Vergleichsansicht

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Kennung: 2885

Salzburg, 6. Februar 1915 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Strindberg, Friedrich

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Salzburg, 6.2.1914Schreibversehen, statt: 1915.


Mein lieber Frank!

Danke Dir recht herzlich für Deinen freundlichen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Friedrich Strindberg, 24.1.1915.. Ich wollte mit der Antwort warten, bis ein von. H. Dr. Johannes Ekardt in seinen „Kriegsliedern“Das Sekretariat Sozialer Studentenarbeit in Mönchengladbach sammelte Kriegslieder und publizierte sie vor der Buchpublikation in einzelnen Heftchen, von denen Johannes Eckhardt neben Heinrich Lersch mehrere herausgab. Der erste Band der „Kriegslieder“ erschien als Buchpublikation im August 1915 im Volksvereins-Verlag Mönchengladbach [vgl. Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, Jg. 82, Nr. 180, 6.8.1915, Bibliographischer Teil, S. 4534], 1917 folgte ein zweiter Band. gedrucktes Gedichtleinnicht überliefert. erscheint, um es Dir zu senden; der Druck verzögerte sich aber anscheinend, denn ich bekam noch kein Exemplar in die Hand. Nun möchte ich Dich mit einem kleinen Problem bekanntmachen, das mir in der letzten Zeit nahe trat: Der Besucham Montag, den 11.1.1915 [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 10.1.1915]. meines Vormundes Herrn Dr. Weyrs verlief sehr freundlich; er ist aber zu seiner inneren Freude nicht in der Lage, dem Kriege weiterhin fern zu bleiben. Außer der DekorationFolgt man den Mitteilungen der Presse, hat Cäsar Ritter von Weyr nicht die silberne Tapferkeitsmedaille, sondern nur das Militärverdienstkreuz erhalten: „Der Kaiser hat dem vor dem Feinde gefallenen Leutnant des Landwehrinfanterieregiments Nr. 4 Dr. Cäsar Ritter v. Weyr, eingeteilt beim Grenzschutzbataillon Nr. 6, das Militärverdienstkreuz dritter Klasse mit der Kriegsdekoration in Anerkennung tapferen Verhaltens vor dem Feinde verliehen.“ [Neue Freie Presse, Nr. 18116, 29.1.1915, Morgenblatt, S. 10] Die Presse hatte, wie hier, Cäsar Weyr vor seiner erneuten Einberufung mehrfach als gefallen gemeldet [vgl. z. B. Wiener Zeitung, Nr. 22, 28.1.1915, Amtlicher Teil, S. 1 und Beilage Wiener Abendpost, S. 3]. An anderer Stelle war man zur gleichen Zeit besser informiert: „Leutnant Dr. Cäsar Ritter von Weyr, der einzige Sohn des berühmten, im letzten Sommer verstorbenen Bildhauers und langjährigen Vorstandes der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens Rudolf Ritter von Weyr und seiner ihm im Tode vorausgegangenen Gemahlin, der Schriftstellerin Marie Weyr, geb. Uhl, der gegenwärtig in Tauffenberg in Obersteiermark der Genesung seiner auf dem südlichen Kriegsschauplatz erlittenen Verwundung entgegensieht, erhielt in Anerkennung tapferen Verhaltens vor dem Feinde das Militärverdienstkreuz dritter Klasse mit der Kriegsdekoration.“ [Sport und Salon, Jg. 18, Nr. 6, 6.2.1915, S. 10] Cäsar Weyr tauchte dann erneut als Kriegsopfer in der Verlustliste Nr. 146, ausgegeben am 22.3.1915 [Prager Tagblatt, Jg. 40, Nr. 46, 27.3.1915, Morgen-Ausgabe, 2. Beilage, S. 3] auf. Mit Wirkung zum 1.9.1915 wurde er posthum zum Oberstleutnant befördert [vgl. Wiener Zeitung, Nr. 197, 26.8.1915, S. 16]., der silbernen Tapferkeitsmedaille und dem Verdienstkreuz hindert ihn seine Einberufung für 10. Feberösterreichisch für Februar.. Nun machte er mich bekannt, daß auch ich binnen KurzenSchreibversehen, statt: Kurzem. mich zu stellen haben werde. Diesen Monat kommen die 96erdie 1896 Geborenen. daran und für März erwartet man allgemein die Einberufung der 97erFriedrich Strindberg war am 21.8.1897 geboren und wäre daher als noch nicht 18-Jähriger von dieser Regelung betroffen gewesen.. Um aber nicht völlig nach einer 6 wöchentlichen militärischen Ausbildung | uns junges Material als Kanonenfutter verwerten zu müssen, errichtete man in den größeren hiesigen Städten JungschützenchöreGemeint sind die Jungschützenkorps, die Jugendliche ab 16 Jahren militärisch und insbesondere an Waffen unterrichteten. Der Beitritt erfolgte freiwillig. Die Korporationen wurden mit Appellen an Patriotismus, Vaterlandsliebe und Opfermut beworben [vgl. etwa den „Aufruf an die patriotische Jugend zum Eintritte in das Jungschützenkorps!“ URL: https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/472630; abgerufen am 9.6.2022]., mit der Bestimmung nicht in die Presse gelangenvermutlich ist hier gemeint: nicht auf die in der Presse regelmäßig veröffentlichten Listen der Gefallenen kommen. zu dürfen; man genießt die militärische Ausbildung an schulfreien Tagen und – falls die gleichen Alters an die Front müssen, treten auch die Jungschützen die Reise an ihr Bestimmungsziel an. Italiens und Rumäniens EingreifenItalien und Rumänien erklärten sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges für neutral. Obwohl Italien im Dreibund, einem Defensivbündnis, mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich verbündet war, trat es am 23.5.1915 auf Seiten der Entente-Mächte mit einer Kriegserklärung gegen Österreich in den Krieg ein. Die Kriegserklärung Rumäniens an Österreich folgte am 27.8.1916. Der Kriegseintritt der beiden Länder wurde in der Presse antizipiert und im Vorfeld vielfach diskutiert. hängt von der Anzahl der Tage abwohl für: ist nur noch eine Frage der Zeit.. Die galizische FrontGalizien war der zentrale Schauplatz des Krieges zwischen Österreich-Ungarn und Russland an der Ostfront. mit Truppenabzügen schwächen, hieße Österreich zum Selbstmord raten. Nun hat der Staat die Pflicht für den Fall des Eingreifens einer jetzt noch neutralen Macht unverzüglich frische Truppen bereit zu halten. Tatsache ist, daß bei dem jetzigen Stand der Dinge für uns kein Aussehn istösterreichisch für: keine Aussicht besteht., für die 17jährigen heil davonzukommen. Übrigens hätten wir nur sehr große Vorteile, was Schule anbetrifft, davon. – Darum riet mir eben mein Vormund H. Dr. Weyr mich dem Jungschützenchor anzuschließen. Und Dich bitte ich, lieber Frank, ob Du nicht so gütig wärest mir Deine Ansicht darüber mitzuteilen, was Du für das Beste hältst mir zu raten; tauglich bin ich nun einmal und daran läßt sich nichts mehr ändern. |

