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Kennung: 4778

Berlin, 29. Dezember 1896 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Hartleben, Otto Erich

Inhalt

| Ich werde Sie morgen Nachmittag aufsuchen und bitte Sie nur darum, auch für den Fall, daß Sie nicht auf mein Ansinnen eingehen können, mir darum nicht mit Unfreundlichkeit begegnen zu wollen.

Mit herzlichem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


29.12.96.


[Hinweis und Zitat in Moirandat Company AG: Auktion 12 (2015), Nr. 494:]


WEDEKIND, Frank […]. 29.XII.1896. […] Inhaltreicher Brief an einen FreundOtto Erich Hartleben, wie aus dem Briefinhalt hervorgeht., den er […] um ein Darlehen angeht. Mit der Erwähnung vieler seiner Stücke.

„… Ich war gestern Abendam 28.12.1896. Wedekind hatte den Verleger Theodor Entsch aufgesucht, Inhaber des Bühnenverlags A. Entsch (Jägerstraße 20) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 258]. bei Entsch der mir ohne weitere Auseinandersetzungen für die nächsten zwei oder drei Monate je eine Summe von 150 Mk. bewilligte. Die erste Rate steht mir am 3 Januar zur Verfügung. Gegenüber dem liebenswürdigen Entgegenkommen, wagte ich es nicht darauf zu dringen, das Geld sofort in Empfang nehmen zu können. Nun bin ich aber für die nächsten Tage vollkommen entblößt, vor allem sogar von Wäsche, so daß es mir unmöglich wird, einen Besuch zu machen. Um arbeiten zu können muß ich notwendig die HotelwohnungWedekind logierte im Linden-Hotel (Kleine Kirchgasse 2-3, Ecke Unter den Linden) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil IV, S. 106], wie Korrespondenz im zeitlichen Umkreis belegt. aufgeben und ein Zimmer nehmen, da es mir nicht möglich wird, wie ich gehofft habe, im Café zu arbeiten. Ich habe eine Reihe politischer Artikel im Kopf die ich am Berliner Tageblatt anzubringen hoffe. Ich bin bis heute nicht ausgezogen, da ich tatsächlich nie das Geld hatte, um meine Hotelrechnung begleichen zu können. Darf ich Sie nun vielleicht um die Summe von 60 Mk. Bitten, von denen ich Ihnen die Hälfte am 3. Januar sofort zurückerstatten würde, die andere Hälfte am 1 Februar …

