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Kennung: 1821

München, 29. September 1903 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Kraus, Karl

Inhalt

Sehr geehrter Herr Kraus,

beiliegendDie dem Brief beigelegten Manuskripte der Gedichte „Abschied“ und „Trost“ (siehe unten) sind nicht überliefert. sende ich Ihnen zwei Gedichte, die Ihnen vielleicht zu kokett erscheinen, wenigstens zur VeröffentlichungWedekinds Gedichte „Abschied“ [KSA 1/I, S. 527f.] und „Trost“ [KSA 1/I, S. 528] waren seine ersten in der Zeitschrift „Die Fackel“ gedruckten Beiträge [vgl. Frank Wedekind: Zwei Gedichte. In: Die Fackel, Jg. 5, Nr. 143, 6.10.1903, S. 26-27], die dort beide im Erstdruck [vgl. KSA 1/I, S. 870; KSA 1/II, S. 2095] mit einer redaktionellen Anmerkung des Herausgebers Karl Kraus in der Fußnote erschienen sind: „Die ‚Fackel‘ will öfter, als sie’s bisher tat, dem literarischen Ausdruck starker, dem Philisterverständnis unbequemer und durch Cliquengunst nicht entwerteter Persönlichkeiten ein Plätzchen gönnen. Nach Peter Altenberg, der zu Wedekind’s ‚Erdgeist‘ das Wort ergriff, stellt sich Frank Wedekind selbst mit zwei Gedichten ein. Auf zahlreiche Anfragen sei hier mitgeteilt, daß die gewaltige Hetärentragödie dieses merkwürdigsten unter den deutschen Modernen: ‚Die Büchse der Pandora‘, auf die ich in Nr. 142 hinwies, in der Zeitschrift ‚Die Insel‘ Juli 1902 gedruckt wurde und demnächst als Buch erscheinen soll“ [Die Fackel, Jg. 5, Nr. 143, 6.10.1903, S. 26].. Aber ich habe nichts anderes und werde es Ihnen auch bei Leibeim Erstdruck: beileibe. nicht übel nehmen, wenn sie Ihnen für die „Fackel“ nicht zusagen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß mir Ihre BesprechungKarl Kraus hatte Wedekind anlässlich eines Wiener Gastspiels von Max Reinhardts Berliner „Erdgeist“-Inszenierung im Sommer 1903 gegen die ablehnende Kritik an den beiden „Lulu“-Tragödien „Der Erdgeist“ und die „Die Büchse der Pandora“ in einer unbetitelte Glosse verteidigt, die mit den Worten eröffnet: „Die Frage, wer das dümmste Feuilleton über den ‚Erdgeist‘ geschrieben hat, ist schwer zu beantworten. Herzl und Burckhard kommen in die engere Wahl.“ [Die Fackel, Jg. 5, Nr. 142, Ende Juni 1903, S. 15-18, hier S. 14] Dabei hebt er hervor, „Die Büchse der Pandora“ übertreffe den „Erdgeist“ nicht nur an „dramatischer Kunst und Kühnheit“, sie mache ihn auch „erst verständlich“ [ebd.]. Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ lag im Vorabdruck im Juli 1902 in der Zeitschrift „Die Insel“ mitsamt einem Sonderdruck vor [vgl. KSA 3/II, S. 869f.] – die Buchausgabe im Verlag Bruno Cassirer war erst im Herbst 1903 für „Anfang November“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 70, Nr. 249, 26.10.1903, S. 8522] angekündigt. der | „Büchse d. Pim Erstdruck: P. (mit Punkt).“ eine große Freude war, für die ich Sie bitte den Ausdruck meines aufrichtigsten Dankes entgegenzunehmen. Augenblicklich laboriere ich an einer ArbeitWedekind hatte „eine neue Arbeit begonnen“ [Wedekind an Albert Langen, 1.9.1903], die er als ein Roman-Projekt mit dem Titel „Fanny Kettler“ bezeichnete, das mit dieser „Terminarbeit“ [Wedekind an Felix Salten, 19.9.1903] gemeint sein könnte, oder aber das im selben Werkzusammenhang stehende Dramen-Projekt „Hidalla“ [vgl. KSA 6, S. 368-370, 373-376], dessen weibliche Hauptfigur Fanny Kettler heißt [vgl. KSA 6, S. 41]. Wedekind gab später im Kuvert „Was ich mir dabei dachte“ (1911/12) als Entstehungszeit für „Hidalla“ an: „Geschrieben Juli 1903 bis Februar 1904.“ [KSA 6, S. 373], die laut Contractim Erstdruck: Kontrakt. – Der Vertrag ist nicht überliefert. bis 1. December im Erstdruck: Dezember.fertig werden soll und die es mir daher nicht erlaubt, große Seitensprünge zu machen, sonst wäre ich wolim Erstdruck: wohl. imstande gewesen, Ihnen etwas besseres zu schicken. Ich hoffe aber, daß Sie an meinem guten Willen nicht zweifeln werden.

Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


29. Sept. 03.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibort war anderer Korrespondenz im zeitlichen Umkreis zufolge Wedekinds Wohnort München.

  • Schreibort

    München
    29. September 1903 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Wien
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefe Frank Wedekinds

Titel des Aufsatzes:
Briefe Frank Wedekinds
Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Karl Kraus
Verlag:
Wien: Verlag "Die Fackel"
Jahrgang:
1920
Seitenangabe:
102
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Briefe Frank Wedekinds. In: Die Fackel, Jg. 21, Nr. 521-530, Januar 1920, S. 102. Der Brief enthält im Erstdruck den Hinweis „Ohne Kuvert, vermutlich aus München“ und zwei Fußnoten. Zu „Gedichte“ ist erläutert: „‚Abschied‘ und ‚Trost‘.“ Zu „Büchse d. P.“ ist angemerkt: „Nicht zu verwechseln mit dem später vor der Aufführung gesprochenen Aufsatz.“ – Neuedition: Nottscheid 2008, S. 21 (Nr. 2).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Wienbibliothek im Rathaus

Felderstraße 1
1082 Wien
Österreich

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Karl-Kraus-Archiv
Signatur des Dokuments:
H.I.N. 139706
Standort:
Wienbibliothek im Rathaus (Wien)

Danksagung

Wir danken der Wienbibliothek im Rathaus für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstückes.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Karl Kraus, 29.9.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

15.08.2023 13:01
Kennung: 1821

München, 29. September 1903 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Kraus, Karl
 
 

