Vergleichsansicht

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Kennung: 223

München, 30. Mai 1903 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Halbe, Max

Inhalt

[1. Briefentwurf:]


Lieber Max Freund!
Ich habe es gründlich satt, jeden Abend, an dem wir uns treffen, ein hochnotpeinliches Verhör über mich ergehen lassen zu müssen, welches Gefühle tractiert, die Du bei mir von in mich hinein phantasierst denkst, die ich nie empfunden habe und über die ich mich noch nie mit einem Wort geäußert habe. Ich halte es daher für s/v/ernünftig, sodaßSchreibversehen, statt: daß. wir uns so lange nicht absichtlich begegnen bis wir uns gegenseitig nicht mehr mit so unerquicklichen abgeschmackten Erörterungen zu behelligen haben. Ich bitte Dich deshalb auch nächsten Dienstag, so sehr ich Dir für Deine Einladung danke, nicht | auf mich rechnen zu wollen. Sollten wir uns unabsichtlich zufällig begegnen so werden wir uns hoffentlich mit Fassung darein finden.

Mit besten Grüßen
Dein Frank


[2. Abgesandter Brief:]


Lieber FreundMax Halbe notierte am 31.5.1903 (Pfingstsonntag) zum vorliegenden Brief: „Wedekind kündigt mir brieflich die Freundschaft, fühle sich schlecht von mir behandelt. Ich finde das Gleiche umgekehrt.“ [Tb Halbe] Er schickte den Brief später an Wedekind zurück [vgl. Max Halbe an Wedekind, 29.6.1903].!
ich habe es gründlich satt, jeden Abend, an dem wir uns treffenWedekind hat Max Halbe vor dessen Reise vom 14. bis 26.5.1903 (nach Wien, Budapest und Berlin) nachweislich zuletzt am 7.5.1903 gesehen, wie der Freund notierte: „Besuch bei Wedekind“ [Tb Halbe], danach am 28. und 29.5.1903 (siehe unten)., ein hochnotpeinliches VerhörInquisitionsmetapher für: zugespitzte Fragen. über mich ergehen lassen zu müssen, welches Gefühle tractiert, die ich, im Gegensatz zu Deinen V/B/ehauptungen und Vorwürfen, nie empfunden und nie mit einem Wort geäußert habe. Gegen den Vorwurf, daß ich Dir eine feindliche Gesinnung entgegenbringe und dadurch Anlaß zu den wiederholten Streitigkeiten gegeben habe, werde | ich mich vertheidigen, wo und wie ich irgend kann. Ebenso vertheidige ich mich gegen Deinen VorwurfMax Halbe dürfte sich bei den letzten Gesprächen mit Wedekind am 28. und 29.5.1903 (siehe unten) über Wedekinds Haltung zu den Kompositionen seines Freundes Hans Richard Weinhöppel, Wedekind wiederum zu dessen Verhalten gegenüber dem Musiker Anton Dreßler geäußert haben., daß ich Richard eine feindselige Gesinnung entgegenbringe. Ich bin einer Neigung, die mir seine Production manchmal zum Nachempfundenen zu haben schien, allerdings sehr feindlich gesinnt. Ebenso kann ich, von seinem eigenen Interesse ausgehend, sein Verhalten gegenüber Dreßler nicht billigen. Mit meinen Gefühlen gegenüber seiner Persönlichkeit und seiner Kunst im großen Ganzen haben diese Empfindungen nichts zu schaffen. Was uns Beide betrifft, so halte ich es für vernünftig, daß wir uns so lange nicht absichtlich | begegnen, bis wir uns nicht mehr mit so abgeschmackten Erörterungen wie gesternMax Halbe notierte am 29.5.1903: „Torggelstube m. Wedekind. Gereizte Stimmung.“ [Tb Halbe] und vorgesternMax Halbe notierte am 28.5.1903: „Frank bei der Heimkehr vom Kegelabend“ [Tb Halbe]. Abend zu behelligen haben. Ich bitte Dich deshalb, auch nächsten Dienstag, so sehr ich Dir für Deine Einladung danke, nicht auf mich rechnen zu wollen. Ich habe aus den Streitigkeiten, die Du seit zwei Monaten mir gegenüber vom Zaun brichst, bis jetzt noch keinerlei Schlußfolgerungen gezogen, weil ich die Frage nicht entscheiden konnte, ob ihnen nicht doch vielleicht eine freundschaftliche Gesinnung zu Grunde liegt. Ich würde mein Benehmen aber fu eines anständigen Menschen für unwürdig halten, wenn ich mich einer solchen Behandlung noch | weiter mit bewußter Absicht aussetzen wollte. Sollten wir uns zufällig unabsichtlich begegnenBegegnungen gab es in den nächsten Tagen – am 4.6.1903: „Im Café kühle Begegnung mit Frank“ [Tb Halbe], am 8.6.1903: „Im Café Begegnung mit Frank“ [Tb Halbe] – oder Max Halbe konstatierte, wenn es sie nicht gab, so am 10.6.1903: „Dichtelei mit Keyserling u.s.w Frank unsichtbar!“ [Tb Halbe], so werden wir uns hoffentlich mit Ruhe und Fassung in die Sachlage finden.

