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Kennung: 1660

München, 9. März 1891 (Montag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Heyse, Paul
 
 

Inhalt

Sehr geehrter Herr DoctorDr. phil. Paul Heyse, in München (Luisenstraße 49) lebender „Dichter“ [Adreßbuch für München für das Jahr 1891, Teil I, S. 155], hochberühmt und einflussreich.,

gestatten Sie mir, Ihnen eine dramatische Arbeit vorzulegenWedekind hat dem Begleitbrief die unter dem Titel „Kinder und Narren. Lustspiel in vier Aufzügen“ 1891 bei der Münchner Druckerei R. Warth als Privatdruck veröffentlichte Erstausgabe seines Stücks beigelegt [vgl. KSA 2, S. 643]., zu der mir das moderne Leben und Treiben, soweit ich es kenne, die Anregung sowol wie den Stoff gab. Ich habe | das Stück für die Bühne drucken lassen, darf indessen wol kaum darauf rechnen, von Seite der Directionen Beachtung zu finden, da ich die Verhältnisse in einer andern als der gerade heute gang und gäben Weise aufzufassen gewagt. Die öffentliche Presse hinwiederum wird sich meiner nicht annehmen wollen, | bevor ich nicht einen Verleger gefundenNach der Erstausgabe von „Kinder und Narren“ als Privatdruck 1891 erschien das Stück erst wieder 1897 in der Neufassung „Die junge Welt. Comödie in drei Aufzügen und einem Vorspiel“ im Verlag W. Pauli’s Nachfolger (H. Jerosch) in Berlin [vgl. KSA 2, S. 646]., der das Buch in zweckentsprechender Form der Öffentlichkeit übergiebt. Ein empfehlendes Wort von Ihnen, Herr Doctor, im Fall Sie es mit Ihrem künstlerischen Gewissen vereinbaren können, würde vielleicht vermögen, was endlosen Bemühungen des Autors | versagt bleibt. Ich gedenke das Stück, um dem Vorurtheil des Publicums aus dem Wege zu gehn, falls es im Buchhandel erscheint, nicht Lustspiel sondern ComödieWedekind unterschied die heute synonym verwendeten Bezeichnungen Lustspiel (im 17. Jahrhundert von Gottsched als Gattungsbegriff empfohlen) und Komödie, da man zeitgenössisch bei Komödie vor allem an die französische Salonkomödie dachte, die beim Publikum beliebten französischen Konversationsstücke [vgl. KSA 2, S. 700]., eventuell auch Schauspiel zu nennen. Sollte es je das Licht der Bretter erblicken„Kinder und Narren“ kam nicht auf die Bühne; auch die neubearbeitete Fassung „Die junge Welt“ wurde erst am 22.4.1908 im Münchner Schauspielhaus uraufgeführt., so würde ich | immerhin zur Bezeichnung Lustspiel zurückkehren, indem damit möglicher Weise Gelegenheit geboten wäre, dem Vorurtheil des Publicums entgegenzutreten.

Indem ich Sie auch darum ersuche, mir meine | Bitte, auch wenn Sie sie, sei es aus künstlerischen, sei es aus anderen Gründen, unberücksichtigt lassen müssen, nicht verargen zu wollen ‒ mit der Versicherung meiner Verehrung und Hochschätzung
Ihr ganz ergebenster
Fr. Wedekind


München, 9.III 91.

Akademiestraße 21 III

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 6 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 1 Blatt. 1 Doppelblatt. Seitenmaß 16,5 x 26 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    9. März 1891 (Montag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Bayerische Staatsbibliothek

Ludwigstraße 16
80539 München
Bundesrepublik Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Paul Heyse (1830‒1914) ‒ Heyse-Archiv
Signatur des Dokuments:
Heyse-Archiv VI (Wedekind, Frank)
Standort:
Bayerische Staatsbibliothek (München)

Danksagung

Wir danken der Bayerischen Staatsbibliothek, München, für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Paul Heyse, 9.3.1891. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

