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Kennung: 4155

Zürich, 16. November 1917 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

ELITE-HOTEL ZÜRICH

Nüschelerstrasse 6 Bahnhofstrasse 41


Modernster Comfort der Neuzeit
Fliessendes Kalt- und Warmwasser in allen Zimmern
Appartments mit Bad Elektromobil am Bahnhof
Telephon 9556
Telegr.-Adr.: Elitehotel


Zweiggeschäfte:
Parkhotel Gemmi
Hotel Waldrand und Pension Regina Kandersteg


Direktion: H. DETTELBACH-EGER


Zürich, 16. November 1917.


Geliebte Tilly!

Gestern AbendWedekind notierte am 15.11.1917: „Schloss Wetterstein Aufführung.“ [Tb] Die Uraufführung seines Schauspiels „Schloß Wetterstein“ im Pfauentheater in Zürich (Zeltweg 1) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil III, S. 212], einer Spielstätte des Stadttheaters (Direktion: Alfred Reucker) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 633], bei der Wedekind die Regie führte, Elisabeth Bergner als Effie, Margarethe Kleinrhuby als Leonore von Gystrow und Wedekind als Rüdiger Freiherr von Wetterstein auf der Bühne standen, begann um 19.30 Uhr: „Donnerstag, halb 8 Uhr: Gastspiel von Frank Wedekind: ‚Schloß Wetterstein‘ (Uraufführung), Schauspiel von Frank Wedekind.“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 13, Nr. 311, 10.11.1917, 1. Blatt, S. (3)]. Die Kritik war zwiespältig [vgl. KSA 7/II, S. 960f.], aber tendenziell wohlwollend: „Eine richtige Uraufführung. Das Theater dicht besetzt. Nach den zwei ersten Akten der Beifall diskret. Am Schluß sehr stark, mit lauten Kundgebungen, in die auch einzelne Pfiffe gellten. Die Probe wäre also bestanden. [...] Die Aufführung, deren Leiter der Dichter selbst war, geriet lobenswert. Wedekind selbst verkörpert den Rüdiger, der (durch seine Stieftochter Effie) als Freiherr von Wetterstein, ‚der Burg seiner Väter‘, ausleben kann, und man darf ihm gewiß zutrauen, daß die Rolle unter seiner Hand das hergibt, was er ihr zumutet (aber geschminkt war er furchtbar). Für die Witwe Leonore, die dem Rüdiger anheimfällt, bringt Frl. Kleinhruby die überzeugende Figur mit, während ihrem Spiel mehr psychische Ueberzeugungskraft zu wünschen gewesen wäre. Dagegen sei mit uneingeschränktem Lob bedacht Frl. Bergner, die der Gestalt der Effie eine höchst lebensvolle Zeichnung angedeihen läßt.“ [T. (Hans Trog): Pfauentheater: „Schloß Wetterstein“ von Wedekind (15. Nov.). Pfauentheater: „Schloß Wetterstein“ von Wedekind (15. Nov.). In: Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2161, 16.11.1917, 1. Abendblatt, S. (1-2)] Die Kritik war „insgesamt zustimmend, wenn auch nicht enthusiastisch.“ [KSA 7/II, S. 878] war Schloß Wetterstein. Die Aufführung war im ganzen ausgezeichnet. Es wurde gezischt aber viel stärker applaudiert. Trotzdem war ich durch das Stück selber enttäuscht. Es erwies sich als viel länger als ich gedacht hatte. Nachher saß ich mit Reucker und seinen Bekannten noch eine halbe Stunde im PfauenWedekind saß am 15.11.1917 nach der „Schloß Wetterstein“-Vorstellung (siehe oben) mit Alfred Reucker im Pfauen (Zeltweg 1) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil II, S. 