Meine Angelegenheiten gehen im übrigen nicht schlecht. Den ErdgeistWedekind bemühte sich seit 1895 [vgl. KSA 3/II, S. 1202, 1212] um eine Aufführung seiner Tragödie „Der Erdgeist“ (sie kam dann erst am 25.2.1898 in Leipzig zustande) und hatte Exemplare der Erstausgabe noch von München aus an den Vorstand der Dramatischen Gesellschaft [vgl. Wedekind an Otto Erich Hartleben, 14.11.1896] sowie ein Regiebuch an Otto Erich Hartleben in Berlin (Karlstraße 32) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 435] geschickt [vgl. Wedekind an Otto Erich Hartleben, 17.11.1896]. Otto Erich Hartleben, der sich für eine „Erdgeist“-Aufführung einsetzte, hatte sein „Erdgeist“-Exemplar Jon Lehmann geliehen, dem er am 5.12.1896 (einem Samstag) schrieb: „Mit dem Erdgeist schein ich kein Glück zu haben, auch Fulda schrieb abfällig. Nun, wir werden sehn. [...] Also: Montagabend. Bitte bringen Sie mir [...] Erdgeist [...] Montagabend wieder mit.“ [Heitmüller 1912, S. 234f.] hat die ReisenhoferMarie Reisenhofer, Schauspielerin am Residenztheater und Neuen Theater (Direktion: Sigmund Lautenburg) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 266], die später bei der Uraufführung des „Marquis von Keith“ am 11.10.1901 am Residenztheater die Gräfin Werdenfels spielte und Otto Julius Bierbaum in seiner Besprechung anmerkte: „Wedekinds Stil wird von den Schauspielern nicht richtig verstanden (nur die Reisenhofer traf instinktmässig das Richtige“ [Die Insel, Jg. 3, Nr. 1, Oktober 1901, S. 169].“ – die Schauspielerin Maria Reisenhofer – „‚umgearbeitet‘ und wie mir BlockHier ist andernorts die Handschrift so wiedergegeben worden: „mir Petry sowol wie Block“ [J. A. Stargardt: Katalog 704 (2017), Nr. 255]. Eine Person namens Petry kann nicht identifiziert werden; möglicherweise eine Fehllesung des Namens einer Person im Umkreis von Sigmund Lautenburg, vielleicht der Schauspieler Hans Pagay. Paul Block war seinerzeit Dramaturg und Sekretär am Residenztheater und Neuen Theater (Direktion: Sigmund Lautenburg) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 265]. versichern, mit einer begeisterten Fürsprache Lauterburg eingereichtSigmund Lautenburg, Direktor des Residenztheaters und zugleich des Neuen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 265f.], hatte offenbar von Marie Reisenhofer (siehe oben) ein von ihr für eine Aufführung bearbeitetes „Erdgeist“-Exemplar erhalten.. Die Junge Welt holte ich vorgesternam 27.12.1896 (Sonntag). Wedekind, der sich um eine Aufführung seines Lustspiels „Die junge Welt“ bemühte, hatte es Ludwig Fulda, wie Otto Erich Hartleben im Vorstand der Dramatischen Gesellschaft (siehe oben), drei Tage zuvor zur Ansicht geschickt [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 24.12.1896]. von Fulda zurück um sie Ihnen zu bringen. Im LindencaféWedekind dürfte Sigmund Lautenburg in dem Café getroffen haben, das zum Linden-Hotel (siehe unten) gehörte, vielleicht aber auch in einem der anderen in der Nähe gelegenen Cafés, etwa im Café Bauer (Unter den Linden 26) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 170; Teil IV, S. 46], das Wedekind gelegentlich aufsuchte [vgl. Wedekind an John Henry Mackay, 6.2.1895], eines der Berliner Kaffeehäuser, das die „ganze Nacht geöffnet“ [Berlin Potsdam und Umgebungen. Praktischer Wegweiser mit neuen Karten und Plänen. 37. Aufl. Berlin 1891, S. 44] hatte. traf ich aber Lauterburg, der mich bat ihm das Stück auf zwei Tagedie zwei Tage vom 27.12.1896 (siehe oben) bis zum 29.12.1896, dem Schreibdatum des vorliegenden Briefes. zu überlassen, da er verreise und das immer gerade die Zeit sein, wo er Stücke lese.

… Im Monat Januar werden sich mir auch wieder andere Quellen in München aufthun, für den Fall daß ich Geld nöthig habe. Darf ich Sie bitten, alles das in Betracht zu ziehen zu wollen. Ich habe jetzt noch ein drittes Stück ‚Fritz Schwiegerlin‘ von München kommen lassen, das ich am Thalia Theater einreichenWedekind war nach wie vor darum bemüht, seinen bereits am 11.7.1892 [vgl. Tb] vollendeten, aber noch ungedruckten Schwank „Der Liebestrank“ (1899), der zunächst „den Titel ‚Fritz Schwigerling‘ trug“ [KSA 2, S. 1004], auf die Bühne zu bringen [vgl. KSA 2, S. 1072]; ob er ihn in einer Abschrift des Manuskripts am Berliner Thalia-Theater (Direktion: Wilhelm Hasemann) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 269] einreichte, ist nicht belegt. werde. Das Stück ist ein anspruchloser Schwank, völlig unliterarisch, das mir aber doch vielleicht, etwas abwerfen könnte.