Die Tage vergehen hier wie immer zu langsam. Ich habe kaum die Hand an mein StückDas unter dem Titel „Epiphania“ konzipierte Stück [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 24.5.1914], sollte zwischenzeitlich wie das Vorgängerdrama „Menschenrecht“ heißen [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 20.12.1914], später dann „Kampf“ [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 27.2.1915]. Friedrich Strindberg wollte es bis zum Monatsende fertigstellen [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 27.12.1914]. gelegt; nur zu sehr vielen Kriegsgedichtennicht überliefert. konnte ich mich begeistern, die aber der Mehrzahl nach in schroffem Gegensatz zu meiner künftigen Einberufung stehen; ebenso zu dem letzt Dir gesandten Gedicht„Ich nicht…“ [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 10.1.1915]. . Meine Beschäftigung besteht jetzt zum größten Teile aus lateinischen und griechischen Privatübersetzungen; ich bemühe mich über Vergil und auch etwas Homer; und ein Zufall wollte mir weismachen, daß wir heut’ zutage ein völlig verfehltes Versmaß haben, an das wir unsere Ohren mit jeglicher Pedanterie gezwungen haben. Der biedere OpitzIn seinem „Buch von der Deutschen Poeterey“ (1624) plädierte Martin Opitz für eine Reform von Prosodie und Metrik in der deutschen Dichtung und orientierte sich dabei an der antiken Poetik und ihren Versmaßen. „Eine von Martin Opitz bis heute und namentlich am Anfang des 19. Jahrh. unter dem Einfluß des klassizistischen Geschmacks viel verhandelte Hauptfrage ergibt sich aus der beschränkten Möglichkeit, einen Kompromiß zwischen der quantitierenden antiken und der modernen Verskunst zu schließen, in der die Führung dem Akzent zufällt“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl. Bd. 13. Leipzig 1908, S. 716f.]. machte den Anfang zu dieser Dummheit. Meine Ansicht wäre eine Mischung von antikem und modernem Silbenmaß – meine Ansicht, die aber vorläufig noch so ziehmlich aus der Luft gegriffen ist. Sonst gibt es hier wenig Neues. Ich las vor kurzem einen alten offenen BriefNachdem in einer St. Petersburger Zeitschrift ein gefälschtes Interview mit Arthur Schnitzler erschienen war, das abfällige Äußerungen über Tolstoi, France, Maeterlinck und Shakespeare enthielt, provozierte dies am 10.9.1914 einen offenen Brief Alexander Kuprins an Schnitzler in der Moskauer Tageszeitung „Russkoe slovo“ [vgl. Elisabeth Heresch: Schnitzler und Russland. Wien 1982, S. 117-122]. Als Schnitzler davon erfuhr, veröffentlichte er am 22.12.1914 in der „Neuen Zürcher Zeitung“ [Jg. 135, Nr. 1700, 22.12.1914, 2. Mittagsblatt, S. 2] eine Antwort, die Romain Rolland für das „Journal de Genève“ [Jg. 85, Nr. 350, 21.12.1914, 3. Ausgabe, S. 1] parallel dazu ins Französische übersetzte, wo sie am Tag zuvor publiziert wurde. In Deutschland erschien Schnitzlers offener Brief unter dem Titel „Protest“ im Dezemberheft von Wilhelm Herzogs Zeitschrift „Das Forum“ [Jg. 1, Heft 9, 1914, S. 489-491]. Schnitzler schließt darin seine Eloge der angeblich von ihm geschmähten Autoren aus den Nationen der Kriegsgegner mit den Worten: „Doch später einmal, wenn der Friede wieder da ist, wollen wir uns mit schmerzlichem Staunen erinnern, daß es eine Zeit gab, in der wir genötigt waren, über die Grenzen hinüber einander die Versicherung zuzurufen, daß wir zwar jeder unsere Heimat geliebt haben, daß wir aber trotzdem Gerechtigkeit, Urteil und Dankbarkeit niemals verlernt, daß wir, um es kurz zu sagen, auch in dieser ungeheueren Epoche der Verwirrung niemals gänzlich den Verstand verloren hatten.“ [ebd., S. 491] In der Folge kam es in der Presse zu antisemitischen Angriffen auf Schnitzler, die er am 26.1.1915 vermerkte: „Die unsäglich verlogenen antisem. Angriffe gegen mich (Türmer, Reichspost, oesterr. Volkspresse – D.T.Z. [Deutsche Tageszeitung] anläßlich meines Protestes. Mit O. darüber. Die ‚läuternde‘ Wirkung des Kriegs ― Feuilletonistenphrase.