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Kennung: 2298

München, 15. Februar 1918 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Reichenau, Kläre

Inhalt

München 15.II 18.

Prinzregentenstraße 50.


Sehr geehrtes gnädiges Fräulein!

Über Ihren freundlichen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Kläre Reichenau an Wedekind, 1.2.1918. der mir eine große Freude war habe ich mehrere Tage nachgesonnen und nun kommt mir auch eine Idee. Ich gehe sofort an die Ausführung und denke mit dem Resultat in zwei oder drei Wochen nach BerlinKläre Reichenau lebte inzwischen als Schauspielerin ohne Engagement in Berlin (Motzstraße 63) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 774]; davor war sie als Schauspielerin in Leipzig engagiert, an dem am 31.10.1914 eröffneten Schauspielhaus (Eigentümer: Erik Ernst Schwabach, Kurt Wolff, Fritz Viehweg) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 475]. Wedekind kam nicht mehr nach Berlin (er starb am 9.3.1918 in München). zu kommen. Von Ihrer ErdgeistaufführungKläre Reichenau spielte in der „Erdgeist“-Inszenierung (Premiere: 21.4.1917) am Schauspielhaus in Leipzig (Direktion: Fritz Viehweg) die Rolle der Lulu. Ihre Darstellung gilt als einer der „Mißerfolge“ [Seehaus 1973, S. 384] in der Geschichte der Lulu-Rolleninterpretation. Die Presse sah sie „im Schatten der Eysoldt“ [KSA 3/II, S. 1249], so Gustav Morgenstern am 23.4.1917 in der „Leipziger Volkszeitung“ (er vermisste die eindeutige Femme fatale), würdigte sie aber auch: „Cläre Reichenau hat für Lulu viel; sie gibt das Instinktive und das Kindliche, das alle schlimmen Triebe zu rechtfertigen scheint. Das Spielerische steht ihrer Lulu gut; und das Bewußte bleibt ihr fern, auch wenn sie in Sünde hochstapeln geht.“ [Friedrich Seebrecht: Erdgeist. In: Leipziger Tageblatt, Jg. 111, Nr. 201, 22.4.1917, Sonntags-Ausgabe, 5. Beilage, S. 21] | in Leipzig hörte ich sehr viel Gutes und Schönes. Vielleicht können wir dann von Berlin aus in Leipzig gastierenKläre Reichenau war am 28.12.1917 mit einer Lesung aus Texten vor allem moderner Autoren in Leipzig zu Gast gewesen [vgl. H.G.R.: Vortragsabend von Cläre Reichenau. In: Leipziger Tageblatt, Jg. 111, Nr. 660, 29.12.1917, Abend-Ausgabe, S. 2]; die Lesung fand im Feurichsaal statt, eine Kleinkunstbühne, auf der sie später auch Texte Wedekinds rezitierte, so bei einem Gastauftritt am 7.2.1919 (vom selben Kritiker besprochen): „Mehreres las sie von Wedekind, darunter ‚Die Hunde‘, eine Poesie, die, milde ausgedrückt, nicht sonderlich anständig ist.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 113, Nr. 67, 8.2.1919, Morgen-Ausgabe, S. 2] Vermutlich plante sie, sich auf Kleinkunstbühnenauftritte zu spezialisieren und hatte um Wedekinds Mitwirkung angefragt, dem sie von ihrer erfolgreichen Lesung am 28.12.1917 berichtet haben dürfte..

Mit schönsten Grüßen und Dank für Ihre Lulu
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit mir einige der prachtvollen Kartenbildervermutlich Bildpostkarten, die Kläre Reichenau als Lulu in der Leipziger Inszenierung zeigen. von Lulu zu senden, die Herr AuzingerTheodor Auzinger lebte als Schauspieler in München (Clemensstraße 10) und war am Münchner Schauspielhaus engagiert [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 523]. mich sehen ließ.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 18 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    15. Februar 1918 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/62
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Kläre Reichenau, 15.2.1918. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

24.06.2024 13:23
Kennung: 2298

München, 15. Februar 1918 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Reichenau, Kläre
 
 

Inhalt

München 15.II 18.

