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Kennung: 2072

Lenzburg, 31. Dezember 1880 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Schibler, Oskar

Inhalt

[1. Entwurf:]


Das alte Jahr mit seinen großen Töpfen
Mit Pfeifen u. Cigarrenetuis
Es ist hinunter u. in unsern Köpfen
Entwickelt sich ein neues Paradies. –


Wir suchen unsere Glückseeligkeit
Noch suchen wir nicht die Vergangen Glückseeligkeit
In Wa/Ki/nderschuen, die wir erst zertraten
Auf Schaukelpferden u. bei Zinnsoldaten
Verachtung nur trifft d. Vergangenheit.


In ferne Zukunft schweifen unsere Blicke
Und leichten Herzens ziehen wir verwegen
An Plänen Schwanger aller Welt entgegen
Und kämpfen mit des Schicksals arger Tücke. |


So/Drum/ ist uns jedeSchreibversehen, statt: jedes. neue Jahr willkommen.
Wir frangenSchreibversehen, statt: fragen. nicht: was bringt es uns auf Erden
er/Er/st fragen WirUmstellung der Reihenfolge „Wir fragen erst“ durch die Ziffern 3, 2, 1.: was wir ihm bringen werden.
Der Freiheit Wahn ist uns nicht nicht genommen. |


So können wir noch hoffnungsvoll Sylvestern
Und würden die lieben guten Väter
An nichts so gerne denken als an gestern
Versetzte wir uns 20 Jahre später
Wir träumen immer 20 Jahre später.


Doch weiß IchUmstellung der ursprünglichen Reihenfolge „Doch Ich weiß“ durch die Ziffern 1, 3. 2., die Jugendträume es sind nur Schäume
Und gern verzichte ich auch auf aller Andern
Erfüllung, wenn es das warSchreibversehen, statt: wahr. wird, was ich träume,
Daß ich mit dir soll durch das Leben wandern.


[2. Abgesandter Brief:]


Zum neuen Jahr 1881


caro amico(lat.) dem lieben Freund.
Hildebrand
Biername Oskar Schiblers, den er bei den Klassenkneipen trug..


Das alte Jahr mit seinen großen Töpfen,
Mit Pfeifen und Cigarrenetuis,
Es ist hinunter, und in unsern Köpfen
Entwickelt sich ein neues Paradies. –


Noch suchen wir nicht die Glückseeligkeit
In Kinderschuhen, die wir erst zertraten,
Auf Schaukelpferden und bei Zinnsoldaten –
Verachtung nur trifft die Vergangenheit.


In ferne Zukunft schweifen unsre Blicke,
Und leichten Herzens ziehen wir verwegen
An Plänen schwanger aller Welt entgegen
Und kämpfen mit des Schicksals arger Tücke.


Drum ist uns jedes neue Jahr willkommen,
Wir fragen nicht, was bringt es uns auf Erden?
Erst fragen wir, was wir ihm bringen werden?
Der Freiheit Wahn ist uns noch nicht genommen.


So können wir noch hoffnungsvoll sylvestern.
Und währenddem die lieben alten Väter
An nichts so gerne denken, als an gestern –
Wir träumen immer zwanzig Jahre später.


Zwar weiß ich, Jugendträume sind nur SchäumeAbwandlung der sprichwörtlichen Redensart: Träume sind Schäume.,
Und gern verzicht ich auch auf aller andern
Erfüllung, wenn nur wahr wird, was ich träume,
Daß ich mit Dir soll durch das Leben wandern.


Auch gratulir’ ich herzlich Deinem Frater(lat.) Bruder. Oskar Schiblers älterer Bruder Wilhelm Schibler besuchte mit Armin Wedekind die dritte Klasse des Gymnasiums an der Kantonsschule Aarau..
Und Von Armin leg’ ich eine KarteDer Verbleib der Beilage ist unbekannt. bei.
Vergiß im Leben niemals Deinen „KaterBiername Frank Wedekinds.
Und stoß Dich nicht an dieser Sudelei.


