München 22. Dezember 1916.
Sehr verehrter Herr Krell!
Wollen Sie erlauben, Ihnen beiliegende beiden
Zuschriftennicht ermittelt; dem Brief liegen die beiden erwähnten Schreiben nicht mehr bei, die offenbar den Fall Hugo Hayn (siehe unten) betrafen. Kurt Martens dürfte sie Wedekind, den er häufig sah, übergeben haben. Wedekind hat im Tagebuch die letzten beiden Treffen mit ihm am 19.12.1916 im Café Luitpold („C.L. Mit Martens und Friedenthal“) und am 20.12.1916 wiederum im Café Luitpold („C.L. Meyrink Friedenthal Wil Vesper Martens“) notiert. zu übersenden. Herr Dr. Kurt MartensWedekinds langjähriger Freund Kurt Martens war seinerzeit als Privatgelehrter in München (Habsburgerstraße 3) [vgl. Adreßbuch für München 1917, Teil I, S. 448] verzeichnet. meinte, daß der SchutzverbandDen Vorstand des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller der Ortsgruppe München (Geschäftsstelle: Theatinerstraße 31, 2. Stock) [vgl. Adreßbuch für München 1917, Teil III, S. 176] bildete seinerzeit Kurt Martens (1. Vorsitzender), der Rechtsanwalt Karl Rudelsberger (Syndikus) und Max Krell (Sekretär); Walter Ziersch war ebenfalls im SDS der Ortsgruppe München aktiv [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 69, Nr. 166, 31.3.1916, Morgenblatt, S. 3]
dem Herrn Hayn vielleicht mit hundert Mark helfenEs ging um Mittel aus der Kriegshilfekasse des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller der Ortsgruppe München, die dem Bibliographen Hugo Hayn (geboren am 2.1.1843 in Breslau) zugutekommen sollten, der bekannt war für sein bibliographisches Verzeichnis der gesamten deutschen erotischen Literatur „Bibliotheca Germanorum erotica“ (1885), das aktuell im Georg Müller Verlag in München verlegt war [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 381, 30.7.1913, Morgen-Ausgabe, 2. Beiblatt, Literarische Rundschau, S. (1)]. Die näheren Zusammenhänge sind nicht ermittelt. könnte und forderte mich auf
die Zuschriften an Sie zu senden. Es liegt mir natürlich fern Ihrer werten
Entscheidung und der des Herrn Dr. ZierschDr. jur. Walter Ziersch, Privatgelehrter und Schriftsteller in München (Grillparzerstraße 49) [vgl. Adreßbuch für München 1917, Teil I, S. 838]. durch Nennung dieser Summe
vorgreifen | zu wollen. Das richtige wäre meinem Gefühl nach wenn die reiche
Vaterstadt des Bedrängten, Breslau, etwas für ihn tun könnte. Sollte in Breslau
eine ZweigstelleEine Ortsgruppe Breslau des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller ist für 1916/17 noch nicht nachgewiesen. des Schutzverbandes sein, so müßte die wohl auf den Fall
aufmerksam gemacht werden.
Indem ich Sie der Behelligung wegen um
Entschuldigung bitte, ersuche ich Sie, den Ausdruck vorzüglichster
Hochschätzung entgegen nehmen zu wollen.
Ihr ergebener
Frank Wedekind.