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Kennung: 3057

München, 21. September 1907 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

Innigstgeliebte Tilly,

herzlichen Dank für Deinen lieben ausführlichen Briefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 18.9.1907.. Wie kannst Du denken, daß mich das was Du schreibst nicht von ganzem Herzen in Anspruch nimmt. Du hast mir das von Graz aus schon einmal geschrieben. Ich bitte Dich, mir von Deinem Empfinden das beste zu geben und nicht das beste für Dich zu behalten.

Sollte ich wirklich Tilly mit | mitSchreibversehen, statt: mit. einem i geschrieben haben? Nun, ich werde es nicht mehr thun.

Es freut mich, daß Du Dich in Lenzburg nicht langweilst und daß sich alles wohlbefindet. Mit mir steht es so. Die erste Scene habe ich gestern fertig geschriebenWedekind, der an seinem Einakter „Die Zensur“ noch unter dem vorläufigen Titel „Das Kostüm“ arbeitete [vgl. KSA 6, S. 827], hielt am 20.9.1907 im Tagebuch fest: „Ich beende die erste Scene von Kostüm auf dem Hofbräuhauskeller.“. Ich werde jetzt hier noch den nötigen Stoff für die zweite Scene sammeln. Übermorgenam 23.9.1907; an diesem Tag suchte Wedekind den Pater Expeditus (Carl Hermann Schmidt) im Franziskanerkloster St. Anna auf und sah ihn anschließend bei der Probe zu der Inszenierung von Johann Wolfgang Goethes „Iphigenie auf Tauris“ im Münchner Schauspielhaus, wie er im Tagebuch notierte: „Besuch bei Pater Expeditus. Probe von Iphigenie.“ treffe ich Pater Expeditus auf der Probe von Iphigenie im Schauspielhaus, vielleicht auch schon vorher im St. Annakloster, wenn ich früh genug aufstehe. | Er hat mir eben geschriebenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Hermann Schmidt an Wedekind, 20.9.1907.. Ich werde dann die folgende Woche noch hier bleiben. Auf dem Rückweg muß ich wieder über FrankfurtWedekinds Schneider Johann Christoph Jureit hatte sein Geschäft in Frankfurt am Main – das Schneideratelier Johann C. Jureit (Roßmarkt 12) [vgl. Adreßbuch für Frankfurt am Main 1907, Teil I, S. 174]., da ich Jureit hier versäumt habe. Er war schon Anfang September hier, während ich geglaubt hatte er käme später. Wir könnten uns dann vielleicht in Frankfurt treffen, da die Reise in einer Tour sowohl für Dich wie Anna Pamela wol zu anstrengend wäre. Ich käme vielleicht einen Tag vorher hin und würde im Frankfurter Hof für Unterkunft sorgen. Ich würde auch gerne mit | Dr. Heine sprechenCarl Heine – ehemals Leiter des Ibsen-Theaters, das 1898 in Leipzig im Auftrag der Literarischen Gesellschaft den „Erdgeist“ uraufgeführt hatte und mit dem Wedekind seinerzeit auf Tournee war – war Wedekind seit dieser Zeit freundschaftlich verbunden; er war seit Ende 1906 Oberregisseur und Dramaturg am Frankfurter Schauspielhaus., mit dem wir dann zusammensein könnten.

Nun schreib noch/mir/ auch wie es mit Deinen Finanzen steht und was du voraussichtlich bis Berlin noch brauchst. Wieviel die Fahrkarten Basel – Berlin kosten werde ich hier erfahren. Schreib mir, ob du lieber bei Tag oder bei Nacht fährst.

Hast Du mit Mati gesprochen und was habt ihr ausgemacht?

Ich bitte Dich Mama und Mati für alle Liebe meinen herzlichsten Dank zu sagen. | Wenn wir hier in München wohnen, dann besuchen sie uns hoffentlich auch. Es wäre wirklich eine Sünde in Berlin wohnen zu bleiben.

Und sei herzlichst gegrüßt und geküßt, meine geliebte Tilly! Schone Dich, in acht Tagen geht die Anstrengung mit dem Proben und Reisen wieder an. Küsse Anna Pamela von mir, ich werde ihr noch eine Karte schreibenvgl. Frank Wedekind an Pamela Wedekind, 21.9.1907.

