Vergleichsansicht

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Kennung: 177

München, 12. April 1903 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Geiger, Wolfgang

Inhalt

München, den 16. April 1903wohl irrtümlich datiert, statt 12.4.1903 (siehe die Datierungsüberlegungen zum vorliegenden Brief)..


Sehr geehrter HerrWolfgang Geiger, Direktionsbeamter im Theater in der Josefstadt und dort zuständig für die Inspektion [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 563] ‒ die redaktionelle Vorbemerkung zum Erstdruck des Briefes bezeichnet ihn als „Functionär des Theaters in der Josefstadt“ [Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 32, Nr. 121, 3.5.1903, S. 9]; im Postscriptum legt Wedekind nahe, dass er an den Inspizienten des Theaters geschrieben hat.!

Zu meinem großen Bedauern wird es mir kaum möglich sein, Ihnen Ihre geschätzten Anfragennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wolfgang Geiger an Wedekind, 11.4.1903. Es handelte sich wohl um Nachfragen zur anstehenden Wiener Premiere des „Marquis von Keith“ am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt., sowie die des Herrn Louis NeyDas „Illustrirte Wiener Extrablatt“ hat den im Erstdruck falsch wiedergegebenen Namen nachträglich korrigiert: „In dem Artikel ‚Wedekind über den Marquis v. Keith‘ im gestrigen Blatte ist ein Name durch einen Druckfehler entstellt. Statt ‚Louis Ney‘ soll es überall ‚Louis Nerz‘ heißen.“ [Richtigstellung. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 32, Nr. 122, 4.5.1903, S. 6] Louis Nerz spielte in der ersten Wiener Inszenierung des „Marquis von Keith“ (Premiere: 30.4.1903) im Theater in der Josefstadt die Rolle des Ernst Scholz. ausführlich zu beantworten, da ich vorgesternWedekinds Beinbruch am 10.4.1903 bei einem Sturz auf der Straße in München (siehe dazu die Datierungsüberlegungen zum vorliegenden Brief); er brach sich dem vorliegenden Brief zufolge den rechten Unterschenkel, einem späteren Brief zufolge „den Fuß“ [Wedekind an Marie Uhl, 16.8.1903]. den rechten Unterschenkel gebrochen habe und mein Kopf immer noch Etwas vom Fieber eingenommen ist. In den ersten drei Acten und am Schlusse des vierten hatte ich bei der hiesigen AufführungWedekinds „Marquis von Keith“ hatte am 20.10.1902 im Münchner Schauspielhaus Premiere (eine geschlossene Vorstellung mit geladenem Publikum, veranstaltet vom Akademisch-Dramatischen Verein unter Wedekinds Regie und mit ihm in der Titelrolle). Hanns von Gumppenberg kommentierte: „Im Schauspielhause wurde die vom Akademisch-dramatischen Verein veranstaltete Erstaufführung von Frank Wedekinds fünfaktigem Schauspiel ‚Der Marquis von Keith‘ im Ganzen mit sehr lebhaftem, wenn auch manchmal schwach bestrittenem Beifall aufgenommen; nur der dritte Aufzug blieb ohne Wirkung. Der Autor spielte persönlich die Titelrolle und wurde oft gerufen.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 489, 21.10.1902, Morgenblatt, S. 3] Öffentliche Vorstellungen des Stücks folgten am 27.10.1902 und am 3.11.1902 im Münchner Schauspielhaus. zahlreiche Striche angebracht, während im 5. Act nicht ein Wort wegfiel. Diese Integrität des 5. Actes hat sich sehr gutbewährt. Leider habe ich kein gestrichenes Exemplar zur Hand, werde aber Director StollbergWedekind erhielt von Georg Stollberg, Direktor des Münchner Schauspielhauses [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 441], ein Exemplar des „Marquis von Keith“ (wohl ein verschollenes Regiebuch der Münchner Inszenierung), das ihm spätestens am 20.4.1903 vorlag [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 20.4.1903]. schreiben, daß er Ihnen eines zuschickt. Bei der ersten Aufführung in München blieb der 3. Act ohne Beifall, weßhalb wir dann die Worte Keith’sDie letzte Replik der Titelfigur des „Marquis von Keith“ im 3. Akt – im vorliegenden Brief zitiert – lautet: „Weiß der Henker – ich hätte Dich eben tatsächlich kaum wiedererkannt!“ [KSA 4, S. 201]; ihr folgt im Stück eine Replik von Ernst Scholz, die nach der Münchner Premiere vom 20.10.1902 in den Vorstellungen vom 27.10.1902 und 3.11.1902 (siehe oben) gestrichen wurde.: „Weiß der Henker, ich hätte Dich aber thatsächlich kaum wiedererkannt!“ an den Schluß setzten, worauf auch der 3. Act guten Beifall fand.