― Der ‚Burgfriede‘.“ [Tb Schnitzler] Schnitzlers in einer Schweizerzeitung; der Dichter des patriotischen „jungen Medardus“Arthur Schnitzlers monumentales Geschichtsdrama „Der junge Medardus“ (1909) bringt das besetzte Wien unter Napoleon im Jahre 1809 auf die Bühne. Die Titelfigur soll zum heldenhaften Attentäter Napoleons werden, scheitert jedoch. Das Stück wurde am 24.11.1910 am Wiener Burgtheater unter der Regie von Hugo Thimig uraufgeführt und hatte dort anhaltenden Erfolg. Weniger erfolgreich war die deutsche Erstaufführung am 24.10.1914 am Berliner Lessingtheater. Das Stück hielt sich dort kaum zwei Wochen. mußte sich verteidigen, weil er Shakespeare und Anatole France nicht schmäht. Und G. Hauptmann schreibt noch immer offene BriefeGerhart Hauptmann hatte sich in einem offenen Brief gegen die von Henri Bergson am 8.8.1914 in einer Rede vor der Académie des sciences morales et politiques in Paris gegenüber Deutschland geäußerten Vorwürfe der Barbarei, Brutalität und des Zynismus gewandt und behauptet: „Der Krieg, den wir führen und der uns aufgezwungen ist, ist ein Verteidigungskrieg.“ [Gegen Unwahrheit! In: Vossische Zeitung, Nr. 431, 26.8.1914, Morgen-Ausgabe, S. 2] Daneben leugnete er die von Maeterlinck angeprangerten Kriegsverbrechen, wie die Zerstörung Löwens, durch deutsche Soldaten beim Überfall auf Belgien. Dies wiederum veranlasste Romain Rolland zu einem offenen Brief an Hauptmann [vgl. Journal de Genève, Jg. 85, Nr. 241, 2.9.1914, S. 1], datiert auf den 29.8.1914, in dem er zunächst Deutschland als Kulturnation verteidigte, dann jedoch den verbrecherischen Charakter der deutschen Kriegsführung hervorhob und Hauptmann aufforderte, dagegen öffentlich zu protestieren. Eine Übersetzung dieses Briefes erschien eine Woche später zusammen mit der eingeforderten Antwort Hauptmanns, der freilich alle Vorwürfe zurückwies: „Gewiß sind Ihnen unsere heldenmütigen Armeen furchtbar geworden! Das ist der Ruhm einer Kraft, die durch die Gerechtigkeit ihrer Sache unüberwindlich ist. Aber der deutsche Soldat hat mit den ekelhaften und läppischen Werwolfgeschichten nicht das allergeringste gemein, die Ihre französische Lügenpresse so eifrig verbreitet, der das französische und belgische Volk sein Unglück verdankt.“ [Vossische Zeitung, Nr. 460, 10.9.1914, Abend-Ausgabe, S. 3] Hauptmanns Artikel „Gegen Unwahrheit!“ war eine Quelle für Wedekinds Kriegsrede in den Kammerspielen am 18.9.1914 [vgl. KSA 5/III, S. 506]. Möglicherweise bezieht sich Friedrich Strindberg hier aber auch auf die jüngste öffentliche Äußerung Gerhart Hauptmanns zu den Kriegsgegnern mit dem Titel „Weihnachten 1914“ [Neue Freie Presse, Nr. 18082, 25.12.1914, Morgenblatt, S. 1] – ähnlich wie Stephan Großmann im MärzStefan Großmann, Feuilletonredakteur der „Vossischen Zeitung“, berichtete in seinem Beitrag „Georg Brandes und sein stolzes Gemüt“ zu der Münchner Zeitschrift „März“ [Jg. 8, Bd. 4, S. 255-257], wie er sich wegen der „lügnerischen Meldungen“ in der dänischen Zeitung „Politiken“ über das angeblich „zerfallende, von Hungersnöten gepeinigte, von Rebellen aufgewühlte Wien“ [ebd., S. 255] in einem offenen Brief an den Literaturkritiker Georg Brandes, Mitarbeiter und Bruder des Redakteurs dieser Zeitung, gewandt hatte. Brandes wies diesen „Angriff“ öffentlich zurück und zitierte später in einem Artikel in „Politiken“ aus einem privaten Brief Großmanns, dessen Schlusspassage zur Haltung des Auslands gegenüber Deutschland er als Bestechungsversuch bzw. Drohung wertete. Großmann antwortete nun wiederum mit seinem Beitrag im „März“ und warf Brandes vor, für „Deutschland-Oesterreichs heroischen Kampf […] nur ein kleines, still ironisches Lächeln, das er sich vor vierzig oder fünfzig Jahren bei französischen Skeptikern angeschafft hat“ [ebd., S. 256], übrigzuhaben. an den ihm unbekannten Georg Brandes. – Schauderbar! |

