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Kennung: 3136

München, 30. Mai 1908 (Samstag), Kartenbrief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

Königreich Bayern
Kartenbrief


An
Frau Tilly Wedekind-Newes
in Graz Steiermark
Wohnung (Straße und Hausnummer) Brandhofgasse 1. |


Adresse des Absenders: |


Geliebteste Tilly! Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben Briefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 27.5.1908.. Meinenvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 28.5.1908. hast Du derweil auch bekommen. Wenn es Dir recht ist, fahren wir also Mitte nächster Woche, wenn MarthaMartha Newes ging am 9.6.1908 mit nach Berlin und blieb dort als Gast bis zum 10.9.1908 [vgl. Tb]. bis dahin frei ist nach Berlin. Ich kann Dir nicht gut auf all Deine Vorschläge antworten, so sehr sie mich interessierten. Aber ans Meer gehen, ich glaube gerne daß Du aufgehen würdest wie eine Dampfnudel obschon Du mir gar nicht zu schlank bist. Aber wenn es mir dann ebenso geht? Ich habe in den fünf Tagen die ich hier badeWedekind hat seine Badekur in München am 25. und 26.5.1908 („Dampfbad“), am 27.5.1908 („Heißes Bad“) sowie am 29. und 30.5.1908 („Elektrisches Bad“) im Tagebuch vermerkt. 5 Pfund verloren und habe jetzt nur noch 12 Pfund zu viel. Ich glaube aber daß ich die auch in Berlin loswerden kann. Ich sprach gestern noch einmal mit SchröderWilhelm Schröder, der Vermieter von Wedekinds Wohnung im 3. Stock der Prinzregentenstraße 50, der innerhalb seines Hauses umzog [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 28.5.1908]. wegen der leeren Parterrewohnung. Er sagt, es sei allerdings möglich daß wir dort eine Zeit lang wohnten da er jetzt gleich in den zweiten Stock zieht, aber nur wenn er die Wohnung bis zum Herbst nicht vermietet. Die Aussicht ist also sehr ungewiß. Im übrigen muß ich jetzt zu meinen Geschäften in Berlin zurück, und außerdem oder in erster Linie habe ich auch große Sehnsucht nach Dir. Nur möchte ich nicht gerne wieder durch Platzmangel und Mangel an Bequemlichkeit in n/N/ervosität verfallen die Du dann auf Dich beziehst. | Deshalb bin ich nicht sehr dafür, daß wir uns jetzt wieder im Hotel oder auf dem Lande mit zu wenig Raum behelfen. Wir wohnen eben nun doch einmal in Berlin. und sind bald 7 Wochen auf Reisen.

Langen habe ich heute und gestern verfehlt, da er nachmittags keine Büreaustunden mehr hat, was ich nicht wußte. Ich werde also Montagder 1.6.1908; Wedekind hat dann allerdings bereits am 31.5.1908 mit seinem Verleger Albert Langen gesprochen: „Unterredung mit Langen.“ [Tb] zu ihm gehen. Dann bleibt noch der Arzt.

Vielleicht, liebe Tilly sc kannst du mir im nächsten Brief schon schreiben wann du von Graz abreisen kannst. Daß wir sobald wieder auf Reisen gehen hast du nicht zu fürchten.

Küsse Anna Pamela von mir.

Mit innigsten Kuß und Gruß
Dein Frank.


