öffentlichkeit zu treten.“ [Sheppard 1980, S. 402]. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Jakob van Hoddis, Franz Grüner, Kurt Hiller, Kurt Levy, Erwin Loewenson, Erich Unger, John Wolfsohn und Edgar Zacharias [vgl. Wülfing/Bruns/Parr 1998, S. 356], später stießen u. a. Georg Heym und Ernst Blass hinzu. Treffpunkt des Neuen Clubs war das Nollendorfkasino am Nollendorfplatz. An die Öffentlichkeit trat der Club ab Juli 1909 durch Diskussionsabende und Vorträge an unterschiedlichen Veranstaltungsorten [vgl. Wülfing/Bruns/Parr 1998, S. 350; 354]., nämlichNach verschiedenen Einzelkorrekturen hat Erwin Loewenson den Briefabschnitt von „nämlich“ bis „Begabte“ mit drei diagonalen Strichen komplett gestrichen. indem allmählich Institutionen zu schaffen. herzustellen, kraft welcher Genies jeder Gattung die Begabten großen Ausnahmen auf jedem B Gebiet die Sache der großen Ausnahmen auf jedem Gebiet eine pflichtmäßige Ehrensache (u. Pflicht) aller Begabten

und zwar (– verzeihen Sie, daß ich davon Einiges zu Ihnen sage? –) scheint uns die einzige Möglichkeit erste Bedingung nämlich einer aristokratischen Regelung aristokratischer Angelegenheiten scheint in scheint ein in einer Einigung scheint uns in einer der Einigung der einer Der Zahl Ausnahmemenschen einer großen leidlichen Zahl Kultivierter zu liegen, an deren Spitze freilich eine geringe Zahl großer Ausnahme-Menschen selbst stehen müßte; von einer solchen [imposanten] Einigung darf man erwarten, daß es ihr gelingen wird, eine neu neue kleine Begeisterung u. Eitelkeit aufzurühren auch bei den Materiell-Potenten aufzurühren, mit | deren Hilfe welcher man allmählich im Laufe der Jahre eine Anzahl Reihe von aristokratischen Institutionen ins Leben rufen könnte die insgesamt den Zweck haben, jeden die Großen von den Kleinen in jeder Beziehung unabhängig zu machen. [Man bräuchte beispielsweise: eine Theater Bühne, die nicht auf den Beifall eines großen Publikums angewiesen ist; eine Zeitschrift, die compromißlos für die heiligen Extravaganzen in Kunst, Wissenschaft, Philosophie usw. einsteht und einen eigenen Verlag; und höchst parteiische Attacken gegen die p. p.hier im Sinne von: diversen, verschiedenen. Canaillen(frz.) Schurken, hier wohl abwertend für: Pack. ausführt [auchdie nach der folgenden Zeile in Kastenklammern notierte Passage, hat Erwin Loewenson durch einen Einweisungstrich an diese Stelle platziert. Politik treibt, mit Ausschluß der ‚realdemokratischen‘, d. i. antigenialen]; di/ein/e ‚Neben-UniversisätSchreibversehen, statt: Universität.‘ mit Verzicht auf behördliche staatliche Würden Titel; (mit im Anschluß ++te fortlaufende Congressen/e/) eine andre Art ‚Parlament‘, in dem Fragen des Kultur-Anstands, des Totschweigens, und der guten Gesinnung der Politik phrasenlos u. blutig öffentlich durch Unterpunktung aufgehobene Streichung.diskutiert werden r – (die „öffentlichen Meinungennimmt nehmen heutzutage nur noch gewiß von öffentlich Au Gesprochenem Notiz, schon aus Neugierde); eine Art aristokratisches ‚Consulat‘ für die als Cen Mittelpunkt für alle Interesse der Er Ausnahmen, als offizielles Organ bei Verhandlungen mit der Regierung etc., als pflichtmäßiger Rats- u. Hilfeerteiler vor allem an junge oder bedürftige an alle als bedeutende Talente Erkennbare (oder so ähnlich)..usw.]

