Vergleichsansicht

Bitte wählen Sie je ein Dokument für die linke und rechte Seite über die Eingabefelder aus.

Kennung: 4947

Hannover, 6. Juni 1889 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Erich

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Hannover, Iffland Str. 18. d 6 Juni 89.


Mein lieber Franklin!

Aus einem gestern von Willy aus Lenzburg erhaltenen BriefeDer Brief William Wedekinds aus Lenzburg an Erich Wedekind, den Bruder von Wedekinds Vater, in Hannover ist nicht überliefert. ersehe ich deine AddresseSchreibversehen (in Anlehnung ans Englische), statt: Adresse. Erich Wedekind war von 1861 bis 1870 Farmer in St. Helens Hill, Illinois gewesen. in Berlin.

Ich beabsichtige morgen, d. 7. Juni, Vorm. 7.30 Min. von hier nach Berlin zu fahren, welcher Zug dort Mittags 12.05 Min anlangt. Zweck meiner Reise nach Berlin ist dort meinen ältesten Sohn EduardVon Erich Wedekinds vier Söhnen waren die ersten beiden, Erich und Friedrich Wilhelm, bereits 1858 und 1880 verstorben. Eduard Wedekind hatte am 7.6.1889 seinen 15. Geburtstag, zu dem ihn sein Vater besuchte. Über seinen Besuch bei ihm am 10.6.1889 im Johannesstift notierte Frank Wedekind: „Vetter Eduard ist geistig und körperlich sehr zurückgeblieben. Er hat einen breiten knochigen Mongolenschädel mit abstehenden Ohren, und scheint seiner Figur nach nicht mehr als 10 Jahr zu zählen obschon er 14 ist.“ [Tb] zu besuchen, und mit seinen Lehrern über denselben zu sprechen, welcher seit 2 Jahren dort weilt im Evangel. JohannesstiftDas 1858 von Johann Hinrich Wichern gegründete Evangelische Johannesstift war seit 1865 am Südufer des Plötzensees beheimatet. Es beherbergte ein Brüderhaus, eine Diakonenschule und ein Schulinternat, zudem auch das „Pädagogium für die Kinder höherer Stände“ [Geschichte des Evangelischen Johannesstiftes in Plötzensee-Berlin. Berlin 1894, S. 31] zählte, das Eduard Wedekind besuchte., Berlin N. W., Plötzensee, –

Ich gedenke mich morgen bis gegen 4 Uhr in Berlin aufzuhalten und dann vom Brandenburger Thor mit der Pferdebahn nach der Wald Strasse zu fahren, von wo ich dann nur auf ¼ Stunde Wegs zu Fuß zum Evangel. Johannesstift zu gehen habe.

Mein Aufenthalt am Evangel. Johannesstift, wo ich stets als Vater meines Sohnes stets | als Gast beherbergt werde, wird dann 3 Tage dauern u beabsichtige ich, am 11 Juni (Dienstag) Abends 6.50 mit dem am Friedrichstrasse bahnhof abgehenden Zuge wieder nach Hannover zurückzukehren. Trotzdem ich 3 mal in Berlin gewesen, bin ich doch vollständig fremd u kenne nur „Unter den LindenBerliner Prachtstraße zwischen Brandenburger Tor und Stadtschloss.“. –

Nun habe ich doch auch das Verlangen dich dort zu sehen und richte deshalb die Bitte an dich, wenn irgend möglich, morgen (Freitag) bei Ankunft meines Zuges mich auf Bahnhof Friedrich Strasse 12 Uhr 5 Min Mittags in Empfang zu nehmen. Wir könnten dann die Zeit bis 4 Uhr Nmtgs zusammen sein u. uns weiter bereden.

Ich hoffe, daß mein Brief dich morgen früh noch in deiner Wohnung antreffen wird. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, schr/dann/ bitte ich dich mir zu schreiben

Herrn Erich Wedekind
Addresse: Herrn Pastor DumresePfarrer August Dumrese war seit 1889 stellvertretender Vorsteher des Evangelischen Johannesstifts.
Evangel. Johannesstift
Berlin, N. W.
Plötzensee<lat> |