Sylvester 1880

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
1. Briefentwurf: Bleistift. 2. Reinschrift des abgesandten Briefs: Feder. Tinte.
Schriftträger:
1. Briefentwurf: Kariertes Papier. 2 Notizbuchblätter. 2 Seiten beschrieben. 7,5 x 12 cm. 2. Reinschrift des abgesandten Briefs: Liniertes Papier. 2 Schulheftblätter. 2 Seiten beschrieben. 17 x 21,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
1. Der Briefentwurf liegt in der Aargauer Kantonsbibliothek [Wedekind-Archiv. Wedekind-Archiv C, Schachtel 21, Nr. 8] in einem Notizbuch mit dem Titel „Agenda pro Franklin Wedekind“, das im Steinbaukasten unter der Nummer 12 aufbewahrt wurde, als Arbeitshandschrift [Blatt 6v-7r] und Reinschrift [Blatt 7v-8r] vor. Publiziert ist die Arbeitshandschrift. 2. Der abgesandte Brief ist nur als Reinschrift in der Sammlung „Gedichte 1877-1881“ [S. 52-53] überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    31. Dezember 1880 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Aarau
    Datum unbekannt

Erstdruck

Werke. Kritische Studienausgabe. Band 1/I. Gedichte. Lyrische Fragmente und Entwürfe

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Elke Austermühl
Verlag:
Darmstadt: Häusser.media Verlag
Jahrgang:
2007
Seitenangabe:
51f.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Museum Burghalde Lenzburg

Schloßstr. 23
Lenzburg
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
III X/19
Standort:
Museum Burghalde Lenzburg (Lenzburg)

Danksagung

Wir danken dem Museum Burghalde Lenzburg und dem Stadtarchiv Lenzburg als Dauerleihgeber für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Oskar Schibler, 31.12.1880. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

19.11.2024 14:59
Kennung: 2072

Lenzburg, 31. Dezember 1880 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Schibler, Oskar
 
 

Inhalt

[1. Entwurf:]


Das alte Jahr mit seinen großen Töpfen
Mit Pfeifen u. Cigarrenetuis
Es ist hinunter u. in unsern Köpfen
Entwickelt sich ein neues Paradies. –


Wir suchen unsere Glückseeligkeit
Noch suchen wir nicht die Vergangen Glückseeligkeit
In Wa/Ki/nderschuen, die wir erst zertraten
Auf Schaukelpferden u. bei Zinnsoldaten
Verachtung nur trifft d. Vergangenheit.


In ferne Zukunft schweifen unsere Blicke
Und leichten Herzens ziehen wir verwegen
An Plänen Schwanger aller Welt entgegen
Und kämpfen mit des Schicksals arger Tücke. |


So/Drum/ ist uns jedeSchreibversehen, statt: jedes. neue Jahr willkommen.
Wir frangenSchreibversehen, statt: fragen. nicht: was bringt es uns auf Erden
er/Er/st fragen WirUmstellung der Reihenfolge „Wir fragen erst“ durch die Ziffern 3, 2, 1.: was wir ihm bringen werden.
Der Freiheit Wahn ist uns nicht nicht genommen. |


So können wir noch hoffnungsvoll Sylvestern
Und würden die lieben guten Väter
An nichts so gerne denken als an gestern
Versetzte wir uns 20 Jahre später
Wir träumen immer 20 Jahre später.


Doch weiß IchUmstellung der ursprünglichen Reihenfolge „Doch Ich weiß“ durch die Ziffern 1, 3. 2., die Jugendträume es sind nur Schäume
Und gern verzichte ich auch auf aller Andern
Erfüllung, wenn es das warSchreibversehen, statt: wahr. wird, was ich träume,
Daß ich mit dir soll durch das Leben wandern.