Mit besten Grüßen
Dein Frank.


München 30 Mai 1903.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 6 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
1. Briefentwurf: Papier. 16,5 x 21 cm. 1 Blatt, 2 Seiten beschrieben. Gelocht. 2. Abgesandter Brief: Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12,5 x 20 cm. 2 Blatt, 4 Seiten beschrieben. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 des abgesandten Briefs mit Bleistift das Datum „30.5.3“ notiert; darunter steht – möglicherweise von fremder Hand – „Halbe“ mit Bleistift geschrieben. Der abgesandte Brief gelangte später durch Max Halbe als Beilage zu einem eigenen Brief an Wedekind zurück [vgl. Max Halbe an Wedekind, 29.6.1903] und befindet sich daher zusammen mit dem Briefentwurf in Wedekinds Münchner Nachlass.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    30. Mai 1903 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 196
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Max Halbe, 30.5.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (22.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

17.10.2024 18:49
Kennung: 223

München, 30. Mai 1903 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Halbe, Max
 
 

Inhalt

[1. Briefentwurf:]


Lieber Max Freund!
Ich habe es gründlich satt, jeden Abend, an dem wir uns treffen, ein hochnotpeinliches Verhör über mich ergehen lassen zu müssen, welches Gefühle tractiert, die Du bei mir von in mich hinein phantasierst denkst, die ich nie empfunden habe und über die ich mich noch nie mit einem Wort geäußert habe. Ich halte es daher für s/v/ernünftig, sodaßSchreibversehen, statt: daß. wir uns so lange nicht absichtlich begegnen bis wir uns gegenseitig nicht mehr mit so unerquicklichen abgeschmackten Erörterungen zu behelligen haben. Ich bitte Dich deshalb auch nächsten Dienstag, so sehr ich Dir für Deine Einladung danke, nicht | auf mich rechnen zu wollen. Sollten wir uns unabsichtlich zufällig begegnen so werden wir uns hoffentlich mit Fassung darein finden.

Mit besten Grüßen
Dein Frank


[2. Abgesandter Brief:]