Was sonst den Besuch meines VormundestSchreibversehen, statt: Vormundes. anbetrifft, so äußerte H. Dr. Weyr, er sehe seine vormundschaftliche Aufgabe darin: mir soviel als möglich Freiheit zu geben –, die nicht zu mißbrauchen ich mir als Pflicht denke. Auch lud er mich falls er noch lebe für ein Jahr nach meiner MaturaReifeprüfung nach einer höheren Schulausbildung, die zum Studium berechtigt. zu ihm nach Wien ein; was ich ihm sehr danke. Er würde mich in Gesellschaft führen, um mir eine Berufswahl zu bieten. Mich persönlich interessiert sehr das medizinische Studium, da ich es noch gar nicht kenne.

Mit Literatur komme ich hier wenig in Berührung. Ich hörte nur, daß Hauptmann für tapferes Verhalten vor dem Feind (Romain Rolland) den AdlerordenDie Presse berichtete über die „Ordensverleihung an bekannte Dichter“ – es wurden insgesamt 12 Autoren ausgezeichnet: „Kaiser Wilhelm hat aus Anlaß seines Geburtstages nachstehenden Schriftstellern den Roten Adlerorden 4. Klasse mit der Krone verliehen: Dr. Richard Dehmel in Blankenese, Dr. Gerhart Hauptmann […] und Rudolf Alexander Schröder in Wangeroog. Die Auszeichnung wurde den Dichtern für ihre den Krieg behandelnden Dichtungen zuteil, die mit dazu beigetragen haben, die Begeisterung des deutschen Volkes für den heiligen Kampf zu entflammen.“ [Teplitz-Schönauer Anzeiger, Jg. 55, Beilage zu Nr. 18, 29.1.1915, S. 2] Friedrich Strindberg sah die Ordensvergabe an Hauptmann als Folge seiner öffentlichen Auseinandersetzung mit Romain Roland (siehe obige Anmerkung). erhielt.

Hoffentlich bessert sich Dein GesundheitszustandWedekind war am 29.12.1914 wegen einer Blinddarmentzündung operiert worden und litt an den Folgen einer zögerlichen Wundheilung, so dass alle zwei Tage der Verband gewechselt werden musste [vgl. Tb]. recht bald! Daß Du mir trotz Deiner Schmerzen beim Schreiben schreibst, hat mich von ganzem Herzen erfreut und ich danke es Dir recht, aber recht! Und mit den besten Wünschen auf baldige, baldigste Besserung grüßt Dich
in Liebe Dein
Friedrich Strindberg.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Mischschrift (Kurrent und lateinische Schrift).
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 18 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Friedrich Strindberg verschrieb sich bei der Jahresangabe, wie aus dem Kontext hervorgeht, und datierte seinen Brief auf 1914 statt 1915.

