Vergleichsansicht

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Kennung: 2244

München, 15. März 1912 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Holzer, Rudolf
 
 

Inhalt

München 15.3.12Der Brief dürfte einen aktuellen Anlass gehabt haben. Wedekinds „Schloß Wetterstein“ sollte am 2.3.1912 an der Neuen Wiener Bühne uraufgeführt werden, in einer vom Akademischen Verband für Literatur und Musik veranstalteten einmaligen geschlossenen Nachmittagsvorstellung vor geladenen Gästen, die aber kurzfristig abgesagt wurde [vgl. KSA 7/II, S. 877]. Schreibanlass für den vorliegenden Brief mag die Aussicht gewesen sein, dass „Schloß Wetterstein“ nun doch noch in Wien aufgeführt werden könnte, wie die Presse meldete: „Die abgesagte Uraufführung von Wedekinds ‚Schloß Wetterstein‘ wird möglicherweise in drei Wochen auf der Residenzbühne stattfinden. Die Polizei gestattet eine einmalige Aufführung des Werkes unter der Bedingung, daß ihr eine vollständige Liste der Besucher der Vorstellung rechtzeitig vorgelegt wird.“ [Der Morgen. Wiener Montagsblatt, Jg. 3, Nr. 11, 11.3.1912, S. 7] Daraus wurde nichts. „Schloß Wetterstein“ wurde zu Lebzeiten Wedekinds in Wien nicht aufgeführt (Uraufführung war am 15.11.1917 in Zürich)..


Sehr geehrter Herr Holzer!

Aufs schmerzlichste habe ich es bedauert, daß Frau Hetschey für all die selbstlose Hingabe und den großen Eifer, den die Künstlerin für die RolleDie Rolle der Leonore in „Schloß Wetterstein“ sollte in Wien zunächst Ottilie Gerhäuser vom Münchner Schauspielhaus spielen, wurde dann aber von Alice Hétsey (Hetsey-Holzer), Schauspielerin am Deutschen Volkstheater in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 671], übernommen [vgl. KSA 7/II, S. 901]. in Schloß Wetterstein übrig hatte, nichts als Verdruß erndten mußte. Mein Bedauern mußte um so größer sein, da sich die vornehme edle Kunst der Frau Hetschey ganz besonders vorteilhaft für die Darstellung der großen schweren Rolle geeignet hätte. Thatsache ist, daß es für jede | Künstlerin eine Unmöglichkeit gewesen wäre, die Aufgabe auch nur rein textlich in der kurzen Zeit von fünf TagenWedekind war vom 24.2.1912 bis 4.3.1912 nicht nur wegen zwei Vortragsabenden (am 29.2.1912 und 3.3.1912) in Wien, sondern auch wegen der geplanten Uraufführung von „Schloß Wetterstein“, wie die Presse meldete: „Frank Wedekind ist mit seiner Frau hier eingetroffen, um die Leitung der Proben zu der am 2. März 3 Uhr nachmittags stattfindenden Uraufführung seiner Komödie ‚Schloß Wetterstein‘ zu übernehmen.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 20, Nr. 6590, 27.2.1912, S. 7] Alice Hétsey war an fünf Tagen, vom 24.2.1912 bis 27.2.1912, bei den Proben dabei, die dann eingestellt wurden. Wedekind notierte diese Proben am 24.2.1912 („Ankunft in Wien. Nachmittags Probe. 1. und 2. Akt“), am 25.2.1912 („Vormittag 11 Uhr Probe“), am 26.2.1912 („Vormittags 10 Uhr Probe“), am 27.2.1912 („Nachmittags Probe. 3 und 2 Akt“) und schließlich am 28.2.1912 die Absage der Schauspielerin („Probe. Die Hetschei hat abgesagt, Skandal“) im Tagebuch. zu bewältigen, die Frau Hetschey dazu zur Verfügung standen. Meine Verehrung für die Künstlerin und der Dank, den ich ihr schulde konnten durch das Ausfallen der VorstellungWedekinds „Schloß Wetterstein“ sollte am 2.3.1912 in einer geschlossenen Nachmittagsvorstellung, veranstaltet vom Akademischen Verband für Literatur und Musik für geladene Gäste, uraufgeführt werden, was kurzfristig abgesagt wurde. Die Presse meldete: „Die für heute angesetzte Vorstellung ‚Schloß Wetterstein‘ kann unvorhergesehener Schwierigkeiten wegen nicht stattfinden.“ [Wedekinds Erstaufführung von „Schloß Wetterstein“ abgesagt. In: Die Zeit, Jg. 11, Nr. 3389, 2.3.1912, Abendblatt, S. 2] Die „Münchener Zeitung“ schrieb am 4.3.1912, die Uraufführung, „die am Samstag in Wien erfolgen sollte, ist, angeblich wegen Erkrankung einer Hauptdarstellerin, auf einen späteren Termin verschoben worden“ [KSA 7/II, S. 912]. Diese Hauptdarstellerin war Alice Hétsey, deren Absage Wedekind am 28.2.1912 notiert hat: „Die Hetschei hat abgesagt“ [Tb], wobei eine Erkrankung dem vorliegenden Brief zufolge wohl kaum der Grund für die Absage war. nur erhöht werden, da auch mir dieser Ausfall lieber sein mußte als eine durch die Verhältnisse bedingte unzulängliche Wiedergabe.