Das Stück birgt an hervorragenden Gefahrenfolgende:

1. Im 2. Act die Scene zwischen Hermann Casimir, der Gräfin Werdenfels und dem alten Casimir. In dieser Scene drang ich beim jungen Casimir auf möglichst starke Innerlichkeit, bis zur Tragik, wo er droht, sich zu erschießen. Die Scene wurde dann auch ganz so aufgenommen, wie sie beabsichtigt ist.

2. Im 3. Act das Feuerwerk. Die Geräusche müssen discret sein. Das Einfallen des Lichtes muß sehr promptsein. Hier haperte es bei der hiesigen Vorstellung Etwas.

Die beiden Hauptcharaktere sind Beide in gleicher Weise stark pathetischgedacht: Der Marquis cynisch-pathetisch, Ernst Scholz melancholisch-pathetisch. Im 3. Act, zweite Scene, gerathen sie schon sehr heftig aneinander, noch heftiger und ernster bei ihrer Begegnung im 4. Act. Die Abschiedsscene zwischen Scholz und Keith im 5. Act muß das stärkste und er-erbittertsteDruckfehler, statt: erbittertste. an Leidenschaftlichkeitsein, was das ganze Stück enthält. Beide Menschen sind Feuerseelen, Beide sind nicht dumm und Beide ‒ aber nach verschiedenen Richtungen hin ‒ verrückt: Melancholiker und pathologischer Schwindler. Die beiden Rollen sind vom ersten bis letzten Wort leidenschaftlichgedacht, pathetisch-melancholischund pathetisch-cynisch, wobei aber der Marquis mit seinen Schlagern Lacherfolge erzielen muß während das Publicum über Ernst Scholz nirgendslachen darf, da sonst das Stück sofort aus ist.

Wollen Sie Herrn Director Jarno, bitte, meine ergebenste Empfehlung ausrichten, sowie meinen aufrichtigsten Dank für das gefährliche Wagniß, das er als Darsteller sowie als UnternehmerJosef Jarno spielte im Theater in der Josefstadt in Wien bei der dortigen Inszenierung des „Marquis von Keith“ (Premiere: 30.4.1903) unter seiner Regie die Titelrolle – er war Direktor des Theaters in der Josefstadt [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 541]. mit der Aufführung auf sich lädt. Gerne würde ich die Gefahren mit ihm theilen, wenn ich nicht mindestens noch auf drei Wochen das Bett hüten müßte.

Bei Herrn Louis Ney bitte ich Sie, mich zu entschuldigen. Die Antwort auf seine liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Louis Nerz an Wedekind, 11.4.1903. Es handelte sich wohl um die Rolle des Ernst Scholz im „Marquis von Keith“, die Louis Nerz in der Wiener Premiere am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt spielte (siehe oben). ist im Obigen enthalten, so gut ich sie momentan zusammenfassen kann. Ihnen, sehr geehrter Herr, sage ich meinen ergebensten Dank für die Arbeit und Mühe, die Ihnen aus der bevorstehenden AufführungDie Premiere des „Marquis von Keith“ am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt stand in unmittelbar bevor (siehe oben) ‒ zugleich die Wiener Erstaufführung des Stücks. erwachsen wird und zeichne
in vorzüglichster Hochschätzung
Frank Wedekind.