  • Schreibort

    Salzburg
    6. Februar 1915 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Salzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 165a
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Friedrich Strindberg an Frank Wedekind, 6.2.1915. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

24.10.2024 16:09
Kennung: 2885

Salzburg, 6. Februar 1915 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Strindberg, Friedrich

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Salzburg, 6.2.1914Schreibversehen, statt: 1915.


Mein lieber Frank!

Danke Dir recht herzlich für Deinen freundlichen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Friedrich Strindberg, 24.1.1915.. Ich wollte mit der Antwort warten, bis ein von. H. Dr. Johannes Ekardt in seinen „Kriegsliedern“Das Sekretariat Sozialer Studentenarbeit in Mönchengladbach sammelte Kriegslieder und publizierte sie vor der Buchpublikation in einzelnen Heftchen, von denen Johannes Eckhardt neben Heinrich Lersch mehrere herausgab. Der erste Band der „Kriegslieder“ erschien als Buchpublikation im August 1915 im Volksvereins-Verlag Mönchengladbach [vgl. Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, Jg. 82, Nr. 180, 6.8.1915, Bibliographischer Teil, S. 4534], 1917 folgte ein zweiter Band. gedrucktes Gedichtleinnicht überliefert. erscheint, um es Dir zu senden; der Druck verzögerte sich aber anscheinend, denn ich bekam noch kein Exemplar in die Hand. Nun möchte ich Dich mit einem kleinen Problem bekanntmachen, das mir in der letzten Zeit nahe trat: Der Besucham Montag, den 11.1.1915 [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 10.1.1915]. meines Vormundes Herrn Dr. Weyrs verlief sehr freundlich; er ist aber zu seiner inneren Freude nicht in der Lage, dem Kriege weiterhin fern zu bleiben. Außer der DekorationFolgt man den Mitteilungen der Presse, hat Cäsar Ritter von Weyr nicht die silberne Tapferkeitsmedaille, sondern nur das Militärverdienstkreuz erhalten: „Der Kaiser hat dem vor dem Feinde gefallenen Leutnant des Landwehrinfanterieregiments Nr. 4 Dr. Cäsar Ritter v. Weyr, eingeteilt beim Grenzschutzbataillon Nr. 6, das Militärverdienstkreuz dritter Klasse mit der Kriegsdekoration in Anerkennung tapferen Verhaltens vor dem Feinde verliehen.“ [Neue Freie Presse, Nr. 18116, 29.1.1915, Morgenblatt, S. 10] Die Presse hatte, wie hier, Cäsar Weyr vor seiner erneuten Einberufung mehrfach als gefallen gemeldet [vgl. z. B. Wiener Zeitung, Nr. 22, 28.1.1915, Amtlicher Teil, S. 1 und Beilage Wiener Abendpost, S. 3]. An anderer Stelle war man zur gleichen Zeit besser informiert: „Leutnant Dr. Cäsar Ritter von Weyr, der einzige Sohn des berühmten, im letzten Sommer verstorbenen Bildhauers und langjährigen Vorstandes der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens Rudolf Ritter von Weyr und seiner ihm im Tode vorausgegangenen Gemahlin, der Schriftstellerin Marie Weyr, geb. Uhl, der gegenwärtig in Tauffenberg in Obersteiermark der Genesung seiner auf dem südlichen Kriegsschauplatz erlittenen Verwundung entgegensieht, erhielt in Anerkennung tapferen Verhaltens vor dem Feinde das Militärverdienstkreuz dritter Klasse mit der Kriegsdekoration.“ [Sport und Salon, Jg. 18, Nr. 6, 6.2.1915, S. 10] Cäsar Weyr tauchte dann erneut als Kriegsopfer in der Verlustliste Nr. 146, ausgegeben am 22.3.1915 [Prager Tagblatt, Jg. 40, Nr. 46, 27.3.1915, Morgen-Ausgabe, 2. Beilage, S. 3] auf. Mit Wirkung zum 1.9.1915 wurde er posthum zum Oberstleutnant befördert [vgl. Wiener Zeitung, Nr. 197, 26.8.1915, S. 16]., der silbernen Tapferkeitsmedaille und dem Verdienstkreuz hindert ihn seine Einberufung für 10. Feberösterreichisch für Februar.. Nun machte er mich bekannt, daß auch ich binnen KurzenSchreibversehen, statt: Kurzem. mich zu stellen haben werde. Diesen Monat kommen die 96erdie 1896 Geborenen. daran und für März erwartet man allgemein die Einberufung der 97erFriedrich Strindberg war am 21.8.1897 geboren und wäre daher als noch nicht 18-Jähriger von dieser Regelung betroffen gewesen.. Um aber nicht völlig nach einer 6 wöchentlichen militärischen Ausbildung | uns junges Material als Kanonenfutter verwerten zu müssen, errichtete man in den größeren hiesigen Städten JungschützenchöreGemeint sind die Jungschützenkorps, die Jugendliche ab 16 Jahren militärisch und insbesondere an Waffen unterrichteten. Der Beitritt erfolgte freiwillig. Die Korporationen wurden mit Appellen an Patriotismus, Vaterlandsliebe und Opfermut beworben [vgl. etwa den „Aufruf an die patriotische Jugend zum Eintritte in das Jungschützenkorps!“ URL: https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/472630; abgerufen am 9.6.2022]., mit der Bestimmung nicht in die Presse gelangenvermutlich ist hier gemeint: nicht auf die in der Presse regelmäßig veröffentlichten Listen der Gefallenen kommen. zu dürfen; man genießt die militärische Ausbildung an schulfreien Tagen und – falls die gleichen Alters an die Front müssen, treten auch die Jungschützen die Reise an ihr Bestimmungsziel an. Italiens und Rumäniens EingreifenItalien und Rumänien erklärten sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges für neutral. Obwohl Italien im Dreibund, einem Defensivbündnis, mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich verbündet war, trat es am 23.5.1915 auf Seiten der Entente-Mächte mit einer Kriegserklärung gegen Österreich in den Krieg ein. Die Kriegserklärung Rumäniens an Österreich folgte am 27.8.1916. Der Kriegseintritt der beiden Länder wurde in der Presse antizipiert und im Vorfeld vielfach diskutiert. hängt von der Anzahl der Tage abwohl für: ist nur noch eine Frage der Zeit.. Die galizische FrontGalizien war der zentrale Schauplatz des Krieges zwischen Österreich-Ungarn und Russland an der Ostfront. mit Truppenabzügen schwächen, hieße Österreich zum Selbstmord raten. Nun hat der Staat die Pflicht für den Fall des Eingreifens einer jetzt noch neutralen Macht unverzüglich frische Truppen bereit zu halten. Tatsache ist, daß bei dem jetzigen Stand der Dinge für uns kein Aussehn istösterreichisch für: keine Aussicht besteht., für die 17jährigen heil davonzukommen. Übrigens hätten wir nur sehr große Vorteile, was Schule anbetrifft, davon. – Darum riet mir eben mein Vormund H. Dr. Weyr mich dem Jungschützenchor anzuschließen. Und Dich bitte ich, lieber Frank, ob Du nicht so gütig wärest mir Deine Ansicht darüber mitzuteilen, was Du für das Beste hältst mir zu raten; tauglich bin ich nun einmal und daran läßt sich nichts mehr ändern. |