Grüße an all Deine Lieben. |


In der Ausstellungdie Architektur- und Kunstgewerbe-Ausstellung vom 16.5.1908 bis 31.10.1908 in München („Ausstellung München 1908“). bin ich noch nicht gewesen. Das Theaterdas Münchner Künstlertheater; es war „Bestandteil“ der „großen kunstgewerblichen Ausstellung“ [Wilhelm Michel: Das Münchner Künstlertheater. II. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 151, 30.3.1908, S. 13], ein 1908 auf dem Ausstellungsgelände zur 750-Jahr-Feier der Stadt München auf der Theresienwiese fertiggestellter sezessionistischer Theaterbau, der ohne städtische Subventionierung vom Verein Ausstellungspark (dem Eigentümer) betrieben wurde [vgl. Neuer Theater-Almanach 1913, S. 555]. Das Künstlertheater wurde am 29.5.1908 mit „total ausverkauftem Hause“ [Ausstellung München 1908. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 252, 30.5.1908, Vorabendblatt, S. 4] eröffnet mit Goethes „Faust“ (der Tragödie erster Teil). soll sehr gut sein aber das bleibt bestehen. Das übrige soll G’eschnas(öster.) Gschnas (G’schnas) = wertloses Ding; „hier im Sinn von billige Unterhaltung.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 94] sein. Gestern begegnete ich Therese Rosenthalmit Wedekind befreundete „Witwe des Münchner Justizrats Friedrich Rosenthal“ – verstorben am 9.8.1906, mit dem sie 30 Jahre verheiratet war – „und Cousine des Rechtsanwalts Wilhelm Rosenthal.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 94], die mich sehr bat, sie in die Ausstellung zu führen. Sie erbot sich dafür zu allen Diensten an, wenn wir von Berlin aus etwas in der Wohnung auszurichten hätten. Ich hoffe nun nur daß Du nicht eifersüchtig wirst denn dann würde ich natürlich verzichten.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Kartenbrief. 1 Doppelblatt. 3 Seiten beschrieben. Seitenmaß 12,5 x 8,5 cm. Gelocht. Liniertes Papier. 1 Einzelblatt. 10 x 16,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Einzelblatt mit den beschriebenen Seiten 5 und 6 war eingelegt. Der Kartenbrief ist mit einer aufgedruckten Briefmarke von 10 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Datum des Postausgangsstempels – 30.5.1908 – darf als Schreibdatum angenommen werden.

Uhrzeit im Postausgangsstempel München: „6 – 7 N“ (= 18 bis 19 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel Graz: „2“ (= 14 Uhr).

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
206-208
Briefnummer:
314
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2018, Bd. 1, S. 115-116 (Nr. 153).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 30.5.1908. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

23.01.2024 18:31
Kennung: 3136

München, 30. Mai 1908 (Samstag), Kartenbrief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly
 
 

Inhalt

Königreich Bayern
Kartenbrief


An
Frau Tilly Wedekind-Newes
in Graz Steiermark
Wohnung (Straße und Hausnummer) Brandhofgasse 1. |


Adresse des Absenders: |


Geliebteste Tilly! Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben Briefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 27.5.1908.. Meinenvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 28.5.1908. hast Du derweil auch bekommen. Wenn es Dir recht ist, fahren wir also Mitte nächster Woche, wenn MarthaMartha Newes ging am 9.6.1908 mit nach Berlin und blieb dort als Gast bis zum 10.9.1908 [vgl. Tb]. bis dahin frei ist nach Berlin. Ich kann Dir nicht gut auf all Deine Vorschläge antworten, so sehr sie mich interessierten. Aber ans Meer gehen, ich glaube gerne daß Du aufgehen würdest wie eine Dampfnudel obschon Du mir gar nicht zu schlank bist. Aber wenn es mir dann ebenso geht? Ich habe in den fünf Tagen die ich hier badeWedekind hat seine Badekur in München am 25. und 26.5.1908 („Dampfbad“), am 27.5.1908 („Heißes Bad“) sowie am 29. und 30.5.1908 („Elektrisches Bad“) im Tagebuch vermerkt. 5 Pfund verloren und habe jetzt nur noch 12 Pfund zu viel. Ich glaube aber daß ich die auch in Berlin loswerden kann. Ich sprach gestern noch einmal mit SchröderWilhelm Schröder, der Vermieter von Wedekinds Wohnung im 3. Stock der Prinzregentenstraße 50, der innerhalb seines Hauses umzog [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 28.5.1908]. wegen der leeren Parterrewohnung. Er sagt, es sei allerdings möglich daß wir dort eine Zeit lang wohnten da er jetzt gleich in den zweiten Stock zieht, aber nur wenn er die Wohnung bis zum Herbst nicht vermietet. Die Aussicht ist also sehr ungewiß. Im übrigen muß ich jetzt zu meinen Geschäften in Berlin zurück, und außerdem oder in erster Linie habe ich auch große Sehnsucht nach Dir. Nur möchte ich nicht gerne wieder durch Platzmangel und Mangel an Bequemlichkeit in n/N/ervosität verfallen die Du dann auf Dich beziehst. | Deshalb bin ich nicht sehr dafür, daß wir uns jetzt wieder im Hotel oder auf dem Lande mit zu wenig Raum behelfen. Wir wohnen eben nun doch einmal in Berlin. und sind bald 7 Wochen auf Reisen.

