An die „Akademische Bühne“ Berlin.
Münchenrecte: Berlin. Wedekind wohnte seinerzeit noch in Berlin und war dem Tagebuch zufolge am 18.9.1908 dort., 18.IX.1908.
Sehr geehrter Herr Schainrecte: Schaie. – Fritz Schaie war der Vorsitzende des studentischen Vereins Akademische Bühne in Berlin (siehe unten), wie in der Presse mitgeteilt war: „Unter dem Namen ‚Akademische Bühne‘ haben Studierende der Berliner Universität einen Verein ins Leben gerufen, dessen ‚Direktorium‘ uns um die Aufnahme der folgenden, [...] Mitteilung ersucht: ‚Der Verein beabsichtigt, junge dramatische Talente, denen wegen des materiellen Zuges in unserem Theaterwesen die bestehenden Bühnen in der Regel verschlossen bleiben, durch Aufführung ihrer Werke zu fördern, ferner wertvolle Dichtungen bekannter Autoren, die in Berlin noch nicht gespielt sind, zur Darstellung zu bringen. [...] Die Unkosten werden auf dem Wege einer Subskription gedeckt. Die Überschüsse fließen in einen Unterstützungsfonds für bedürftige Studierende der Berliner Universität. Die Aufführungen finden in einem unserer ersten Theater statt. [...] Alle Mitteilungen sind zu richten an den Vorsitzenden des Direktoriums, stud. jur. Fritz Schaie, Berlin C Burgstraße Nr. 30.‘“ [Hamburgischer Correspondent, Jg. 178, Nr. 340, 7.7.1908, Morgen-Ausgabe, 1. Beilage, S. (1)] Das war die Privatadresse von Fritz Schaie [vgl. Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studierenden der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Auf das Winterhalbjahr vom 16. Oktober 1908 bis 15. März 1909. Berlin 1908, S. 216], der vom Sommersemester 1908 bis Wintersemester 1912/13 als Student der Rechte an der Berliner Universität eingeschrieben war.!
Ich danke Ihnen sehr für Ihre liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Akademische Bühne Berlin, Fritz Schaie an Wedekind, 17.9.1908. und
dafür, daß Sie meiner KomödieWedekind hatte mit Eugen Robert, Direktor des Hebbel-Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1909, S. 288], bereits am 17.3.1908 eine Inszenierung seines Lustspiels „Die junge Welt“ (1897) vereinbart: „Mit Dr. Robert vom Hebbeltheater schließe ich provisorischen Contrakt“ [Tb]. Eugen Robert führte dann in der von der Akademischen Bühne am 12.3.1909 im Hebbel-Theater veranstalteten Berliner Premiere von Wedekinds Lustspiel die Regie. Die Presse meldete zunächst: „Die Akademische Bühne, deren Bestreben es ist, dramatischen Talenten den Weg zu bahnen und namhafte Autoren mit in Berlin, noch nicht gespielten Werken zu Worte kommen zu lassen, veranstaltet in der Saison 1908 auf 1909 eine Reihe von Erstaufführungen, für die folgende Dichtungen angenommen worden sind: […] eine Komödie von Frank Wedekind“ [Das Programm der Akademischen Bühne. In: Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 531, 17.10.1908, Abend-Ausgabe, S. (3)]. Sehr viel später erst wurde der Titel genannt: „Die Akademische Bühne ist von Frank Wedekind autorisiert worden, seine satirische Komödie ‚Die junge Welt‘ zum ersten Male zur Darstellung zu bringen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 38, Nr. 40, 23.1.1909, Morgen-Ausgabe, S. (3)] „Die junge Welt“ soviel Vertrauen entgegen
bringen, daß Sie sie bei Ihren Aufführungen mit in Erwägung ziehen wollen. Die
Aufgabe der Inszenirung dürfte jedenfalls eine unvergleichlich interessantere
sein, als bei meinem „Liebestrank“. Wollen Sie mir nun noch folgenden Vorschlag
gestatten. Wenn Sie im Ernst an die Einstudirung gehen, dann würde ich, wenn
ich es rechtzeitig weiß, Ihnen gerne ein ExemplarWedekind sandte dann Eugen Robert [vgl. Wedekind an Eugen Robert, 9.2.1909] „ein von ihm bearbeitetes Textbuch und eine Charakterisierung der Personen“ [KSA 2, S. 746] seines Lustspiels „Die junge Welt“, das die Akademische Bühne am 12.3.1909 am Hebbel-Theater (Regie: Eugen Robert) zur Aufführung brachte. zur Verfügung stellen, indem
ich bei den einzelnen Personen, besonders bei denen, deren Zeichnung blasser
ist, mit ein paar Worten angemerkt habe, wie ich mir den betreffenden Charakter
vorstellte. Es liegt mir völlig fern, mich in die Inscenirung oder in
Besetzungsfragen mischen zu wollen. Ich glaube nur, daß ich dem Leiter der
Aufführung die Besetzung des Stückes durch diese Bemerkungen wesentlich
erleichtern könnte.
Indem ich Ihrem jungen UnternehmenDie Akademische Bühne war ein im Sommer 1908 von Studenten der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin gegründeter Verein. Die Presse meldete: „Ein Verein ‚Akademische Bühne an der Universität Berlin‘ hat sich dieser Tage hier konstituiert. Der Verein beabsichtigt, junge literarische Talente durch Aufführung ihrer Werke zu fördern und wertvolle Bühnendichtungen bekannter Autoren zur Darstellung zu bringen. [...] Es wird geplant, die Kosten der Aufführungen auf dem Wege der Subskription zu decken; die Überschüsse sollen in einen Unterstützungsfond für bedürftige Studierende der Berliner Universität fließen. Die Aufführungen werden in einem unserer ersten Theater stattfinden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 301, 16.6.1908, Morgen-Ausgabe, S. (3)] von Herzen ein schönes
Gedeihen wünsche und Sie bitte, mich den Herren Ihrer Vereinigung ergebenst zu
empfehlen, in vorzüglicher Hochschätzung
Frank Wedekind.