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Kennung: 4737

München, 11. Januar 1909 (Montag), Bildpostkarte

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Scholz, Wilhelm von

Inhalt

Herrn Wilhelm von Scholz
Hohenschäftlarn
im Isarthal


Verehrter Herr von Scholz!

Ihr VortragDie Presse hatte angekündigt: „Der nächste große Vortrags-Abend des Neuen Vereins findet Freitag, 8. Januar, Abends 8 Uhr im Hotel Russischer Hof statt. Wilhelm v. Scholz wird einen Vortrag mit dem Thema: ‚Das Drama‘ halten.“ [Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 1, 1.1.1909, S. 2] Wedekind notierte am 8.1.1909: „Witzvortrag.“ [Tb] Hanns von Gumppenberg besprach den Vortragsabend: „Wilhelm v. Scholz [...] sprach über ‚Das Drama‘. Einleitend rechtfertigte er die Wahl eines so umfassenden Themas für die kurze Zeitspanne einer Rednerstunde damit, daß er seine persönlichsten Anschauungen über die Bühnenkunst just bei so elementarer Fassung des Gegenstandes am besten zum Ausdruck bringen könne; dann gab er eine ästhetisch-psychologische Analyse vom Wesen des Dramas, wobei er Punkt um Punkt aus den Erwartungen des Zuschauers vor Beginn einer Erstaufführung entwickelte. Er konstatierte auf diese Art die Notwendigkeit eines Vordergrund- Geschehens im weiteren Raum-Rahmen eines besonderen Milieus und im weitesten einer lebensvollen Weltvorstellung, ferner Gegensatz, inneren Konflikt und äußeren Kampf als die Faktoren der Handlung, das freie Spiel als deren Sondercharakter der Wirklichkeit gegenüber, die Mitarbeit des ‚betrachtenden Willens‘ der Zuschauer, endlich die dienende, nur repräsentative Stellung des Dichters, der als Wortführer der ganzen Menschenwelt ihre Gesetzmäßigkeit und ihren Gesamtwillen zu objektivieren und sich daher zur untrüglichen Fühlung mit diesen bestimmenden Großmächten menschlichen Daseins zu erziehen habe. Wesentlich Neues förderte Scholz mit diesen Feststellungen nicht zutage, eigenartig und für den Redner sehr charakteristisch war aber die verhältnismäßig umständliche, bald grüblerisch überspitzte, bald mystisch umwölkte Form der Darlegung. Jenen Zuhörern, die mit der Ausdrucksweise des Vortragenden noch nicht vertraut waren, dürfte es manchmal schwer geworden sein, ihm zu folgen. Doch erntete er lebhaften und einmütigen Beifall.“ [H.v.G. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 13, 10.1.1909, S. 3] war mir eine wirkliche Freude und ich habe manches was mir neu war mit nach Haus genommen. Ich bedauerte ebenfallsHinweis auf eine nicht überlieferte schriftliche Mitteilung (kenntlich durch das „ebenfalls“); erschlossenes Korrespondenzstück: Wilhelm von Scholz an Wedekind, 10.1.1909. sehr daß wir uns nicht mehr trafen. Aber hoffentlich findet sich ja bald Gelegenheit dazu.

Mit ergebensten Grüßen Ihr FrWedekind. |


München Mariensäule

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 1 Seite beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Mit Textaufdruck.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Bildseite zeigt eine kolorierte Ansicht von München wie im roten Textaufdruck (hier wiedergegeben) beschrieben. Die Adressseite enthält einen aufgedruckten Herstellernachweis mit Seriennummer („B. & K. M. Nr. 7“). Die Bildpostkarte ist mit einer aufgeklebten Briefmarke von 5 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Datum des Postausgangsstempels – 11.1.1909 – darf als Schreibdatum angenommen werden.

Uhrzeit im Postausgangsstempel München: „11 – 12 N.“ (= 23 bis 24 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel Hohenschäftlarn: „Vor. 7 – 8“ (= 7 bis 8 Uhr).