P. S. Eine der Hauptaufgaben fällt bei der Aufführung dem Inspicienten zu, dem ich am hiesigen Schauspielhaus daher auch meine volle Hauptaufmerksamkeit widmete.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Sonstiges:
Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der im Erstdruck wohl irrtümlich auf den 16.4.1903 datierte Brief dürfte dem Briefinhalt zufolge am 12.4.1903 geschrieben worden sein. Der im vorliegenden Brief erwähnte Beinbruch „vorgestern“ (das wäre der der 14.3.1903), ist einem sorgfältig von Hand geschriebenen Brief mit dem Schreibdatum 12.4.1903 zufolge ebenfalls „vorgestern“ [Wedekind an Korfiz Holm, 12.4.1903], also am 10.4.1904 (einem Freitag) passiert. Seiner Mutter schrieb Wedekind rückblickend am 6.5.1903, er habe sich „vor vier Wochen das Bein gebrochen“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 6.5.1903], was genau gerechnet der 8.4.1903 wäre, die Zeitangabe jedoch nur ungefähr gemeint war und rund gerechnet eher auf den 10.4.1903 zutrifft, als auf den 14.4.1903 (das wären rund gerechnet drei Wochen). Die überregionale Presse (nicht aber die Münchner Presse) berichtete über Wedekinds Beinbruch, so in Hamburg – „Frank Wedekind glitt in München auf der Straße aus und erlitt einen Beinbruch.“ [Neue Hamburger Zeitung, Jg. 8, Nr. 176, 16.4.1903, Abend-Ausgabe, S. (1)] – und Wien – „Schriftsteller Franz Wedekind ist in München auf der Straße gefallen und hat sich den Fuß gebrochen.“ [Die Zeit, Jg. 2, Nr. 197, 17.4.1903, Morgenblatt, S. 7].

  • Schreibort

    München
    12. April 1903 (Sonntag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Wien
    Datum unbekannt

Erstdruck

Illustrirtes Wiener Extrablatt

Ort der Herausgabe:
Wien
Datum der Zeitung:
1903
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Wedekind über den „Marquis von Keith“. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 32, Nr. 121, 3.5.1903, S. 9. Der Brief ist redaktionell eingeleitet mit den Worten: „Frank Wedekind hat vor der Aufführung seines Schauspieles ‚Der Marquis von Keith‘ an einen Functionär des Theaters in der Josefstadt folgenden interessanten Brief gerichtet:“
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Wolfgang Geiger, 12.4.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.12.2023 13:32
Kennung: 177

München, 12. April 1903 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Geiger, Wolfgang
 
 

Inhalt

München, den 16. April 1903wohl irrtümlich datiert, statt 12.4.1903 (siehe die Datierungsüberlegungen zum vorliegenden Brief)..


Sehr geehrter HerrWolfgang Geiger, Direktionsbeamter im Theater in der Josefstadt und dort zuständig für die Inspektion [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 563] ‒ die redaktionelle Vorbemerkung zum Erstdruck des Briefes bezeichnet ihn als „Functionär des Theaters in der Josefstadt“ [Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 32, Nr. 121, 3.5.1903, S. 9]; im Postscriptum legt Wedekind nahe, dass er an den Inspizienten des Theaters geschrieben hat.!

