Vergleichsansicht

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Kennung: 2770

Wien, 9. Juni 1905 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Denk, Berthe Marie

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Mein geliebter Frank Wedekind!

Heissen Dank für Deine lieben, lieben Briefenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 31.5.1905 (und mindestens ein weiterer nicht überlieferter Brief – vermutlich waren es aber mehrere Briefe).! Ich bin heute für eine Stunde ausser Bett u. kann sie somit selbst beantworten! Ach, lieber Frank Wedekind, | wenn das auch nur alles wahr wäre was Du schreibst! Aber schliesslich lügst Du ja so reizend, dass ich so tun will als ob es die Wahrheit wäre! ‒

Lieber, ich habe vorderhand auf dieser Welt keinen andern Ehrgeiz z als Deine Frau (legitimegesetzlich anerkannte, rechtmäßige.!) zu werden! Ich weiss zwar selbst nicht warum ich mir das in den Kopf gesetzt habe! Aber es wäre so schön! Du hättest ein Leben wie Gott in Frankreich! Zu|weilen meine ich! Ich will Dir in allen möglichen Gestalten dienen: als Frau, als Geliebte und wenn es sein muss als Köchin, u. wenn ich es im Stande bin als Muse! Für Abwechslung würde ich schon sorgen! Sag, magst Du nicht? Du wirst mich nie als Fessel, höchstens als Rosenkette empfinden, u. wenn Du mich satt | hast so lassen wir uns scheiden! Läuft Dir noch nicht das Wasser im Munde zusammen? ‒ ‒ Wenn Du nach Wien kommstWedekind reiste dem Tagebuch zufolge am 13.6.1905 zur zweiten Vorstellung der „Büchse der Pandora“ in Wien von München ab („Abends Abfahrt nach Wien“), traf am 14.6.1905 in Wien ein und unternahm gleich etwas mit Berthe Marie Denk („Ankunft in Wien. [...] Spazierfahrt mit Bertha Denk nach Kloster Neuburg. [...] Generalprobe. Wir nachtmahlen mit Bertha Denk im Volksgarten. Ich lese Totentanz vor“), sah sie zumindest früh auch am 15.6.1905 („Berthe Denk weckt mich. [...] Vorstellung. Ich spiele zum zweiten Mal Jack“) sowie am Abreisetag, dem 16.6.1905 („Besuch bei Bertha Denk. Wir diniren im Volksgarten. [...] Rückfahrt nach München“). so gilt doch einer Deiner ersten Gänge mir, ja? Und mach Dich für ein bischen länger frei, als das letztemalWedekind war das letzte Mal vom 27. bis 30.5.1905 in Wien – zur Premiere seiner Tragödie „Die Büchse der Pandora“ am 29.5.1905, die Karl Kraus organisiert hatte. Er hat Berthe Marie Denk gleichwohl dem Tagebuch zufolge in Wien täglich gesehen, am 27.5.1905 („Ich besuche Marie Denk. Sie liegt krank zu Bett“), 28.5.1905 („Besuche mit Kraus bei Marie Denk“), 29.5.1905 („Vorstellung. Büchse der Pandora. Ich spiele Jack. Souper im Hotel Continental. Zwischen Marie Denk und Ottilie Newes“) und 30.5.1905 („Marie Denk holt uns ab. [...] Kraus und ich fahren zu Marie Denk, dann auf den Bahnhof. [...] Rückfahrt nach München“).! ‒ Bis nach den Feiertagennach Pfingsten, ab dem 13.6.1905 (Pfingstmontag war am 12.6.1905). Berthe Marie Denk befand sich vermutlich in dem Wiener Sanatorium Dr. Anton Loew (Wien IX, Marianengasse 20), in dem sie auch Anfang 1906 behandelt wurde (siehe die Korrespondenz mit Wedekind aus dieser Zeit). geh ich aus dem Sanatorium wieder in meine Wohnung! | Die ersten Tage nach meiner OperationWann genau diese Operation durchgeführt wurde und weshalb Berthe Marie Denk operiert wurde, ist nicht ermittelt. Sie war krank gewesen, als Wedekind sie am 27.5.1905 besuchte: „Sie liegt krank zu Bett“ [Tb], konnte aber dann wieder ausgehen. war ich recht elend. Jetzt erhole ich mich aber schon zusehends! ‒ ‒

Leb wohl, Geliebter u. schreibe mir sofort wieder!

Je m’abandonne en toi(frz.) Ich gebe mich Dir hin..

Berthe Marie.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift das Datum „10.6.5“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 9.6.1905 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum nach Wedekinds auf dem Brief notiertem Empfangsdatum 10.6.1905, einen Tag für den Postweg von Wien nach München gerechnet.

  • Schreibort

    Wien
    9. Juni 1905 (Freitag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Wien
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    10. Juni 1905 (Samstag)

Erstdruck

Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Heft 131/132: Frank Wedekind

Titel des Aufsatzes:
Eine Liebe von Frank. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Berthe Marie Denk
Herausgeber:
Elinor Waldmann
Verlag:
München: edition text + kritik
Jahrgang:
1996
Seitenangabe:
106
Briefnummer:
6
Kommentar:
Im Erstdruck ist der Brief auf den 10.6.1905 datiert.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 31
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Berthe Marie Denk an Frank Wedekind, 9.6.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

08.06.2022 08:43
Kennung: 2770

Wien, 9. Juni 1905 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Denk, Berthe Marie

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Mein geliebter Frank Wedekind!

