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Kennung: 3178

Wien, 6. Dezember 1909 (Montag), Kartenbrief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

Frau Tilly Wedekind
München
Prinzregentenstrasse 50 |


Geliebteste Tilly! Der VortragWedekind notierte am 5.12.1909 (Sonntag): „Fahrt nach Brünn. [...] Vortrag. Totentanz verboten.“ [Tb] Bei der Lesung in Brünn kam „Rabbi Esra“ anstelle von „Totentanz“ zum Vortrag, wie der vorliegende Kartenbrief dokumentiert, „außerdem die zweite Szene des Einakters ‚Die Zensur‘ und Gedichte.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 109] ist glücklich vorbei und ich sitze wieder in WienWedekind ist am 4.12.1909 abends mit dem Nachtzug von München aufgebrochen, kam am 5.12.1909 über Wien, um von dort nach Brünn zu seinem Vortrag (siehe oben) zu fahren, und reiste am 6.12.1909 zurück nach Wien [vgl. Tb], wo er um die Mittagszeit eintraf und im Nordbahnhof den vorliegenden Kartenbrief schrieb: „Rückfahrt nach Wien. Mittag im Nordbahnhof.“ [Tb] Wedekind war wegen eines Gastspiels vom 15. bis 19.12.1909 am Lustspieltheater (Direktion: Josef Jarno) in Wien, wo „Musik“ sowie „Die Zensur“ und „Der Kammersänger“ gespielt wurde. auf dem Nordbahnhof. Im Schlafwagen habe ich nicht eine Minute geschlafen, war deshalb gestern etwas zerschlagen. DirekteSchreibversehen, statt: Direkter. Anschluß nach Brünn war nicht möglich, da der Zug von München erst 7 Uhr 30 hier ankommt. Du wirst auch darauf gefaßt sein müssenTilly Wedekind reiste vom 8. auf den 9.12.1909 ebenfalls mit dem Nachtzug von München nach Wien und weckte ihren Mann am späteren Vormittag: „Um 11 Uhr weckt mich Tilly“ [Tb, 9.12.1909].. Am Sonntag Vormittag war ich im Museum, kam erst um 4 Uhr in Brünnum 16 Uhr Ankunft in Brünn. Wedekind hat am 5.12.1909 notiert: „Ankunft in Wien, fahre zum Nordbahnhof. Besuch im Museum. Speise Nordbahnhof. Fahrt nach Brünn.“ [Tb] an. Totentanz war verboten, trug deshalb Rabbi Esra vor. Es war mir ganz angenehm da ich mich nicht so anzustrengen brauchte. Die Aufnahme war bedeutend besser als in HamburgAnspielung auf Wedekinds Lesung am 26.11.1909 im Conventgarten in Hamburg. Die Presse hat kurz zuvor gemeldet: „Frank Wedekind wurde [...] bei seiner Vorlesung im Konventgarten in Hamburg von den angewiderten und gelangweilten Zuhörern energisch ausgezischt.“ [Prager Tagblatt, Jg. 23, Nr. 331, 1.12.1909, Morgen-Ausgabe, S. 11]. Nach|her waren wir mit einigen Kritikern und StudentenWedekind hat am 5.12.1909 im Anschluss an den Vortrag in Brünn notiert: „Kneiperei im Grand Hotel. Kritiker Strobl.“ [Tb] Das war wohl der Schriftsteller Karl Hans Strobl; wer sonst dabei war, ist unklar. zusammen. Heute Vormittag sah ich mir die Stadt anWedekind notierte am 6.12.1909 über Brünn: „Besichtige den Dom von außen.“ [Tb] und fuhr dann hierher. Ich schreibe Dir heute Abendvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 6.12.1909. Wedekind nahm ein Zimmer im Hotel Tegetthoff. noch einmal wo ich wohne.

Vergiß doch bitte nicht, geliebte Tilly, meinen englischen Strohhut mitzubringen für 1. Akt MusikDas erste Bild von „Musik“ sieht einen Hut als Requisite für die Rolle des Josef Reissner, die Wedekind bei dem anstehenden Gastspiel am Wiener Lustspieltheater (siehe oben) spielte, nicht vor [vgl. KSA 6, S. 157-165]. Die Proben zu „Musik“ begannen am 9.12.1909, am 15.12.1909 war Premiere, weitere Vorstellungen folgen am 18. und 19.12.1909..

