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Kennung: 2101

Leipzig, 5. Januar 1898 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Erika (Mieze)

Inhalt

Liebe Mieze,

ich wäre dir sehr dankbar, wenn Du mir für den laufenden Monat noch eine Unterstützung zutheil werden ließest. Vergangnen Monat hast Du mir hu 100 Mk geschickt. Dazu habe ich mir aber 250 Mk verdient, 200 Mk für GedichteWedekind schrieb seit 1896 kontinuierlich für Albert Langens „Simplicissimus“ Gedichte [vgl. KSA 1/II, S. 2234f.]. und 50 für meinen VortragDer Vorsitzende der Literarischen Gesellschaft in Leipzig hatte Wedekind 50 Mark Honorar angeboten [vgl. Kurt Martens an Wedekind, 9.10.1897]. Wedekinds Lesung am 26.11.1897 in Leipzig auf Einladung der Literarischen Gesellschaft [vgl. Vinçon 2014, S. 123f.] war als deren erste Veranstaltung der neuen Saison annonciert: „Litterarische Gesellschaft in Leipzig. Freitag den 26. November pünktlich 8 Uhr I. Gesellschafts-Abend im oberen Saale des Hotels de Pologne. I. Teil. Vortrag des Kunsthistorikers Georg Fuchs [...]. II. Dichtungen von Frank Wedekind, vorgetragen vom Dichter.“ [Leipziger Volkszeitung, Jg. 4, Nr. 237, 25.11.1897, S. (4)] Wedekind las Szenen aus „Frühlings Erwachen“, Gedichte, eine Szene aus dem „Kammersänger“ (da noch unter dem Titel „Das Gastspiel“) sowie seine Erzählung „Rabbi Esra“ [vgl. Wedekind an Kurt Martens, 4.11.1898].. Ich lege dir hier d/m/einen ContractWedekinds Vertrag mit Carl Heine über die Aufführung des „Erdgeist“ sowie über seine Aufgaben als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler bei Carl Heines Ensemble ist nicht überliefert. bei, aus dem du ersiehst | daß ich für die nächsten zw/dr/ei Monate 150 Mk fixum habe. Von dem Augenblick an, wo wir reisenWedekind ging im Frühjahr 1898 mit Carl Heines Ensemble, dem Ibsen-Theater, auf Tournee., wird meine Gage eine höhere sein. Wenn du meine Bitte unbillig findest, dann werde ich dir das nicht schief nehmen. Immerhin wirst du selber einsehen daß ich auf dem besten Wege bin aus meiner Bedrängung herauszukommen und eine meiner Begabung entsprechende Stellung zu erringen. Ich habe heute Morgen allein eine fünfstündige | Probe geleitet von Barthel Turaser von dem du vielleicht gehört hast daß es in Wien und BerlinPhilipp Langmanns naturalistisches Drama „Bartel Turaser“ in österreichischem Dialekt wurde am 11.12.1897 am Deutschen Volkstheater in Wien und gleichzeitig am Lessingtheater in Berlin uraufgeführt. mit außerordentlichem Erfolg erst kürzlich aufgeführt worden. Übermorgen ist die VorstellungDie von der Literarischen Gesellschaft am 7.1.1898 im Kristallpalast unter der Regie von Carl Heine veranstaltete Leipziger Premiere von Philipp Langmanns Drama „Bartel Turaser“ fand „vor überfülltem Hause“ statt: „Das Publikum, das den Theatersaal des Krystallpalastes bis auf das letzte Plätzchen gefüllt hatte, spendete stürmischen Beifall und ließ zum Schluß, als sich der Vorhang wieder und wieder hob, nicht mit Klatschen nach, bis Dr. Heine selbst vor der Rampe erschien.“ [E. St.: Litterarische Gesellschaft. In: Leipziger Volkszeitung, Jg. 5, Nr. 5, 8.1.1898, S. (5f.)], natürlich öffentlich, im Kristallpalast, vor 2000 Menschen. Das Haus ist bereits ausverkauft. Das ist keine Redensart. Der starke Erfolg in Berlin ist daran schuld. Aber bis übermorgen muß ich auch noch ein Gedicht für LangenEs dürfte sich um das Gedicht „Reaction“ [KSA 1/I, S. 478f.] gehandelt haben, das am 11.1.1898 im „Simplicissimus“ erschien und kurz zuvor entstanden ist [vgl. KSA 1/II, S. 1996f.]. machen wie du aus beiliegendem Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Albert Langen an Wedekind, 1.1.1898. ersiehst, für das ich aber vor Montagder 10.1.1898. kein Geld erhalte. Vorschuß | von Dr. Heine zu nehmen wage ich jetzt noch nicht. Du siehst, ich arbeite, was ich kann und wäre dir sehr dankbar, wenn du mir noch einmal Mk 50 schickenWedekind hatte seiner Mutter angekündigt, dass er seine Schwester „Mieze um 50 Mk bitten“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 2.12.1897] werde. wolltest von denen ich zum theil meine Wirthinvermutlich Marie Anna Seiffert, „Privata“ [Leipziger Adreß-Buch für 1898, Teil I, S. 850], die in der Haydnstraße 1, Parterre wohnte. Der Besitzer des Hauses war ein Architekt, der nicht in Frage kommt. bezahlen werde. Übrigens ist das mit Dr. Heine nicht richtig. Ich habe mir eben 30 Mk von ihm geholt aber ich muß doch was zu leben haben und weiß nur nicht wovon ich meine Wirthin bezahlen soll.

