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Kennung: 3463

Dresden, 24. Juni 1912 (Montag), Postkarte

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

Postkarte


Frau Tilly Wedekind
im Steinbrüchli
Lenzburg
Ct. Aargau Schweiz


Innigst geliebte Tilly! Herzlichen Dank für Deine beiden lieben Briefevgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 21.6.1912 und 22.6.1912.. Warum ich bei Mieze wohne. Sie bot mir gleich den Hausschlüssel an und erlaubte mir morgens bis 12 zu schlafen. Da sagte ich mir, warum ich die Hotelrechnung nicht sparen soll. Sie ist sehr lieb und will mich offenbar für die Berliner Strapatzenveraltete Schreibweise, für: Strapazen. Gemeint sind der Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater zu Berlin vom 1. bis 16.6.1912 und das anschließende Bankett zu Ehren Wedekinds im Hotel Esplanade am 18.6.1912 in Berlin. entschädigen. Hoffentlich | kannst Du Dich auch erholen. Mit Deinen Dispositionen bin ich sehr einverstanden Wenn Du Geld brauchst, dann schreib es mir bitte rechtzeitig, da ich die Bank in München beauftragen muß, es Dir zu schicken. GesternFrank Wedekind, der in Dresden bei seiner Schwester wohnte, notierte am 23.6.1912 den Besuch von Aglaja Orgeni, Opernsängerin und Gesangspädagogin am Dresdner Konservatorium, deren Schülerin Erika Wedekind war: „Agleya Orgeniy kommt mit ihrer Nichte zu Tisch.“ [Tb] Mittag war die Orgey/n/y bei uns zu Tisch, den Abend war ich mit Walter zusammen. HeuteWedekind notierte am 24.6.1912 nachmittags den Besuch der nach modernen ästhetischen und sozialen Kriterien seit 1909 errichteten Gartenstadt Hellerau nördlich von Dresden: „Nachmittag in Hellerau. Dr. Wolff Dorn. Salzmann Jacques Dalcroce Oskar Fried.“ [Tb] Seiner Frau schrieb er von seiner Begegnung dort mit Wolf Dohrn (siehe unten), nicht aber von der mit dem russischen Maler und Bühnengestalter Alexander von Salzmann, dem Schweizer Musik- und Rhythmuspädagogen Emile Jaques-Dalcroze und dem Komponisten Oskar Fried an der Bildungsanstalt für Musik und Rhythmik im Festspielhaus Hellerau. Wedekind hat Erich Mühsam später angeregt über seine Eindrücke von Hellerau berichtet, wie dieser notierte: „Wedekind erzählte viel von Hellerau bei Dresden, wo er sich die Gartenstadt-Veranstaltungen des Jacques Dalcroze angesehn hat: Rhytmische Tanzübungen in Nacktkultur, sehr ähnlich seinen in Mine-Haha niedergelegten Erziehungstendenzen.“ [Tb Mühsam, 2.7.1912] war ich zum ersten Mal in Hellerau. Eine Stadtgründung wie die von Osthaus in HagenKarl Ernst Osthaus, Kunstmäzen, Kunstsammler und Mitbegründer der Vereinigung Deutscher Werkbund e.V. (gegründet 1907), hatte 1902 das Folkwang-Museum für moderne Kunst in seiner Heimatstadt Hagen eröffnet und stiftete 1909 die als Künstlerkolonie konzipierte Gartenstadt Hohenhagen in Hagen.. Der Gründer Dr. Dorn ist ein alter BekannterWolf Dohrn hatte in München studiert und war dort 1904 Redakteur der Wochenschrift „Freistatt“, in der Wedekind 1902 seinen Essay „Schriftsteller Ibsen und ‚Baumeister Solneß‘“ publiziert hat [vgl. KSA 5/III, S. 754] und in der zahlreiche Beiträge über ihn erschienen sind. von mir aus München und Bekannter von Mieze. FreitagWedekind notierte am 28.6.1912: „Abend mit Mieze und Walter nach Hellerau.“ [Tb] gehen Mieze Walter und ich zusammen hin. Ich habe meine angefangene ArbeitKonzeptentwürfe seines Projekts „Taugenichts“ [KSA 7/I, S. 584-589; vgl. KSA 7/II, S. 1466f.], zu dem Wedekind am 26. und 27.6.1912 sowie am 29.6.1912 notierte: „an Taugenichts gearbeitet.“ [Tb] wieder aufgenommen. Aber es geht noch nicht recht vorwärts. Die größte Freude war mir, was Du über Deine Gesundheit schreibst. Hoffentlich geht es so vorwärts. Grüße Mama und küsse die Kinder von mir. In innigster Liebe
Dein Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Postkarte ist mit einer aufgedruckten und einer aufgeklebten Briefmarke von je 5 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Schreibdatum ist durch den Inhalt der Postkarte belegt.

Uhrzeit im Poststempel Dresden: „12 – 1 V“ (= 24 bis 1 Uhr).

