Vergleichsansicht

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Kennung: 3867

Paris, 8. Juli 1914 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

HOTEL MADISON
48, RUE DES PETITS CHAMPS
(ANGLE DE L’AVENUE DE L’OPÉRA)
TÉLÉGRAMMES: MADISOTEL – PARIS


PARIS 8. Juli 1914.


Meine geliebte Tilly!

HerlichstenSchreibversehen, statt: Herzlichsten. Dank für Deine lieben KartenBriefkarten. und Briefe. Inliegend die PostanweisungTilly Wedekind hatte ihrem Ehemann zum Unterschreiben ein Postanweisungsformular geschickt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 5.7.1914]., die ich Dich bitte zu erheben. Ich habe mich sehr gefreut daß Du in der Versammlung warst, ebenso über alles andere was Du mir schreibst. Zum Schluß aber schreibst Du:Es folgt ein Satz, der ein Briefzitat ist [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 6.7.1914]. Ich begreife nur nicht wie du Dich deswegen mit Jemandem schießen müßtest. Weswegen? Weil ich als betrogener Ehemann verspottet werde, oder, wie in Stuttgart | mit deinen früheren LiebesgeschichtenAnspielung auf den Abend am 16.4.1914 mit Emil Gerhäuser im Stuttgarter Ratskeller: „Mit Tilly im RK. Gerhäuser kommt [...] und fragt mich nach Paul Eger“ [Tb]; als „Provokation“ fasste Wedekind diese Frage „in Anwesenheit Tillys auf deren ersten Liebhaber Paul Eger“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 249] auf. aufgezogen werde. Wenn Du das nicht begreifst, liebe Tilly, dann hat es keinen Zweck für mich nach München zurückzukommen. Zugleich mit Deinem letzten Brief erhielt ich den BerichtDie Zeitschrift „Zeit im Bild“ veröffentlichte unter einem Pseudonym einen Bericht mit einem großen Foto der Festgesellschaft über das vorgezogene Bankett am 24.6.1914 zu Wedekinds 50. Geburtstag (24.7.1914) im Bayerischen Hof in München, in dem es heißt: „Einmal gab es auch Humor im Großen. Anlaß: Die Tafelkapelle. Jemand hatte seinen Toast [...] ausgebracht: Da intonierten die Musiker vergnügt und schäkerisch: ‚Ich bin der alte Menelaos‘. Das war alles.“ [Heribert: Wedekindbankett. In: Zeit im Bild. Moderne illustrierte Wochenschrift, Jg. 12, Nr. 27, 2.7.1914, S. 1395]. aus „Zeit im Bild“ in dem der „Gute König MenelausNach den Reden auf dem Bankett am 24.6.1914 zu Wedekinds 50. Geburtstag im Bayerischen Hof in München spielte die Kapelle aus Jacques Offenbachs Operette „Die schöne Helena“ das Couplet „Ich bin Menelaus der Gute“ [vgl. https://portal.dnb.de/audioplayer/do/show/1104280507]; „mitten in die Stimmung getragener Festlichkeit [...] spritzte das Offenbachsche Couplet: ‚Ich bin Menelaos der Gute – laus der Gute, laus der Gute...‘“ [Mühsam 2003, S. 180] Wedekind fasste es „als Anspielung auf Tillys angebliche Untreue auf und fühlte sich als betrogener Ehemann vor der Festgesellschaft verhöhnt“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 249]. Wedekind notierte am 24.6.1914: „50 Geburtstagsbankett Ich bin der König Menelaus der Gute“ [Tb].“ ausdrücklich erwähnt wird. Das beweist, daß reichlich darüber gesprochen wird. Ich verwende aber den Ertrag meines Lebens nicht darauf lächerlich zu werden. Leider hast Du dafür nicht das geringste Gefühl und Verständnis. Ich habe aber auch keine Lust mehr, Dir dieses Verständnis beizubringen.

Mit bestem Gruß
Dein Frank


Bitte, kein Telegramm!


[Kuvert:]


Allemagne

Madame Tilly Wedekind
Prinzregentenstrasse 50
München |


HOTEL MADISON
48, RUE DES PETITS CHAMPS
(ANGLE DE L’AVENUE DE L’OPÉRA) PARIS

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 18 cm. 4 Seiten beschrieben. Mit gedrucktem Briefkopf. Gelocht. Kuvert. 14,5 x 10 cm. 1 Seite beschrieben. Mit Textaufdruck. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben. Kuvert im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Kuvert ist mit einer aufgeklebten Briefmarke von 25 Centimes frankiert. Seite 2 ist unten rechts durch die nachträglich herausgeschnittene Unterschrift beschädigt.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Es handelt sich hier um den ersten unter dem Datum 8.7.1914 an seine Frau geschriebenen Brief Wedekinds.

Uhrzeit im Poststempel Paris: „12“ (= 12 Uhr).