Die klingt gewiß in dieser solcher allgemeinen, extremen u. unausgeführten Form, (die nur das Resultat nicht | den Weg u. noch nicht einmal die Organisationsmethode angibt), gewiß sehr lächerlich, optimistisch und, utopistisch und noch etwas; aber was wären das für Einwände –. Wir wissen auch, daß es nichts schwerer ist, als ein halbes Dutzend Geniale zu einem soziologischen Zweck zusammenzuführen, daß die deren Einsamkeitspose und dasdurch Unterpunktung aufgehobene Streichung. überlegenes Lächeln mancher eines Gottbegnadeten kaum überwindliche Feinde fast kaum so unüberwindbarer ist als wie das vernagelte Herz der eines Geldbegnadeten die Vernageltheit mancher Geldbegnadeten; wir wissen noch manche viele anderen Schwierigkeiten, z. B. daß man selbst ein begabte aufn empfängliches Publikum (soweit dieser Begriff nicht gegen den Satz vom WiderspruchGrundsatz der Logik, nach der zwei sich widersprechende Aussagen nicht zugleich zutreffen können. verstößt) nur mit Hinterlist für sich gewinnen kann – und die aber trotzdem keine Compromisse mit ihm sein darf – schließen darfusw.

Verzeihen Sie bitte, verehrter Meister, diesen | entsetzlichen Umweg über den Grundgedanken des Neuen Clubs, aber ich wählte ihn, um Ihnen anzudeuten, daß das Bißchen was wir jetzt vorhaben, so unwichtig es an sich sein mag, doch eine kleine Notwendigkeit in einer weitgespannten Logik, eine taktische Ouvertüre, ein hinterlistigesverkapptes frühes entferntes Mittel zum Zweck darstellt.

Wir machen eröffneten diesen Sommer hauptsächlich für Studenten und die jüngere „Literaten“generation, ein sogen.Neopathetisches Cabaret für Abenteurer des GeistesVeranstaltungsreihe des Neuen Clubs, die am 1.6.1910 eröffnet worden war [vgl. Sheppard 1980, S. 371].“, vorläufig monatlich einmal unter Ausschluß der Öffentlichkeit, nur für Geladene, (doch kann jeder, der das Plakat in der Universität bzw. einer Buchhandlung liest, Antrag auf Einladung stellen); ich muß Ihnen dies aus Gründen, die Ihnen sofort Sie sofort klar sein werden sehen werden, so ausführlich darstellen mitteilen). DasUm das Wort „Neopathetisch“ im Zusammenhang mit dem Untertitel besagt, daß wir uns nicht damit begnügen, zö/o/tige Liedlein singen zu lassen zu erläutern, brauche ich Ihnen nach allem bisher Gesagten nur ungefähr durch eine Reihe actuell aufgegriffener zusammengeraffter Namen den Geschmack zu | umschreiben auf den wir das Pu unser gem ein Publikum eingestellt hätte einstellen wollen: außer Ihnen also: Altenberg, Nietzsche, Max Brod, Hofmannsthal, George, Meyrinck, Rilke, Weininger, Kerr, Heinr. Mann, Sigm. Freud: wer nämlich diese in sich vereinen kann, der müßte eigentlich, mit dem müßte sich eigentlich etwas anfangen lassen.… Vor allem jedoch (Übrigens lassen wir vor allem die jüngste Generation mit Dichtungen, und Essais zu Wort, rauchenden Philosophemen und Musik auftreten).

Nun die obligate Bitte, verehrter Herr Wedekind. Würde es Ihrer Angelegenheit schaden, wenn wir schon jetzt Ende Juni, – also vor u. außer dem geplanten Abend) – ca. Oktober in diesem vor solchem kleinen geladenen Kreis – (ca. wahrscheinlich 60 Personen) einige kleine Dichtungen von Ihnen vortragen lassen würden, also vielleicht ein paar Gedichte und eine Novelle; Frau DurieuxDie Schauspielerin Tilla Durieux las während des zweiten Neopathetischen Cabaret-Abends des Neuen Clubs am 6.7.1910 eine Szene aus Wedekinds Einakter „In allen Wassern gewaschen“ [vgl. Sheppard 1980, S. 395], der Mitte Juni 1910 erschienen war. [vgl. KSA 7/II, S. 878-880]. Die Veranstaltung fand im Papierhaus (Dessauer Straße 2) statt [vgl. Sheppard 1980, S. 449]. hat unsdurch Unterpunktung aufgehobene Streichung. wiederum liebenswürdigerweise versprochendurch Unterpunktung aufgehobene Streichung., uns auch diesen Gefallen zu tun. |

Da die Motivation des Herrn Bruno CassiererSchreibversehen, statt: Cassirer. natürlich sehr compliziert seindurch Unterpunktung aufgehobene Streichung. kann, so bitte ich Sie, uns Ihre gütige Erlaubnis erstnur dann zu erteilen, wenn Ihnen auch die geringste Möglichkeit einer Schädigung ausgeschlossen erscheint.