Die Tage vergehen hier wie immer zu langsam. Ich habe kaum die Hand an mein StückDas unter dem Titel „Epiphania“ konzipierte Stück [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 24.5.1914], sollte zwischenzeitlich wie das Vorgängerdrama „Menschenrecht“ heißen [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 20.12.1914], später dann „Kampf“ [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 27.2.1915]. Friedrich Strindberg wollte es bis zum Monatsende fertigstellen [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 27.12.1914]. gelegt; nur zu sehr vielen Kriegsgedichtennicht überliefert. konnte ich mich begeistern, die aber der Mehrzahl nach in schroffem Gegensatz zu meiner künftigen Einberufung stehen; ebenso zu dem letzt Dir gesandten Gedicht„Ich nicht…“ [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 10.1.1915]. . Meine Beschäftigung besteht jetzt zum größten Teile aus lateinischen und griechischen Privatübersetzungen; ich bemühe mich über Vergil und auch etwas Homer; und ein Zufall wollte mir weismachen, daß wir heut’ zutage ein völlig verfehltes Versmaß haben, an das wir unsere Ohren mit jeglicher Pedanterie gezwungen haben. Der biedere OpitzIn seinem „Buch von der Deutschen Poeterey“ (1624) plädierte Martin Opitz für eine Reform von Prosodie und Metrik in der deutschen Dichtung und orientierte sich dabei an der antiken Poetik und ihren Versmaßen. „Eine von Martin Opitz bis heute und namentlich am Anfang des 19. Jahrh. unter dem Einfluß des klassizistischen Geschmacks viel verhandelte Hauptfrage ergibt sich aus der beschränkten Möglichkeit, einen Kompromiß zwischen der quantitierenden antiken und der modernen Verskunst zu schließen, in der die Führung dem Akzent zufällt“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl. Bd. 13. Leipzig 1908, S. 716f.]. machte den Anfang zu dieser Dummheit. Meine Ansicht wäre eine Mischung von antikem und modernem Silbenmaß – meine Ansicht, die aber vorläufig noch so ziehmlich aus der Luft gegriffen ist. Sonst gibt es hier wenig Neues. Ich las vor kurzem einen alten offenen BriefNachdem in einer St. Petersburger Zeitschrift ein gefälschtes Interview mit Arthur Schnitzler erschienen war, das abfällige Äußerungen über Tolstoi, France, Maeterlinck und Shakespeare enthielt, provozierte dies am 10.9.1914 einen offenen Brief Alexander Kuprins an Schnitzler in der Moskauer Tageszeitung „Russkoe slovo“ [vgl. Elisabeth Heresch: Schnitzler und Russland. Wien 1982, S. 117-122]. Als Schnitzler davon erfuhr, veröffentlichte er am 22.12.1914 in der „Neuen Zürcher Zeitung“ [Jg. 135, Nr. 1700, 22.12.1914, 2. Mittagsblatt, S. 2] eine Antwort, die Romain Rolland für das „Journal de Genève“ [Jg. 85, Nr. 350, 21.12.1914, 3. Ausgabe, S. 1] parallel dazu ins Französische übersetzte, wo sie am Tag zuvor publiziert wurde. In Deutschland erschien Schnitzlers offener Brief unter dem Titel „Protest“ im Dezemberheft von Wilhelm Herzogs Zeitschrift „Das Forum“ [Jg. 1, Heft 9, 1914, S. 489-491]. Schnitzler schließt darin seine Eloge der angeblich von ihm geschmähten Autoren aus den Nationen der Kriegsgegner mit den Worten: „Doch später einmal, wenn der Friede wieder da ist, wollen wir uns mit schmerzlichem Staunen erinnern, daß es eine Zeit gab, in der wir genötigt waren, über die Grenzen hinüber einander die Versicherung zuzurufen, daß wir zwar jeder unsere Heimat geliebt haben, daß wir aber trotzdem Gerechtigkeit, Urteil und Dankbarkeit niemals verlernt, daß wir, um es kurz zu sagen, auch in dieser ungeheueren Epoche der Verwirrung niemals gänzlich den Verstand verloren hatten.“ [ebd., S. 491] In der Folge kam es in der Presse zu antisemitischen Angriffen auf Schnitzler, die er am 26.1.1915 vermerkte: „Die unsäglich verlogenen antisem. Angriffe gegen mich (Türmer, Reichspost, oesterr. Volkspresse – D.T.Z. [Deutsche Tageszeitung] anläßlich meines Protestes. Mit O. darüber. Die ‚läuternde‘ Wirkung des Kriegs ― Feuilletonistenphrase.