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Kennung: 2729

Frankfurt am Main, 16. September 1905 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

16./IX. Samstag.


Lieber Herr Wedekind!

Gar nicht nett find’ ich das von Ihnen, dass Sie sich gar nicht mehr um mich bekümmern! Ich sage mir wohl, dass Sie sicher mit der Aufführung von „Hidalla“ (?) viel zu tun haben, aber wenn Sie wollten, hätten Sie sicher Zeit mir einen Karten Gruß zu senden. Nun in vier Tagenam 20.9.1905; angekündigt war die Berliner Premiere von „Hidalla“ am Kleinen Theater allerdings für den 21.9.1905: „Das Kleine Theater unter der Direktion Viktor Barnowskys wird die Reihe seiner Novitäten [...] am 21. September mit dem Schauspiel ‚Hidalla‘ von Frank Wedekind eröffnen. Die Darstellung der Hauptrolle hat Wedekind selbst übernommen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 435, 27.8.1905, Sonntags-Ausgabe, S. (2)] ist’s ja. Ich bin sehr gespannt, will mir auch das Buchdie Erstausgabe von Wedekinds fünfaktigem Schauspiel „Hidalla oder Sein und Haben“ (1904), erschienen im Verlag Dr. J. Marchlewski und Co. in München [vgl. KSA 6, S. 386]. kaufen. Ich werde an Sie denken den Abend!! | Abgesehen davon, dass Sie mir sehr sympatischSchreibversehen, statt: sympathisch. sind, verfolge ich heut einen ganz bestimmten Zweck mit meinem Brief. Mein DirectorTilly Newes hatte als Schauspielerin ein Engagement am Residenztheater in Frankfurt am Main unter der Direktion von Otto Ploecker-Eckardt, der dieses Theater (das bisherige Orpheum-Theater) neu gegründet und am 2.9.1905 eröffnet hatte [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 378]., Plöcker-Eckardt, hat mir nämlich heut erzählt, dass er in Berlin mit Dir. BarnowskyVictor Barnowsky war Direktor und Oberregisseur am Kleinen Theater in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 277]; er hatte die Direktion des Kleinen Theaters zum 1.9.1905 von Max Reinhardt übernommen. gesprochen hat. Dieser wollte mich eventuell einige Zeit im Winter in Berlin haben, für eine Aufführung der „BüchseEine Aufführung von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903) am Kleinen Theater in Berlin kam nicht zustande.. Plöcker würde mich auch frei geben. Nun können Sie sich denken, wie sehr ich das wünsche, damit kann ich mich überhaupt machenim Sinn von: kann aus mir etwas werden.. Barnowsky selbst kann ich mich | aber wohl nicht direct antragen, u. so wende ich mich an Sie.

Den reizenden Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind [hier noch: Newes], 4.6.1905., den Sie mir damals schrieben, hab’ ich mir aufgehoben. Es tat Ihnen damals leid, dass mir die Aufführung nicht gleich ein gutes Engagement eintrug; nun wäre es vielleicht doch noch entscheidend für meine Carriere. In wie fern, u. wie weit Sie mir nützen können, werden Sie selbst am Besten wissen, u. überlasse ich Ihnen das vollständig. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, lieber Wedekind! |

Wie schön wäre es, in Berlin zu spielen, u. welch’ herrliche Gelegenheit Sie wiederzusehen!

Mein BildTilly Newes hat im vorangehenden Brief ein Foto von sich angekündigt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 28.8.1905], das lange versprochen war – Wedekind hat sie wenige Tage nach der Wiener Premiere der „Büchse der Pandora“ um ein Foto von ihr im Rollenkostüm der Lulu gebeten [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 4.6.1905] und sie hat ein solches Foto zugesagt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.6.1905 bis 12.6.1905]. wird nächste Woche fertig, schicke es dann nach Berlin. Wenn man Ihnen an’s kleine TheaterAdresse des Kleinen Theaters in Berlin (Direktion: Victor Barnowsky): Unter den Linden 44. Wedekind war seit dem 8.9.1905 in Berlin, wie er im Tagebuch festhielt („fahre [...] nach Berlin. Gehe ins Kleine Theater“), um im Kleinen Theater an den Proben für „Hidalla“ teilzunehmen, so am 9.9.1905 („Um 10 Uhr Probe“), 12.9.1905 („Um 10 Uhr Probe“), 16.9.1905 („Probe von 11-3“) und am 19.9.1905 als nächstem Probentermin („Um 10 Uhr Probe“) – er spielte die Rolle des Karl Hetmann, Regie führte Victor Barnowsky. schreibt, genügt doch?!

Hier giebt es auch einige ganz nette Leute, es lässt sich auch in Frankfurt leben. Gestern machten wir einen herrlichen Spazierritt nach Isenburg.

Wollen Sie mir zum Zeichen, dass Sie an mich denken, eine Karte schreiben?

Ihre LuluTilly Newes hat in der von Karl Kraus organisierten Inszenierung von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ in Wien (gespielt in geschlossenen Vorstellungen am 29.5.1905 und 15.6.1905) die Hauptrolle der Lulu gespielt – hier haben sie und Wedekind sich kennengelernt.

Tilly Niemann (Newes) Residenztheater

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12,5 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat auf Seite 1 mit rotem Buntstift das Datum „16.9.05“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibdatum ist der 16.9.1905 – Tag („16.“) und Monat („IX.“) sind im Brief belegt, Jahr und der Schreibort Frankfurt am Main sind durch den Briefinhalt und seine Kontexte gesichert.

  • Schreibort

    Frankfurt am Main
    16. September 1905 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Frankfurt am Main
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
20-21
Briefnummer:
6
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.9.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

31.08.2023 11:34
Kennung: 2729

Frankfurt am Main, 16. September 1905 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

16./IX. Samstag.