72], dem Lokal, das sich im selben Gebäude befand wie das Pfauentheater, in dem sein Schauspiel gerade uraufgeführt worden war.. Da jetzt um elf Uhrum 23 Uhr. Polizeistunde ist, blieb nicht | mehr Zeit übrig. Dafür bin ich seit acht Tagen täglich um 7 Uhr aufgestanden um um 9 Uhr auf der Probe zu sein. Gestern erhielt ich Deine liebe Karteeine Briefkarte [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.11.1917]. vom 7. November. Ich freue mich sehr daß es Dir und den Kindern gut geht. Ich selber sandte Dir eine Postkarte am 8.vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 8.11.1917. und ein Telegramm am 10.vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 11.11.1917. Wedekind hat sich um einen Tag im Datum geirrt. Wenn Du schreibst, Du möchtest mir mit Deinen Briefen nicht auf die Nerven fallenBriefzitat: „möchte Dir auch nicht noch mit meinen Briefen auf die Nerven gehen“ [Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.11.1917]., dann müßte ich allerdings meinerseits dasselbe fürchten. Ich glaube bei den großen Verkehrsschwierigkeitenkriegsbedingte Verzögerungen in der Postzustellung. tun wir beide gut daran nicht so empfindlich zu sein. Morgen AbendDer Wedekind-Abend am 17.11.1917 im Literarischen Klub (siehe unten) begann um 20 Uhr: „Der Literarische Klub des Lesezirkels Hottingen nimmt am Samstag abend 8 Uhr seine Wintersitzungen auf. Frank Wedekind wird in dieser ersten Sitzung aus eigener Dichtung ‒ erzählender und lyrischer ‒ vorlesen.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2157, 16.11.1917, 1. Mittagsblatt, S. (2)] Eine Pressenotiz meldete: „Der Literarische Klub des Lesezirkels Hottingen nahm am 17. November seine Wintersitzungen auf. Sein neues gemütliches Lokal im ‚Freudenberg‘, welche reizvoll in Gärten gelegene Liegenschaft ihr Besitzer in entgegenkommendster Weise dem Klub zur Verfügung gestellt hat, konnte der Klub mit einem Frank Wedekind-Abend einweihen. [...] Bemerkt sei noch, daß die Sitzungen dieses Winters der Vizepräsident des Klubs, Hr. Dr. Robert Faesi leitet.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2207, 23.11.1917, 1. Mittagblatt, S. (2)] Er hat Wedekind zum Vortrag eingeladen [vgl. Wedekind an Robert Faesi, 25.10.1917]. habe ich einen Vortrag im hiesigen literarischen KlubDer Literarische Klub (Vorsitzender: Hans Trog) war dem Lesezirkel Hottingen (Vorsitzender: Hans Bodmer), der Literarischen Gesellschaft in Zürich, untergeordnet: „Literarischer Klub. Präsident: Dr. Hans Trog [...]. Sitzung jeden Samstag (im Winter). Klublokal: Hotel Bellevue.“ [Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil IV, S. 71] Vizepräsident war Robert Faesi (siehe oben). werde dabei versuchen einige LiederWedekind hat für seinen Vortrag im literarischen Klub (siehe oben) ein Programm entworfen, das „19 durchnumerierte Liedtitel“ verzeichnet (5 davon angekreuzt: „Das Lied vom armen Kind“, „Das ist einfach wundervoll“, „Brigitte B.“, Tanz mein Liebchen“, „Die Hunde“), zum Teil „mit Tonartangabe.“ [KSA 1/IV, S. 1336] zu singen. Am 28 NovemberWedekind notierte am 28.11.1917 „Vortrag in Davos.