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Kennung: 2721

Berlin, 18. April 1906 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Sandrock, Adele

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Mein lieber, lieber hochverehrter theurer Frank.

Mein sehnlichster Wunsch bei Ihrer HochzeitFrank Wedekind und Tilly Newes haben am 1.5.1906 in Berlin geheiratet [vgl. Vinçon 2018, Bd. 2, S. 15f.] – und Adele Sandrock war am Hochzeitstag unter den Gästen (neben Emil Gerhäuser, Dagobert Engländer, Julius Greve, Curt von Glasenapp, und Ida Orloff): „Um 10 kommt Gerhäuser. Onkel Dagobert. Trauung. Greve. Zoologischer Garten. Diner im Savoyhotel. Glasenapp. Iduschka Adele.“ [Tb] zugegen zu sein, kann sich leider, leider nicht erfüllen. Ich habe solche schreckliche Unannehmlichkeiten mit dem Transport meiner Möbel von Wien nach BerlinAdele Sandrock war im Herbst 1905 von Wien nach Berlin gekommen und hatte in Berlin zunächst einige Monate im Central-Hotel (Friedrichstraße 143-149) gewohnt; nun zog sie in eine Wohnung in Charlottenburg (Leibnizstraße 60) [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 2042], in der sie bis an ihr Lebensende wohnen blieb. daß ich wie ein gehetztes Wild seit einigen Tagen von Advokat zu Advocat laufe.

Ich soll dem elenden Gesellen 1200 Mark | mehr bezahlen als ausgemacht wurde und da ich nun klagbar gegen dieses Scheusal vorgeh’n muß, hat er mir bis zur heutigen Stunde meine Möbel, Kisten und Koffer noch nicht ausgeliefert und somit habe ich keine Hochzeitstoilettedreimal unterstrichen.!

Ist das nicht unsagbar traurig!

Wäre ich in der Lage, hätte ich mir selbstredend sofort eine Toiletteelegante Damenbekleidung. Tilly Wedekind erinnerte sich an ihren Hochzeitstag und an Adele Sandrocks Garderobe: „Heute, zu unserer Hochzeit, war sie in ihrem besten Staat ausstaffiert, äußerst elegant im Stil der Jahrhundertwende, der ja damals immerhin schon einige Jahre zurücklag.“ [Wedekind 1969, S. 72] bestellt, aber bei diesen horrenden Ausgaben | die ich jetzt habe ist das unmöglich.

Wegen diesenSchreibversehen, statt: diesem. Galgenvogel kann ich nun nicht kommen, denn ich habe nur meine Wintersachen da, Alles Andere steht beim Spediteur!

Ich habe ja so schreckliche Aufregungen lieber Frank und bin bei Gott trostlosdreimal unterstrichen. daß ich meine Toiletten nicht habe. Sie werden den Grund gewiß auch bedauerlich finden, denn Sie und Tilly wissen, wie wahnsinnig anhänglich ich Ihnen bin.

Ich werde nun im Geiste bei Ihnen sein und sende Ihnen und Ihrer lieben lieben Braut meine allerinnigsten Herzenssegenswünsche. Mögen Sie | das Glück in Zukunft so recht innig und froh genießen, wie ich es Ihnen von ganzer Seele wünsche!

Verzeihen Sie mir daß ich nicht sofort AntwordtSchreibversehen, statt: Antwort. – Hinweis auf eine schon etwas länger zurückliegende schriftliche Einladung zur Hochzeit; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Adele Sandrock, 1.4.1906. – Mündlich dürfte Adele Sandrock längst über die Heiratspläne von Wedekind und Tilly Newes informiert worden sein. schickte, ich dachte noch bis gestern AbendWedekind und Tilly Newes waren am 17.4.1906 mit Adele Sandrock im Restaurant Zum Heidelberger (Friedrichstraße 143-149): „Abends mit Tilly und Adele im Heidelberger“ [Tb]. dasSchreibversehen, statt: das. sich die Angelegenheit ordnen wird, aber ich erhielt BescheidtSchreibversehen, statt: Bescheid. und vor drei Wochen werde ich kaum zu meinen Sachen gelangen. Oh wie gerne hätte ich Ihnen und Tilly an dem Tage die Hand gedrückt ‒ seh’n Sie so ist das elende Leben ‒ wegen solch einer Lumperei muß ich fern bleiben ‒ oh ich bin vom Unglück verfolgt. Ich danke Ihnen daß Sie meiner so lieb gedacht haben und bin mit den allerinnigsten Wünschen für Ihr künftiges Glück Ihre treue
Adele Sandrock


An Tilly 1000000 innige Grüße

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 18.4.1906 ist als Ankerdatum gesetzt. Der Brief betrifft die Heirat Wedekinds am 1.5.1906 und dürfte etwa Mitte April 1906 geschrieben worden sein.

  • Schreibort

    Berlin
    18. April 1906 (Mittwoch)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 153
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Adele Sandrock an Frank Wedekind, 18.4.1906. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (27.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

28.10.2024 15:02
Kennung: 2721

Berlin, 18. April 1906 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Sandrock, Adele

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Mein lieber, lieber hochverehrter theurer Frank.