und mir mitzutheilen, wo u wann wir uns am 9. 10 odr 11 Juni in Berlin treffen könntenFrank Wedekinds resümierendem Tagebuchbeintrag über die erste Hälfte des Juni 1889 zufolge, traf er sich drei Mal mit seinem Onkel Erich. Über den Ankunftstag, den 7.6.1889, heißt es: „Dann kommt Onkel Erich von Hannover. […] Bis Abends vier schleppt er mich von Weißbierkneipe zu Weißbierkneipe […] Um vier Uhr steigt er aufs Tram und läßt mich mit unbehaglichstem Kopfweh zurück.“ Über den 9.6.1889 notiert er: „Am Pfingstmontag such ich Onkel Erich in Plötzensee auf“, wo er bis nach dem Abendessen bleibt. Und zum 10.6.1889 vermerkt er: „Dienstag Vormittag treffen wir uns im Café Bauer“, anschließend besuchen sie „Hilsebeins Weißbierhalle, gerade dem Bahnhof gegenüber. Es ist 11 Uhr und um 12 fährt sein Zug. […] Endlich dampft er ab“ [Tb].. Oder aber komme heraus nach dem Evang. Johannesstift, wo du mich bei dem Hn. Pastor Dumrese finden wirst. Auch dieses (Tag u Stunde) mir event. sofort nach Erhalt dieses schr brieflich mitzutheilen, würde rathsam u empfehlenswerth sein. Am liebsten wird es mir natürlich sein, wenn ich dich morgen Mittag 12 Uhr 5 Min Bahnhof Friedrich Strasse antreffen werde u werde ich deshalb Umschau nach dir halten. Du kannst mich erkennen, ich werde ein rothseidenes Taschentuch in der Hand halten u meinen Schirm hochhalten und kannst ja auch du zu meiner Kenntnißnahme ein Taschentuch zeigen. – Ich fahre II Classe! –

Ich hoffe also, daß wir uns morgen Mittag 12 Uhr 5 Min Bahnhof FridrichSchreibversehen, statt: Friedrich. Strasse sehen werden.

Es grüßt dich herzlichst
Dein tr. Onkel
Erich Wedekind


[um 90 Grad gedreht am linken Seitenrand:]

Würden wir uns morgen nicht treffen, dann würde es mir lieb sein, wenn du am 9 oder 10 Juni recht früh Morgens 7 oder 8 Uhr zu mir auf den Evang. Johannesstift herauskommen würdest u könnten wir dann zusammen mit meinem Sohn den Tag in Berlin verleben. Event. zeige mir dieses vorher brieflich an. –

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Hannover
    6. Juni 1889 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Hannover
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 310
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Erich Wedekind an Frank Wedekind, 6.6.1889. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

02.01.2024 16:16
Kennung: 4947

Hannover, 6. Juni 1889 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Erich

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Hannover, Iffland Str. 18. d 6 Juni 89.


Mein lieber Franklin!

Aus einem gestern von Willy aus Lenzburg erhaltenen BriefeDer Brief William Wedekinds aus Lenzburg an Erich Wedekind, den Bruder von Wedekinds Vater, in Hannover ist nicht überliefert. ersehe ich deine AddresseSchreibversehen (in Anlehnung ans Englische), statt: Adresse. Erich Wedekind war von 1861 bis 1870 Farmer in St. Helens Hill, Illinois gewesen. in Berlin.

Ich beabsichtige morgen, d. 7. Juni, Vorm. 7.30 Min. von hier nach Berlin zu fahren, welcher Zug dort Mittags 12.05 Min anlangt. Zweck meiner Reise nach Berlin ist dort meinen ältesten Sohn EduardVon Erich Wedekinds vier Söhnen waren die ersten beiden, Erich und Friedrich Wilhelm, bereits 1858 und 1880 verstorben. Eduard Wedekind hatte am 7.6.1889 seinen 15. Geburtstag, zu dem ihn sein Vater besuchte. Über seinen Besuch bei ihm am 10.6.1889 im Johannesstift notierte Frank Wedekind: „Vetter Eduard ist geistig und körperlich sehr zurückgeblieben. Er hat einen breiten knochigen Mongolenschädel mit abstehenden Ohren, und scheint seiner Figur nach nicht mehr als 10 Jahr zu zählen obschon er 14 ist.“ [Tb] zu besuchen, und mit seinen Lehrern über denselben zu sprechen, welcher seit 2 Jahren dort weilt im Evangel. JohannesstiftDas 1858 von Johann Hinrich Wichern gegründete Evangelische Johannesstift war seit 1865 am Südufer des Plötzensees beheimatet. Es beherbergte ein Brüderhaus, eine Diakonenschule und ein Schulinternat, zudem auch das „Pädagogium für die Kinder höherer Stände“ [Geschichte des Evangelischen Johannesstiftes in Plötzensee-Berlin. Berlin 1894, S. 31] zählte, das Eduard Wedekind besuchte., Berlin N. W., Plötzensee, –

Ich gedenke mich morgen bis gegen 4 Uhr in Berlin aufzuhalten und dann vom Brandenburger Thor mit der Pferdebahn nach der Wald Strasse zu fahren, von wo ich dann nur auf ¼ Stunde Wegs zu Fuß zum Evangel. Johannesstift zu gehen habe.

