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D r.
Wilhelm Rosenthal
Ludwig Strauss IIIRechtsanwälte.
Telephonruf Nr. 171.
12. März 1908
Herrn
Frank Wedekind,
Sehr geehrter Herr Wedekind,
Von Frau Strindberg habe ich Wilhelm Rosenthal hatte Wedekind als Anwalt bei den Verhandlungen um Alimentezahlungen an Frida Strindberg für den gemeinsamen Sohn Friedrich Strindberg vertreten. Er wird hier in der Korrespondenz in dieser Sache ausnahmsweise vertreten durch seinen Sozietär Ludwig Strauß. dieser Tage den hier abschriftl. anl. Brief erhalten;
den ersten Teil des Briefes habe ich sofort erledigt und Frau Strindberg die
erbetene Bestätigung gesandt, da ich eine solche ja leicht ausstellen konnte
und sie Frau Strindberg vielleicht von Nutzen ist.
Was den zweiten Teil anlangt, so bitte | ich von dem
Vorschlag der Frau Strindberg Kenntnis zu nehmen und mir gelegentlich mitteilen
zu wollen, wie Sie sich dazu stellen.
Ich bemerke, dass ichvon versehentlich zusammengeschrieben. den mir seinerzeit übersandtenam 25.11.1907: „Entnommen und an Rosenthal geschickt M.1500,-“ [Tb].
Mit besten Grüssen bin ich wie immer
Ihr ergebener
i. V.
Ludwig
Rechtsanwalt.
[Beilage: Frida
Strindberg an Wilhelm Rosenthal:]
Abschrift
Veithgasse 3, Wien
Werter Herr Doctor,
Ich bitte Sie, mir gütigst umgehend einen Brief zu
senden, in dem nichts steht, als dass Sie mir bestätigen, dass ich Sie
Franks Namen bitte nicht zu erwähnen; es ist nicht
nötig, dass man ihn hineinzerrt. Ich brauche den Brief für den
Untersuchungsrichter. Man hat mir hier – aus Rache an mir und teilweise auch
gegen Fugger – die unglaublichste Scandalgeschichte Die Presse berichtete (unter der Schlagzeile: „Frieda Strindberg – flüchtig. Der Schuß im Hotel. – Die veruntreuten Gemälde – Anzeige von Wiener Firmen“): „Die gegen Frau Strindberg erstatteten Strafanzeigen schildern folgende Fakten: Zunächst ist gegen die Flüchtige ein Strafverfahren wegen Erpressung und gefährlicher Drohung eingeleitet worden, und zwar geschah dies über eine Anzeige des Fürsten Karl Fugger-Babenhausen. Fürst Fugger-Babenhausen […] hatte noch als Erbgraf Frau Strindberg in einer Gesellschaft bei Frau Katharina Schratt kennen gelernt. Das Ende der Bekanntschaft war eine höchst aufregende Szene, die sich am Neujahrstage im Hotel Bristol abspielte und bei der ein geladener Revolver eine sehr bedeutsame Rolle spielte. Frau Fugger befand sich an diesem Tage im Hotel Bristol mit einer Gesellschaft. Plötzlich erschien Frau Strindberg in großer Aufregung, begann gegen den Fürsten allerhand Drohungen auszustoßen, und als der Fürst in einen Nebenraum gehen wollte, um der aufs höchste aufgeregten Frau ein Glas Wasser zu bringen, zog Frau Strindberg einen Revolver hervor, und im nächsten Moment krachte ein Schuß. Bei der polizeilichen Untersuchung konnte nicht festgestellt werden, ob Frau Strindberg den Schuß gegen den Fürsten oder gegen sich selbst abgegeben habe. Sie behauptete, der Revolver sei für diesen Schuß mit einer blinden Patrone geladen gewesen, doch waren sämtliche andern Patronen, die sie noch in der Revolvertrommel stecken hatte, scharfe. Erschwerend an diesem Delikt ist der Umstand, daß eine Wiederholung vorliegt. Frau Strindberg hatte bereits im Jahre 1905 in gleicher Weise auf den Schriftsteller Friedrich Werner van Oestéren, zu dem sie Beziehungen unterhielt, ein Attentat mit einem scharfgeladenen Revolver zu verüben gesucht. Nur mit größter Mühe gelang es damals Herrn van Oestéren, der Frau den Revolver zu entwinden. Herr Oestéren erstattete keine Anzeige, doch kam die Sache im Verfolg eines Ehrenbeleidigungsprozesses später einmal zur Sprache.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 16, Nr. 5123, 26.1.1908, S. 5] Weiter wurde von einer Anzeige wegen Veruntreuung der Erlöse eines Bilderverkaufs sowie von mehreren Anzeigen von Bekleidungs- und Delikatessgeschäften wegen Betrugs berichtet. angehängt, an der nichts
wahr ist, als meine ca. 6000.– Schulden. Die Untersuchung dürfte Anfang
nächster Woche eingestellt werden. Das übrige | werden Sie ja lesenFrida Strindbergs Anwalt Roul Markbreiter dementierte wenig später sämtliche Anschuldigungen gegen Frida Strindberg in der Presse [vgl. Neues Wiener Journal, Jg. 16, Nr. 5206, 18.4.1908, S. 6] und die Untersuchungen wurden eingestellt..
Unabhängig davon bitte ich Sie, Frank gelegentlich
mitzuteilen, dass Dr. Karl
Denn ich bin eine Ruine die nimmer lange aufrecht stehen wird.
Bitte machen Sie ihm das klar.
1000 fl. für Bubi habe ich angelegt – darüber kann er Depotscheine haben.
Danke vielmals, bitte sofort um die erbetene Bestätigung.
Mit Gruss
F. Strindberg.
––––––––
Beglaubigt:
Ludwig Strauss III
Rechtsanwalt.
Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben
München
12. März 1908 (Donnerstag)
Sicher
München
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Ludwig Strauß an Frank Wedekind, 12.3.1908. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (08.12.2025).
Tilman Fischer