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Kennung: 3214

Festung Königstein, 27. Dezember 1899 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Oschwald, Walther

Inhalt

Mein lieber Walther,

Dir und Mieze meinen herzlichen Dank für den schönen Korbdas Begleitschreiben dazu ist nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Oschwald an Wedekind, 23.12.1899., der mir seit seiner Ankunft mein Abendbrot liefert. Ich muß sehr sparsam damit umgehen, kann ihn nicht zu Naschereien d/s/ondern Nur für das dringend nöthige verwenden, da ich in Folge des Mangels an Bewegung ohnehin am Herzen etwas leide. Dadurch versieht er mir natürlich um so bessere Dienste indem er meinen Ersparnissen zu gute kommt. Ich freue mich sehr | daß Ihr mit Eurer Zürcher ReiseDie Dresdner Hofopernsängerin Erika Wedekind war gemeinsam mit ihrem Mann Walther Oschwald für ein Gastspiel nach Zürich gereist und sang dort am Stadttheater vom 8. bis 11.12.1899 in Gioachino Rossinis „Barbier von Sevilla“ („Il barbiere di Siviglia“), in Giuseppe Verdis „Rigoletto“ und in „Das Glöckchen des Eremiten“ („Les dragons de Villars“) von Aimé Maillart. zufrieden seid. Im Berliner Tagblatt las ich eine Notiz„Aus Zürich wird uns telegraphirt: Die Sängerin Erika Wedekind vom Dresdner Hoftheater begann im hiesigen Stadttheater ein längeres Gastspiel, wobei der Künstlerin ein herzlicher Empfang bereitet wurde.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 28, Nr. 627, 9.12.1899, Abend-Ausgabe, S. (3)] über den begeisterten Empfang, der Mieze in Zürich zu theil wurde. Die Feiertage werden Euch viel Unruhe und Schererei gebracht haben. Um so stiller waren sie für mich. Ein so eminentes Phlegmaherausragende Trägheit. ich bin beginnt mir die Einsamkeit doch nachgerade weniger zu gefallen. Aber ich habe ja auch jetzt nur noch einen Monat vor mir. Ich danke dir für die KritikDie Uraufführung von Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ fand am 10.12.1899 in Berlin unter der Regie von Martin Zickel im Rahmen der Eröffnungsmatinée des Sezessionsbühne am Neuen Theater in Berlin statt (zusammen mit Wilhelm von Scholz’ „Der Besiegte“) erhielt überwiegend positive Kritiken [vgl. KSA 4, S. 392, 395f.]. Welche Rezension Walther Oschwald an Wedekind schickte, ließ sich nicht ermitteln. aber fall bitte nicht darauf herein und kauf dir das StückWedekinds Einakter „Der Kammersänger“ ist am 4.3.1899 als Neuerscheinung im Verlag Albert Langen in München angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 52, 4.3.1899, S. 1742]. Der Autor hat die Buchausgabe sehr wohl gedruckt gesehen, denn er hat sie bald nach Erscheinen verschickt [vgl. Wedekind an Beate Heine, 12.3.1899].. Es ist zum Lesen nicht der Mühe werth. Gelegentlich werde ich dir ein Exemplar schicken können | aber bis heute habe ich es selbst noch nicht gedruckt gesehen obschon es schon seit einem halben Jahr erschienen ist.

So schmerzlich es mir ist, lieber Walther, gerade in diesen Zeilen des Dankes, so erlaub mir doch bitte noch einmal an deine Gefälligkeit zu appelierenSchreibversehen, statt: appellieren.. Du bist so freundlich sie mir anzubieten, aber ich liebe es ja wenig, andere zu belästigen wie selbst belästigt zu werden. Ich hoffe indessen vor meiner Abreise wird es das letzte Mal sein. Mein einziges Paar Stiefel ist nämlich zerrissen. Mir hier welche zu kaufen ist unmöglich. Dagegen wäre mir bis zur Entlassung vollkommen durch ein Paar Gummi Überschuhe | gedient. Darf ich dich bitten mir solche zu schicken. Ich trage als Stiefel die weiteste Nummer von 42. Dazu müßten sie passen. Natürlich lieber etwas zu weit als zu eng. Und dann ist hier oben plötzlich das Briefpapier ausgegangen. Das Couvert in dem ich dir schreibe hat mir die Bedienung geliehen. Es ist mit dem besten Willen nichts zu haben. Dürfte ich dich also noch um eine Schachtel Papier und Couverte ersuchen. Ich weiß, lieber Walther daß du mir gerne die Dienste leistest. Aber sei auch überzeugt daß ich deine Gefälligkeit als solche vollauf zu schätzen weiß und sie nicht vergeude.

Mit herzlichem Gruß
Dein Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 10,5 x 16,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Auf Seite 1 ist von fremder Hand mit Bleistift die Ziffer „6“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 27.12.1899 ist als Ankerdatum gesetzt – das früheste mögliche Schreibdatum für Wedekinds undatierten Dankesbrief nach den Weihnachtsfeiertagen.