Mein Aufenthalt am Evangel. Johannesstift, wo ich stets als Vater meines Sohnes stets | als Gast beherbergt werde, wird dann 3 Tage dauern u beabsichtige ich, am 11 Juni (Dienstag) Abends 6.50 mit dem am Friedrichstrasse bahnhof abgehenden Zuge wieder nach Hannover zurückzukehren. Trotzdem ich 3 mal in Berlin gewesen, bin ich doch vollständig fremd u kenne nur „Unter den LindenBerliner Prachtstraße zwischen Brandenburger Tor und Stadtschloss.“. –

Nun habe ich doch auch das Verlangen dich dort zu sehen und richte deshalb die Bitte an dich, wenn irgend möglich, morgen (Freitag) bei Ankunft meines Zuges mich auf Bahnhof Friedrich Strasse 12 Uhr 5 Min Mittags in Empfang zu nehmen. Wir könnten dann die Zeit bis 4 Uhr Nmtgs zusammen sein u. uns weiter bereden.

Ich hoffe, daß mein Brief dich morgen früh noch in deiner Wohnung antreffen wird. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, schr/dann/ bitte ich dich mir zu schreiben

Herrn Erich Wedekind
Addresse: Herrn Pastor DumresePfarrer August Dumrese war seit 1889 stellvertretender Vorsteher des Evangelischen Johannesstifts.
Evangel. Johannesstift
Berlin, N. W.
Plötzensee<lat> |

und mir mitzutheilen, wo u wann wir uns am 9. 10 odr 11 Juni in Berlin treffen könntenFrank Wedekinds resümierendem Tagebuchbeintrag über die erste Hälfte des Juni 1889 zufolge, traf er sich drei Mal mit seinem Onkel Erich. Über den Ankunftstag, den 7.6.1889, heißt es: „Dann kommt Onkel Erich von Hannover. […] Bis Abends vier schleppt er mich von Weißbierkneipe zu Weißbierkneipe […] Um vier Uhr steigt er aufs Tram und läßt mich mit unbehaglichstem Kopfweh zurück.“ Über den 9.6.1889 notiert er: „Am Pfingstmontag such ich Onkel Erich in Plötzensee auf“, wo er bis nach dem Abendessen bleibt. Und zum 10.6.1889 vermerkt er: „Dienstag Vormittag treffen wir uns im Café Bauer“, anschließend besuchen sie „Hilsebeins Weißbierhalle, gerade dem Bahnhof gegenüber. Es ist 11 Uhr und um 12 fährt sein Zug. […] Endlich dampft er ab“ [Tb].. Oder aber komme heraus nach dem Evang. Johannesstift, wo du mich bei dem Hn. Pastor Dumrese finden wirst. Auch dieses (Tag u Stunde) mir event. sofort nach Erhalt dieses schr brieflich mitzutheilen, würde rathsam u empfehlenswerth sein. Am liebsten wird es mir natürlich sein, wenn ich dich morgen Mittag 12 Uhr 5 Min Bahnhof Friedrich Strasse antreffen werde u werde ich deshalb Umschau nach dir halten. Du kannst mich erkennen, ich werde ein rothseidenes Taschentuch in der Hand halten u meinen Schirm hochhalten und kannst ja auch du zu meiner Kenntnißnahme ein Taschentuch zeigen. – Ich fahre II Classe! –

Ich hoffe also, daß wir uns morgen Mittag 12 Uhr 5 Min Bahnhof FridrichSchreibversehen, statt: Friedrich. Strasse sehen werden.

Es grüßt dich herzlichst
Dein tr. Onkel
Erich Wedekind


[um 90 Grad gedreht am linken Seitenrand:]

Würden wir uns morgen nicht treffen, dann würde es mir lieb sein, wenn du am 9 oder 10 Juni recht früh Morgens 7 oder 8 Uhr zu mir auf den Evang. Johannesstift herauskommen würdest u könnten wir dann zusammen mit meinem Sohn den Tag in Berlin verleben. Event. zeige mir dieses vorher brieflich an. –

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Hannover
    6. Juni 1889 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Hannover
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 310
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Erich Wedekind an Frank Wedekind, 6.6.1889. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

02.01.2024 16:16