Zu meinem großen Bedauern wird es mir kaum möglich sein, Ihnen Ihre geschätzten Anfragennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wolfgang Geiger an Wedekind, 11.4.1903. Es handelte sich wohl um Nachfragen zur anstehenden Wiener Premiere des „Marquis von Keith“ am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt., sowie die des Herrn Louis NeyDas „Illustrirte Wiener Extrablatt“ hat den im Erstdruck falsch wiedergegebenen Namen nachträglich korrigiert: „In dem Artikel ‚Wedekind über den Marquis v. Keith‘ im gestrigen Blatte ist ein Name durch einen Druckfehler entstellt. Statt ‚Louis Ney‘ soll es überall ‚Louis Nerz‘ heißen.“ [Richtigstellung. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 32, Nr. 122, 4.5.1903, S. 6] Louis Nerz spielte in der ersten Wiener Inszenierung des „Marquis von Keith“ (Premiere: 30.4.1903) im Theater in der Josefstadt die Rolle des Ernst Scholz. ausführlich zu beantworten, da ich vorgesternWedekinds Beinbruch am 10.4.1903 bei einem Sturz auf der Straße in München (siehe dazu die Datierungsüberlegungen zum vorliegenden Brief); er brach sich dem vorliegenden Brief zufolge den rechten Unterschenkel, einem späteren Brief zufolge „den Fuß“ [Wedekind an Marie Uhl, 16.8.1903]. den rechten Unterschenkel gebrochen habe und mein Kopf immer noch Etwas vom Fieber eingenommen ist. In den ersten drei Acten und am Schlusse des vierten hatte ich bei der hiesigen AufführungWedekinds „Marquis von Keith“ hatte am 20.10.1902 im Münchner Schauspielhaus Premiere (eine geschlossene Vorstellung mit geladenem Publikum, veranstaltet vom Akademisch-Dramatischen Verein unter Wedekinds Regie und mit ihm in der Titelrolle). Hanns von Gumppenberg kommentierte: „Im Schauspielhause wurde die vom Akademisch-dramatischen Verein veranstaltete Erstaufführung von Frank Wedekinds fünfaktigem Schauspiel ‚Der Marquis von Keith‘ im Ganzen mit sehr lebhaftem, wenn auch manchmal schwach bestrittenem Beifall aufgenommen; nur der dritte Aufzug blieb ohne Wirkung. Der Autor spielte persönlich die Titelrolle und wurde oft gerufen.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 489, 21.10.1902, Morgenblatt, S. 3] Öffentliche Vorstellungen des Stücks folgten am 27.10.1902 und am 3.11.1902 im Münchner Schauspielhaus. zahlreiche Striche angebracht, während im 5. Act nicht ein Wort wegfiel. Diese Integrität des 5. Actes hat sich sehr gutbewährt. Leider habe ich kein gestrichenes Exemplar zur Hand, werde aber Director StollbergWedekind erhielt von Georg Stollberg, Direktor des Münchner Schauspielhauses [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 441], ein Exemplar des „Marquis von Keith“ (wohl ein verschollenes Regiebuch der Münchner Inszenierung), das ihm spätestens am 20.4.1903 vorlag [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 20.4.1903]. schreiben, daß er Ihnen eines zuschickt. Bei der ersten Aufführung in München blieb der 3. Act ohne Beifall, weßhalb wir dann die Worte Keith’sDie letzte Replik der Titelfigur des „Marquis von Keith“ im 3. Akt – im vorliegenden Brief zitiert – lautet: „Weiß der Henker – ich hätte Dich eben tatsächlich kaum wiedererkannt!“ [KSA 4, S. 201]; ihr folgt im Stück eine Replik von Ernst Scholz, die nach der Münchner Premiere vom 20.10.1902 in den Vorstellungen vom 27.10.1902 und 3.11.1902 (siehe oben) gestrichen wurde.: „Weiß der Henker, ich hätte Dich aber thatsächlich kaum wiedererkannt!“ an den Schluß setzten, worauf auch der 3. Act guten Beifall fand.

Das Stück birgt an hervorragenden Gefahrenfolgende:

1. Im 2. Act die Scene zwischen Hermann Casimir, der Gräfin Werdenfels und dem alten Casimir. In dieser Scene drang ich beim jungen Casimir auf möglichst starke Innerlichkeit, bis zur Tragik, wo er droht, sich zu erschießen. Die Scene wurde dann auch ganz so aufgenommen, wie sie beabsichtigt ist.

2. Im 3. Act das Feuerwerk. Die Geräusche müssen discret sein. Das Einfallen des Lichtes muß sehr promptsein. Hier haperte es bei der hiesigen Vorstellung Etwas.

Die beiden Hauptcharaktere sind Beide in gleicher Weise stark pathetischgedacht: Der Marquis cynisch-pathetisch, Ernst Scholz melancholisch-pathetisch. Im 3. Act, zweite Scene, gerathen sie schon sehr heftig aneinander, noch heftiger und ernster bei ihrer Begegnung im 4. Act. Die Abschiedsscene zwischen Scholz und Keith im 5. Act muß das stärkste und er-erbittertsteDruckfehler, statt: erbittertste. an Leidenschaftlichkeitsein, was das ganze Stück enthält. Beide Menschen sind Feuerseelen, Beide sind nicht dumm und Beide ‒ aber nach verschiedenen Richtungen hin ‒ verrückt: Melancholiker und pathologischer Schwindler. Die beiden Rollen sind vom ersten bis letzten Wort leidenschaftlichgedacht, pathetisch-melancholischund pathetisch-cynisch, wobei aber der Marquis mit seinen Schlagern Lacherfolge erzielen muß während das Publicum über Ernst Scholz nirgendslachen darf, da sonst das Stück sofort aus ist.

