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Kennung: 2081

Lenzburg, 9. November 1884 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Erika (Mieze)

Adressat*in

  • Wedekind, Armin (Hami)
  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lenzburg 9. Nov. 1884.


Liebster Hammi!

Am 4. erhielten wir deine l. Karte sie war zwar gar nicht inhaltsschwer freute aber doch alle recht. Mamma sagte aber gleich Du habest wahrscheinlich die Adresse schreiben wollen u habest sie richtig vergessen. Es ist jetzt doch recht still bei uns geworden u. wenn ich nicht immer alle Hände voll Aufgaben hätte so würde ich oft recht Sehnsucht nach meinem lieben Hamy bekommen. Letzten Sonntag waren Mammeli u ich im Concert. Herr u Frau HeimErnst Heim, Geiger, Musiklehrer, Harfenist sowie Dirigent in Davos (seit 1885, davor in Zürich), und seine Frau, die Geigerin Mathilde Heim (geb. Brehm) [vgl. Edgar Refardt: Historisch-biographisches Musikerlexikon der Schweiz. Leipzig, Zürich 1928, S. 490]. ga von Zürich gaben daßselbe u unter Gugels MitwirkenEugen Gugel, Cellist und Pianist aus München, war seinerzeit in Lenzburg Musiklehrer; er leitete von 1883 bis 1888 den Lenzburger Musikverein [vgl. KSA 1/II, S. 2165] und dürfte das Konzert am 2.11.1884 in Lenzburg organisiert haben.. Es war recht schön aber sehr wenig besucht. Am letzten Mittwoch traf ich in Aarau Frau Pr. RauchensteinErika Wedekind traf am 5.11.1884 in Aarau Sophie Rauchenstein (geb. Pfleger), die Gattin von Johann Friedrich Rauchenstein, Altphilologe und bis 1870 Lehrer an der Kantonsschule in Aarau.. Sie erkundigte sich nach Dir, trug mir viele Grüße auf für Dich u sagte, sie hoffe auch bald einen | Brief von Dir zu erhalten. Am Freitag als ich in den Wagen stieg sah ich Fr. GaudarErika Wedekind traf am 7.11.1884 in Aarau Magdalena Gaudard (geb. Dürst), die Mutter von Blanche Zweifel (geb. Gaudard), der in Lenzburg verheirateten Freundin von Minna von Greyerz und ehemaligen Schülerin des Lehrerinnenseminars in Aarau [vgl. Fünfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1877/78, S. 6]. welche grade von Genf kam u nach Hause wollte. Ich setzte mich nun zu ihr u. wir sprachen auch über allerlei miteinander. Auch sie läßt euch vielmal grüßen. Als ich dann nach Hause kam hatte Mati schauerliches Zahnweh u wir giengen deßhalb gestern Nachmittag zum Zahnarzt BrentanoMax Brentano war Zahnarzt in Aarau (Entfelderstraße 1075) [vgl. Adreß-Buch der Stadt Aarau 1884, S. 15, 71; Adreß-Buch der Stadt Aarau 1888, S. 68, 92]. (Mati Mamma u. ich) wo Mati sich 2 Zähne ausreißen ließ. Einen kleinen u einen furchtbar Großen. Sie hat auch tapfer gekräht. Aß aber schon ¼ Stunde darauf mit bestem Appetit gebratene Kastanien. Sie hat für ihren Muth von Papa einen schönen BrumkieselSchreibversehen, statt: Brummkreisel (ein beim Drehen Töne erzeugendes Blechspielzeug). mit Musik gekriegt. In meinem Aufsatz hatte ich ziehmlich gut ‒ gut. Er sagte nicht viel sonst dazu. Nächste Woche fangen wir an „Die Jungfrau v. Orléans[“] zu lesen. Ich freue mich recht darauf. Uns allen geht es recht gut u wir hatten letzte Woche die Schneiderin. Jetzt will ich auch noch ein par Worte an Bebi schreiben, u verbleibe denn Deine Dich herzlich liebende
Mietze |


Lieber Bebi!