Den ‚Greisen FreierDie Erzählung „Der greise Freier“ [KSA 5/I, S. 219-231] ist im Sommer in drei Folgen in der von Albert Langen verlegten Wochenschrift „Simplicissimus“ erschienen [vgl. Frank Wedekind: Der greise Freier. In: Simplicissimus, Jg. 1, Nr. 15, 11.7.1896, S. 6; Nr. 16, 18.7.1896, S. 6; Nr. 17, 25.7.1896, S. 6] und Wedekind dürfte die drei Belegexemplare bald darauf erhalten haben. habe ich vor langemHier ist andernorts die Handschrift so wiedergegeben worden: „vor Langem“ [J. A. Stargardt: Katalog 704 (2017), Nr. 255]; wahrscheinlich irrtümliche Lesung (sie ergibt im vorliegenden Kontext keinen Sinn), statt: von Langen (dem Verleger Albert Langen). erhalten aber noch keinen ‚Hänseken„Der Hänseken. Ein Kinderepos“ (1896) ist Anfang des Monats im Albert Langen Verlag in München erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 284, 7.12.1896, S. 8347] – rechtzeitig zu Weihnachten und in der Presse als mögliches Weihnachtsgeschenk beworben: „Ein Kinderepos von Frank Wedekind. Illustrirt von Armin Wedekind. (Verlag von Albert Langen, München.) ‚Der Hänseken‘ entstand vor 20 Jahren, als zwei Knaben ihrer kleinen Schwester zu Weihnachten ein ganz besonders schönes Geschenk machen wollten. Der eine dichtete, der andere zeichnete, und so entstand dies Buch, das damals seinen Zweck vollkommen erreichte, indem das kleine Mädchen ihre helle Freude daran hatte und tagelang daraus declamirte. Das Buch ist in der That dazu geschaffen, einem Kinde Freude zu machen. [...] Wir können es nur Jedem empfehlen, der zu Weihnachten seinen Kindern etwas Anderes und Besseres geben möchte als die gewöhnliche Fabrikwaare von geschmacklosen Bilderbüchern.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 575, 8.12.1896, Morgen-Ausgabe, S. 10; vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 15, Nr. 631a, 12.12.1896, Parlaments-Ausgabe, S. (3)] Es handle sich um „ein harmlos-nettes Kinderbuch [...]. Die beiden Brüder haben dies [...] ‚Epos‘ [...] ihrer kleinen Schwester zu Weihnachten gewidmet. Der Beifall, den sie damals bei der Empfängerin ernteten, wird dem in farbenreichem Bilderschmuck prangenden hübsch kartonirten Werkchen auch von Kindern unserer Tage [...] gern und reichlich gespendet werden.“ [Weihnachts-Bücherschau. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 49, Nr. 590, 19.12.1896, Vorabendblatt, S. 6]. Ich werde Sie morgen Nachmittag aufsuchen und bitte Sie nur darum, auch für den Fall, daß Sie nicht auf mein Ansinnen eingehen können, mir darum nicht mit Unfreundlichkeit begegnen zu wollen…“.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 7 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 1 Doppelblatt. Gelocht. Liniertes Papier. 2 Einzelblätter. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Seite 7 des Briefs ist nach einem Faksimile im Autografenhandel [Moirandat Company AG: Auktion 12 (2015), Nr. 494] wiedergegeben; nach dieser Quelle auch die Angaben zur Materialität (Seitenmaß nicht eindeutig rekonstruierbar) und zum Umfang („1 Doppelblatt und 2 Einzelblätter […], davon 7 Seiten beschrieben. Die beiden Einzelblätter vorliniert und aus einem Notizbuch gerissen. Gelocht“). Eine weitere Quelle verweist bei den 7 („6½“) Seiten auf den „Verlust zweier Buchstaben“ [J. A. Stargardt: Katalog 704 (2017), Nr. 255] durch Lochung.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibort war dem Briefinhalt zufolge Berlin.