― Der ‚Burgfriede‘.“ [Tb Schnitzler] Schnitzlers in einer Schweizerzeitung; der Dichter des patriotischen „jungen Medardus“Arthur Schnitzlers monumentales Geschichtsdrama „Der junge Medardus“ (1909) bringt das besetzte Wien unter Napoleon im Jahre 1809 auf die Bühne. Die Titelfigur soll zum heldenhaften Attentäter Napoleons werden, scheitert jedoch. Das Stück wurde am 24.11.1910 am Wiener Burgtheater unter der Regie von Hugo Thimig uraufgeführt und hatte dort anhaltenden Erfolg. Weniger erfolgreich war die deutsche Erstaufführung am 24.10.1914 am Berliner Lessingtheater. Das Stück hielt sich dort kaum zwei Wochen. mußte sich verteidigen, weil er Shakespeare und Anatole France nicht schmäht. Und G. Hauptmann schreibt noch immer offene BriefeGerhart Hauptmann hatte sich in einem offenen Brief gegen die von Henri Bergson am 8.8.1914 in einer Rede vor der Académie des sciences morales et politiques in Paris gegenüber Deutschland geäußerten Vorwürfe der Barbarei, Brutalität und des Zynismus gewandt und behauptet: „Der Krieg, den wir führen und der uns aufgezwungen ist, ist ein Verteidigungskrieg.“ [Gegen Unwahrheit! In: Vossische Zeitung, Nr. 431, 26.8.1914, Morgen-Ausgabe, S. 2] Daneben leugnete er die von Maeterlinck angeprangerten Kriegsverbrechen, wie die Zerstörung Löwens, durch deutsche Soldaten beim Überfall auf Belgien. Dies wiederum veranlasste Romain Rolland zu einem offenen Brief an Hauptmann [vgl. Journal de Genève, Jg. 85, Nr. 241, 2.9.1914, S. 1], datiert auf den 29.8.1914, in dem er zunächst Deutschland als Kulturnation verteidigte, dann jedoch den verbrecherischen Charakter der deutschen Kriegsführung hervorhob und Hauptmann aufforderte, dagegen öffentlich zu protestieren. Eine Übersetzung dieses Briefes erschien eine Woche später zusammen mit der eingeforderten Antwort Hauptmanns, der freilich alle Vorwürfe zurückwies: „Gewiß sind Ihnen unsere heldenmütigen Armeen furchtbar geworden! Das ist der Ruhm einer Kraft, die durch die Gerechtigkeit ihrer Sache unüberwindlich ist. Aber der deutsche Soldat hat mit den ekelhaften und läppischen Werwolfgeschichten nicht das allergeringste gemein, die Ihre französische Lügenpresse so eifrig verbreitet, der das französische und belgische Volk sein Unglück verdankt.“ [Vossische Zeitung, Nr. 460, 10.9.1914, Abend-Ausgabe, S. 3] Hauptmanns Artikel „Gegen Unwahrheit!“ war eine Quelle für Wedekinds Kriegsrede in den Kammerspielen am 18.9.1914 [vgl. KSA 5/III, S. 506]. Möglicherweise bezieht sich Friedrich Strindberg hier aber auch auf die jüngste öffentliche Äußerung Gerhart Hauptmanns zu den Kriegsgegnern mit dem Titel „Weihnachten 1914“ [Neue Freie Presse, Nr. 18082, 25.12.1914, Morgenblatt, S. 1] – ähnlich wie Stephan Großmann im MärzStefan Großmann, Feuilletonredakteur der „Vossischen Zeitung“, berichtete in seinem Beitrag „Georg Brandes und sein stolzes Gemüt“ zu der Münchner Zeitschrift „März“ [Jg. 8, Bd. 4, S. 255-257], wie er sich wegen der „lügnerischen Meldungen“ in der dänischen Zeitung „Politiken“ über das angeblich „zerfallende, von Hungersnöten gepeinigte, von Rebellen aufgewühlte Wien“ [ebd., S. 255] in einem offenen Brief an den Literaturkritiker Georg Brandes, Mitarbeiter und Bruder des Redakteurs dieser Zeitung, gewandt hatte. Brandes wies diesen „Angriff“ öffentlich zurück und zitierte später in einem Artikel in „Politiken“ aus einem privaten Brief Großmanns, dessen Schlusspassage zur Haltung des Auslands gegenüber Deutschland er als Bestechungsversuch bzw. Drohung wertete. Großmann antwortete nun wiederum mit seinem Beitrag im „März“ und warf Brandes vor, für „Deutschland-Oesterreichs heroischen Kampf […] nur ein kleines, still ironisches Lächeln, das er sich vor vierzig oder fünfzig Jahren bei französischen Skeptikern angeschafft hat“ [ebd., S. 256], übrigzuhaben. an den ihm unbekannten Georg Brandes. – Schauderbar! |