Wollen Sie Herrn Director Jarno, bitte, meine ergebenste Empfehlung ausrichten, sowie meinen aufrichtigsten Dank für das gefährliche Wagniß, das er als Darsteller sowie als UnternehmerJosef Jarno spielte im Theater in der Josefstadt in Wien bei der dortigen Inszenierung des „Marquis von Keith“ (Premiere: 30.4.1903) unter seiner Regie die Titelrolle – er war Direktor des Theaters in der Josefstadt [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 541]. mit der Aufführung auf sich lädt. Gerne würde ich die Gefahren mit ihm theilen, wenn ich nicht mindestens noch auf drei Wochen das Bett hüten müßte.

Bei Herrn Louis Ney bitte ich Sie, mich zu entschuldigen. Die Antwort auf seine liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Louis Nerz an Wedekind, 11.4.1903. Es handelte sich wohl um die Rolle des Ernst Scholz im „Marquis von Keith“, die Louis Nerz in der Wiener Premiere am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt spielte (siehe oben). ist im Obigen enthalten, so gut ich sie momentan zusammenfassen kann. Ihnen, sehr geehrter Herr, sage ich meinen ergebensten Dank für die Arbeit und Mühe, die Ihnen aus der bevorstehenden AufführungDie Premiere des „Marquis von Keith“ am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt stand in unmittelbar bevor (siehe oben) ‒ zugleich die Wiener Erstaufführung des Stücks. erwachsen wird und zeichne
in vorzüglichster Hochschätzung
Frank Wedekind.


P. S. Eine der Hauptaufgaben fällt bei der Aufführung dem Inspicienten zu, dem ich am hiesigen Schauspielhaus daher auch meine volle Hauptaufmerksamkeit widmete.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Sonstiges:
Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der im Erstdruck wohl irrtümlich auf den 16.4.1903 datierte Brief dürfte dem Briefinhalt zufolge am 12.4.1903 geschrieben worden sein. Der im vorliegenden Brief erwähnte Beinbruch „vorgestern“ (das wäre der der 14.3.1903), ist einem sorgfältig von Hand geschriebenen Brief mit dem Schreibdatum 12.4.1903 zufolge ebenfalls „vorgestern“ [Wedekind an Korfiz Holm, 12.4.1903], also am 10.4.1904 (einem Freitag) passiert. Seiner Mutter schrieb Wedekind rückblickend am 6.5.1903, er habe sich „vor vier Wochen das Bein gebrochen“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 6.5.1903], was genau gerechnet der 8.4.1903 wäre, die Zeitangabe jedoch nur ungefähr gemeint war und rund gerechnet eher auf den 10.4.1903 zutrifft, als auf den 14.4.1903 (das wären rund gerechnet drei Wochen). Die überregionale Presse (nicht aber die Münchner Presse) berichtete über Wedekinds Beinbruch, so in Hamburg – „Frank Wedekind glitt in München auf der Straße aus und erlitt einen Beinbruch.“ [Neue Hamburger Zeitung, Jg. 8, Nr. 176, 16.4.1903, Abend-Ausgabe, S. (1)] – und Wien – „Schriftsteller Franz Wedekind ist in München auf der Straße gefallen und hat sich den Fuß gebrochen.“ [Die Zeit, Jg. 2, Nr. 197, 17.4.1903, Morgenblatt, S. 7].

  • Schreibort

    München
    12. April 1903 (Sonntag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Wien
    Datum unbekannt

Erstdruck

Illustrirtes Wiener Extrablatt

Ort der Herausgabe:
Wien
Datum der Zeitung:
1903
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Wedekind über den „Marquis von Keith“. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 32, Nr. 121, 3.5.1903, S. 9. Der Brief ist redaktionell eingeleitet mit den Worten: „Frank Wedekind hat vor der Aufführung seines Schauspieles ‚Der Marquis von Keith‘ an einen Functionär des Theaters in der Josefstadt folgenden interessanten Brief gerichtet:“
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Wolfgang Geiger, 12.4.1903. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.12.2023 13:32