Vergleichsansicht

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Kennung: 3403

Lenzburg, 31. Dezember 1880 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Sutermeister, Moriz

Inhalt

[Briefentwurf:]


L S.Die Abkürzung kann gleichermaßen für einen Vor-, Nach- oder Biernamen stehen. Es dürfte sich um eine männliche Person handeln, wie der erste Vers der gestrichenen dritten Strophe nahelegt: „Und du/ich/ der [...]“. Der Gesuchte war philosophisch und theologisch interessiert und wirkte zumindest zeitweise auf seine Umgebung, als wäre er verrückt. Es könnte sich um Moriz Sutermeister (alias: Hegel) handeln und der Text auf dessen Testament anspielen [vgl. Moriz Sutermeister an Wedekind, 16.12.1880]. – Bisher wurde Oskar Schibler als möglicher Adressat vermutet [vgl. KSA 1/II, S. 2137]. Dagegen spricht, dass Wedekind den Freund in Briefen mit „Hildebrand“, „Oskar“ oder schlicht „Freund“ anredete. Auch passt das beigelegte Gedicht nicht in das sonst durch den Briefwechsel vermittelte Bild von Oskar Schibler, dem Wedekind im Übrigen ein anderes Gedicht zu Neujahr 1881 sendet [vgl. Wedekind an Oskar Schibler, 31.12.1880].

Es thut mir sehr leid, daß ich Dir ein Neujahrsgeschenk mit einem/r/ Einwendung in deine Philosophie machen muß aber zufällig habe ich nichts anderes als darin noch eine kleine Lobhudelei, die ich hier beilege. Also zur Philosophie wenn es Dir gefällt. Das logische Denken bringt uns nothwendig auf das Sein. Angenommen nun das Sein sei, so muß auch D. l. Denken sein. Die Wahrnehmung führt uns auf den Schein, da der schei Schein verschieden ist vom Sein, so muß auch die


[Beilage:]


Von deinen Augen fiel ein dunkler Flor
Und durch aus dem dichtsten Wald von Widersprüchen
Die alle deinem klaren Geiste wichen
Trat eine Wahrheit ungetrübt hervor.


–––


Eins ist die Welt mit allen ihren Sphären
Und wenn auch jede Kreatur für sich
In Anspruch nimmt ein eignes Sein u Ich
So kann doch keins das Andere entbehren.


–––


Und du/ich/ der durch der Wahrheit Quell beglückt
Die ganze Welt mit einem Blick ermißt,
Dich hält man weil du nicht gewöhnlich bist
Und weil n+/du/ glücklich lebest für f verrückt.


–––


Ich bitte dich deswegen nicht zu trauern |


Es ist das schönste Glück auf dieser Erden
Zu fol
Du nennst es Freundschaft oder Nächstenliebe
Gehorchend seines Herzes edlem Triebe
Aus zwei verwandten Seelen eine nur zu werden.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Briefentwurf: Kariertes Papier. 1 Notizbuchblatt. 1 Seite beschrieben. 7,5 x 12 cm. Beilage: Kariertes Papier. 2 Notizbuchblätter. 2 Seiten beschrieben. 7,5 x 12 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Briefentwurf ist in einem Notizbuch mit dem Titel „Agenda pro Franklin Wedekind“ [Blatt 5r], das im Steinbaukasten aufbewahrt wurde, überliefert. Unter dem Text ist mit Bleistift ein 3,5 x 3,5 cm großes Schachbrett gezeichnet, das statt 8 x 8, nur 7 x 7 Felder besitzt. Auf der gegenüberliegenden Seite hat Wedekind neben anderen Bemerkungen das Datum „27. Dec. 1880“ notiert. Die Beilage ist in demselben Notizbuch als Reinschrift [Blatt 3v-4r] aufbewahrt. Am Fuß von Blatt 3v ist eine Treppe, vor der ein Strichmännchen steht, gezeichnet. Auf Blatt 4r wird die neue dritte Strophe oberhalb mit Zeichnungen rechteckiger Ornamente unterhalb mit Quadern eingerahmt. In dem Notizbuch befindet sich auch eine mit Bleistift geschriebene Arbeitshandschrift des Gedichts [Blatt 3r], das mit der später gestrichenen Erstfassung der dritten Strophe endet.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 31.12.1880 ist als Ankerdatum gesetzt. Der Briefentwurf thematisiert einen Jahresbeginn, der durch Wedekinds Datumseintrag (27.12.1880) auf der gegenüberliegenden Notizbuchseite auf Neujahr 1881 festgelegt werden darf. Es ist angenommen, daß Wedekind den Neujahrsgruß am Vortag geschrieben hat. Als Schreibort ist Wedekinds Wohnort an schulfreien Tagen angenommen.