Auch dir will ich noch einige Worte schreiben. Gestern waren wir bei Tante Jahn die ‚erotische Tante‘ (Bertha Jahn).welche Mamma deinen Briefvgl. Frank Wedekind an Bertha Jahn, 6.11.1884. vorlas während Lisa mir einer/n/ v. H. SpilkerAdolf Spilker war vor Aufnahme seines Studiums der Chemie im Wintersemester 1884/85 in Berlin „als Gehilfe in der Löwenapotheke der Familie Jahn in Lenzburg beschäftigt.“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 41] vorlas. Denke Dir jetzt haben Mamma u. ich auch karirte Schlafröcke u freuen uns schon darauf, einmal mit dir zusammen darin aufmarschieren zu können. Ich will dir doch noch ein Stückchen v. unserem H. RektorJakob Keller war seit 1876 Rektor des Töchterinstituts und Lehrerinnenseminars in Aarau, zugleich dort Lehrer für Deutsch, Pädagogik und Religion [vgl. Adreß-Buch der Stadt Aarau 1884, S. 78]. erzählen. Hedwig LeuchDie Schwestern Hedwig und Fanny Leuch waren Mitschülerinnen; während Fanny Leuch im Schuljahr 1884/85 wie Erika Wedekind die I. Klasse besuchte, war Hedwig Leuch bereits in der III. Klasse [vgl. Zwölfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1884/85, S. 4f.]. wollte nähmlich diesen Winter einen Tanzkurs nehmen. Sie war dazu vom Kanonenhauptmann Doser eingeladen. Fragte H. Rektor u erhielt zur Antwort: „Wenn sie als Schülerin der 3. Klasse Tanzstunden nehmenw, so werde er ihr Zeugniß um eine ganze Note schlechter machen.“ Ist das nicht koloßal?

Fanny Leuch ist noch nicht hier denn sie hat sich den Fuß verstaucht u mußte deßhalb noch in Heiden bleiben. Vorgestern hat Tante Plümacherdie ‚philosophische Tante‘ (Olga Plümacher). Mamma geschrieben. Am letzten Mittwoch hatten wir KlöpelvereinErika Wedekind traf sich am 5.11.1884 in einer Gruppe zum Klöppeln (eine Handarbeitstechnik zum Anfertigen von Spitzen). u haben soeben noch den letzten Rest | der dahersbrennenden Punschtorte verzehrt. Doda u Mati haben sich neuerdings Sparbüchsen angeschafft u Doda hat vom Geburtstag her schon 8 Fr. drin. Er hat auch von der Claravermutlich Kindermädchen auf Schloss Lenzburg. Hauf’s Lichtenstein einen Serviettenring u ein Rosenbuquet bekommen. Wir haben für H. StacherGustav Stacher war Lehrer für Naturgeschichte, Mathematik, Physik, Chemie und gab auch Schreibunterricht am Lehrerinnenseminar in Aarau [vgl. Adreß-Buch der Stadt Aarau 1884, S. 78]. Er wurde vom 3.11.1884 bis 15.12.1884 vertreten: „Herr Stacher beteiligte sich bei den Sitzungen des aargauischen Verfassungsrates als Stenograph und sah sich infolge davon genötigt, für die Dauer seiner diesfalligen Funktionen einen Stellvertreter zu berufen. In dieser Eigenschaft trat ein Herr Kandidat J. Wyniger. Nachdem Herr Wyniger vom 3. November bis zum 15. Dezember die Lehrstunden des Herrn Stacher erteilte, kehrte letzterer wieder ganz in den Dienst der Schule zurück.“ [Zwölfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1884/85, S. 7] jetzt einen neuen Lehrer weil Ersterer eine Stelle als Stenograph im Verfassungsrath der seit Montag zusammen ist, angenommen hat. Dieser Neue ist das 3. rothhaarige Genie an unserer Schule. Er gefällt aber allgemein so daß die meisten wünschen er möge ganz dableiben. Bitte schreibe doch Du oder Hammi mir auch bald einmal, es würde mich sehr, sehr freuen u Mamma gewiß auch, denn ich glaube daß es I/i/hr doch ein wenig weh that als sie sah daß T. J. schon einen Brief hatte u wir noch keinen. Indessen wir wissen ja den Grund. Doch aber hoffe ich auf Einen

Nun muß ich aber schließen da ich noch viel auf m/M/orgen lernen muß u es grüßt Dich u den lieben Hammi noch tausendmal
eure
Mietze.


[Seite 1 oben links um 90 Grad gedreht:]

Mamma sagt mir noch ihr sollt ihr doch auch bald schreiben!


[Seite 1 am linken Rand um 90 Grad gedreht:]

Bebi habe Willy seine schwarze Hose mitgenommen, daß sei sehr unrecht u es/r/ solle sie wieder schicken denn Willy braucht sie.


[Seite 4 am linken Rand um 90 Grad gedreht:]

Viele herzliche Grüße von Mammeli, Doda u. Mati.

Apopogemeint ist: apropos (à propos). Wedekind kommentierte die möglicherweise komisch intendierte Schreibweise; die Schwester möge doch „in dem Worte a propos nicht wieder zwei Buchstaben auslassen“ [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 12.11.1884].. Mamma hat dann 22 Fr. für das Bier bezahlt.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    9. November 1884 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 311
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Erika (Mieze) Wedekind an Armin (Hami) Wedekind, Frank Wedekind, 9.11.1884. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

16.09.2023 09:48
Kennung: 2081

Lenzburg, 9. November 1884 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Erika (Mieze)

Adressat*in

  • Wedekind, Armin (Hami)
  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Lenzburg 9. Nov. 1884.