Lieber FreundMax Halbe notierte am 31.5.1903 (Pfingstsonntag) zum vorliegenden Brief: „Wedekind kündigt mir brieflich die Freundschaft, fühle sich schlecht von mir behandelt. Ich finde das Gleiche umgekehrt.“ [Tb Halbe] Er schickte den Brief später an Wedekind zurück [vgl. Max Halbe an Wedekind, 29.6.1903].!
ich habe es gründlich satt, jeden Abend, an dem wir uns treffenWedekind hat Max Halbe vor dessen Reise vom 14. bis 26.5.1903 (nach Wien, Budapest und Berlin) nachweislich zuletzt am 7.5.1903 gesehen, wie der Freund notierte: „Besuch bei Wedekind“ [Tb Halbe], danach am 28. und 29.5.1903 (siehe unten)., ein hochnotpeinliches VerhörInquisitionsmetapher für: zugespitzte Fragen. über mich ergehen lassen zu müssen, welches Gefühle tractiert, die ich, im Gegensatz zu Deinen V/B/ehauptungen und Vorwürfen, nie empfunden und nie mit einem Wort geäußert habe. Gegen den Vorwurf, daß ich Dir eine feindliche Gesinnung entgegenbringe und dadurch Anlaß zu den wiederholten Streitigkeiten gegeben habe, werde | ich mich vertheidigen, wo und wie ich irgend kann. Ebenso vertheidige ich mich gegen Deinen VorwurfMax Halbe dürfte sich bei den letzten Gesprächen mit Wedekind am 28. und 29.5.1903 (siehe unten) über Wedekinds Haltung zu den Kompositionen seines Freundes Hans Richard Weinhöppel, Wedekind wiederum zu dessen Verhalten gegenüber dem Musiker Anton Dreßler geäußert haben., daß ich Richard eine feindselige Gesinnung entgegenbringe. Ich bin einer Neigung, die mir seine Production manchmal zum Nachempfundenen zu haben schien, allerdings sehr feindlich gesinnt. Ebenso kann ich, von seinem eigenen Interesse ausgehend, sein Verhalten gegenüber Dreßler nicht billigen. Mit meinen Gefühlen gegenüber seiner Persönlichkeit und seiner Kunst im großen Ganzen haben diese Empfindungen nichts zu schaffen. Was uns Beide betrifft, so halte ich es für vernünftig, daß wir uns so lange nicht absichtlich | begegnen, bis wir uns nicht mehr mit so abgeschmackten Erörterungen wie gesternMax Halbe notierte am 29.5.1903: „Torggelstube m. Wedekind. Gereizte Stimmung.“ [Tb Halbe] und vorgesternMax Halbe notierte am 28.5.1903: „Frank bei der Heimkehr vom Kegelabend“ [Tb Halbe]. Abend zu behelligen haben. Ich bitte Dich deshalb, auch nächsten Dienstag, so sehr ich Dir für Deine Einladung danke, nicht auf mich rechnen zu wollen. Ich habe aus den Streitigkeiten, die Du seit zwei Monaten mir gegenüber vom Zaun brichst, bis jetzt noch keinerlei Schlußfolgerungen gezogen, weil ich die Frage nicht entscheiden konnte, ob ihnen nicht doch vielleicht eine freundschaftliche Gesinnung zu Grunde liegt. Ich würde mein Benehmen aber fu eines anständigen Menschen für unwürdig halten, wenn ich mich einer solchen Behandlung noch | weiter mit bewußter Absicht aussetzen wollte. Sollten wir uns zufällig unabsichtlich begegnenBegegnungen gab es in den nächsten Tagen – am 4.6.1903: „Im Café kühle Begegnung mit Frank“ [Tb Halbe], am 8.6.1903: „Im Café Begegnung mit Frank“ [Tb Halbe] – oder Max Halbe konstatierte, wenn es sie nicht gab, so am 10.6.1903: „Dichtelei mit Keyserling u.s.w Frank unsichtbar!“ [Tb Halbe], so werden wir uns hoffentlich mit Ruhe und Fassung in die Sachlage finden.

Mit besten Grüßen
Dein Frank.


München 30 Mai 1903.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 6 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
1. Briefentwurf: Papier. 16,5 x 21 cm. 1 Blatt, 2 Seiten beschrieben. Gelocht. 2. Abgesandter Brief: Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12,5 x 20 cm. 2 Blatt, 4 Seiten beschrieben. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 des abgesandten Briefs mit Bleistift das Datum „30.5.3“ notiert; darunter steht – möglicherweise von fremder Hand – „Halbe“ mit Bleistift geschrieben. Der abgesandte Brief gelangte später durch Max Halbe als Beilage zu einem eigenen Brief an Wedekind zurück [vgl. Max Halbe an Wedekind, 29.6.1903] und befindet sich daher zusammen mit dem Briefentwurf in Wedekinds Münchner Nachlass.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    30. Mai 1903 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 196
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Max Halbe, 30.5.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (22.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

17.10.2024 18:49