02.09.2024 22:00
Kennung: 1660

München, 9. März 1891 (Montag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Heyse, Paul
 
 

Inhalt

Sehr geehrter Herr DoctorDr. phil. Paul Heyse, in München (Luisenstraße 49) lebender „Dichter“ [Adreßbuch für München für das Jahr 1891, Teil I, S. 155], hochberühmt und einflussreich.,

gestatten Sie mir, Ihnen eine dramatische Arbeit vorzulegenWedekind hat dem Begleitbrief die unter dem Titel „Kinder und Narren. Lustspiel in vier Aufzügen“ 1891 bei der Münchner Druckerei R. Warth als Privatdruck veröffentlichte Erstausgabe seines Stücks beigelegt [vgl. KSA 2, S. 643]., zu der mir das moderne Leben und Treiben, soweit ich es kenne, die Anregung sowol wie den Stoff gab. Ich habe | das Stück für die Bühne drucken lassen, darf indessen wol kaum darauf rechnen, von Seite der Directionen Beachtung zu finden, da ich die Verhältnisse in einer andern als der gerade heute gang und gäben Weise aufzufassen gewagt. Die öffentliche Presse hinwiederum wird sich meiner nicht annehmen wollen, | bevor ich nicht einen Verleger gefundenNach der Erstausgabe von „Kinder und Narren“ als Privatdruck 1891 erschien das Stück erst wieder 1897 in der Neufassung „Die junge Welt. Comödie in drei Aufzügen und einem Vorspiel“ im Verlag W. Pauli’s Nachfolger (H. Jerosch) in Berlin [vgl. KSA 2, S. 646]., der das Buch in zweckentsprechender Form der Öffentlichkeit übergiebt. Ein empfehlendes Wort von Ihnen, Herr Doctor, im Fall Sie es mit Ihrem künstlerischen Gewissen vereinbaren können, würde vielleicht vermögen, was endlosen Bemühungen des Autors | versagt bleibt. Ich gedenke das Stück, um dem Vorurtheil des Publicums aus dem Wege zu gehn, falls es im Buchhandel erscheint, nicht Lustspiel sondern ComödieWedekind unterschied die heute synonym verwendeten Bezeichnungen Lustspiel (im 17. Jahrhundert von Gottsched als Gattungsbegriff empfohlen) und Komödie, da man zeitgenössisch bei Komödie vor allem an die französische Salonkomödie dachte, die beim Publikum beliebten französischen Konversationsstücke [vgl. KSA 2, S. 700]., eventuell auch Schauspiel zu nennen. Sollte es je das Licht der Bretter erblicken„Kinder und Narren“ kam nicht auf die Bühne; auch die neubearbeitete Fassung „Die junge Welt“ wurde erst am 22.4.1908 im Münchner Schauspielhaus uraufgeführt., so würde ich | immerhin zur Bezeichnung Lustspiel zurückkehren, indem damit möglicher Weise Gelegenheit geboten wäre, dem Vorurtheil des Publicums entgegenzutreten.

Indem ich Sie auch darum ersuche, mir meine | Bitte, auch wenn Sie sie, sei es aus künstlerischen, sei es aus anderen Gründen, unberücksichtigt lassen müssen, nicht verargen zu wollen ‒ mit der Versicherung meiner Verehrung und Hochschätzung
Ihr ganz ergebenster
Fr. Wedekind


München, 9.III 91.

Akademiestraße 21 III

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 6 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 1 Blatt. 1 Doppelblatt. Seitenmaß 16,5 x 26 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    9. März 1891 (Montag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Bayerische Staatsbibliothek

Ludwigstraße 16
80539 München
Bundesrepublik Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Paul Heyse (1830‒1914) ‒ Heyse-Archiv
Signatur des Dokuments:
Heyse-Archiv VI (Wedekind, Frank)
Standort:
Bayerische Staatsbibliothek (München)

Danksagung

Wir danken der Bayerischen Staatsbibliothek, München, für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Paul Heyse, 9.3.1891. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
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Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

02.09.2024 22:00