Mit herzlichem Gruß dein dankbarer Bruder Frank


Haydnstrasse 1.pt.Wedekind wohnte in Leipzig in der Haydnstraße 1, Parterre links ‒ ebenfalls im Parterre wohnte (außer Marie Anna Seiffert und einem Kaufmann) der Vorsitzende der Literarischen Gesellschaft, der Referendar Kurt Martens [vgl. Leipziger Adreß-Buch für 1898, Teil II, S. 135].l. ‒ 5.1.98


[Seite 1 oben um 180 Grad gedreht:]

Augenblicklich finde ich den letzten Brief von Langen nicht. Ich bitte dich mir den Contrakt zurückzuschicken.


[Kuvert:]


Fräulein Erika Wedekind
kgl. Sächs. Hofopernsängerin
Dresden
34 Struvestrasse 34Nicht nur Erika Wedekind, als Königliche Hofopernsängerin ausgewiesen, sondern auch die Mutter Emilie Wedekind wohnte seinerzeit in der Struvestraße 34 (3. Stock) in Dresden [vgl. Adreßbuch für Dresden und seine Vororte 1898, Teil I, S. 618]..

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte. Zusatz mit Bleistift.
Schriftträger:
Papier. 1 Doppelblatt. 4 Seiten beschrieben. Seitenmaß 11 x 18 cm. Gelocht. Kuvert. 1 Seite beschrieben. 12 x 9,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben. Kuvert im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Kuvert ist mit zwei Briefmarken von jeweils 10 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Uhrzeit im Postausgangsstempel Leipzig: „9 – 10“ (= 21 bis 22 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel Dresden: „5 – 6 V“ (= 5 bis 6 Uhr).

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
294-295
Briefnummer:
132
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 213
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Erika (Mieze) Wedekind, 5.1.1898. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

13.09.2021 18:40
Kennung: 2101

Leipzig, 5. Januar 1898 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Erika (Mieze)
 
 