“ [Tb] Das war eine „Herakles“-Lesung im Kurhaussaal. soll ich in Davos vortragen und am 6 DezemberWedekind notierte am 6.12.1917: „Vortrag in Aarau.“ [Tb] Das war ebenfalls eine „Herakles“-Lesung. in Aarau. Dazwischen kommen noch zwei VorstellungenDie Presse meldete nach der Uraufführung am 15.11.1917 eine erste Wiederholungsvorstellung am 20.11.1917 (Dienstag): „Im Pfauentheater ist für Dienstag die zweite Aufführung von Wedekinds neuem Drama ‚Schloß Wetterstein‘ angesetzt, wieder mit Wedekind als Gast.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2177, 19.11.1917, 3. Morgenblatt, S. (1)] Die zweite Wiederholungsvorstellung notierte Wedekind irrtümlich am 21.11.1917 (statt am 22.11.1917): „Dritte Vorstellung Schloß Wetterstein“ [Tb]; angekündigt war sie für den 22.11.1917 (Donnerstag): „PFAUEN-THEATER Donnerstag, abends 7½ Uhr: Gastspiel Frank Wedekind: Schloss Wetterstein, Drama von Wedekind.“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 13, Nr. 323, 22.11.1917, 1. Blatt, S. (4)]. Die Gesellschaft hierStefan Zweig traf am 14.11.1917 mittags in Zürich ein und notierte: „Dann ins Café Odeon, die Heimat der Refractäre, Revolutionäre, Desertöre. Dort ist Trog, biederer, langweiliger Schwyzer, ein paar alldeutsche Deutsche, aber schon kleinlaut, Paul Ilg, der mir gut gefällt trotz der Maulfaulheit. Wolfgang Heine und Wedekind. Heine, ein sanfter Professor der Socialdemocratie, lau, vorsichtig. [...] Zum Nachtmahl mit Wedekind und Ehrenstein. Wedekind erzählt viel vom alten Zürich – das heutige hat Analogie mit dem von 1848, wo es willig unwillig Weltmittelpunkt war im geistigen Sinne.“ [Tb Zweig] Wedekind hat Stefan Zweig dem Tagebuch zufolge am 6.12.1912 in München persönlich kennengelernt („In Kutschers Seminar lese ich Brand von Egliswyl und Rabbi Esra. Nachher RK mit Kutscher Stephan Zweig Friedenthal und einem Freund Weinhöppels“), ihm zu Weihnachten 1912 das Manuskript der frühen Fassung des „Marquis von Keith“ („Ein gefallener Teufel“) mit einer Widmung geschenkt [vgl. Wedekind an Stefan Zweig, 25.12.1912], ihn am 10.6.1913 in Wien getroffen („Stefan Zweig holt uns zu einer Automobilfahrt nach dem Kobenzl wo wir Werfel Hasenklever und Janowitz treffen“), am 15.9.1913 in Berlin („Paul Cassirer e.ct. St. Zweig Bernauer“) und am 13.5.1914 wieder in Wien („Banket bei Meißl und Schader. Tilly einzige Dame Stefan Zweig“). Wolfgang Heine, Rechtsanwalt beim Berliner Landgericht I, II und III sowie SPD-Reichstagsabgeordneter in Berlin (Turmstraße 4) [vgl. Berliner Adreßbuch 1918, Teil I, S. 985], lernte er vermutlich erst 1917 in Zürich kennen. hat | sich um den Reichstagsabgeordneten Wolfgang Heine und Stephan Zweig vermehrt. Bei Arminbei seinem Bruder Armin Wedekind, Arzt in Zürich (Seefeldstraße 86) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil I, S. 621]. war ich erst zwei Mal. Armin lag während der Ferien, die er in Lenzburg verbringen wollte an einem Katarrh zu Bett. Dagegen war ich mehrmals mit Armin jun. zusammenmit seinem Neffen Armin Wilhelm Gottlieb Wedekind, der soeben zum Dr. med. promoviert worden war., der seinen Vater während dessen Unwohlsein vertrat.