Mein sehnlichster Wunsch bei Ihrer HochzeitFrank Wedekind und Tilly Newes haben am 1.5.1906 in Berlin geheiratet [vgl. Vinçon 2018, Bd. 2, S. 15f.] – und Adele Sandrock war am Hochzeitstag unter den Gästen (neben Emil Gerhäuser, Dagobert Engländer, Julius Greve, Curt von Glasenapp, und Ida Orloff): „Um 10 kommt Gerhäuser. Onkel Dagobert. Trauung. Greve. Zoologischer Garten. Diner im Savoyhotel. Glasenapp. Iduschka Adele.“ [Tb] zugegen zu sein, kann sich leider, leider nicht erfüllen. Ich habe solche schreckliche Unannehmlichkeiten mit dem Transport meiner Möbel von Wien nach BerlinAdele Sandrock war im Herbst 1905 von Wien nach Berlin gekommen und hatte in Berlin zunächst einige Monate im Central-Hotel (Friedrichstraße 143-149) gewohnt; nun zog sie in eine Wohnung in Charlottenburg (Leibnizstraße 60) [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 2042], in der sie bis an ihr Lebensende wohnen blieb. daß ich wie ein gehetztes Wild seit einigen Tagen von Advokat zu Advocat laufe.

Ich soll dem elenden Gesellen 1200 Mark | mehr bezahlen als ausgemacht wurde und da ich nun klagbar gegen dieses Scheusal vorgeh’n muß, hat er mir bis zur heutigen Stunde meine Möbel, Kisten und Koffer noch nicht ausgeliefert und somit habe ich keine Hochzeitstoilettedreimal unterstrichen.!

Ist das nicht unsagbar traurig!

Wäre ich in der Lage, hätte ich mir selbstredend sofort eine Toiletteelegante Damenbekleidung. Tilly Wedekind erinnerte sich an ihren Hochzeitstag und an Adele Sandrocks Garderobe: „Heute, zu unserer Hochzeit, war sie in ihrem besten Staat ausstaffiert, äußerst elegant im Stil der Jahrhundertwende, der ja damals immerhin schon einige Jahre zurücklag.“ [Wedekind 1969, S. 72] bestellt, aber bei diesen horrenden Ausgaben | die ich jetzt habe ist das unmöglich.

Wegen diesenSchreibversehen, statt: diesem. Galgenvogel kann ich nun nicht kommen, denn ich habe nur meine Wintersachen da, Alles Andere steht beim Spediteur!

Ich habe ja so schreckliche Aufregungen lieber Frank und bin bei Gott trostlosdreimal unterstrichen. daß ich meine Toiletten nicht habe. Sie werden den Grund gewiß auch bedauerlich finden, denn Sie und Tilly wissen, wie wahnsinnig anhänglich ich Ihnen bin.

Ich werde nun im Geiste bei Ihnen sein und sende Ihnen und Ihrer lieben lieben Braut meine allerinnigsten Herzenssegenswünsche. Mögen Sie | das Glück in Zukunft so recht innig und froh genießen, wie ich es Ihnen von ganzer Seele wünsche!

Verzeihen Sie mir daß ich nicht sofort AntwordtSchreibversehen, statt: Antwort. – Hinweis auf eine schon etwas länger zurückliegende schriftliche Einladung zur Hochzeit; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Adele Sandrock, 1.4.1906. – Mündlich dürfte Adele Sandrock längst über die Heiratspläne von Wedekind und Tilly Newes informiert worden sein. schickte, ich dachte noch bis gestern AbendWedekind und Tilly Newes waren am 17.4.1906 mit Adele Sandrock im Restaurant Zum Heidelberger (Friedrichstraße 143-149): „Abends mit Tilly und Adele im Heidelberger“ [Tb]. dasSchreibversehen, statt: das. sich die Angelegenheit ordnen wird, aber ich erhielt BescheidtSchreibversehen, statt: Bescheid. und vor drei Wochen werde ich kaum zu meinen Sachen gelangen. Oh wie gerne hätte ich Ihnen und Tilly an dem Tage die Hand gedrückt ‒ seh’n Sie so ist das elende Leben ‒ wegen solch einer Lumperei muß ich fern bleiben ‒ oh ich bin vom Unglück verfolgt. Ich danke Ihnen daß Sie meiner so lieb gedacht haben und bin mit den allerinnigsten Wünschen für Ihr künftiges Glück Ihre treue
Adele Sandrock


An Tilly 1000000 innige Grüße

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 18.4.1906 ist als Ankerdatum gesetzt. Der Brief betrifft die Heirat Wedekinds am 1.5.1906 und dürfte etwa Mitte April 1906 geschrieben worden sein.

  • Schreibort

    Berlin
    18. April 1906 (Mittwoch)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 153
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Adele Sandrock an Frank Wedekind, 18.4.1906. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (27.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

28.10.2024 15:02