Indem ich nur Ihrer geschätzten Antwort entgegensehe, gest und Sie für die Länge des/iese/s Briefes um Verzeihung bitte, erlaube ich mir, Ihnen den ehrfurchtsvollen Gruß u. Dank der Mitglieder meiner Vereinigung zu über auszusprechen.

Mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr sehr ergebener
Erwin

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 6 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Kariertes Papier. 14,5 x 21 cm
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Blätter sind oben perforiert und stammen vermutlich von einem Schreibblock. Die von Erwin Loewenson mehrfach verwendeten Kastenklammern werden wie im Original wiedergegeben und markieren hier keinen Herausgeberkommentar.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Berlin
    25. Juni 1910 (Samstag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Deutsches Literaturarchiv Marbach

Schillerhöhe 8-10
71672 Marbach am Neckar
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
A: Loewenson, Erwin
Signatur des Dokuments:
A: Loewenson 68.1100/2
Standort:
Deutsches Literaturarchiv Marbach (Marbach am Neckar)

Danksagung

Wir danken dem Deutschen Literaturarchiv Marbach für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Erwin Loewenson an Frank Wedekind, 25.6.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

19.12.2023 17:30
Kennung: 4976

Berlin, 25. Juni 1910 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Loewenson, Erwin

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Hochverehrter Herr Wedekind

Für Ihren freundlichen Briefvgl. Wedekind an Erwin Loewenson, 2.5.1910., vor allem für die prinzipielle Genehmigung unseres Planesder Ausrichtung eines Wedekind-Abends mit Lesungen und Vorträgen [vgl. Erwin Loewenson an Wedekind, 22.4.1910]., nehmen Sie unsern herzlichen Dank!

Die Verlegergreuel sind ja müssen hierzulande mehr gemeiner als ja gemeingefährlicher sein als man weiß;, nichts ist tiefer beklagenswert, als daß wenn selbst gebenedeitegesegnete, gepriesene. Lebensm/M/ittel des Geistes der Verwaltung gleichsam viehischer Instincte unterstellt sinddurch Unterpunktung aufgehobene Streichung.; hier in großem Stil Abhilfe zu schaffen ist gehört eigentlich die zu der (sehr gewagten) Lebensaufgabe unseres ClubsDer Neue Club bestand von März 1909 bis Frühjahr 1914 als Vereinigung junger Berliner Intellektueller und Literaten, vorwiegend noch Studenten, und wollte laut seiner Satzung „seinen Mitgliedern einen regelmässigen Gedankenaustausch ermöglichen und ihnen Gelegenheit bieten, mit ihren Arbeiten an die Öffentlichkeit zu treten.“ [Sheppard 1980, S. 402]. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Jakob van Hoddis, Franz Grüner, Kurt Hiller, Kurt Levy, Erwin Loewenson, Erich Unger, John Wolfsohn und Edgar Zacharias [vgl. Wülfing/Bruns/Parr 1998, S. 356], später stießen u. a. Georg Heym und Ernst Blass hinzu. Treffpunkt des Neuen Clubs war das Nollendorfkasino am Nollendorfplatz. An die Öffentlichkeit trat der Club ab Juli 1909 durch Diskussionsabende und Vorträge an unterschiedlichen Veranstaltungsorten [vgl. Wülfing/Bruns/Parr 1998, S. 350; 354]., nämlichNach verschiedenen Einzelkorrekturen hat Erwin Loewenson den Briefabschnitt von „nämlich“ bis „Begabte“ mit drei diagonalen Strichen komplett gestrichen. indem allmählich Institutionen zu schaffen. herzustellen, kraft welcher Genies jeder Gattung die Begabten großen Ausnahmen auf jedem B Gebiet die Sache der großen Ausnahmen auf jedem Gebiet eine pflichtmäßige Ehrensache (u. Pflicht) aller Begabten