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
270
Briefnummer:
389
Kommentar:
Die Postkarte ist im Erstdruck auf den „25.VI.1912“ datiert. Neuedition: Vinçon 2018, Bd. 1, S. 214 (Nr. 328).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 24.6.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

25.09.2023 15:22
Kennung: 3463

Dresden, 24. Juni 1912 (Montag), Postkarte

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly
 
 

Inhalt

Postkarte


Frau Tilly Wedekind
im Steinbrüchli
Lenzburg
Ct. Aargau Schweiz


Innigst geliebte Tilly! Herzlichen Dank für Deine beiden lieben Briefevgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 21.6.1912 und 22.6.1912.. Warum ich bei Mieze wohne. Sie bot mir gleich den Hausschlüssel an und erlaubte mir morgens bis 12 zu schlafen. Da sagte ich mir, warum ich die Hotelrechnung nicht sparen soll. Sie ist sehr lieb und will mich offenbar für die Berliner Strapatzenveraltete Schreibweise, für: Strapazen. Gemeint sind der Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater zu Berlin vom 1. bis 16.6.1912 und das anschließende Bankett zu Ehren Wedekinds im Hotel Esplanade am 18.6.1912 in Berlin. entschädigen. Hoffentlich | kannst Du Dich auch erholen. Mit Deinen Dispositionen bin ich sehr einverstanden Wenn Du Geld brauchst, dann schreib es mir bitte rechtzeitig, da ich die Bank in München beauftragen muß, es Dir zu schicken. GesternFrank Wedekind, der in Dresden bei seiner Schwester wohnte, notierte am 23.6.1912 den Besuch von Aglaja Orgeni, Opernsängerin und Gesangspädagogin am Dresdner Konservatorium, deren Schülerin Erika Wedekind war: „Agleya Orgeniy kommt mit ihrer Nichte zu Tisch.“ [Tb] Mittag war die Orgey/n/y bei uns zu Tisch, den Abend war ich mit Walter zusammen. HeuteWedekind notierte am 24.6.1912 nachmittags den Besuch der nach modernen ästhetischen und sozialen Kriterien seit 1909 errichteten Gartenstadt Hellerau nördlich von Dresden: „Nachmittag in Hellerau. Dr. Wolff Dorn. Salzmann Jacques Dalcroce Oskar Fried.“ [Tb] Seiner Frau schrieb er von seiner Begegnung dort mit Wolf Dohrn (siehe unten), nicht aber von der mit dem russischen Maler und Bühnengestalter Alexander von Salzmann, dem Schweizer Musik- und Rhythmuspädagogen Emile Jaques-Dalcroze und dem Komponisten Oskar Fried an der Bildungsanstalt für Musik und Rhythmik im Festspielhaus Hellerau. Wedekind hat Erich Mühsam später angeregt über seine Eindrücke von Hellerau berichtet, wie dieser notierte: „Wedekind erzählte viel von Hellerau bei Dresden, wo er sich die Gartenstadt-Veranstaltungen des Jacques Dalcroze angesehn hat: Rhytmische Tanzübungen in Nacktkultur, sehr ähnlich seinen in Mine-Haha niedergelegten Erziehungstendenzen.“ [Tb Mühsam, 2.7.1912] war ich zum ersten Mal in Hellerau. Eine Stadtgründung wie die von Osthaus in HagenKarl Ernst Osthaus, Kunstmäzen, Kunstsammler und Mitbegründer der Vereinigung Deutscher Werkbund e.V. (gegründet 1907), hatte 1902 das Folkwang-Museum für moderne Kunst in seiner Heimatstadt Hagen eröffnet und stiftete 1909 die als Künstlerkolonie konzipierte Gartenstadt Hohenhagen in Hagen.. Der Gründer Dr. Dorn ist ein alter BekannterWolf Dohrn hatte in München studiert und war dort 1904 Redakteur der Wochenschrift „Freistatt“, in der Wedekind 1902 seinen Essay „Schriftsteller Ibsen und ‚Baumeister Solneß‘“ publiziert hat [vgl. KSA 5/III, S. 754] und in der zahlreiche Beiträge über ihn erschienen sind. von mir aus München und Bekannter von Mieze. FreitagWedekind notierte am 28.6.1912: „Abend mit Mieze und Walter nach Hellerau.“ [Tb] gehen Mieze Walter und ich zusammen hin. Ich habe meine angefangene ArbeitKonzeptentwürfe seines Projekts „Taugenichts“ [KSA 7/I, S. 584-589; vgl. KSA 7/II, S. 1466f.], zu dem Wedekind am 26. und 27.6.1912 sowie am 29.6.1912 notierte: „an Taugenichts gearbeitet.“ [Tb] wieder aufgenommen. Aber es geht noch nicht recht vorwärts. Die größte Freude war mir, was Du über Deine Gesundheit schreibst. Hoffentlich geht es so vorwärts. Grüße Mama und küsse die Kinder von mir. In innigster Liebe
Dein Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Postkarte ist mit einer aufgedruckten und einer aufgeklebten Briefmarke von je 5 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Schreibdatum ist durch den Inhalt der Postkarte belegt.

Uhrzeit im Poststempel Dresden: „12 – 1 V“ (= 24 bis 1 Uhr).

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
270
Briefnummer:
389
Kommentar:
Die Postkarte ist im Erstdruck auf den „25.VI.1912“ datiert. Neuedition: Vinçon 2018, Bd. 1, S. 214 (Nr. 328).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 24.6.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

25.09.2023 15:22