Ich hoffe sehr, daß ihr euch beide wohl befindet. Das Wetter ist ja glücklicher Weise milde. Wegen der Züge nach GrazWährend Tilly Wedekinds Gastspielaufenthalt in Wien ab dem 9.12.1909 fuhr das Kindermädchen zusammen mit Pamela Wedekind offenbar weiter nach Graz zu Tilly Wedekinds Eltern, wurde aber gemeinsam mit dem Kind wegen einer Erkrankung vorzeitig abgeholt, wie Frank Wedekind im Tagebuch festhielt – am 20.12.1909 („Tilly bekommt Brief von Graz daß das Mädchen krank ist [...]. Tilly fährt nach Graz“), 21.12.1909 („Abend neun Uhr kommt Tilly mit Annapamela und dem Mädchen“) und 22.12.1909 („In aller Frühe bringt Tilly das Mädchen zur Bahn“); die Tochter blieb bei ihren Eltern und kehrte mit ihnen am 23.12.1909 nach München zurück („Ankunft in München. Wir fahren zu Dritt in unsere Wohnung und schlafen. Annapamela ist sehr erkältet. Dr. Hauschild kommt“). werde ich noch nachsehen. Jetzt werde ich versuchen Jarno in seinem Café zu treffenWedekind notierte am 6.12.1909 in Wien: „Im Cafe mit Jarno“ [Tb]. Josef Jarno war Eigentümer und Direktor des Lustspieltheaters in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1910, S. 672], wo Wedekind vom 15. bis 19.12.1909 ein Gastspiel gab..

Innigst küßt Dich und Annapamela
Dein getreuer
Frank.


6.12.9.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12,5 x 7,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Kartenbrief ist mit einer aufgedruckten Briefmarke von 10 Hellern frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Uhrzeit im Poststempel Wien: „5“ (= 17 Uhr).

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
135-136
Briefnummer:
193
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 6.12.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

29.08.2024 13:09
Kennung: 3178

Wien, 6. Dezember 1909 (Montag), Kartenbrief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly
 
 

Inhalt

Frau Tilly Wedekind
München
Prinzregentenstrasse 50 |


Geliebteste Tilly! Der VortragWedekind notierte am 5.12.1909 (Sonntag): „Fahrt nach Brünn. [...] Vortrag. Totentanz verboten.“ [Tb] Bei der Lesung in Brünn kam „Rabbi Esra“ anstelle von „Totentanz“ zum Vortrag, wie der vorliegende Kartenbrief dokumentiert, „außerdem die zweite Szene des Einakters ‚Die Zensur‘ und Gedichte.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 109] ist glücklich vorbei und ich sitze wieder in WienWedekind ist am 4.12.1909 abends mit dem Nachtzug von München aufgebrochen, kam am 5.12.1909 über Wien, um von dort nach Brünn zu seinem Vortrag (siehe oben) zu fahren, und reiste am 6.12.1909 zurück nach Wien [vgl. Tb], wo er um die Mittagszeit eintraf und im Nordbahnhof den vorliegenden Kartenbrief schrieb: „Rückfahrt nach Wien. Mittag im Nordbahnhof.“ [Tb] Wedekind war wegen eines Gastspiels vom 15. bis 19.12.1909 am Lustspieltheater (Direktion: Josef Jarno) in Wien, wo „Musik“ sowie „Die Zensur“ und „Der Kammersänger“ gespielt wurde. auf dem Nordbahnhof. Im Schlafwagen habe ich nicht eine Minute geschlafen, war deshalb gestern etwas zerschlagen. DirekteSchreibversehen, statt: Direkter. Anschluß nach Brünn war nicht möglich, da der Zug von München erst 7 Uhr 30 hier ankommt. Du wirst auch darauf gefaßt sein müssenTilly Wedekind reiste vom 8. auf den 9.12.1909 ebenfalls mit dem Nachtzug von München nach Wien und weckte ihren Mann am späteren Vormittag: „Um 11 Uhr weckt mich Tilly“ [Tb, 9.12.1909].. Am Sonntag Vormittag war ich im Museum, kam erst um 4 Uhr in Brünnum 16 Uhr Ankunft in Brünn. Wedekind hat am 5.12.1909 notiert: „Ankunft in Wien, fahre zum Nordbahnhof. Besuch im Museum. Speise Nordbahnhof. Fahrt nach Brünn.“ [Tb] an. Totentanz war verboten, trug deshalb Rabbi Esra vor. Es war mir ganz angenehm da ich mich nicht so anzustrengen brauchte. Die Aufnahme war bedeutend besser als in HamburgAnspielung auf Wedekinds Lesung am 26.11.1909 im Conventgarten in Hamburg. Die Presse hat kurz zuvor gemeldet: „Frank Wedekind wurde [...] bei seiner Vorlesung im Konventgarten in Hamburg von den angewiderten und gelangweilten Zuhörern energisch ausgezischt.“ [Prager Tagblatt, Jg. 23, Nr. 331, 1.12.1909, Morgen-Ausgabe, S. 11]. Nach|her waren wir mit einigen Kritikern und StudentenWedekind hat am 5.12.1909 im Anschluss an den Vortrag in Brünn notiert: „Kneiperei im Grand Hotel. Kritiker Strobl.“ [Tb] Das war wohl der Schriftsteller Karl Hans Strobl; wer sonst dabei war, ist unklar. zusammen. Heute Vormittag sah ich mir die Stadt anWedekind notierte am 6.12.1909 über Brünn: „Besichtige den Dom von außen.“ [Tb] und fuhr dann hierher. Ich schreibe Dir heute Abendvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 6.12.1909. Wedekind nahm ein Zimmer im Hotel Tegetthoff. noch einmal wo ich wohne.