Inhalt

Sehr geehrter Herr Kraus,

beiliegendDie dem Brief beigelegten Manuskripte der Gedichte „Abschied“ und „Trost“ (siehe unten) sind nicht überliefert. sende ich Ihnen zwei Gedichte, die Ihnen vielleicht zu kokett erscheinen, wenigstens zur VeröffentlichungWedekinds Gedichte „Abschied“ [KSA 1/I, S. 527f.] und „Trost“ [KSA 1/I, S. 528] waren seine ersten in der Zeitschrift „Die Fackel“ gedruckten Beiträge [vgl. Frank Wedekind: Zwei Gedichte. In: Die Fackel, Jg. 5, Nr. 143, 6.10.1903, S. 26-27], die dort beide im Erstdruck [vgl. KSA 1/I, S. 870; KSA 1/II, S. 2095] mit einer redaktionellen Anmerkung des Herausgebers Karl Kraus in der Fußnote erschienen sind: „Die ‚Fackel‘ will öfter, als sie’s bisher tat, dem literarischen Ausdruck starker, dem Philisterverständnis unbequemer und durch Cliquengunst nicht entwerteter Persönlichkeiten ein Plätzchen gönnen. Nach Peter Altenberg, der zu Wedekind’s ‚Erdgeist‘ das Wort ergriff, stellt sich Frank Wedekind selbst mit zwei Gedichten ein. Auf zahlreiche Anfragen sei hier mitgeteilt, daß die gewaltige Hetärentragödie dieses merkwürdigsten unter den deutschen Modernen: ‚Die Büchse der Pandora‘, auf die ich in Nr. 142 hinwies, in der Zeitschrift ‚Die Insel‘ Juli 1902 gedruckt wurde und demnächst als Buch erscheinen soll“ [Die Fackel, Jg. 5, Nr. 143, 6.10.1903, S. 26].. Aber ich habe nichts anderes und werde es Ihnen auch bei Leibeim Erstdruck: beileibe. nicht übel nehmen, wenn sie Ihnen für die „Fackel“ nicht zusagen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß mir Ihre BesprechungKarl Kraus hatte Wedekind anlässlich eines Wiener Gastspiels von Max Reinhardts Berliner „Erdgeist“-Inszenierung im Sommer 1903 gegen die ablehnende Kritik an den beiden „Lulu“-Tragödien „Der Erdgeist“ und die „Die Büchse der Pandora“ in einer unbetitelte Glosse verteidigt, die mit den Worten eröffnet: „Die Frage, wer das dümmste Feuilleton über den ‚Erdgeist‘ geschrieben hat, ist schwer zu beantworten. Herzl und Burckhard kommen in die engere Wahl.“ [Die Fackel, Jg. 5, Nr. 142, Ende Juni 1903, S. 15-18, hier S. 14] Dabei hebt er hervor, „Die Büchse der Pandora“ übertreffe den „Erdgeist“ nicht nur an „dramatischer Kunst und Kühnheit“, sie mache ihn auch „erst verständlich“ [ebd.]. Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ lag im Vorabdruck im Juli 1902 in der Zeitschrift „Die Insel“ mitsamt einem Sonderdruck vor [vgl. KSA 3/II, S. 869f.] – die Buchausgabe im Verlag Bruno Cassirer war erst im Herbst 1903 für „Anfang November“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 70, Nr. 249, 26.10.1903, S. 8522] angekündigt. der | „Büchse d. Pim Erstdruck: P. (mit Punkt).“ eine große Freude war, für die ich Sie bitte den Ausdruck meines aufrichtigsten Dankes entgegenzunehmen. Augenblicklich laboriere ich an einer ArbeitWedekind hatte „eine neue Arbeit begonnen“ [Wedekind an Albert Langen, 1.9.1903], die er als ein Roman-Projekt mit dem Titel „Fanny Kettler“ bezeichnete, das mit dieser „Terminarbeit“ [Wedekind an Felix Salten, 19.9.1903] gemeint sein könnte, oder aber das im selben Werkzusammenhang stehende Dramen-Projekt „Hidalla“ [vgl. KSA 6, S. 368-370, 373-376], dessen weibliche Hauptfigur Fanny Kettler heißt [vgl. KSA 6, S. 41]. Wedekind gab später im Kuvert „Was ich mir dabei dachte“ (1911/12) als Entstehungszeit für „Hidalla“ an: „Geschrieben Juli 1903 bis Februar 1904.“ [KSA 6, S. 373], die laut Contractim Erstdruck: Kontrakt. – Der Vertrag ist nicht überliefert. bis 1. December im Erstdruck: Dezember.fertig werden soll und die es mir daher nicht erlaubt, große Seitensprünge zu machen, sonst wäre ich wolim Erstdruck: wohl. imstande gewesen, Ihnen etwas besseres zu schicken. Ich hoffe aber, daß Sie an meinem guten Willen nicht zweifeln werden.

Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


29. Sept. 03.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibort war anderer Korrespondenz im zeitlichen Umkreis zufolge Wedekinds Wohnort München.

  • Schreibort

    München
    29. September 1903 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Wien
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefe Frank Wedekinds

Titel des Aufsatzes:
Briefe Frank Wedekinds
Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Karl Kraus
Verlag:
Wien: Verlag "Die Fackel"
Jahrgang:
1920
Seitenangabe:
102
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Briefe Frank Wedekinds. In: Die Fackel, Jg. 21, Nr. 521-530, Januar 1920, S. 102. Der Brief enthält im Erstdruck den Hinweis „Ohne Kuvert, vermutlich aus München“ und zwei Fußnoten. Zu „Gedichte“ ist erläutert: „‚Abschied‘ und ‚Trost‘.“ Zu „Büchse d. P.“ ist angemerkt: „Nicht zu verwechseln mit dem später vor der Aufführung gesprochenen Aufsatz.“ – Neuedition: Nottscheid 2008, S. 21 (Nr. 2).
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Wienbibliothek im Rathaus

Felderstraße 1
1082 Wien
Österreich

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Karl-Kraus-Archiv
Signatur des Dokuments:
H.I.N. 139706
Standort:
Wienbibliothek im Rathaus (Wien)

Danksagung

Wir danken der Wienbibliothek im Rathaus für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstückes.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Karl Kraus, 29.9.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

15.08.2023 13:01