  • Schreibort

    Paris
    8. Juli 1914 (Mittwoch)
    Sicher

  • Absendeort

    Paris
    8. Juli 1914 (Mittwoch)

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
334
Briefnummer:
481
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 8.7.1914. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

11.01.2023 00:49
Kennung: 3867

Paris, 8. Juli 1914 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly
 
 

Inhalt

HOTEL MADISON
48, RUE DES PETITS CHAMPS
(ANGLE DE L’AVENUE DE L’OPÉRA)
TÉLÉGRAMMES: MADISOTEL – PARIS


PARIS 8. Juli 1914.


Meine geliebte Tilly!

HerlichstenSchreibversehen, statt: Herzlichsten. Dank für Deine lieben KartenBriefkarten. und Briefe. Inliegend die PostanweisungTilly Wedekind hatte ihrem Ehemann zum Unterschreiben ein Postanweisungsformular geschickt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 5.7.1914]., die ich Dich bitte zu erheben. Ich habe mich sehr gefreut daß Du in der Versammlung warst, ebenso über alles andere was Du mir schreibst. Zum Schluß aber schreibst Du:Es folgt ein Satz, der ein Briefzitat ist [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 6.7.1914]. Ich begreife nur nicht wie du Dich deswegen mit Jemandem schießen müßtest. Weswegen? Weil ich als betrogener Ehemann verspottet werde, oder, wie in Stuttgart | mit deinen früheren LiebesgeschichtenAnspielung auf den Abend am 16.4.1914 mit Emil Gerhäuser im Stuttgarter Ratskeller: „Mit Tilly im RK. Gerhäuser kommt [...] und fragt mich nach Paul Eger“ [Tb]; als „Provokation“ fasste Wedekind diese Frage „in Anwesenheit Tillys auf deren ersten Liebhaber Paul Eger“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 249] auf. aufgezogen werde. Wenn Du das nicht begreifst, liebe Tilly, dann hat es keinen Zweck für mich nach München zurückzukommen. Zugleich mit Deinem letzten Brief erhielt ich den BerichtDie Zeitschrift „Zeit im Bild“ veröffentlichte unter einem Pseudonym einen Bericht mit einem großen Foto der Festgesellschaft über das vorgezogene Bankett am 24.6.1914 zu Wedekinds 50. Geburtstag (24.7.1914) im Bayerischen Hof in München, in dem es heißt: „Einmal gab es auch Humor im Großen. Anlaß: Die Tafelkapelle. Jemand hatte seinen Toast [...] ausgebracht: Da intonierten die Musiker vergnügt und schäkerisch: ‚Ich bin der alte Menelaos‘. Das war alles.“ [Heribert: Wedekindbankett. In: Zeit im Bild. Moderne illustrierte Wochenschrift, Jg. 12, Nr. 27, 2.7.1914, S. 1395]. aus „Zeit im Bild“ in dem der „Gute König MenelausNach den Reden auf dem Bankett am 24.6.1914 zu Wedekinds 50. Geburtstag im Bayerischen Hof in München spielte die Kapelle aus Jacques Offenbachs Operette „Die schöne Helena“ das Couplet „Ich bin Menelaus der Gute“ [vgl. https://portal.dnb.de/audioplayer/do/show/1104280507]; „mitten in die Stimmung getragener Festlichkeit [...] spritzte das Offenbachsche Couplet: ‚Ich bin Menelaos der Gute – laus der Gute, laus der Gute...‘“ [Mühsam 2003, S. 180] Wedekind fasste es „als Anspielung auf Tillys angebliche Untreue auf und fühlte sich als betrogener Ehemann vor der Festgesellschaft verhöhnt“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 249]. Wedekind notierte am 24.6.1914: „50 Geburtstagsbankett Ich bin der König Menelaus der Gute“ [Tb].“ ausdrücklich erwähnt wird. Das beweist, daß reichlich darüber gesprochen wird. Ich verwende aber den Ertrag meines Lebens nicht darauf lächerlich zu werden. Leider hast Du dafür nicht das geringste Gefühl und Verständnis. Ich habe aber auch keine Lust mehr, Dir dieses Verständnis beizubringen.

Mit bestem Gruß
Dein Frank


Bitte, kein Telegramm!


[Kuvert:]


Allemagne

Madame Tilly Wedekind
Prinzregentenstrasse 50
München |


HOTEL MADISON
48, RUE DES PETITS CHAMPS
(ANGLE DE L’AVENUE DE L’OPÉRA) PARIS

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 18 cm. 4 Seiten beschrieben. Mit gedrucktem Briefkopf. Gelocht. Kuvert. 14,5 x 10 cm. 1 Seite beschrieben. Mit Textaufdruck. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben. Kuvert im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Kuvert ist mit einer aufgeklebten Briefmarke von 25 Centimes frankiert. Seite 2 ist unten rechts durch die nachträglich herausgeschnittene Unterschrift beschädigt.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Es handelt sich hier um den ersten unter dem Datum 8.7.1914 an seine Frau geschriebenen Brief Wedekinds.

Uhrzeit im Poststempel Paris: „12“ (= 12 Uhr).

  • Schreibort

    Paris
    8. Juli 1914 (Mittwoch)
    Sicher

  • Absendeort

    Paris
    8. Juli 1914 (Mittwoch)

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
334
Briefnummer:
481
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 8.7.1914. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

11.01.2023 00:49