  • Schreibort

    Berlin
    29. Dezember 1896 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Otto Erich Hartleben, 29.12.1896. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

03.04.2024 18:28
Kennung: 4778

Berlin, 29. Dezember 1896 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Hartleben, Otto Erich
 
 

Inhalt

| Ich werde Sie morgen Nachmittag aufsuchen und bitte Sie nur darum, auch für den Fall, daß Sie nicht auf mein Ansinnen eingehen können, mir darum nicht mit Unfreundlichkeit begegnen zu wollen.

Mit herzlichem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


29.12.96.


[Hinweis und Zitat in Moirandat Company AG: Auktion 12 (2015), Nr. 494:]


WEDEKIND, Frank […]. 29.XII.1896. […] Inhaltreicher Brief an einen FreundOtto Erich Hartleben, wie aus dem Briefinhalt hervorgeht., den er […] um ein Darlehen angeht. Mit der Erwähnung vieler seiner Stücke.

„… Ich war gestern Abendam 28.12.1896. Wedekind hatte den Verleger Theodor Entsch aufgesucht, Inhaber des Bühnenverlags A. Entsch (Jägerstraße 20) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 258]. bei Entsch der mir ohne weitere Auseinandersetzungen für die nächsten zwei oder drei Monate je eine Summe von 150 Mk. bewilligte. Die erste Rate steht mir am 3 Januar zur Verfügung. Gegenüber dem liebenswürdigen Entgegenkommen, wagte ich es nicht darauf zu dringen, das Geld sofort in Empfang nehmen zu können. Nun bin ich aber für die nächsten Tage vollkommen entblößt, vor allem sogar von Wäsche, so daß es mir unmöglich wird, einen Besuch zu machen. Um arbeiten zu können muß ich notwendig die HotelwohnungWedekind logierte im Linden-Hotel (Kleine Kirchgasse 2-3, Ecke Unter den Linden) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil IV, S. 106], wie Korrespondenz im zeitlichen Umkreis belegt. aufgeben und ein Zimmer nehmen, da es mir nicht möglich wird, wie ich gehofft habe, im Café zu arbeiten. Ich habe eine Reihe politischer Artikel im Kopf die ich am Berliner Tageblatt anzubringen hoffe. Ich bin bis heute nicht ausgezogen, da ich tatsächlich nie das Geld hatte, um meine Hotelrechnung begleichen zu können. Darf ich Sie nun vielleicht um die Summe von 60 Mk. Bitten, von denen ich Ihnen die Hälfte am 3. Januar sofort zurückerstatten würde, die andere Hälfte am 1 Februar …