Inhalt

Liebe Mieze,

ich wäre dir sehr dankbar, wenn Du mir für den laufenden Monat noch eine Unterstützung zutheil werden ließest. Vergangnen Monat hast Du mir hu 100 Mk geschickt. Dazu habe ich mir aber 250 Mk verdient, 200 Mk für GedichteWedekind schrieb seit 1896 kontinuierlich für Albert Langens „Simplicissimus“ Gedichte [vgl. KSA 1/II, S. 2234f.]. und 50 für meinen VortragDer Vorsitzende der Literarischen Gesellschaft in Leipzig hatte Wedekind 50 Mark Honorar angeboten [vgl. Kurt Martens an Wedekind, 9.10.1897]. Wedekinds Lesung am 26.11.1897 in Leipzig auf Einladung der Literarischen Gesellschaft [vgl. Vinçon 2014, S. 123f.] war als deren erste Veranstaltung der neuen Saison annonciert: „Litterarische Gesellschaft in Leipzig. Freitag den 26. November pünktlich 8 Uhr I. Gesellschafts-Abend im oberen Saale des Hotels de Pologne. I. Teil. Vortrag des Kunsthistorikers Georg Fuchs [...]. II. Dichtungen von Frank Wedekind, vorgetragen vom Dichter.“ [Leipziger Volkszeitung, Jg. 4, Nr. 237, 25.11.1897, S. (4)] Wedekind las Szenen aus „Frühlings Erwachen“, Gedichte, eine Szene aus dem „Kammersänger“ (da noch unter dem Titel „Das Gastspiel“) sowie seine Erzählung „Rabbi Esra“ [vgl. Wedekind an Kurt Martens, 4.11.1898].. Ich lege dir hier d/m/einen ContractWedekinds Vertrag mit Carl Heine über die Aufführung des „Erdgeist“ sowie über seine Aufgaben als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler bei Carl Heines Ensemble ist nicht überliefert. bei, aus dem du ersiehst | daß ich für die nächsten zw/dr/ei Monate 150 Mk fixum habe. Von dem Augenblick an, wo wir reisenWedekind ging im Frühjahr 1898 mit Carl Heines Ensemble, dem Ibsen-Theater, auf Tournee., wird meine Gage eine höhere sein. Wenn du meine Bitte unbillig findest, dann werde ich dir das nicht schief nehmen. Immerhin wirst du selber einsehen daß ich auf dem besten Wege bin aus meiner Bedrängung herauszukommen und eine meiner Begabung entsprechende Stellung zu erringen. Ich habe heute Morgen allein eine fünfstündige | Probe geleitet von Barthel Turaser von dem du vielleicht gehört hast daß es in Wien und BerlinPhilipp Langmanns naturalistisches Drama „Bartel Turaser“ in österreichischem Dialekt wurde am 11.12.1897 am Deutschen Volkstheater in Wien und gleichzeitig am Lessingtheater in Berlin uraufgeführt. mit außerordentlichem Erfolg erst kürzlich aufgeführt worden. Übermorgen ist die VorstellungDie von der Literarischen Gesellschaft am 7.1.1898 im Kristallpalast unter der Regie von Carl Heine veranstaltete Leipziger Premiere von Philipp Langmanns Drama „Bartel Turaser“ fand „vor überfülltem Hause“ statt: „Das Publikum, das den Theatersaal des Krystallpalastes bis auf das letzte Plätzchen gefüllt hatte, spendete stürmischen Beifall und ließ zum Schluß, als sich der Vorhang wieder und wieder hob, nicht mit Klatschen nach, bis Dr. Heine selbst vor der Rampe erschien.“ [E. St.: Litterarische Gesellschaft. In: Leipziger Volkszeitung, Jg. 5, Nr. 5, 8.1.1898, S. (5f.)], natürlich öffentlich, im Kristallpalast, vor 2000 Menschen. Das Haus ist bereits ausverkauft. Das ist keine Redensart. Der starke Erfolg in Berlin ist daran schuld. Aber bis übermorgen muß ich auch noch ein Gedicht für LangenEs dürfte sich um das Gedicht „Reaction“ [KSA 1/I, S. 478f.] gehandelt haben, das am 11.1.1898 im „Simplicissimus“ erschien und kurz zuvor entstanden ist [vgl. KSA 1/II, S. 1996f.]. machen wie du aus beiliegendem Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Albert Langen an Wedekind, 1.1.1898. ersiehst, für das ich aber vor Montagder 10.1.1898. kein Geld erhalte. Vorschuß | von Dr. Heine zu nehmen wage ich jetzt noch nicht. Du siehst, ich arbeite, was ich kann und wäre dir sehr dankbar, wenn du mir noch einmal Mk 50 schickenWedekind hatte seiner Mutter angekündigt, dass er seine Schwester „Mieze um 50 Mk bitten“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 2.12.1897] werde. wolltest von denen ich zum theil meine Wirthinvermutlich Marie Anna Seiffert, „Privata“ [Leipziger Adreß-Buch für 1898, Teil I, S. 850], die in der Haydnstraße 1, Parterre wohnte. Der Besitzer des Hauses war ein Architekt, der nicht in Frage kommt. bezahlen werde. Übrigens ist das mit Dr. Heine nicht richtig. Ich habe mir eben 30 Mk von ihm geholt aber ich muß doch was zu leben haben und weiß nur nicht wovon ich meine Wirthin bezahlen soll.

Mit herzlichem Gruß dein dankbarer Bruder Frank


Haydnstrasse 1.pt.Wedekind wohnte in Leipzig in der Haydnstraße 1, Parterre links ‒ ebenfalls im Parterre wohnte (außer Marie Anna Seiffert und einem Kaufmann) der Vorsitzende der Literarischen Gesellschaft, der Referendar Kurt Martens [vgl. Leipziger Adreß-Buch für 1898, Teil II, S. 135].l. ‒ 5.1.98


[Seite 1 oben um 180 Grad gedreht:]

Augenblicklich finde ich den letzten Brief von Langen nicht. Ich bitte dich mir den Contrakt zurückzuschicken.


[Kuvert:]


Fräulein Erika Wedekind
kgl. Sächs. Hofopernsängerin
Dresden
34 Struvestrasse 34Nicht nur Erika Wedekind, als Königliche Hofopernsängerin ausgewiesen, sondern auch die Mutter Emilie Wedekind wohnte seinerzeit in der Struvestraße 34 (3. Stock) in Dresden [vgl. Adreßbuch für Dresden und seine Vororte 1898, Teil I, S. 618]..

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 5 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte. Zusatz mit Bleistift.
Schriftträger:
Papier. 1 Doppelblatt. 4 Seiten beschrieben. Seitenmaß 11 x 18 cm. Gelocht. Kuvert. 1 Seite beschrieben. 12 x 9,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben. Kuvert im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Das Kuvert ist mit zwei Briefmarken von jeweils 10 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Uhrzeit im Postausgangsstempel Leipzig: „9 – 10“ (= 21 bis 22 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel Dresden: „5 – 6 V“ (= 5 bis 6 Uhr).

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
294-295
Briefnummer:
132
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 213
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Erika (Mieze) Wedekind, 5.1.1898. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

13.09.2021 18:40