Was sonst den Besuch meines VormundestSchreibversehen, statt: Vormundes. anbetrifft, so äußerte H. Dr. Weyr, er sehe seine vormundschaftliche Aufgabe darin: mir soviel als möglich Freiheit zu geben –, die nicht zu mißbrauchen ich mir als Pflicht denke. Auch lud er mich falls er noch lebe für ein Jahr nach meiner MaturaReifeprüfung nach einer höheren Schulausbildung, die zum Studium berechtigt. zu ihm nach Wien ein; was ich ihm sehr danke. Er würde mich in Gesellschaft führen, um mir eine Berufswahl zu bieten. Mich persönlich interessiert sehr das medizinische Studium, da ich es noch gar nicht kenne.

Mit Literatur komme ich hier wenig in Berührung. Ich hörte nur, daß Hauptmann für tapferes Verhalten vor dem Feind (Romain Rolland) den AdlerordenDie Presse berichtete über die „Ordensverleihung an bekannte Dichter“ – es wurden insgesamt 12 Autoren ausgezeichnet: „Kaiser Wilhelm hat aus Anlaß seines Geburtstages nachstehenden Schriftstellern den Roten Adlerorden 4. Klasse mit der Krone verliehen: Dr. Richard Dehmel in Blankenese, Dr. Gerhart Hauptmann […] und Rudolf Alexander Schröder in Wangeroog. Die Auszeichnung wurde den Dichtern für ihre den Krieg behandelnden Dichtungen zuteil, die mit dazu beigetragen haben, die Begeisterung des deutschen Volkes für den heiligen Kampf zu entflammen.“ [Teplitz-Schönauer Anzeiger, Jg. 55, Beilage zu Nr. 18, 29.1.1915, S. 2] Friedrich Strindberg sah die Ordensvergabe an Hauptmann als Folge seiner öffentlichen Auseinandersetzung mit Romain Roland (siehe obige Anmerkung). erhielt.

Hoffentlich bessert sich Dein GesundheitszustandWedekind war am 29.12.1914 wegen einer Blinddarmentzündung operiert worden und litt an den Folgen einer zögerlichen Wundheilung, so dass alle zwei Tage der Verband gewechselt werden musste [vgl. Tb]. recht bald! Daß Du mir trotz Deiner Schmerzen beim Schreiben schreibst, hat mich von ganzem Herzen erfreut und ich danke es Dir recht, aber recht! Und mit den besten Wünschen auf baldige, baldigste Besserung grüßt Dich
in Liebe Dein
Friedrich Strindberg.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Mischschrift (Kurrent und lateinische Schrift).
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 18 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Friedrich Strindberg verschrieb sich bei der Jahresangabe, wie aus dem Kontext hervorgeht, und datierte seinen Brief auf 1914 statt 1915.

  • Schreibort

    Salzburg
    6. Februar 1915 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Salzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 165a
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Friedrich Strindberg an Frank Wedekind, 6.2.1915. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

24.10.2024 16:09