Indem ich Sie bitte, geehrter Herr Holzer, Ihrer Frau GemahlinAlice Hétsey war seit 1901 mit dem Schriftsteller und Journalisten Rudolf Holzer verheiratet [vgl. KSA 7/II, S. 914]. den Ausdruck meiner Verehrung zu Füßen zu legen
mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


Ich bitte Sie um Veröffentlichung dieser ZeilenRudolf Holzer, seit 1900 Redakteur der „Wiener Zeitung“ [vgl. KSA 7/II, S. 914] (später deren Chefredakteur), ausgewiesen als in Wien (Wallgasse 25) wohnender „Schriftsteller“ und „Redakteur d. ‚Wiener Zeitung‘“ [Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1912, Teil VII, S. 499], hat den Brief Wedekinds in der „Wiener Zeitung“ nicht veröffentlicht und wohl auch in keiner anderen Zeitung. Er hätte mit einer Veröffentlichung den Namen seiner Frau im Zusammenhang mit dem von der Zensur verbotenen Stück „Schloß Wetterstein“ publik gemacht, der bis dahin in keiner der zahlreichen Pressemitteilungen seit Anfang 1912 zur geplanten Uraufführung in Wien genannt wurde..

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Kariertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 22 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    15. März 1912 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Wien
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Österreichische Nationalbibliothek

Josefsplatz 1
A-1015 Wien
Österreich

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Sammlung von Handschriften und alten Drucken
Signatur des Dokuments:
Autogr. 429/15-1
Standort:
Österreichische Nationalbibliothek (Wien)

Danksagung

Wir danken der Österreichischen Nationalbibliothek (Wien) für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Rudolf Holzer, 15.3.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

02.09.2024 21:18
Kennung: 2244

München, 15. März 1912 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Holzer, Rudolf
 
 

Inhalt

München 15.3.12Der Brief dürfte einen aktuellen Anlass gehabt haben. Wedekinds „Schloß Wetterstein“ sollte am 2.3.1912 an der Neuen Wiener Bühne uraufgeführt werden, in einer vom Akademischen Verband für Literatur und Musik veranstalteten einmaligen geschlossenen Nachmittagsvorstellung vor geladenen Gästen, die aber kurzfristig abgesagt wurde [vgl. KSA 7/II, S. 877]. Schreibanlass für den vorliegenden Brief mag die Aussicht gewesen sein, dass „Schloß Wetterstein“ nun doch noch in Wien aufgeführt werden könnte, wie die Presse meldete: „Die abgesagte Uraufführung von Wedekinds ‚Schloß Wetterstein‘ wird möglicherweise in drei Wochen auf der Residenzbühne stattfinden. Die Polizei gestattet eine einmalige Aufführung des Werkes unter der Bedingung, daß ihr eine vollständige Liste der Besucher der Vorstellung rechtzeitig vorgelegt wird.“ [Der Morgen. Wiener Montagsblatt, Jg. 3, Nr. 11, 11.3.1912, S. 7] Daraus wurde nichts. „Schloß Wetterstein“ wurde zu Lebzeiten Wedekinds in Wien nicht aufgeführt (Uraufführung war am 15.11.1917 in Zürich)..


Sehr geehrter Herr Holzer!