Nun leb wohl, liebe Tilly. Mitte Dezember hoffe ich wieder in München zu sein. Grüße und küsse die Kinder von mir und sei selber innig geküßt
von Deinem
Frank


Grüße bitte Hans Karl und Martha von mir.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Mit gedrucktem Briefkopf. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    16. November 1917 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Werke in drei Bänden. Band 3: Prosa. Erzählungen, Aufsätze, Selbstzeugnisse, Briefe.

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Manfred Hahn
Verlag:
Berlin: Aufbau-Verlag
Jahrgang:
1969
Seitenangabe:
641-642
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 16.11.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.03.2023 12:06
Kennung: 4155

Zürich, 16. November 1917 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly
 
 

Inhalt

ELITE-HOTEL ZÜRICH

Nüschelerstrasse 6 Bahnhofstrasse 41


Modernster Comfort der Neuzeit
Fliessendes Kalt- und Warmwasser in allen Zimmern
Appartments mit Bad Elektromobil am Bahnhof
Telephon 9556
Telegr.-Adr.: Elitehotel


Zweiggeschäfte:
Parkhotel Gemmi
Hotel Waldrand und Pension Regina Kandersteg


Direktion: H. DETTELBACH-EGER


Zürich, 16. November 1917.


Geliebte Tilly!