Langen habe ich heute und gestern verfehlt, da er nachmittags keine Büreaustunden mehr hat, was ich nicht wußte. Ich werde also Montagder 1.6.1908; Wedekind hat dann allerdings bereits am 31.5.1908 mit seinem Verleger Albert Langen gesprochen: „Unterredung mit Langen.“ [Tb] zu ihm gehen. Dann bleibt noch der Arzt.

Vielleicht, liebe Tilly sc kannst du mir im nächsten Brief schon schreiben wann du von Graz abreisen kannst. Daß wir sobald wieder auf Reisen gehen hast du nicht zu fürchten.

Küsse Anna Pamela von mir.

Mit innigsten Kuß und Gruß
Dein Frank.


Grüße an all Deine Lieben. |


In der Ausstellungdie Architektur- und Kunstgewerbe-Ausstellung vom 16.5.1908 bis 31.10.1908 in München („Ausstellung München 1908“). bin ich noch nicht gewesen. Das Theaterdas Münchner Künstlertheater; es war „Bestandteil“ der „großen kunstgewerblichen Ausstellung“ [Wilhelm Michel: Das Münchner Künstlertheater. II. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 151, 30.3.1908, S. 13], ein 1908 auf dem Ausstellungsgelände zur 750-Jahr-Feier der Stadt München auf der Theresienwiese fertiggestellter sezessionistischer Theaterbau, der ohne städtische Subventionierung vom Verein Ausstellungspark (dem Eigentümer) betrieben wurde [vgl. Neuer Theater-Almanach 1913, S. 555]. Das Künstlertheater wurde am 29.5.1908 mit „total ausverkauftem Hause“ [Ausstellung München 1908. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 252, 30.5.1908, Vorabendblatt, S. 4] eröffnet mit Goethes „Faust“ (der Tragödie erster Teil). soll sehr gut sein aber das bleibt bestehen. Das übrige soll G’eschnas(öster.) Gschnas (G’schnas) = wertloses Ding; „hier im Sinn von billige Unterhaltung.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 94] sein. Gestern begegnete ich Therese Rosenthalmit Wedekind befreundete „Witwe des Münchner Justizrats Friedrich Rosenthal“ – verstorben am 9.8.1906, mit dem sie 30 Jahre verheiratet war – „und Cousine des Rechtsanwalts Wilhelm Rosenthal.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 94], die mich sehr bat, sie in die Ausstellung zu führen. Sie erbot sich dafür zu allen Diensten an, wenn wir von Berlin aus etwas in der Wohnung auszurichten hätten. Ich hoffe nun nur daß Du nicht eifersüchtig wirst denn dann würde ich natürlich verzichten.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Kartenbrief. 1 Doppelblatt. 3 Seiten beschrieben. Seitenmaß 12,5 x 8,5 cm. Gelocht. Liniertes Papier. 1 Einzelblatt. 10 x 16,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Einzelblatt mit den beschriebenen Seiten 5 und 6 war eingelegt. Der Kartenbrief ist mit einer aufgedruckten Briefmarke von 10 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Datum des Postausgangsstempels – 30.5.1908 – darf als Schreibdatum angenommen werden.

Uhrzeit im Postausgangsstempel München: „6 – 7 N“ (= 18 bis 19 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel Graz: „2“ (= 14 Uhr).

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
206-208
Briefnummer:
314
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2018, Bd. 1, S. 115-116 (Nr. 153).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 30.5.1908. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

23.01.2024 18:31