  • Schreibort

    Lenzburg
    31. Dezember 1880 (Freitag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Aargauer Kantonsbibliothek

Aargauerplatz
5001 Aarau
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
Wedekind-Archiv C, Schachtel 21, Nr. 8
Standort:
Aargauer Kantonsbibliothek (Aarau)

Danksagung

Wir danken der Aargauer Kantonsbibliothek für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Moriz Sutermeister, 31.12.1880. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

22.12.2022 15:37
Kennung: 3403

Lenzburg, 31. Dezember 1880 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Sutermeister, Moriz
 
 

Inhalt

[Briefentwurf:]


L S.Die Abkürzung kann gleichermaßen für einen Vor-, Nach- oder Biernamen stehen. Es dürfte sich um eine männliche Person handeln, wie der erste Vers der gestrichenen dritten Strophe nahelegt: „Und du/ich/ der [...]“. Der Gesuchte war philosophisch und theologisch interessiert und wirkte zumindest zeitweise auf seine Umgebung, als wäre er verrückt. Es könnte sich um Moriz Sutermeister (alias: Hegel) handeln und der Text auf dessen Testament anspielen [vgl. Moriz Sutermeister an Wedekind, 16.12.1880]. – Bisher wurde Oskar Schibler als möglicher Adressat vermutet [vgl. KSA 1/II, S. 2137]. Dagegen spricht, dass Wedekind den Freund in Briefen mit „Hildebrand“, „Oskar“ oder schlicht „Freund“ anredete. Auch passt das beigelegte Gedicht nicht in das sonst durch den Briefwechsel vermittelte Bild von Oskar Schibler, dem Wedekind im Übrigen ein anderes Gedicht zu Neujahr 1881 sendet [vgl. Wedekind an Oskar Schibler, 31.12.1880].

Es thut mir sehr leid, daß ich Dir ein Neujahrsgeschenk mit einem/r/ Einwendung in deine Philosophie machen muß aber zufällig habe ich nichts anderes als darin noch eine kleine Lobhudelei, die ich hier beilege. Also zur Philosophie wenn es Dir gefällt. Das logische Denken bringt uns nothwendig auf das Sein. Angenommen nun das Sein sei, so muß auch D. l. Denken sein. Die Wahrnehmung führt uns auf den Schein, da der schei Schein verschieden ist vom Sein, so muß auch die


[Beilage:]


Von deinen Augen fiel ein dunkler Flor
Und durch aus dem dichtsten Wald von Widersprüchen
Die alle deinem klaren Geiste wichen
Trat eine Wahrheit ungetrübt hervor.


–––


Eins ist die Welt mit allen ihren Sphären
Und wenn auch jede Kreatur für sich
In Anspruch nimmt ein eignes Sein u Ich
So kann doch keins das Andere entbehren.


–––


Und du/ich/ der durch der Wahrheit Quell beglückt
Die ganze Welt mit einem Blick ermißt,
Dich hält man weil du nicht gewöhnlich bist
Und weil n+/du/ glücklich lebest für f verrückt.


–––


Ich bitte dich deswegen nicht zu trauern |


Es ist das schönste Glück auf dieser Erden
Zu fol
Du nennst es Freundschaft oder Nächstenliebe
Gehorchend seines Herzes edlem Triebe
Aus zwei verwandten Seelen eine nur zu werden.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Briefentwurf: Kariertes Papier. 1 Notizbuchblatt. 1 Seite beschrieben. 7,5 x 12 cm. Beilage: Kariertes Papier. 2 Notizbuchblätter. 2 Seiten beschrieben. 7,5 x 12 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Briefentwurf ist in einem Notizbuch mit dem Titel „Agenda pro Franklin Wedekind“ [Blatt 5r], das im Steinbaukasten aufbewahrt wurde, überliefert. Unter dem Text ist mit Bleistift ein 3,5 x 3,5 cm großes Schachbrett gezeichnet, das statt 8 x 8, nur 7 x 7 Felder besitzt. Auf der gegenüberliegenden Seite hat Wedekind neben anderen Bemerkungen das Datum „27. Dec. 1880“ notiert. Die Beilage ist in demselben Notizbuch als Reinschrift [Blatt 3v-4r] aufbewahrt. Am Fuß von Blatt 3v ist eine Treppe, vor der ein Strichmännchen steht, gezeichnet. Auf Blatt 4r wird die neue dritte Strophe oberhalb mit Zeichnungen rechteckiger Ornamente unterhalb mit Quadern eingerahmt. In dem Notizbuch befindet sich auch eine mit Bleistift geschriebene Arbeitshandschrift des Gedichts [Blatt 3r], das mit der später gestrichenen Erstfassung der dritten Strophe endet.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 31.12.1880 ist als Ankerdatum gesetzt. Der Briefentwurf thematisiert einen Jahresbeginn, der durch Wedekinds Datumseintrag (27.12.1880) auf der gegenüberliegenden Notizbuchseite auf Neujahr 1881 festgelegt werden darf. Es ist angenommen, daß Wedekind den Neujahrsgruß am Vortag geschrieben hat. Als Schreibort ist Wedekinds Wohnort an schulfreien Tagen angenommen.

  • Schreibort

    Lenzburg
    31. Dezember 1880 (Freitag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Aargauer Kantonsbibliothek

Aargauerplatz
5001 Aarau
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
Wedekind-Archiv C, Schachtel 21, Nr. 8
Standort:
Aargauer Kantonsbibliothek (Aarau)

Danksagung

Wir danken der Aargauer Kantonsbibliothek für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Moriz Sutermeister, 31.12.1880. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

22.12.2022 15:37