Liebster Hammi!

Am 4. erhielten wir deine l. Karte sie war zwar gar nicht inhaltsschwer freute aber doch alle recht. Mamma sagte aber gleich Du habest wahrscheinlich die Adresse schreiben wollen u habest sie richtig vergessen. Es ist jetzt doch recht still bei uns geworden u. wenn ich nicht immer alle Hände voll Aufgaben hätte so würde ich oft recht Sehnsucht nach meinem lieben Hamy bekommen. Letzten Sonntag waren Mammeli u ich im Concert. Herr u Frau HeimErnst Heim, Geiger, Musiklehrer, Harfenist sowie Dirigent in Davos (seit 1885, davor in Zürich), und seine Frau, die Geigerin Mathilde Heim (geb. Brehm) [vgl. Edgar Refardt: Historisch-biographisches Musikerlexikon der Schweiz. Leipzig, Zürich 1928, S. 490]. ga von Zürich gaben daßselbe u unter Gugels MitwirkenEugen Gugel, Cellist und Pianist aus München, war seinerzeit in Lenzburg Musiklehrer; er leitete von 1883 bis 1888 den Lenzburger Musikverein [vgl. KSA 1/II, S. 2165] und dürfte das Konzert am 2.11.1884 in Lenzburg organisiert haben.. Es war recht schön aber sehr wenig besucht. Am letzten Mittwoch traf ich in Aarau Frau Pr. RauchensteinErika Wedekind traf am 5.11.1884 in Aarau Sophie Rauchenstein (geb. Pfleger), die Gattin von Johann Friedrich Rauchenstein, Altphilologe und bis 1870 Lehrer an der Kantonsschule in Aarau.. Sie erkundigte sich nach Dir, trug mir viele Grüße auf für Dich u sagte, sie hoffe auch bald einen | Brief von Dir zu erhalten. Am Freitag als ich in den Wagen stieg sah ich Fr. GaudarErika Wedekind traf am 7.11.1884 in Aarau Magdalena Gaudard (geb. Dürst), die Mutter von Blanche Zweifel (geb. Gaudard), der in Lenzburg verheirateten Freundin von Minna von Greyerz und ehemaligen Schülerin des Lehrerinnenseminars in Aarau [vgl. Fünfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1877/78, S. 6]. welche grade von Genf kam u nach Hause wollte. Ich setzte mich nun zu ihr u. wir sprachen auch über allerlei miteinander. Auch sie läßt euch vielmal grüßen. Als ich dann nach Hause kam hatte Mati schauerliches Zahnweh u wir giengen deßhalb gestern Nachmittag zum Zahnarzt BrentanoMax Brentano war Zahnarzt in Aarau (Entfelderstraße 1075) [vgl. Adreß-Buch der Stadt Aarau 1884, S. 15, 71; Adreß-Buch der Stadt Aarau 1888, S. 68, 92]. (Mati Mamma u. ich) wo Mati sich 2 Zähne ausreißen ließ. Einen kleinen u einen furchtbar Großen. Sie hat auch tapfer gekräht. Aß aber schon ¼ Stunde darauf mit bestem Appetit gebratene Kastanien. Sie hat für ihren Muth von Papa einen schönen BrumkieselSchreibversehen, statt: Brummkreisel (ein beim Drehen Töne erzeugendes Blechspielzeug). mit Musik gekriegt. In meinem Aufsatz hatte ich ziehmlich gut ‒ gut. Er sagte nicht viel sonst dazu. Nächste Woche fangen wir an „Die Jungfrau v. Orléans[“] zu lesen. Ich freue mich recht darauf. Uns allen geht es recht gut u wir hatten letzte Woche die Schneiderin. Jetzt will ich auch noch ein par Worte an Bebi schreiben, u verbleibe denn Deine Dich herzlich liebende
Mietze |


Lieber Bebi!