Gestern AbendWedekind notierte am 15.11.1917: „Schloss Wetterstein Aufführung.“ [Tb] Die Uraufführung seines Schauspiels „Schloß Wetterstein“ im Pfauentheater in Zürich (Zeltweg 1) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil III, S. 212], einer Spielstätte des Stadttheaters (Direktion: Alfred Reucker) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 633], bei der Wedekind die Regie führte, Elisabeth Bergner als Effie, Margarethe Kleinrhuby als Leonore von Gystrow und Wedekind als Rüdiger Freiherr von Wetterstein auf der Bühne standen, begann um 19.30 Uhr: „Donnerstag, halb 8 Uhr: Gastspiel von Frank Wedekind: ‚Schloß Wetterstein‘ (Uraufführung), Schauspiel von Frank Wedekind.“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 13, Nr. 311, 10.11.1917, 1. Blatt, S. (3)]. Die Kritik war zwiespältig [vgl. KSA 7/II, S. 960f.], aber tendenziell wohlwollend: „Eine richtige Uraufführung. Das Theater dicht besetzt. Nach den zwei ersten Akten der Beifall diskret. Am Schluß sehr stark, mit lauten Kundgebungen, in die auch einzelne Pfiffe gellten. Die Probe wäre also bestanden. [...] Die Aufführung, deren Leiter der Dichter selbst war, geriet lobenswert. Wedekind selbst verkörpert den Rüdiger, der (durch seine Stieftochter Effie) als Freiherr von Wetterstein, ‚der Burg seiner Väter‘, ausleben kann, und man darf ihm gewiß zutrauen, daß die Rolle unter seiner Hand das hergibt, was er ihr zumutet (aber geschminkt war er furchtbar). Für die Witwe Leonore, die dem Rüdiger anheimfällt, bringt Frl. Kleinhruby die überzeugende Figur mit, während ihrem Spiel mehr psychische Ueberzeugungskraft zu wünschen gewesen wäre. Dagegen sei mit uneingeschränktem Lob bedacht Frl. Bergner, die der Gestalt der Effie eine höchst lebensvolle Zeichnung angedeihen läßt.“ [T. (Hans Trog): Pfauentheater: „Schloß Wetterstein“ von Wedekind (15. Nov.). Pfauentheater: „Schloß Wetterstein“ von Wedekind (15. Nov.). In: Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2161, 16.11.1917, 1. Abendblatt, S. (1-2)] Die Kritik war „insgesamt zustimmend, wenn auch nicht enthusiastisch.“ [KSA 7/II, S. 878] war Schloß Wetterstein. Die Aufführung war im ganzen ausgezeichnet. Es wurde gezischt aber viel stärker applaudiert. Trotzdem war ich durch das Stück selber enttäuscht. Es erwies sich als viel länger als ich gedacht hatte. Nachher saß ich mit Reucker und seinen Bekannten noch eine halbe Stunde im PfauenWedekind saß am 15.11.1917 nach der „Schloß Wetterstein“-Vorstellung (siehe oben) mit Alfred Reucker im Pfauen (Zeltweg 1) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil II, S. 72], dem Lokal, das sich im selben Gebäude befand wie das Pfauentheater, in dem sein Schauspiel gerade uraufgeführt worden war.. Da jetzt um elf Uhrum 23 Uhr. Polizeistunde ist, blieb nicht | mehr Zeit übrig. Dafür bin ich seit acht Tagen täglich um 7 Uhr aufgestanden um um 9 Uhr auf der Probe zu sein. Gestern erhielt ich Deine liebe Karteeine Briefkarte [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.11.1917]. vom 7. November. Ich freue mich sehr daß es Dir und den Kindern gut geht. Ich selber sandte Dir eine Postkarte am 8.vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 8.11.1917. und ein Telegramm am 10.vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 11.11.1917. Wedekind hat sich um einen Tag im Datum geirrt. Wenn Du schreibst, Du möchtest mir mit Deinen Briefen nicht auf die Nerven fallenBriefzitat: „möchte Dir auch nicht noch mit meinen Briefen auf die Nerven gehen“ [Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.11.1917]., dann müßte ich allerdings meinerseits dasselbe fürchten. Ich glaube bei den großen Verkehrsschwierigkeitenkriegsbedingte Verzögerungen in der Postzustellung. tun wir beide gut daran nicht so empfindlich zu sein. Morgen AbendDer Wedekind-Abend am 17.11.1917 im Literarischen Klub (siehe unten) begann um 20 Uhr: „Der Literarische Klub des Lesezirkels Hottingen nimmt am Samstag abend 8 Uhr seine Wintersitzungen auf. Frank Wedekind wird in dieser ersten Sitzung aus eigener Dichtung ‒ erzählender und lyrischer ‒ vorlesen.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2157, 16.11.1917, 1. Mittagsblatt, S. (2)] Eine Pressenotiz meldete: „Der Literarische Klub des Lesezirkels Hottingen nahm am 17. November seine Wintersitzungen auf. Sein neues gemütliches Lokal im ‚Freudenberg‘, welche reizvoll in Gärten gelegene Liegenschaft ihr Besitzer in entgegenkommendster Weise dem Klub zur Verfügung gestellt hat, konnte der Klub mit einem Frank Wedekind-Abend einweihen. [...] Bemerkt sei noch, daß die Sitzungen dieses Winters der Vizepräsident des Klubs, Hr. Dr. Robert Faesi leitet.