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Kennung: 2394

München, 30. Dezember 1910 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Jacobsohn, Siegfried

Inhalt

Sehr verehrter Herr JacobsohnSiegfried Jacobsohn, als Schriftsteller und Herausgeber der Zeitschrift „Die Schaubühne“ ausgewiesen, wohnte in Charlottenburg (Dernburgstraße 25, Gartenhaus) [vgl. Berliner Adreßbuch 1911, Teil I, S. 1217] – das war zugleich die Redaktionsadresse.!

Empfangen Sie meiner Frau und meinen herzlichen Dank für das prächtige GeschenkSiegfried Jacobsohns Buch „Max Reinhardt“ (1910), das mit zahlreichen Abbildungen im Verlag von Erich Reiß in Berlin erschienen ist und die Bühnenarbeit des Regisseurs seit 1902 behandelt (eine Zusammenstellung von früheren Beiträgen des Verfassers zum Thema). Das Buchgeschenk dürfte mit einem Begleitschreiben oder mit einer Widmung versehen gewesen sein ‒ nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Siegfried Jacobsohn an Wedekind, 23.12.1910., das Sie uns auf den Weihnachtstisch gelegt haben. Am heiligen AbendWedekind notierte am 24.12.1910: „Tilly sagt mir unter dem Weihnachtsbaum, Bescherung, daß sie guter Hoffnung ist. Trinke mit Tilly schwedischen Punsch gehe um 5 Uhr zu Bett.“ [Tb] war uns beiden eine helle Freude all die Erinnerungen durchzufliegen und wieder aufzufrischen. Ich finde auch daß das Schöne, was uns Reinhardt geschenkt hat, in Ihren Aufsätzen einen sehr lauteren Spiegel findet. Jedenfalls ist Ihr Buch das schönste Denkmal, das Reinhardt bis jetzt errichtet wurde. Die geistvollen Scenerien erschei|nen mir in den Reproduktionen beinahe noch schöner als sie auf der Bühne waren. Ich möchte beinah behaupten daß Reinhardt Ihnen für das warmherzige Buch zu größerem Dank verpflichtet ist als die moderne Literatur ihm, wobei ich ihm die herrliche Gestalt, die er meinem Frühlings Erwachen verliehen hat, sicherlich sehr hoch anrechneMax Reinhardt hat Wedekinds „Frühlings Erwachen“ (1891) am 20.11.1906 an den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin uraufgeführt, eine sehr erfolgreiche Inszenierung, die „den eigentlichen Durchbruch Wedekinds als Bühnenautor markiert.“ [KSA 2, S. 920]. Die Maler werden sich ganz besonders über Ihr Werk freuen, die ihre leicht vergänglichen Schöpfungen hier der Vergessenheit entrissen sehen. Im großen ganzen glaube ich, daß Sie in der That stolz darauf sein dürfen, keine Sammlung von Kritiken hergestellt zu haben. Denn in allem was ich in dem Buch las fand ich | einen höheren Gesichtspunkt gewahrt als er bei der Tageskritik die sich doch mit allen erdenklichen Kleinigkeiten herumbalgen muß, vielleicht überhaupt möglich ist. Sicherlich hat Ihnen Ihre zehnjährige Arbeit Ihne in diesem Buch auch einen schönen bleibenden Dank eingetragen. Jedem Leser ist das Buch ein Beweis, daß Sie auf Ihr Lebenswerk mit demselben Stolz zurückblicken können wie andere auf das ihre.

Mit herzlichsten Grüßen von meiner Frau und mir
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 30.12.10.


Beste Wünsche zum neuen Jahr und für alles Künftige!

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    30. Dezember 1910 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Charlottenburg
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Deutsches Literaturarchiv Marbach

Schillerhöhe 8-10
71672 Marbach am Neckar
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
A: Tucholsky, Kurt
Signatur des Dokuments:
A: Tucholsky, Kurt 86.2331
Standort:
Deutsches Literaturarchiv Marbach (Marbach am Neckar)

Danksagung

Wir danken dem Deutschen Literaturarchiv Marbach für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Siegfried Jacobsohn, 30.12.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (25.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

05.06.2024 21:41
Kennung: 2394

München, 30. Dezember 1910 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Jacobsohn, Siegfried
 
 

Inhalt

Sehr verehrter Herr JacobsohnSiegfried Jacobsohn, als Schriftsteller und Herausgeber der Zeitschrift „Die Schaubühne“ ausgewiesen, wohnte in Charlottenburg (Dernburgstraße 25, Gartenhaus) [vgl. Berliner Adreßbuch 1911, Teil I, S. 1217] – das war zugleich die Redaktionsadresse.!