Aufs schmerzlichste habe ich es bedauert, daß Frau Hetschey für all die selbstlose Hingabe und den großen Eifer, den die Künstlerin für die RolleDie Rolle der Leonore in „Schloß Wetterstein“ sollte in Wien zunächst Ottilie Gerhäuser vom Münchner Schauspielhaus spielen, wurde dann aber von Alice Hétsey (Hetsey-Holzer), Schauspielerin am Deutschen Volkstheater in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 671], übernommen [vgl. KSA 7/II, S. 901]. in Schloß Wetterstein übrig hatte, nichts als Verdruß erndten mußte. Mein Bedauern mußte um so größer sein, da sich die vornehme edle Kunst der Frau Hetschey ganz besonders vorteilhaft für die Darstellung der großen schweren Rolle geeignet hätte. Thatsache ist, daß es für jede | Künstlerin eine Unmöglichkeit gewesen wäre, die Aufgabe auch nur rein textlich in der kurzen Zeit von fünf TagenWedekind war vom 24.2.1912 bis 4.3.1912 nicht nur wegen zwei Vortragsabenden (am 29.2.1912 und 3.3.1912) in Wien, sondern auch wegen der geplanten Uraufführung von „Schloß Wetterstein“, wie die Presse meldete: „Frank Wedekind ist mit seiner Frau hier eingetroffen, um die Leitung der Proben zu der am 2. März 3 Uhr nachmittags stattfindenden Uraufführung seiner Komödie ‚Schloß Wetterstein‘ zu übernehmen.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 20, Nr. 6590, 27.2.1912, S. 7] Alice Hétsey war an fünf Tagen, vom 24.2.1912 bis 27.2.1912, bei den Proben dabei, die dann eingestellt wurden. Wedekind notierte diese Proben am 24.2.1912 („Ankunft in Wien. Nachmittags Probe. 1. und 2. Akt“), am 25.2.1912 („Vormittag 11 Uhr Probe“), am 26.2.1912 („Vormittags 10 Uhr Probe“), am 27.2.1912 („Nachmittags Probe. 3 und 2 Akt“) und schließlich am 28.2.1912 die Absage der Schauspielerin („Probe. Die Hetschei hat abgesagt, Skandal“) im Tagebuch. zu bewältigen, die Frau Hetschey dazu zur Verfügung standen. Meine Verehrung für die Künstlerin und der Dank, den ich ihr schulde konnten durch das Ausfallen der VorstellungWedekinds „Schloß Wetterstein“ sollte am 2.3.1912 in einer geschlossenen Nachmittagsvorstellung, veranstaltet vom Akademischen Verband für Literatur und Musik für geladene Gäste, uraufgeführt werden, was kurzfristig abgesagt wurde. Die Presse meldete: „Die für heute angesetzte Vorstellung ‚Schloß Wetterstein‘ kann unvorhergesehener Schwierigkeiten wegen nicht stattfinden.“ [Wedekinds Erstaufführung von „Schloß Wetterstein“ abgesagt. In: Die Zeit, Jg. 11, Nr. 3389, 2.3.1912, Abendblatt, S. 2] Die „Münchener Zeitung“ schrieb am 4.3.1912, die Uraufführung, „die am Samstag in Wien erfolgen sollte, ist, angeblich wegen Erkrankung einer Hauptdarstellerin, auf einen späteren Termin verschoben worden“ [KSA 7/II, S. 912]. Diese Hauptdarstellerin war Alice Hétsey, deren Absage Wedekind am 28.2.1912 notiert hat: „Die Hetschei hat abgesagt“ [Tb], wobei eine Erkrankung dem vorliegenden Brief zufolge wohl kaum der Grund für die Absage war. nur erhöht werden, da auch mir dieser Ausfall lieber sein mußte als eine durch die Verhältnisse bedingte unzulängliche Wiedergabe.

Indem ich Sie bitte, geehrter Herr Holzer, Ihrer Frau GemahlinAlice Hétsey war seit 1901 mit dem Schriftsteller und Journalisten Rudolf Holzer verheiratet [vgl. KSA 7/II, S. 914]. den Ausdruck meiner Verehrung zu Füßen zu legen
mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


Ich bitte Sie um Veröffentlichung dieser ZeilenRudolf Holzer, seit 1900 Redakteur der „Wiener Zeitung“ [vgl. KSA 7/II, S. 914] (später deren Chefredakteur), ausgewiesen als in Wien (Wallgasse 25) wohnender „Schriftsteller“ und „Redakteur d. ‚Wiener Zeitung‘“ [Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1912, Teil VII, S. 499], hat den Brief Wedekinds in der „Wiener Zeitung“ nicht veröffentlicht und wohl auch in keiner anderen Zeitung. Er hätte mit einer Veröffentlichung den Namen seiner Frau im Zusammenhang mit dem von der Zensur verbotenen Stück „Schloß Wetterstein“ publik gemacht, der bis dahin in keiner der zahlreichen Pressemitteilungen seit Anfang 1912 zur geplanten Uraufführung in Wien genannt wurde..

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Kariertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 22 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    15. März 1912 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Wien
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Österreichische Nationalbibliothek

Josefsplatz 1
A-1015 Wien
Österreich

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Sammlung von Handschriften und alten Drucken
Signatur des Dokuments:
Autogr. 429/15-1
Standort:
Österreichische Nationalbibliothek (Wien)

Danksagung

Wir danken der Österreichischen Nationalbibliothek (Wien) für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Rudolf Holzer, 15.3.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

02.09.2024 21:18