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/6
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Wilhelm von Scholz, 11.1.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

26.06.2024 09:09
Kennung: 4737

München, 11. Januar 1909 (Montag), Bildpostkarte

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Scholz, Wilhelm von
 
 

Inhalt

Herrn Wilhelm von Scholz
Hohenschäftlarn
im Isarthal


Verehrter Herr von Scholz!

Ihr VortragDie Presse hatte angekündigt: „Der nächste große Vortrags-Abend des Neuen Vereins findet Freitag, 8. Januar, Abends 8 Uhr im Hotel Russischer Hof statt. Wilhelm v. Scholz wird einen Vortrag mit dem Thema: ‚Das Drama‘ halten.“ [Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 1, 1.1.1909, S. 2] Wedekind notierte am 8.1.1909: „Witzvortrag.“ [Tb] Hanns von Gumppenberg besprach den Vortragsabend: „Wilhelm v. Scholz [...] sprach über ‚Das Drama‘. Einleitend rechtfertigte er die Wahl eines so umfassenden Themas für die kurze Zeitspanne einer Rednerstunde damit, daß er seine persönlichsten Anschauungen über die Bühnenkunst just bei so elementarer Fassung des Gegenstandes am besten zum Ausdruck bringen könne; dann gab er eine ästhetisch-psychologische Analyse vom Wesen des Dramas, wobei er Punkt um Punkt aus den Erwartungen des Zuschauers vor Beginn einer Erstaufführung entwickelte. Er konstatierte auf diese Art die Notwendigkeit eines Vordergrund- Geschehens im weiteren Raum-Rahmen eines besonderen Milieus und im weitesten einer lebensvollen Weltvorstellung, ferner Gegensatz, inneren Konflikt und äußeren Kampf als die Faktoren der Handlung, das freie Spiel als deren Sondercharakter der Wirklichkeit gegenüber, die Mitarbeit des ‚betrachtenden Willens‘ der Zuschauer, endlich die dienende, nur repräsentative Stellung des Dichters, der als Wortführer der ganzen Menschenwelt ihre Gesetzmäßigkeit und ihren Gesamtwillen zu objektivieren und sich daher zur untrüglichen Fühlung mit diesen bestimmenden Großmächten menschlichen Daseins zu erziehen habe. Wesentlich Neues förderte Scholz mit diesen Feststellungen nicht zutage, eigenartig und für den Redner sehr charakteristisch war aber die verhältnismäßig umständliche, bald grüblerisch überspitzte, bald mystisch umwölkte Form der Darlegung. Jenen Zuhörern, die mit der Ausdrucksweise des Vortragenden noch nicht vertraut waren, dürfte es manchmal schwer geworden sein, ihm zu folgen. Doch erntete er lebhaften und einmütigen Beifall.“ [H.v.G. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 13, 10.1.1909, S. 3] war mir eine wirkliche Freude und ich habe manches was mir neu war mit nach Haus genommen. Ich bedauerte ebenfallsHinweis auf eine nicht überlieferte schriftliche Mitteilung (kenntlich durch das „ebenfalls“); erschlossenes Korrespondenzstück: Wilhelm von Scholz an Wedekind, 10.1.1909. sehr daß wir uns nicht mehr trafen. Aber hoffentlich findet sich ja bald Gelegenheit dazu.

Mit ergebensten Grüßen Ihr FrWedekind. |


München Mariensäule

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 1 Seite beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Mit Textaufdruck.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Bildseite zeigt eine kolorierte Ansicht von München wie im roten Textaufdruck (hier wiedergegeben) beschrieben. Die Adressseite enthält einen aufgedruckten Herstellernachweis mit Seriennummer („B. & K. M. Nr. 7“). Die Bildpostkarte ist mit einer aufgeklebten Briefmarke von 5 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Datum des Postausgangsstempels – 11.1.1909 – darf als Schreibdatum angenommen werden.

Uhrzeit im Postausgangsstempel München: „11 – 12 N.“ (= 23 bis 24 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel Hohenschäftlarn: „Vor. 7 – 8“ (= 7 bis 8 Uhr).

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/6
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Wilhelm von Scholz, 11.1.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

26.06.2024 09:09