Meine Angelegenheiten gehen im übrigen nicht schlecht. Den ErdgeistWedekind bemühte sich seit 1895 [vgl. KSA 3/II, S. 1202, 1212] um eine Aufführung seiner Tragödie „Der Erdgeist“ (sie kam dann erst am 25.2.1898 in Leipzig zustande) und hatte Exemplare der Erstausgabe noch von München aus an den Vorstand der Dramatischen Gesellschaft [vgl. Wedekind an Otto Erich Hartleben, 14.11.1896] sowie ein Regiebuch an Otto Erich Hartleben in Berlin (Karlstraße 32) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 435] geschickt [vgl. Wedekind an Otto Erich Hartleben, 17.11.1896]. Otto Erich Hartleben, der sich für eine „Erdgeist“-Aufführung einsetzte, hatte sein „Erdgeist“-Exemplar Jon Lehmann geliehen, dem er am 5.12.1896 (einem Samstag) schrieb: „Mit dem Erdgeist schein ich kein Glück zu haben, auch Fulda schrieb abfällig. Nun, wir werden sehn. [...] Also: Montagabend. Bitte bringen Sie mir [...] Erdgeist [...] Montagabend wieder mit.“ [Heitmüller 1912, S. 234f.] hat die ReisenhoferMarie Reisenhofer, Schauspielerin am Residenztheater und Neuen Theater (Direktion: Sigmund Lautenburg) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 266], die später bei der Uraufführung des „Marquis von Keith“ am 11.10.1901 am Residenztheater die Gräfin Werdenfels spielte und Otto Julius Bierbaum in seiner Besprechung anmerkte: „Wedekinds Stil wird von den Schauspielern nicht richtig verstanden (nur die Reisenhofer traf instinktmässig das Richtige“ [Die Insel, Jg. 3, Nr. 1, Oktober 1901, S. 169].“ – die Schauspielerin Maria Reisenhofer – „‚umgearbeitet‘ und wie mir BlockHier ist andernorts die Handschrift so wiedergegeben worden: „mir Petry sowol wie Block“ [J. A. Stargardt: Katalog 704 (2017), Nr. 255]. Eine Person namens Petry kann nicht identifiziert werden; möglicherweise eine Fehllesung des Namens einer Person im Umkreis von Sigmund Lautenburg, vielleicht der Schauspieler Hans Pagay. Paul Block war seinerzeit Dramaturg und Sekretär am Residenztheater und Neuen Theater (Direktion: Sigmund Lautenburg) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 265]. versichern, mit einer begeisterten Fürsprache Lauterburg eingereichtSigmund Lautenburg, Direktor des Residenztheaters und zugleich des Neuen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 265f.], hatte offenbar von Marie Reisenhofer (siehe oben) ein von ihr für eine Aufführung bearbeitetes „Erdgeist“-Exemplar erhalten.. Die Junge Welt holte ich vorgesternam 27.12.1896 (Sonntag). Wedekind, der sich um eine Aufführung seines Lustspiels „Die junge Welt“ bemühte, hatte es Ludwig Fulda, wie Otto Erich Hartleben im Vorstand der Dramatischen Gesellschaft (siehe oben), drei Tage zuvor zur Ansicht geschickt [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 24.12.1896]. von Fulda zurück um sie Ihnen zu bringen. Im LindencaféWedekind dürfte Sigmund Lautenburg in dem Café getroffen haben, das zum Linden-Hotel (siehe unten) gehörte, vielleicht aber auch in einem der anderen in der Nähe gelegenen Cafés, etwa im Café Bauer (Unter den Linden 26) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 170; Teil IV, S. 46], das Wedekind gelegentlich aufsuchte [vgl. Wedekind an John Henry Mackay, 6.2.1895], eines der Berliner Kaffeehäuser, das die „ganze Nacht geöffnet“ [Berlin Potsdam und Umgebungen. Praktischer Wegweiser mit neuen Karten und Plänen. 37. Aufl. Berlin 1891, S. 44] hatte. traf ich aber Lauterburg, der mich bat ihm das Stück auf zwei Tagedie zwei Tage vom 27.12.1896 (siehe oben) bis zum 29.12.1896, dem Schreibdatum des vorliegenden Briefes. zu überlassen, da er verreise und das immer gerade die Zeit sein, wo er Stücke lese.

… Im Monat Januar werden sich mir auch wieder andere Quellen in München aufthun, für den Fall daß ich Geld nöthig habe. Darf ich Sie bitten, alles das in Betracht zu ziehen zu wollen. Ich habe jetzt noch ein drittes Stück ‚Fritz Schwiegerlin‘ von München kommen lassen, das ich am Thalia Theater einreichenWedekind war nach wie vor darum bemüht, seinen bereits am 11.7.1892 [vgl. Tb] vollendeten, aber noch ungedruckten Schwank „Der Liebestrank“ (1899), der zunächst „den Titel ‚Fritz Schwigerling‘ trug“ [KSA 2, S. 1004], auf die Bühne zu bringen [vgl. KSA 2, S. 1072]; ob er ihn in einer Abschrift des Manuskripts am Berliner Thalia-Theater (Direktion: Wilhelm Hasemann) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 269] einreichte, ist nicht belegt. werde. Das Stück ist ein anspruchloser Schwank, völlig unliterarisch, das mir aber doch vielleicht, etwas abwerfen könnte.