Empfangen Sie meiner Frau und meinen herzlichen Dank für das prächtige GeschenkSiegfried Jacobsohns Buch „Max Reinhardt“ (1910), das mit zahlreichen Abbildungen im Verlag von Erich Reiß in Berlin erschienen ist und die Bühnenarbeit des Regisseurs seit 1902 behandelt (eine Zusammenstellung von früheren Beiträgen des Verfassers zum Thema). Das Buchgeschenk dürfte mit einem Begleitschreiben oder mit einer Widmung versehen gewesen sein ‒ nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Siegfried Jacobsohn an Wedekind, 23.12.1910., das Sie uns auf den Weihnachtstisch gelegt haben. Am heiligen AbendWedekind notierte am 24.12.1910: „Tilly sagt mir unter dem Weihnachtsbaum, Bescherung, daß sie guter Hoffnung ist. Trinke mit Tilly schwedischen Punsch gehe um 5 Uhr zu Bett.“ [Tb] war uns beiden eine helle Freude all die Erinnerungen durchzufliegen und wieder aufzufrischen. Ich finde auch daß das Schöne, was uns Reinhardt geschenkt hat, in Ihren Aufsätzen einen sehr lauteren Spiegel findet. Jedenfalls ist Ihr Buch das schönste Denkmal, das Reinhardt bis jetzt errichtet wurde. Die geistvollen Scenerien erschei|nen mir in den Reproduktionen beinahe noch schöner als sie auf der Bühne waren. Ich möchte beinah behaupten daß Reinhardt Ihnen für das warmherzige Buch zu größerem Dank verpflichtet ist als die moderne Literatur ihm, wobei ich ihm die herrliche Gestalt, die er meinem Frühlings Erwachen verliehen hat, sicherlich sehr hoch anrechneMax Reinhardt hat Wedekinds „Frühlings Erwachen“ (1891) am 20.11.1906 an den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin uraufgeführt, eine sehr erfolgreiche Inszenierung, die „den eigentlichen Durchbruch Wedekinds als Bühnenautor markiert.“ [KSA 2, S. 920]. Die Maler werden sich ganz besonders über Ihr Werk freuen, die ihre leicht vergänglichen Schöpfungen hier der Vergessenheit entrissen sehen. Im großen ganzen glaube ich, daß Sie in der That stolz darauf sein dürfen, keine Sammlung von Kritiken hergestellt zu haben. Denn in allem was ich in dem Buch las fand ich | einen höheren Gesichtspunkt gewahrt als er bei der Tageskritik die sich doch mit allen erdenklichen Kleinigkeiten herumbalgen muß, vielleicht überhaupt möglich ist. Sicherlich hat Ihnen Ihre zehnjährige Arbeit Ihne in diesem Buch auch einen schönen bleibenden Dank eingetragen. Jedem Leser ist das Buch ein Beweis, daß Sie auf Ihr Lebenswerk mit demselben Stolz zurückblicken können wie andere auf das ihre.

Mit herzlichsten Grüßen von meiner Frau und mir
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 30.12.10.


Beste Wünsche zum neuen Jahr und für alles Künftige!

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    30. Dezember 1910 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Charlottenburg
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Deutsches Literaturarchiv Marbach

Schillerhöhe 8-10
71672 Marbach am Neckar
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
A: Tucholsky, Kurt
Signatur des Dokuments:
A: Tucholsky, Kurt 86.2331
Standort:
Deutsches Literaturarchiv Marbach (Marbach am Neckar)

Danksagung

Wir danken dem Deutschen Literaturarchiv Marbach für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Siegfried Jacobsohn, 30.12.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (25.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

05.06.2024 21:41