Prinzregentenstraße 50.


Sehr geehrtes gnädiges Fräulein!

Über Ihren freundlichen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Kläre Reichenau an Wedekind, 1.2.1918. der mir eine große Freude war habe ich mehrere Tage nachgesonnen und nun kommt mir auch eine Idee. Ich gehe sofort an die Ausführung und denke mit dem Resultat in zwei oder drei Wochen nach BerlinKläre Reichenau lebte inzwischen als Schauspielerin ohne Engagement in Berlin (Motzstraße 63) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 774]; davor war sie als Schauspielerin in Leipzig engagiert, an dem am 31.10.1914 eröffneten Schauspielhaus (Eigentümer: Erik Ernst Schwabach, Kurt Wolff, Fritz Viehweg) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 475]. Wedekind kam nicht mehr nach Berlin (er starb am 9.3.1918 in München). zu kommen. Von Ihrer ErdgeistaufführungKläre Reichenau spielte in der „Erdgeist“-Inszenierung (Premiere: 21.4.1917) am Schauspielhaus in Leipzig (Direktion: Fritz Viehweg) die Rolle der Lulu. Ihre Darstellung gilt als einer der „Mißerfolge“ [Seehaus 1973, S. 384] in der Geschichte der Lulu-Rolleninterpretation. Die Presse sah sie „im Schatten der Eysoldt“ [KSA 3/II, S. 1249], so Gustav Morgenstern am 23.4.1917 in der „Leipziger Volkszeitung“ (er vermisste die eindeutige Femme fatale), würdigte sie aber auch: „Cläre Reichenau hat für Lulu viel; sie gibt das Instinktive und das Kindliche, das alle schlimmen Triebe zu rechtfertigen scheint. Das Spielerische steht ihrer Lulu gut; und das Bewußte bleibt ihr fern, auch wenn sie in Sünde hochstapeln geht.“ [Friedrich Seebrecht: Erdgeist. In: Leipziger Tageblatt, Jg. 111, Nr. 201, 22.4.1917, Sonntags-Ausgabe, 5. Beilage, S. 21] | in Leipzig hörte ich sehr viel Gutes und Schönes. Vielleicht können wir dann von Berlin aus in Leipzig gastierenKläre Reichenau war am 28.12.1917 mit einer Lesung aus Texten vor allem moderner Autoren in Leipzig zu Gast gewesen [vgl. H.G.R.: Vortragsabend von Cläre Reichenau. In: Leipziger Tageblatt, Jg. 111, Nr. 660, 29.12.1917, Abend-Ausgabe, S. 2]; die Lesung fand im Feurichsaal statt, eine Kleinkunstbühne, auf der sie später auch Texte Wedekinds rezitierte, so bei einem Gastauftritt am 7.2.1919 (vom selben Kritiker besprochen): „Mehreres las sie von Wedekind, darunter ‚Die Hunde‘, eine Poesie, die, milde ausgedrückt, nicht sonderlich anständig ist.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 113, Nr. 67, 8.2.1919, Morgen-Ausgabe, S. 2] Vermutlich plante sie, sich auf Kleinkunstbühnenauftritte zu spezialisieren und hatte um Wedekinds Mitwirkung angefragt, dem sie von ihrer erfolgreichen Lesung am 28.12.1917 berichtet haben dürfte..

Mit schönsten Grüßen und Dank für Ihre Lulu
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit mir einige der prachtvollen Kartenbildervermutlich Bildpostkarten, die Kläre Reichenau als Lulu in der Leipziger Inszenierung zeigen. von Lulu zu senden, die Herr AuzingerTheodor Auzinger lebte als Schauspieler in München (Clemensstraße 10) und war am Münchner Schauspielhaus engagiert [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 523]. mich sehen ließ.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 18 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    15. Februar 1918 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/62
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Kläre Reichenau, 15.2.1918. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

24.06.2024 13:23