Auch dir will ich noch einige Worte schreiben. Gestern waren wir bei Tante Jahn die ‚erotische Tante‘ (Bertha Jahn).welche Mamma deinen Briefvgl. Frank Wedekind an Bertha Jahn, 6.11.1884. vorlas während Lisa mir einer/n/ v. H. SpilkerAdolf Spilker war vor Aufnahme seines Studiums der Chemie im Wintersemester 1884/85 in Berlin „als Gehilfe in der Löwenapotheke der Familie Jahn in Lenzburg beschäftigt.“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 41] vorlas. Denke Dir jetzt haben Mamma u. ich auch karirte Schlafröcke u freuen uns schon darauf, einmal mit dir zusammen darin aufmarschieren zu können. Ich will dir doch noch ein Stückchen v. unserem H. RektorJakob Keller war seit 1876 Rektor des Töchterinstituts und Lehrerinnenseminars in Aarau, zugleich dort Lehrer für Deutsch, Pädagogik und Religion [vgl. Adreß-Buch der Stadt Aarau 1884, S. 78]. erzählen. Hedwig LeuchDie Schwestern Hedwig und Fanny Leuch waren Mitschülerinnen; während Fanny Leuch im Schuljahr 1884/85 wie Erika Wedekind die I. Klasse besuchte, war Hedwig Leuch bereits in der III. Klasse [vgl. Zwölfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1884/85, S. 4f.]. wollte nähmlich diesen Winter einen Tanzkurs nehmen. Sie war dazu vom Kanonenhauptmann Doser eingeladen. Fragte H. Rektor u erhielt zur Antwort: „Wenn sie als Schülerin der 3. Klasse Tanzstunden nehmenw, so werde er ihr Zeugniß um eine ganze Note schlechter machen.“ Ist das nicht koloßal?

Fanny Leuch ist noch nicht hier denn sie hat sich den Fuß verstaucht u mußte deßhalb noch in Heiden bleiben. Vorgestern hat Tante Plümacherdie ‚philosophische Tante‘ (Olga Plümacher). Mamma geschrieben. Am letzten Mittwoch hatten wir KlöpelvereinErika Wedekind traf sich am 5.11.1884 in einer Gruppe zum Klöppeln (eine Handarbeitstechnik zum Anfertigen von Spitzen). u haben soeben noch den letzten Rest | der dahersbrennenden Punschtorte verzehrt. Doda u Mati haben sich neuerdings Sparbüchsen angeschafft u Doda hat vom Geburtstag her schon 8 Fr. drin. Er hat auch von der Claravermutlich Kindermädchen auf Schloss Lenzburg. Hauf’s Lichtenstein einen Serviettenring u ein Rosenbuquet bekommen. Wir haben für H. StacherGustav Stacher war Lehrer für Naturgeschichte, Mathematik, Physik, Chemie und gab auch Schreibunterricht am Lehrerinnenseminar in Aarau [vgl. Adreß-Buch der Stadt Aarau 1884, S. 78]. Er wurde vom 3.11.1884 bis 15.12.1884 vertreten: „Herr Stacher beteiligte sich bei den Sitzungen des aargauischen Verfassungsrates als Stenograph und sah sich infolge davon genötigt, für die Dauer seiner diesfalligen Funktionen einen Stellvertreter zu berufen. In dieser Eigenschaft trat ein Herr Kandidat J. Wyniger. Nachdem Herr Wyniger vom 3. November bis zum 15. Dezember die Lehrstunden des Herrn Stacher erteilte, kehrte letzterer wieder ganz in den Dienst der Schule zurück.“ [Zwölfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1884/85, S. 7] jetzt einen neuen Lehrer weil Ersterer eine Stelle als Stenograph im Verfassungsrath der seit Montag zusammen ist, angenommen hat. Dieser Neue ist das 3. rothhaarige Genie an unserer Schule. Er gefällt aber allgemein so daß die meisten wünschen er möge ganz dableiben. Bitte schreibe doch Du oder Hammi mir auch bald einmal, es würde mich sehr, sehr freuen u Mamma gewiß auch, denn ich glaube daß es I/i/hr doch ein wenig weh that als sie sah daß T. J. schon einen Brief hatte u wir noch keinen. Indessen wir wissen ja den Grund. Doch aber hoffe ich auf Einen

Nun muß ich aber schließen da ich noch viel auf m/M/orgen lernen muß u es grüßt Dich u den lieben Hammi noch tausendmal
eure
Mietze.


[Seite 1 oben links um 90 Grad gedreht:]

Mamma sagt mir noch ihr sollt ihr doch auch bald schreiben!


[Seite 1 am linken Rand um 90 Grad gedreht:]

Bebi habe Willy seine schwarze Hose mitgenommen, daß sei sehr unrecht u es/r/ solle sie wieder schicken denn Willy braucht sie.


[Seite 4 am linken Rand um 90 Grad gedreht:]

Viele herzliche Grüße von Mammeli, Doda u. Mati.

Apopogemeint ist: apropos (à propos). Wedekind kommentierte die möglicherweise komisch intendierte Schreibweise; die Schwester möge doch „in dem Worte a propos nicht wieder zwei Buchstaben auslassen“ [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 12.11.1884].. Mamma hat dann 22 Fr. für das Bier bezahlt.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    9. November 1884 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 311
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Erika (Mieze) Wedekind an Armin (Hami) Wedekind, Frank Wedekind, 9.11.1884. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

16.09.2023 09:48