Heissen Dank für Deine lieben, lieben Briefenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 31.5.1905 (und mindestens ein weiterer nicht überlieferter Brief – vermutlich waren es aber mehrere Briefe).! Ich bin heute für eine Stunde ausser Bett u. kann sie somit selbst beantworten! Ach, lieber Frank Wedekind, | wenn das auch nur alles wahr wäre was Du schreibst! Aber schliesslich lügst Du ja so reizend, dass ich so tun will als ob es die Wahrheit wäre! ‒

Lieber, ich habe vorderhand auf dieser Welt keinen andern Ehrgeiz z als Deine Frau (legitimegesetzlich anerkannte, rechtmäßige.!) zu werden! Ich weiss zwar selbst nicht warum ich mir das in den Kopf gesetzt habe! Aber es wäre so schön! Du hättest ein Leben wie Gott in Frankreich! Zu|weilen meine ich! Ich will Dir in allen möglichen Gestalten dienen: als Frau, als Geliebte und wenn es sein muss als Köchin, u. wenn ich es im Stande bin als Muse! Für Abwechslung würde ich schon sorgen! Sag, magst Du nicht? Du wirst mich nie als Fessel, höchstens als Rosenkette empfinden, u. wenn Du mich satt | hast so lassen wir uns scheiden! Läuft Dir noch nicht das Wasser im Munde zusammen? ‒ ‒ Wenn Du nach Wien kommstWedekind reiste dem Tagebuch zufolge am 13.6.1905 zur zweiten Vorstellung der „Büchse der Pandora“ in Wien von München ab („Abends Abfahrt nach Wien“), traf am 14.6.1905 in Wien ein und unternahm gleich etwas mit Berthe Marie Denk („Ankunft in Wien. [...] Spazierfahrt mit Bertha Denk nach Kloster Neuburg. [...] Generalprobe. Wir nachtmahlen mit Bertha Denk im Volksgarten. Ich lese Totentanz vor“), sah sie zumindest früh auch am 15.6.1905 („Berthe Denk weckt mich. [...] Vorstellung. Ich spiele zum zweiten Mal Jack“) sowie am Abreisetag, dem 16.6.1905 („Besuch bei Bertha Denk. Wir diniren im Volksgarten. [...] Rückfahrt nach München“). so gilt doch einer Deiner ersten Gänge mir, ja? Und mach Dich für ein bischen länger frei, als das letztemalWedekind war das letzte Mal vom 27. bis 30.5.1905 in Wien – zur Premiere seiner Tragödie „Die Büchse der Pandora“ am 29.5.1905, die Karl Kraus organisiert hatte. Er hat Berthe Marie Denk gleichwohl dem Tagebuch zufolge in Wien täglich gesehen, am 27.5.1905 („Ich besuche Marie Denk. Sie liegt krank zu Bett“), 28.5.1905 („Besuche mit Kraus bei Marie Denk“), 29.5.1905 („Vorstellung. Büchse der Pandora. Ich spiele Jack. Souper im Hotel Continental. Zwischen Marie Denk und Ottilie Newes“) und 30.5.1905 („Marie Denk holt uns ab. [...] Kraus und ich fahren zu Marie Denk, dann auf den Bahnhof. [...] Rückfahrt nach München“).! ‒ Bis nach den Feiertagennach Pfingsten, ab dem 13.6.1905 (Pfingstmontag war am 12.6.1905). Berthe Marie Denk befand sich vermutlich in dem Wiener Sanatorium Dr. Anton Loew (Wien IX, Marianengasse 20), in dem sie auch Anfang 1906 behandelt wurde (siehe die Korrespondenz mit Wedekind aus dieser Zeit). geh ich aus dem Sanatorium wieder in meine Wohnung! | Die ersten Tage nach meiner OperationWann genau diese Operation durchgeführt wurde und weshalb Berthe Marie Denk operiert wurde, ist nicht ermittelt. Sie war krank gewesen, als Wedekind sie am 27.5.1905 besuchte: „Sie liegt krank zu Bett“ [Tb], konnte aber dann wieder ausgehen. war ich recht elend. Jetzt erhole ich mich aber schon zusehends! ‒ ‒

Leb wohl, Geliebter u. schreibe mir sofort wieder!

Je m’abandonne en toi(frz.) Ich gebe mich Dir hin..

Berthe Marie.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift das Datum „10.6.5“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 9.6.1905 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum nach Wedekinds auf dem Brief notiertem Empfangsdatum 10.6.1905, einen Tag für den Postweg von Wien nach München gerechnet.

  • Schreibort

    Wien
    9. Juni 1905 (Freitag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Wien
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    10. Juni 1905 (Samstag)

Erstdruck

Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Heft 131/132: Frank Wedekind

Titel des Aufsatzes:
Eine Liebe von Frank. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Berthe Marie Denk
Herausgeber:
Elinor Waldmann
Verlag:
München: edition text + kritik
Jahrgang:
1996
Seitenangabe:
106
Briefnummer:
6
Kommentar:
Im Erstdruck ist der Brief auf den 10.6.1905 datiert.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 31
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Berthe Marie Denk an Frank Wedekind, 9.6.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

08.06.2022 08:43