[2. Abgesandter Brief:]


Zum neuen Jahr 1881


caro amico(lat.) dem lieben Freund.
Hildebrand
Biername Oskar Schiblers, den er bei den Klassenkneipen trug..


Das alte Jahr mit seinen großen Töpfen,
Mit Pfeifen und Cigarrenetuis,
Es ist hinunter, und in unsern Köpfen
Entwickelt sich ein neues Paradies. –


Noch suchen wir nicht die Glückseeligkeit
In Kinderschuhen, die wir erst zertraten,
Auf Schaukelpferden und bei Zinnsoldaten –
Verachtung nur trifft die Vergangenheit.


In ferne Zukunft schweifen unsre Blicke,
Und leichten Herzens ziehen wir verwegen
An Plänen schwanger aller Welt entgegen
Und kämpfen mit des Schicksals arger Tücke.


Drum ist uns jedes neue Jahr willkommen,
Wir fragen nicht, was bringt es uns auf Erden?
Erst fragen wir, was wir ihm bringen werden?
Der Freiheit Wahn ist uns noch nicht genommen.


So können wir noch hoffnungsvoll sylvestern.
Und währenddem die lieben alten Väter
An nichts so gerne denken, als an gestern –
Wir träumen immer zwanzig Jahre später.


Zwar weiß ich, Jugendträume sind nur SchäumeAbwandlung der sprichwörtlichen Redensart: Träume sind Schäume.,
Und gern verzicht ich auch auf aller andern
Erfüllung, wenn nur wahr wird, was ich träume,
Daß ich mit Dir soll durch das Leben wandern.


Auch gratulir’ ich herzlich Deinem Frater(lat.) Bruder. Oskar Schiblers älterer Bruder Wilhelm Schibler besuchte mit Armin Wedekind die dritte Klasse des Gymnasiums an der Kantonsschule Aarau..
Und Von Armin leg’ ich eine KarteDer Verbleib der Beilage ist unbekannt. bei.
Vergiß im Leben niemals Deinen „KaterBiername Frank Wedekinds.
Und stoß Dich nicht an dieser Sudelei.


Sylvester 1880

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 4 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
1. Briefentwurf: Bleistift. 2. Reinschrift des abgesandten Briefs: Feder. Tinte.
Schriftträger:
1. Briefentwurf: Kariertes Papier. 2 Notizbuchblätter. 2 Seiten beschrieben. 7,5 x 12 cm. 2. Reinschrift des abgesandten Briefs: Liniertes Papier. 2 Schulheftblätter. 2 Seiten beschrieben. 17 x 21,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
1. Der Briefentwurf liegt in der Aargauer Kantonsbibliothek [Wedekind-Archiv. Wedekind-Archiv C, Schachtel 21, Nr. 8] in einem Notizbuch mit dem Titel „Agenda pro Franklin Wedekind“, das im Steinbaukasten unter der Nummer 12 aufbewahrt wurde, als Arbeitshandschrift [Blatt 6v-7r] und Reinschrift [Blatt 7v-8r] vor. Publiziert ist die Arbeitshandschrift. 2. Der abgesandte Brief ist nur als Reinschrift in der Sammlung „Gedichte 1877-1881“ [S. 52-53] überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    31. Dezember 1880 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Aarau
    Datum unbekannt

Erstdruck

Werke. Kritische Studienausgabe. Band 1/I. Gedichte. Lyrische Fragmente und Entwürfe

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Elke Austermühl
Verlag:
Darmstadt: Häusser.media Verlag
Jahrgang:
2007
Seitenangabe:
51f.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Museum Burghalde Lenzburg

Schloßstr. 23
Lenzburg
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
III X/19
Standort:
Museum Burghalde Lenzburg (Lenzburg)

Danksagung

Wir danken dem Museum Burghalde Lenzburg und dem Stadtarchiv Lenzburg als Dauerleihgeber für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Oskar Schibler, 31.12.1880. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

19.11.2024 14:59