Auf baldiges Wiedersehn
Dein
Frank


21.9.7.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 1 Doppelblatt. 1 Einzelblatt. Seitenmaß 11 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    21. September 1907 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
190-191
Briefnummer:
298
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2018, Bd. 1, S. 70-71 (Nr. 82).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 21.9.1907. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

03.09.2023 14:08
Kennung: 3057

München, 21. September 1907 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly
 
 

Inhalt

Innigstgeliebte Tilly,

herzlichen Dank für Deinen lieben ausführlichen Briefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 18.9.1907.. Wie kannst Du denken, daß mich das was Du schreibst nicht von ganzem Herzen in Anspruch nimmt. Du hast mir das von Graz aus schon einmal geschrieben. Ich bitte Dich, mir von Deinem Empfinden das beste zu geben und nicht das beste für Dich zu behalten.

Sollte ich wirklich Tilly mit | mitSchreibversehen, statt: mit. einem i geschrieben haben? Nun, ich werde es nicht mehr thun.

Es freut mich, daß Du Dich in Lenzburg nicht langweilst und daß sich alles wohlbefindet. Mit mir steht es so. Die erste Scene habe ich gestern fertig geschriebenWedekind, der an seinem Einakter „Die Zensur“ noch unter dem vorläufigen Titel „Das Kostüm“ arbeitete [vgl. KSA 6, S. 827], hielt am 20.9.1907 im Tagebuch fest: „Ich beende die erste Scene von Kostüm auf dem Hofbräuhauskeller.“. Ich werde jetzt hier noch den nötigen Stoff für die zweite Scene sammeln. Übermorgenam 23.9.1907; an diesem Tag suchte Wedekind den Pater Expeditus (Carl Hermann Schmidt) im Franziskanerkloster St. Anna auf und sah ihn anschließend bei der Probe zu der Inszenierung von Johann Wolfgang Goethes „Iphigenie auf Tauris“ im Münchner Schauspielhaus, wie er im Tagebuch notierte: „Besuch bei Pater Expeditus. Probe von Iphigenie.“ treffe ich Pater Expeditus auf der Probe von Iphigenie im Schauspielhaus, vielleicht auch schon vorher im St. Annakloster, wenn ich früh genug aufstehe. | Er hat mir eben geschriebenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Hermann Schmidt an Wedekind, 20.9.1907.. Ich werde dann die folgende Woche noch hier bleiben. Auf dem Rückweg muß ich wieder über FrankfurtWedekinds Schneider Johann Christoph Jureit hatte sein Geschäft in Frankfurt am Main – das Schneideratelier Johann C. Jureit (Roßmarkt 12) [vgl. Adreßbuch für Frankfurt am Main 1907, Teil I, S. 174]., da ich Jureit hier versäumt habe. Er war schon Anfang September hier, während ich geglaubt hatte er käme später. Wir könnten uns dann vielleicht in Frankfurt treffen, da die Reise in einer Tour sowohl für Dich wie Anna Pamela wol zu anstrengend wäre. Ich käme vielleicht einen Tag vorher hin und würde im Frankfurter Hof für Unterkunft sorgen. Ich würde auch gerne mit | Dr. Heine sprechenCarl Heine – ehemals Leiter des Ibsen-Theaters, das 1898 in Leipzig im Auftrag der Literarischen Gesellschaft den „Erdgeist“ uraufgeführt hatte und mit dem Wedekind seinerzeit auf Tournee war – war Wedekind seit dieser Zeit freundschaftlich verbunden; er war seit Ende 1906 Oberregisseur und Dramaturg am Frankfurter Schauspielhaus., mit dem wir dann zusammensein könnten.

Nun schreib noch/mir/ auch wie es mit Deinen Finanzen steht und was du voraussichtlich bis Berlin noch brauchst. Wieviel die Fahrkarten Basel – Berlin kosten werde ich hier erfahren. Schreib mir, ob du lieber bei Tag oder bei Nacht fährst.

Hast Du mit Mati gesprochen und was habt ihr ausgemacht?

Ich bitte Dich Mama und Mati für alle Liebe meinen herzlichsten Dank zu sagen. | Wenn wir hier in München wohnen, dann besuchen sie uns hoffentlich auch. Es wäre wirklich eine Sünde in Berlin wohnen zu bleiben.

Und sei herzlichst gegrüßt und geküßt, meine geliebte Tilly! Schone Dich, in acht Tagen geht die Anstrengung mit dem Proben und Reisen wieder an. Küsse Anna Pamela von mir, ich werde ihr noch eine Karte schreibenvgl. Frank Wedekind an Pamela Wedekind, 21.9.1907.

Auf baldiges Wiedersehn
Dein
Frank


21.9.7.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 1 Doppelblatt. 1 Einzelblatt. Seitenmaß 11 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    21. September 1907 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
190-191
Briefnummer:
298
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2018, Bd. 1, S. 70-71 (Nr. 82).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 21.9.1907. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

03.09.2023 14:08