  • Schreibort

    Festung Königstein
    27. Dezember 1899 (Mittwoch)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Festung Königstein
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Dresden
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Konvolut Burkhardt, Nidderau
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Walther Oschwald, 27.12.1899. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

16.07.2024 12:08
Kennung: 3214

Festung Königstein, 27. Dezember 1899 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Oschwald, Walther
 
 

Inhalt

Mein lieber Walther,

Dir und Mieze meinen herzlichen Dank für den schönen Korbdas Begleitschreiben dazu ist nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Oschwald an Wedekind, 23.12.1899., der mir seit seiner Ankunft mein Abendbrot liefert. Ich muß sehr sparsam damit umgehen, kann ihn nicht zu Naschereien d/s/ondern Nur für das dringend nöthige verwenden, da ich in Folge des Mangels an Bewegung ohnehin am Herzen etwas leide. Dadurch versieht er mir natürlich um so bessere Dienste indem er meinen Ersparnissen zu gute kommt. Ich freue mich sehr | daß Ihr mit Eurer Zürcher ReiseDie Dresdner Hofopernsängerin Erika Wedekind war gemeinsam mit ihrem Mann Walther Oschwald für ein Gastspiel nach Zürich gereist und sang dort am Stadttheater vom 8. bis 11.12.1899 in Gioachino Rossinis „Barbier von Sevilla“ („Il barbiere di Siviglia“), in Giuseppe Verdis „Rigoletto“ und in „Das Glöckchen des Eremiten“ („Les dragons de Villars“) von Aimé Maillart. zufrieden seid. Im Berliner Tagblatt las ich eine Notiz„Aus Zürich wird uns telegraphirt: Die Sängerin Erika Wedekind vom Dresdner Hoftheater begann im hiesigen Stadttheater ein längeres Gastspiel, wobei der Künstlerin ein herzlicher Empfang bereitet wurde.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 28, Nr. 627, 9.12.1899, Abend-Ausgabe, S. (3)] über den begeisterten Empfang, der Mieze in Zürich zu theil wurde. Die Feiertage werden Euch viel Unruhe und Schererei gebracht haben. Um so stiller waren sie für mich. Ein so eminentes Phlegmaherausragende Trägheit. ich bin beginnt mir die Einsamkeit doch nachgerade weniger zu gefallen. Aber ich habe ja auch jetzt nur noch einen Monat vor mir. Ich danke dir für die KritikDie Uraufführung von Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ fand am 10.12.1899 in Berlin unter der Regie von Martin Zickel im Rahmen der Eröffnungsmatinée des Sezessionsbühne am Neuen Theater in Berlin statt (zusammen mit Wilhelm von Scholz’ „Der Besiegte“) erhielt überwiegend positive Kritiken [vgl. KSA 4, S. 392, 395f.]. Welche Rezension Walther Oschwald an Wedekind schickte, ließ sich nicht ermitteln. aber fall bitte nicht darauf herein und kauf dir das StückWedekinds Einakter „Der Kammersänger“ ist am 4.3.1899 als Neuerscheinung im Verlag Albert Langen in München angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 52, 4.3.1899, S. 1742]. Der Autor hat die Buchausgabe sehr wohl gedruckt gesehen, denn er hat sie bald nach Erscheinen verschickt [vgl. Wedekind an Beate Heine, 12.3.1899].. Es ist zum Lesen nicht der Mühe werth. Gelegentlich werde ich dir ein Exemplar schicken können | aber bis heute habe ich es selbst noch nicht gedruckt gesehen obschon es schon seit einem halben Jahr erschienen ist.

So schmerzlich es mir ist, lieber Walther, gerade in diesen Zeilen des Dankes, so erlaub mir doch bitte noch einmal an deine Gefälligkeit zu appelierenSchreibversehen, statt: appellieren.. Du bist so freundlich sie mir anzubieten, aber ich liebe es ja wenig, andere zu belästigen wie selbst belästigt zu werden. Ich hoffe indessen vor meiner Abreise wird es das letzte Mal sein. Mein einziges Paar Stiefel ist nämlich zerrissen. Mir hier welche zu kaufen ist unmöglich. Dagegen wäre mir bis zur Entlassung vollkommen durch ein Paar Gummi Überschuhe | gedient. Darf ich dich bitten mir solche zu schicken. Ich trage als Stiefel die weiteste Nummer von 42. Dazu müßten sie passen. Natürlich lieber etwas zu weit als zu eng. Und dann ist hier oben plötzlich das Briefpapier ausgegangen. Das Couvert in dem ich dir schreibe hat mir die Bedienung geliehen. Es ist mit dem besten Willen nichts zu haben. Dürfte ich dich also noch um eine Schachtel Papier und Couverte ersuchen. Ich weiß, lieber Walther daß du mir gerne die Dienste leistest. Aber sei auch überzeugt daß ich deine Gefälligkeit als solche vollauf zu schätzen weiß und sie nicht vergeude.

Mit herzlichem Gruß
Dein Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 10,5 x 16,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Auf Seite 1 ist von fremder Hand mit Bleistift die Ziffer „6“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 27.12.1899 ist als Ankerdatum gesetzt – das früheste mögliche Schreibdatum für Wedekinds undatierten Dankesbrief nach den Weihnachtsfeiertagen.

  • Schreibort

    Festung Königstein
    27. Dezember 1899 (Mittwoch)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Festung Königstein
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Dresden
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Konvolut Burkhardt, Nidderau
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Walther Oschwald, 27.12.1899. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

16.07.2024 12:08