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2207, 23.11.1917, 1. Mittagblatt, S. (2)] Er hat Wedekind zum Vortrag eingeladen [vgl. Wedekind an Robert Faesi, 25.10.1917]. habe ich einen Vortrag im hiesigen literarischen KlubDer Literarische Klub (Vorsitzender: Hans Trog) war dem Lesezirkel Hottingen (Vorsitzender: Hans Bodmer), der Literarischen Gesellschaft in Zürich, untergeordnet: „Literarischer Klub. Präsident: Dr. Hans Trog [...]. Sitzung jeden Samstag (im Winter). Klublokal: Hotel Bellevue.“ [Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil IV, S. 71] Vizepräsident war Robert Faesi (siehe oben). werde dabei versuchen einige LiederWedekind hat für seinen Vortrag im literarischen Klub (siehe oben) ein Programm entworfen, das „19 durchnumerierte Liedtitel“ verzeichnet (5 davon angekreuzt: „Das Lied vom armen Kind“, „Das ist einfach wundervoll“, „Brigitte B.“, Tanz mein Liebchen“, „Die Hunde“), zum Teil „mit Tonartangabe.“ [KSA 1/IV, S. 1336] zu singen. Am 28 NovemberWedekind notierte am 28.11.1917 „Vortrag in Davos.“ [Tb] Das war eine „Herakles“-Lesung im Kurhaussaal. soll ich in Davos vortragen und am 6 DezemberWedekind notierte am 6.12.1917: „Vortrag in Aarau.“ [Tb] Das war ebenfalls eine „Herakles“-Lesung. in Aarau. Dazwischen kommen noch zwei VorstellungenDie Presse meldete nach der Uraufführung am 15.11.1917 eine erste Wiederholungsvorstellung am 20.11.1917 (Dienstag): „Im Pfauentheater ist für Dienstag die zweite Aufführung von Wedekinds neuem Drama ‚Schloß Wetterstein‘ angesetzt, wieder mit Wedekind als Gast.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2177, 19.11.1917, 3. Morgenblatt, S. (1)] Die zweite Wiederholungsvorstellung notierte Wedekind irrtümlich am 21.11.1917 (statt am 22.11.1917): „Dritte Vorstellung Schloß Wetterstein“ [Tb]; angekündigt war sie für den 22.11.1917 (Donnerstag): „PFAUEN-THEATER Donnerstag, abends 7½ Uhr: Gastspiel Frank Wedekind: Schloss Wetterstein, Drama von Wedekind.“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 13, Nr. 323, 22.11.1917, 1. Blatt, S. (4)]. Die Gesellschaft hierStefan Zweig traf am 14.11.1917 mittags in Zürich ein und notierte: „Dann ins Café Odeon, die Heimat der Refractäre, Revolutionäre, Desertöre. Dort ist Trog, biederer, langweiliger Schwyzer, ein paar alldeutsche Deutsche, aber schon kleinlaut, Paul Ilg, der mir gut gefällt trotz der Maulfaulheit. Wolfgang Heine und Wedekind. Heine, ein sanfter Professor der Socialdemocratie, lau, vorsichtig. [...] Zum Nachtmahl mit Wedekind und Ehrenstein. Wedekind erzählt viel vom alten Zürich – das heutige hat Analogie mit dem von 1848, wo es willig unwillig Weltmittelpunkt war im geistigen Sinne.“ [Tb Zweig] Wedekind hat Stefan Zweig dem Tagebuch zufolge am 6.12.1912 in München persönlich kennengelernt („In Kutschers Seminar lese ich Brand von Egliswyl und Rabbi Esra. Nachher RK mit Kutscher Stephan Zweig Friedenthal und einem Freund Weinhöppels“), ihm zu Weihnachten 1912 das Manuskript der frühen Fassung des „Marquis von Keith“ („Ein gefallener Teufel“) mit einer Widmung geschenkt [vgl. Wedekind an Stefan Zweig, 25.12.1912], ihn am 10.6.1913 in Wien getroffen („Stefan Zweig holt uns zu einer Automobilfahrt nach dem Kobenzl wo wir Werfel Hasenklever und Janowitz treffen“), am 15.9.1913 in Berlin („Paul Cassirer e.ct. St. Zweig Bernauer“) und am 13.5.1914 wieder in Wien („Banket bei Meißl und Schader. Tilly einzige Dame Stefan Zweig“). Wolfgang Heine, Rechtsanwalt beim Berliner Landgericht I, II und III sowie SPD-Reichstagsabgeordneter in Berlin (Turmstraße 4) [vgl. Berliner Adreßbuch 1918, Teil I, S. 985], lernte er vermutlich erst 1917 in Zürich kennen. hat | sich um den Reichstagsabgeordneten Wolfgang Heine und Stephan Zweig vermehrt. Bei Arminbei seinem Bruder Armin Wedekind, Arzt in Zürich (Seefeldstraße 86) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil I, S. 621]. war ich erst zwei Mal. Armin lag während der Ferien, die er in Lenzburg verbringen wollte an einem Katarrh zu Bett. Dagegen war ich mehrmals mit Armin jun. zusammenmit seinem Neffen Armin Wilhelm Gottlieb Wedekind, der soeben zum Dr. med. promoviert worden war., der seinen Vater während dessen Unwohlsein vertrat.

Nun leb wohl, liebe Tilly. Mitte Dezember hoffe ich wieder in München zu sein. Grüße und küsse die Kinder von mir und sei selber innig geküßt
von Deinem
Frank


Grüße bitte Hans Karl und Martha von mir.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Mit gedrucktem Briefkopf. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    16. November 1917 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Werke in drei Bänden. Band 3: Prosa. Erzählungen, Aufsätze, Selbstzeugnisse, Briefe.

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Manfred Hahn
Verlag:
Berlin: Aufbau-Verlag
Jahrgang:
1969
Seitenangabe:
641-642
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 16.11.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.03.2023 12:06