Den ‚Greisen FreierDie Erzählung „Der greise Freier“ [KSA 5/I, S. 219-231] ist im Sommer in drei Folgen in der von Albert Langen verlegten Wochenschrift „Simplicissimus“ erschienen [vgl. Frank Wedekind: Der greise Freier. In: Simplicissimus, Jg. 1, Nr. 15, 11.7.1896, S. 6; Nr. 16, 18.7.1896, S. 6; Nr. 17, 25.7.1896, S. 6] und Wedekind dürfte die drei Belegexemplare bald darauf erhalten haben. habe ich vor langemHier ist andernorts die Handschrift so wiedergegeben worden: „vor Langem“ [J. A. Stargardt: Katalog 704 (2017), Nr. 255]; wahrscheinlich irrtümliche Lesung (sie ergibt im vorliegenden Kontext keinen Sinn), statt: von Langen (dem Verleger Albert Langen). erhalten aber noch keinen ‚Hänseken„Der Hänseken. Ein Kinderepos“ (1896) ist Anfang des Monats im Albert Langen Verlag in München erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 284, 7.12.1896, S. 8347] – rechtzeitig zu Weihnachten und in der Presse als mögliches Weihnachtsgeschenk beworben: „Ein Kinderepos von Frank Wedekind. Illustrirt von Armin Wedekind. (Verlag von Albert Langen, München.) ‚Der Hänseken‘ entstand vor 20 Jahren, als zwei Knaben ihrer kleinen Schwester zu Weihnachten ein ganz besonders schönes Geschenk machen wollten. Der eine dichtete, der andere zeichnete, und so entstand dies Buch, das damals seinen Zweck vollkommen erreichte, indem das kleine Mädchen ihre helle Freude daran hatte und tagelang daraus declamirte. Das Buch ist in der That dazu geschaffen, einem Kinde Freude zu machen. [...] Wir können es nur Jedem empfehlen, der zu Weihnachten seinen Kindern etwas Anderes und Besseres geben möchte als die gewöhnliche Fabrikwaare von geschmacklosen Bilderbüchern.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 575, 8.12.1896, Morgen-Ausgabe, S. 10; vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 15, Nr. 631a, 12.12.1896, Parlaments-Ausgabe, S. (3)] Es handle sich um „ein harmlos-nettes Kinderbuch [...]. Die beiden Brüder haben dies [...] ‚Epos‘ [...] ihrer kleinen Schwester zu Weihnachten gewidmet. Der Beifall, den sie damals bei der Empfängerin ernteten, wird dem in farbenreichem Bilderschmuck prangenden hübsch kartonirten Werkchen auch von Kindern unserer Tage [...] gern und reichlich gespendet werden.“ [Weihnachts-Bücherschau. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 49, Nr. 590, 19.12.1896, Vorabendblatt, S. 6]. Ich werde Sie morgen Nachmittag aufsuchen und bitte Sie nur darum, auch für den Fall, daß Sie nicht auf mein Ansinnen eingehen können, mir darum nicht mit Unfreundlichkeit begegnen zu wollen…“.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 7 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 1 Doppelblatt. Gelocht. Liniertes Papier. 2 Einzelblätter. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Seite 7 des Briefs ist nach einem Faksimile im Autografenhandel [Moirandat Company AG: Auktion 12 (2015), Nr. 494] wiedergegeben; nach dieser Quelle auch die Angaben zur Materialität (Seitenmaß nicht eindeutig rekonstruierbar) und zum Umfang („1 Doppelblatt und 2 Einzelblätter […], davon 7 Seiten beschrieben. Die beiden Einzelblätter vorliniert und aus einem Notizbuch gerissen. Gelocht“). Eine weitere Quelle verweist bei den 7 („6½“) Seiten auf den „Verlust zweier Buchstaben“ [J. A. Stargardt: Katalog 704 (2017), Nr. 255] durch Lochung.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibort war dem Briefinhalt zufolge Berlin.

  • Schreibort

    Berlin
    29. Dezember 1896 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Otto Erich Hartleben, 29.12.1896. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

03.04.2024 18:28