und zwar (– verzeihen Sie, daß ich davon Einiges zu Ihnen sage? –) scheint uns die einzige Möglichkeit erste Bedingung nämlich einer aristokratischen Regelung aristokratischer Angelegenheiten scheint in scheint ein in einer Einigung scheint uns in einer der Einigung der einer Der Zahl Ausnahmemenschen einer großen leidlichen Zahl Kultivierter zu liegen, an deren Spitze freilich eine geringe Zahl großer Ausnahme-Menschen selbst stehen müßte; von einer solchen [imposanten] Einigung darf man erwarten, daß es ihr gelingen wird, eine neu neue kleine Begeisterung u. Eitelkeit aufzurühren auch bei den Materiell-Potenten aufzurühren, mit | deren Hilfe welcher man allmählich im Laufe der Jahre eine Anzahl Reihe von aristokratischen Institutionen ins Leben rufen könnte die insgesamt den Zweck haben, jeden die Großen von den Kleinen in jeder Beziehung unabhängig zu machen. [Man bräuchte beispielsweise: eine Theater Bühne, die nicht auf den Beifall eines großen Publikums angewiesen ist; eine Zeitschrift, die compromißlos für die heiligen Extravaganzen in Kunst, Wissenschaft, Philosophie usw. einsteht und einen eigenen Verlag; und höchst parteiische Attacken gegen die p. p.hier im Sinne von: diversen, verschiedenen. Canaillen(frz.) Schurken, hier wohl abwertend für: Pack. ausführt [auchdie nach der folgenden Zeile in Kastenklammern notierte Passage, hat Erwin Loewenson durch einen Einweisungstrich an diese Stelle platziert. Politik treibt, mit Ausschluß der ‚realdemokratischen‘, d. i. antigenialen]; di/ein/e ‚Neben-UniversisätSchreibversehen, statt: Universität.‘ mit Verzicht auf behördliche staatliche Würden Titel; (mit im Anschluß ++te fortlaufende Congressen/e/) eine andre Art ‚Parlament‘, in dem Fragen des Kultur-Anstands, des Totschweigens, und der guten Gesinnung der Politik phrasenlos u. blutig öffentlich durch Unterpunktung aufgehobene Streichung.diskutiert werden r – (die „öffentlichen Meinungennimmt nehmen heutzutage nur noch gewiß von öffentlich Au Gesprochenem Notiz, schon aus Neugierde); eine Art aristokratisches ‚Consulat‘ für die als Cen Mittelpunkt für alle Interesse der Er Ausnahmen, als offizielles Organ bei Verhandlungen mit der Regierung etc., als pflichtmäßiger Rats- u. Hilfeerteiler vor allem an junge oder bedürftige an alle als bedeutende Talente Erkennbare (oder so ähnlich)..usw.]

Die klingt gewiß in dieser solcher allgemeinen, extremen u. unausgeführten Form, (die nur das Resultat nicht | den Weg u. noch nicht einmal die Organisationsmethode angibt), gewiß sehr lächerlich, optimistisch und, utopistisch und noch etwas; aber was wären das für Einwände –. Wir wissen auch, daß es nichts schwerer ist, als ein halbes Dutzend Geniale zu einem soziologischen Zweck zusammenzuführen, daß die deren Einsamkeitspose und dasdurch Unterpunktung aufgehobene Streichung. überlegenes Lächeln mancher eines Gottbegnadeten kaum überwindliche Feinde fast kaum so unüberwindbarer ist als wie das vernagelte Herz der eines Geldbegnadeten die Vernageltheit mancher Geldbegnadeten; wir wissen noch manche viele anderen Schwierigkeiten, z. B. daß man selbst ein begabte aufn empfängliches Publikum (soweit dieser Begriff nicht gegen den Satz vom WiderspruchGrundsatz der Logik, nach der zwei sich widersprechende Aussagen nicht zugleich zutreffen können. verstößt) nur mit Hinterlist für sich gewinnen kann – und die aber trotzdem keine Compromisse mit ihm sein darf – schließen darfusw.

Verzeihen Sie bitte, verehrter Meister, diesen | entsetzlichen Umweg über den Grundgedanken des Neuen Clubs, aber ich wählte ihn, um Ihnen anzudeuten, daß das Bißchen was wir jetzt vorhaben, so unwichtig es an sich sein mag, doch eine kleine Notwendigkeit in einer weitgespannten Logik, eine taktische Ouvertüre, ein hinterlistigesverkapptes frühes entferntes Mittel zum Zweck darstellt.