Lieber Herr Wedekind!

Gar nicht nett find’ ich das von Ihnen, dass Sie sich gar nicht mehr um mich bekümmern! Ich sage mir wohl, dass Sie sicher mit der Aufführung von „Hidalla“ (?) viel zu tun haben, aber wenn Sie wollten, hätten Sie sicher Zeit mir einen Karten Gruß zu senden. Nun in vier Tagenam 20.9.1905; angekündigt war die Berliner Premiere von „Hidalla“ am Kleinen Theater allerdings für den 21.9.1905: „Das Kleine Theater unter der Direktion Viktor Barnowskys wird die Reihe seiner Novitäten [...] am 21. September mit dem Schauspiel ‚Hidalla‘ von Frank Wedekind eröffnen. Die Darstellung der Hauptrolle hat Wedekind selbst übernommen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 435, 27.8.1905, Sonntags-Ausgabe, S. (2)] ist’s ja. Ich bin sehr gespannt, will mir auch das Buchdie Erstausgabe von Wedekinds fünfaktigem Schauspiel „Hidalla oder Sein und Haben“ (1904), erschienen im Verlag Dr. J. Marchlewski und Co. in München [vgl. KSA 6, S. 386]. kaufen. Ich werde an Sie denken den Abend!! | Abgesehen davon, dass Sie mir sehr sympatischSchreibversehen, statt: sympathisch. sind, verfolge ich heut einen ganz bestimmten Zweck mit meinem Brief. Mein DirectorTilly Newes hatte als Schauspielerin ein Engagement am Residenztheater in Frankfurt am Main unter der Direktion von Otto Ploecker-Eckardt, der dieses Theater (das bisherige Orpheum-Theater) neu gegründet und am 2.9.1905 eröffnet hatte [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 378]., Plöcker-Eckardt, hat mir nämlich heut erzählt, dass er in Berlin mit Dir. BarnowskyVictor Barnowsky war Direktor und Oberregisseur am Kleinen Theater in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 277]; er hatte die Direktion des Kleinen Theaters zum 1.9.1905 von Max Reinhardt übernommen. gesprochen hat. Dieser wollte mich eventuell einige Zeit im Winter in Berlin haben, für eine Aufführung der „BüchseEine Aufführung von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903) am Kleinen Theater in Berlin kam nicht zustande.. Plöcker würde mich auch frei geben. Nun können Sie sich denken, wie sehr ich das wünsche, damit kann ich mich überhaupt machenim Sinn von: kann aus mir etwas werden.. Barnowsky selbst kann ich mich | aber wohl nicht direct antragen, u. so wende ich mich an Sie.

Den reizenden Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind [hier noch: Newes], 4.6.1905., den Sie mir damals schrieben, hab’ ich mir aufgehoben. Es tat Ihnen damals leid, dass mir die Aufführung nicht gleich ein gutes Engagement eintrug; nun wäre es vielleicht doch noch entscheidend für meine Carriere. In wie fern, u. wie weit Sie mir nützen können, werden Sie selbst am Besten wissen, u. überlasse ich Ihnen das vollständig. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, lieber Wedekind! |

Wie schön wäre es, in Berlin zu spielen, u. welch’ herrliche Gelegenheit Sie wiederzusehen!

Mein BildTilly Newes hat im vorangehenden Brief ein Foto von sich angekündigt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 28.8.1905], das lange versprochen war – Wedekind hat sie wenige Tage nach der Wiener Premiere der „Büchse der Pandora“ um ein Foto von ihr im Rollenkostüm der Lulu gebeten [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 4.6.1905] und sie hat ein solches Foto zugesagt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.6.1905 bis 12.6.1905]. wird nächste Woche fertig, schicke es dann nach Berlin. Wenn man Ihnen an’s kleine TheaterAdresse des Kleinen Theaters in Berlin (Direktion: Victor Barnowsky): Unter den Linden 44. Wedekind war seit dem 8.9.1905 in Berlin, wie er im Tagebuch festhielt („fahre [...] nach Berlin. Gehe ins Kleine Theater“), um im Kleinen Theater an den Proben für „Hidalla“ teilzunehmen, so am 9.9.1905 („Um 10 Uhr Probe“), 12.9.1905 („Um 10 Uhr Probe“), 16.9.1905 („Probe von 11-3“) und am 19.9.1905 als nächstem Probentermin („Um 10 Uhr Probe“) – er spielte die Rolle des Karl Hetmann, Regie führte Victor Barnowsky. schreibt, genügt doch?!

Hier giebt es auch einige ganz nette Leute, es lässt sich auch in Frankfurt leben. Gestern machten wir einen herrlichen Spazierritt nach Isenburg.

Wollen Sie mir zum Zeichen, dass Sie an mich denken, eine Karte schreiben?

Ihre LuluTilly Newes hat in der von Karl Kraus organisierten Inszenierung von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ in Wien (gespielt in geschlossenen Vorstellungen am 29.5.1905 und 15.6.1905) die Hauptrolle der Lulu gespielt – hier haben sie und Wedekind sich kennengelernt.

Tilly Niemann (Newes) Residenztheater

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12,5 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat auf Seite 1 mit rotem Buntstift das Datum „16.9.05“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibdatum ist der 16.9.1905 – Tag („16.“) und Monat („IX.“) sind im Brief belegt, Jahr und der Schreibort Frankfurt am Main sind durch den Briefinhalt und seine Kontexte gesichert.

  • Schreibort

    Frankfurt am Main
    16. September 1905 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Frankfurt am Main
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
20-21
Briefnummer:
6
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.9.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

31.08.2023 11:34