Vergiß doch bitte nicht, geliebte Tilly, meinen englischen Strohhut mitzubringen für 1. Akt MusikDas erste Bild von „Musik“ sieht einen Hut als Requisite für die Rolle des Josef Reissner, die Wedekind bei dem anstehenden Gastspiel am Wiener Lustspieltheater (siehe oben) spielte, nicht vor [vgl. KSA 6, S. 157-165]. Die Proben zu „Musik“ begannen am 9.12.1909, am 15.12.1909 war Premiere, weitere Vorstellungen folgen am 18. und 19.12.1909..

Ich hoffe sehr, daß ihr euch beide wohl befindet. Das Wetter ist ja glücklicher Weise milde. Wegen der Züge nach GrazWährend Tilly Wedekinds Gastspielaufenthalt in Wien ab dem 9.12.1909 fuhr das Kindermädchen zusammen mit Pamela Wedekind offenbar weiter nach Graz zu Tilly Wedekinds Eltern, wurde aber gemeinsam mit dem Kind wegen einer Erkrankung vorzeitig abgeholt, wie Frank Wedekind im Tagebuch festhielt – am 20.12.1909 („Tilly bekommt Brief von Graz daß das Mädchen krank ist [...]. Tilly fährt nach Graz“), 21.12.1909 („Abend neun Uhr kommt Tilly mit Annapamela und dem Mädchen“) und 22.12.1909 („In aller Frühe bringt Tilly das Mädchen zur Bahn“); die Tochter blieb bei ihren Eltern und kehrte mit ihnen am 23.12.1909 nach München zurück („Ankunft in München. Wir fahren zu Dritt in unsere Wohnung und schlafen. Annapamela ist sehr erkältet. Dr. Hauschild kommt“). werde ich noch nachsehen. Jetzt werde ich versuchen Jarno in seinem Café zu treffenWedekind notierte am 6.12.1909 in Wien: „Im Cafe mit Jarno“ [Tb]. Josef Jarno war Eigentümer und Direktor des Lustspieltheaters in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1910, S. 672], wo Wedekind vom 15. bis 19.12.1909 ein Gastspiel gab..

Innigst küßt Dich und Annapamela
Dein getreuer
Frank.


6.12.9.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12,5 x 7,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Kartenbrief ist mit einer aufgedruckten Briefmarke von 10 Hellern frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Uhrzeit im Poststempel Wien: „5“ (= 17 Uhr).

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
135-136
Briefnummer:
193
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 6.12.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

29.08.2024 13:09