Wir machen eröffneten diesen Sommer hauptsächlich für Studenten und die jüngere „Literaten“generation, ein sogen.Neopathetisches Cabaret für Abenteurer des GeistesVeranstaltungsreihe des Neuen Clubs, die am 1.6.1910 eröffnet worden war [vgl. Sheppard 1980, S. 371].“, vorläufig monatlich einmal unter Ausschluß der Öffentlichkeit, nur für Geladene, (doch kann jeder, der das Plakat in der Universität bzw. einer Buchhandlung liest, Antrag auf Einladung stellen); ich muß Ihnen dies aus Gründen, die Ihnen sofort Sie sofort klar sein werden sehen werden, so ausführlich darstellen mitteilen). DasUm das Wort „Neopathetisch“ im Zusammenhang mit dem Untertitel besagt, daß wir uns nicht damit begnügen, zö/o/tige Liedlein singen zu lassen zu erläutern, brauche ich Ihnen nach allem bisher Gesagten nur ungefähr durch eine Reihe actuell aufgegriffener zusammengeraffter Namen den Geschmack zu | umschreiben auf den wir das Pu unser gem ein Publikum eingestellt hätte einstellen wollen: außer Ihnen also: Altenberg, Nietzsche, Max Brod, Hofmannsthal, George, Meyrinck, Rilke, Weininger, Kerr, Heinr. Mann, Sigm. Freud: wer nämlich diese in sich vereinen kann, der müßte eigentlich, mit dem müßte sich eigentlich etwas anfangen lassen.… Vor allem jedoch (Übrigens lassen wir vor allem die jüngste Generation mit Dichtungen, und Essais zu Wort, rauchenden Philosophemen und Musik auftreten).

Nun die obligate Bitte, verehrter Herr Wedekind. Würde es Ihrer Angelegenheit schaden, wenn wir schon jetzt Ende Juni, – also vor u. außer dem geplanten Abend) – ca. Oktober in diesem vor solchem kleinen geladenen Kreis – (ca. wahrscheinlich 60 Personen) einige kleine Dichtungen von Ihnen vortragen lassen würden, also vielleicht ein paar Gedichte und eine Novelle; Frau DurieuxDie Schauspielerin Tilla Durieux las während des zweiten Neopathetischen Cabaret-Abends des Neuen Clubs am 6.7.1910 eine Szene aus Wedekinds Einakter „In allen Wassern gewaschen“ [vgl. Sheppard 1980, S. 395], der Mitte Juni 1910 erschienen war. [vgl. KSA 7/II, S. 878-880]. Die Veranstaltung fand im Papierhaus (Dessauer Straße 2) statt [vgl. Sheppard 1980, S. 449]. hat unsdurch Unterpunktung aufgehobene Streichung. wiederum liebenswürdigerweise versprochendurch Unterpunktung aufgehobene Streichung., uns auch diesen Gefallen zu tun. |

Da die Motivation des Herrn Bruno CassiererSchreibversehen, statt: Cassirer. natürlich sehr compliziert seindurch Unterpunktung aufgehobene Streichung. kann, so bitte ich Sie, uns Ihre gütige Erlaubnis erstnur dann zu erteilen, wenn Ihnen auch die geringste Möglichkeit einer Schädigung ausgeschlossen erscheint.

Indem ich nur Ihrer geschätzten Antwort entgegensehe, gest und Sie für die Länge des/iese/s Briefes um Verzeihung bitte, erlaube ich mir, Ihnen den ehrfurchtsvollen Gruß u. Dank der Mitglieder meiner Vereinigung zu über auszusprechen.

Mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr sehr ergebener
Erwin

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 6 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Kariertes Papier. 14,5 x 21 cm
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Blätter sind oben perforiert und stammen vermutlich von einem Schreibblock. Die von Erwin Loewenson mehrfach verwendeten Kastenklammern werden wie im Original wiedergegeben und markieren hier keinen Herausgeberkommentar.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Berlin
    25. Juni 1910 (Samstag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Deutsches Literaturarchiv Marbach

Schillerhöhe 8-10
71672 Marbach am Neckar
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
A: Loewenson, Erwin
Signatur des Dokuments:
A: Loewenson 68.1100/2
Standort:
Deutsches Literaturarchiv Marbach (Marbach am Neckar)

Danksagung

Wir danken dem Deutschen Literaturarchiv Marbach für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Erwin Loewenson an Frank Wedekind, 25.6.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

19.12.2023 17:30