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Kennung: 2155

Lenzburg, 12. Februar 1904 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Emilie (Mati)

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lenzburg 12. Febr. 1904.


Mein lieber Frank,

ich habe gewaltig Moralischen ob meiner MoritatWedekinds jüngste Schwester hat ihm am selben Tag als Beilage zu einem Brief [vgl. Emilie (Mati) Wedekind an Frank Wedekind, 12.2.1904] eine Glosse in Versen über eine kleine Skandalgeschichte in Lenzburg geschickt, die sie für einen möglichen Abdruck im „Simplicissimus“ geschrieben hat; im vorliegenden Folgebrief hat sie Bedenken, ihren Text der Münchner Wochenschrift so anzubieten (das sollte ihr Bruder in München übernehmen) und zieht ihn zurück.. So darf es nirgends erscheinen. Ich dürfte es schon der Sofie nicht antun. Sie hat alles mitgemacht und kennt alle die Aussprüche vom Alten; zwar nur durch mich, denn der Paulus schilderte mir die Bettscene in seinem Abschiedsbrief. Und dann möcht ich es doch auch eigentlich dem Paulus nicht zu leide tun und trotzdem er dies Quartal nicht | mehr nach Hause geht, könnte er doch später noch übel drunter leiden müssen. Es war mir so merkwürdig, wie ich gestern Abend die ganze Geschichte nur so in einem Zuge hinschmieren konnte, da glaubte ich denn auch, es müsse so schnell wie möglich unter die Presse. Wenn es erscheint, müssen auf jeden Fall ganz ausländische Ratsnamen hinein, damit die Nichtbeteiligten niemals auf die Idee kommen, das sei hier passiert. Die Leute, die es mit angesehen haben von unten: Mama, Fr. Dr. Sommerhalder und ihre Tochter | Augusta haben offenbar bis jetzt geschwiegen, denn niemand spricht davon in der Stadt und die beiden Buben in der Matte, wurden offenbar in ihrer Meinung wieder irre, als sie ihn so tapfer davon gehen sahen. Mama meint übrigens, er hätte sich wegen seinen Schulden geschiessen wollen und ich rühre wohlweislich nicht an dieser guten Meinung. Sie sagte: „Daß mir der Mensch nicht mehr ins Haus kommt, ich will keinen hierhaben, der sich erschießt, ich hab’ genug an meinen eigenen Jungens.“ |

So ist nun für alle Teile gut gesorgt. Alle sind jetzt zufrieden gestellt und es thäte mir leid wenn der Frieden durch diesen meinen etwas rohen Streich nun wieder gestört würde.

Schick mir also meine Geschichte nur so wieder, obschon es zwar den Alten gehören würde, ihm für seine Rohheit und ihr für ihre Gemeinheit. Aber es ist besser man läßt es jetzt ruhn.

Mit vielen herzlichen Grüßen Dein altes
Mati.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Rautiertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    12. Februar 1904 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 308
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Emilie (Mati) Wedekind an Frank Wedekind, 12.2.1904. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

30.09.2021 18:19
Kennung: 2155

Lenzburg, 12. Februar 1904 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Emilie (Mati)

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Lenzburg 12. Febr. 1904.


Mein lieber Frank,

ich habe gewaltig Moralischen ob meiner MoritatWedekinds jüngste Schwester hat ihm am selben Tag als Beilage zu einem Brief [vgl. Emilie (Mati) Wedekind an Frank Wedekind, 12.2.1904] eine Glosse in Versen über eine kleine Skandalgeschichte in Lenzburg geschickt, die sie für einen möglichen Abdruck im „Simplicissimus“ geschrieben hat; im vorliegenden Folgebrief hat sie Bedenken, ihren Text der Münchner Wochenschrift so anzubieten (das sollte ihr Bruder in München übernehmen) und zieht ihn zurück.. So darf es nirgends erscheinen. Ich dürfte es schon der Sofie nicht antun. Sie hat alles mitgemacht und kennt alle die Aussprüche vom Alten; zwar nur durch mich, denn der Paulus schilderte mir die Bettscene in seinem Abschiedsbrief. Und dann möcht ich es doch auch eigentlich dem Paulus nicht zu leide tun und trotzdem er dies Quartal nicht | mehr nach Hause geht, könnte er doch später noch übel drunter leiden müssen. Es war mir so merkwürdig, wie ich gestern Abend die ganze Geschichte nur so in einem Zuge hinschmieren konnte, da glaubte ich denn auch, es müsse so schnell wie möglich unter die Presse. Wenn es erscheint, müssen auf jeden Fall ganz ausländische Ratsnamen hinein, damit die Nichtbeteiligten niemals auf die Idee kommen, das sei hier passiert. Die Leute, die es mit angesehen haben von unten: Mama, Fr. Dr. Sommerhalder und ihre Tochter | Augusta haben offenbar bis jetzt geschwiegen, denn niemand spricht davon in der Stadt und die beiden Buben in der Matte, wurden offenbar in ihrer Meinung wieder irre, als sie ihn so tapfer davon gehen sahen. Mama meint übrigens, er hätte sich wegen seinen Schulden geschiessen wollen und ich rühre wohlweislich nicht an dieser guten Meinung. Sie sagte: „Daß mir der Mensch nicht mehr ins Haus kommt, ich will keinen hierhaben, der sich erschießt, ich hab’ genug an meinen eigenen Jungens.“ |

So ist nun für alle Teile gut gesorgt. Alle sind jetzt zufrieden gestellt und es thäte mir leid wenn der Frieden durch diesen meinen etwas rohen Streich nun wieder gestört würde.

Schick mir also meine Geschichte nur so wieder, obschon es zwar den Alten gehören würde, ihm für seine Rohheit und ihr für ihre Gemeinheit. Aber es ist besser man läßt es jetzt ruhn.

Mit vielen herzlichen Grüßen Dein altes
Mati.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Rautiertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    12. Februar 1904 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 308
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Emilie (Mati) Wedekind an Frank Wedekind, 12.2.1904. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

30.09.2021 18:19