Bitte wählen Sie je ein Dokument für die linke und rechte Seite über die Eingabefelder aus.
I
ten April 1883
Lieber Freund!
Das war eine Nacht! Von Lilienarmen blendend weiße Arme. umschlungen zu ruhen bei einem noch
so rosigen Mädchen! Sie schläft ein an meiner Brust, Busen an Busen gedrückt,
das Herz dem Herzen entgegenklopfend, Lippe von Lippe den süssen Lebenssaft
einsaugend, den Körper nachlässig bedeckt von den aufgelösten, wallenden Haaren
– ein Kreuz an einer Sammetschnur um den Hals gebunden – oh mit welch’ wonniger
Lust betrachte
gl
Küsse drücke ich auf ihre Rosenwangen, sie zieht mich an ihre Brust und
umklammert mich fest, küssend und geküsst – ich verliere die Sinne, ich
– – – – – –
Du kannst Dir ungefähr einen Begriff von meine
Seltsam! In hier hier. hat mich noch kein Mensch für einen Schweizer gehalten,
bald gelte ich für einen Norddeutschen, bald für einen Franzosen | sogar
Italiener! So ist es recht! Aber doch ist eine Veränderung bei mir in dieser
kürzesten Zeit vorgekommen. Ich trage nämlich immer – – – Glacéhandschuhe und
gebe es überhaupt etwas nobel. Dass ich ja galant bin, habe ich schon 3 mal
bewiesen. – Doch die Erklärung will ich gleich auch beifügen. Ich spreche immer
französisch mit den Strassburgern und als étudiant comme(frz.) als Student, wie es sich gehört, und natürlich Franzose muss ich immer Handschuhe tragen. il faut et naturellement français
Drama durchaus nicht, als
Charakteristik und gedankentiefes Werk verehre ich’s. Die ganze Woche (heute
ist Montag) habe ich kein Colleg mehr, da kann ich etwas lesen & arbeiten.
Nun hoffe ich, sofort Antwort auf die beiden Briefe der vorliegende Brief und der vorangegangene: Hermann Huber an Wedekind, 28.4.1883. zu erhalten,
wenigstens die Kritik & guten Rathschläge zu Arabi.
Lebewohl
Dein
H.H.
P.S. Den Brief
[Beilage:]
II.
Expositio
scherzen
A. II. Arabi offenbart Rezia, dass er den Krieg wünsche, Aegypten soll frei von den
Langfingereuropäern werden und unabhängig vom alten kranken Mann in
Act III. Arabi ist bei seinem Heere, die
Anordnungen zur Schlacht sind getroffen, das Ultimatum der Engländer abgewiesen. Die E. beschiessen die Stadt. Vom 11. bis 13.7.1882 wurde Alexandria von britischen Kriegsschiffen beschossen. Ein Monat zuvor war, von der Arabi-Bewegung initiiert, in der Stadt ein Volksaufstand gegen Briten und Franzosen ausgebrochen. Arabi versammelt das Heer, hält vor
den Soldaten eine Rede, worin er die Schmä
Act IV. Der Khedive betheiligt sich nicht an
diesem Kampfe, er geniesst und durch Gewalt ist auch Rezia seiner Lust zum
Opfer gefallen. Sie zeigt sich nun ergeben, lockt ihn nach einem entlegenen Orte des Serails, schläfert
ihn ein, jedoch so, dass er nicht schlafen kann (durch was für ein Mittel, ist
Sache der Chemiker!!) und schleudert ihm seine ganze Verworfenheit in’s Gesicht.
Er kann nichts thun, seine Diener sind bestochen & führen Rezia hinaus, wo
ihrer der Wagen wartet, der sie zu Arabi führen soll.
Arabi’s Glück ist bis zum Gipfel gestiegen, er hat eine Schlacht gewonnen am 5.8.1882 die Schlacht von Kafr El Dawwar, die die ägyptische Armee Achmed Arabi Paschas gegen die britischen Truppen gewann., da,
wie ein böses Omen! tritt Rezia nicht mehr eine Lilie! auf; durch ihre Bitten bewogen,
erdolcht er sie. Wie ein Schimmer eines verborgenen Stern’s leuchtete sie ihm
in den Schlachten, überall, nun ist sie hin – was kann er noch verlieren? |
Sein Verderben naht; denn die E., den Schleichweg des Sultans
erkennend, zwingen diesen unter Drohungen, Arabi zum Rebellen zu erklären In einem Tagesbericht über den Anglo-Ägyptischen Krieg hatte die Presse im Vorjahr gemeldet: „Alexandrien, 23. Juli. Ein Dekret des Khedive setzt Arabi Pascha ab und erklärt ihn für einen Rebellen. Eine Proklamation verbietet der Armee, den Befehlen Arabi’s zu gehorchen, und eine andere befiehlt dem Volke, die von Arabi verlangte Kriegssteuer nicht zu zahlen.“ [Aargauer Nachrichten, Jg. 28, Nr. 173, 24.7.1882, S. (2)]; sie
bestechen seinen Mitfeldherrn, die Wachtposten. –
Die Proclamation des Vertreters des Propheten ist
im Lager verlesen.
Alles fällt ab,
–––
Arabi geht nicht nur aus äußerlichen Gründen:
Abfall der Soldaten
Verrath seines Mitfeldherrn zu Grunde, sondern auch aus einem innerlichen,
dass er seinen Plan, Aeg. von der Fremdherrschaft zu befreien aus persönlicher
Rachesucht ändert. |
III.
Ohne Weibsbild würde das Stück wohl zu fade
werden.
Bitte, übe unbarmherzig Kritik, sage mir, was Du
gut, was schlecht findest, gib mir Rathschläge &.
Für Deine Mühe danke ich Dir zum Voraus. Noch
eine Bitte. Lass Dir von Herr Prof. D r Frey
meine Aufsatzhefte gelegentlich geben Adolf Frey unterrichtete seit Januar 1882 die Schüler am Gymnasium der Kantonsschule Aarau in Deutscher Sprache und Literatur [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule 1882/83, S. 10].! |
Nachdem ich Deine Kritik gehört, will ich Dir
mittheilen, welche Scenen ich für am Wirkungsvollsten halte.
Bestehend aus 5 Blatt, davon 10 Seiten beschrieben
Straßburg
30. April 1883 (Montag)
Sicher
Straßburg
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Hermann Huber an Frank Wedekind, 30.4.1883. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (07.12.2025).
Anke Lindemann