Vergleichsansicht

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Kennung: 12

Lenzburg, 13. Januar 1884 (Sonntag), Briefkarte

Autor*in

  • Greyerz, Minna von

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lieber Baby!

Du wirst wol etwas erstaunt sein, beiliegend einen BriefDer beigelegte Brief Minna von Greyerz’ an Olga Plümacher ist nicht überliefert. Wie aus späterer Korrespondenz hervorgeht, gab Wedekind ihn an die Absenderin zurück, die ihn dann vernichtete [vgl. Minna von Greyerz an Wedekind, 8.5.1884]. an Deine „TanteOlga Plümacher, Jugendfreundin Emilie Wedekinds und von ihrem Sohn Frank Wedekind als ‚philosophische Tante‘ tituliert; sie war Vertreterin des philosophischen Pessimismus in der Tradition Arthur Schopenhauers und Eduard von Hartmanns und philosophische Schriftstellerin.“ vorzufinden. Ich weiß selbst nicht was in mich gefahren ist, aber ich hatte so große Lust, einmal einer geistreichen Dame, sei’s auch nur wegen einer Bagatelle zu schreiben. Das kommt Dir nun sicherlich noch recht backfischmäßigveraltete Bezeichnung, für: pubertierend. vor u Du bist vielleicht etwas „baff“, wie Du Dich zu dieser Sonderlichkeit Deiner sonderbaren Cousine zu stellen hast. | Allein, habe ich Dich in eine jener „verhaßten“ Verlegenheiten gebracht, so bin ich es selbst, die Dir wiederum die Skrupeln, die Du Dir darüber machen könntest, verscheucht. Sieh, ich habe meine merkwürdige Begierde befriedigt, habe mich eine kl. Spange Zeitseltene Verwendung, statt: „Spanne Zeit“. mit der „großen Plümacher“ schriftlich unterhalten. Wenn Du nun aber es für rathsamer findest, den Brief nachdem Du ihn gelesen, nicht an sie abgehen zu lassen, so glaube mir, nehme ich’s Dir nicht übel, im Gegentheil | danke ich Dir, daß Du mich dadurch vor etwaiger „Blamage“ gerettet hast; denn Du weißt, ich habe das eben Geschriebene nicht „kritisirt“, sondern wie mir’s der Augenblick eingab hingeschmiert; ja leider geschmiert, wenn Du’s für nöthig erachtest, kannst Du auch meine Schrift entschuldigen, wenn Du meine Zeilen wirklich ihr zuschickst. Somit habe ich nun einen ganz angenehmen Winter-Sonntag-Nachmittag verlebt und Du? Hast | gefaulenzt, geträumt, gespielt, gelesen gedichtet oder gar selbst auch an sie „Tante Plümacher“ geschriebenOlga Plümacher hatte Wedekind nachweislich am 23.12.1883 und am 5.1.1884 geschrieben. Auf beide Briefe antwortete er [vgl. Olga Plümacher an Wedekind, 5.1.1884 und 20.1.1884], seine Briefe sind nicht überliefert.? Deine Zeit ist allerdings recht ausgefüllt, SchulaufgabenNach den Weihnachtsferien (26.12.1883 – 3.1.1884) war für Wedekind das letzte Quartal seiner Schulzeit angebrochen, im März 1884 begannen die Maturaprüfungen [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule für das Schuljahr 1883/84, S. 8]. in erster Linie, dann 2. „PrologWedekind schrieb einen „Prolog zur Abendunterhaltung der Kantonssschüler“, den er zu Beginn des Kantonsschülerfests am 1.2.1884 vortrug.“ 3. Brief an „Tante Plümacher“ 4. der „WettgesangEin Wettgesang Wedekinds über das Cäcilienfest vom 9.12.1883 ist nicht überliefert.über’s Cäcilienfest 5. Briefe an „BoreasBriefe Frank Wedekinds an seinen Bruder Armin Wedekind, der im Freundschaftsbund „Fidelitas“ den Namen des Windgotts ‚Boreas‘ führte und in Göttingen Medizin studierte, sind aus der Zeit vor 1884 nicht überliefert.u „GlanzpunktDie im Freundschaftsbund ‚Glanzpunkt‘ genannte Anny Barck, die Wedekind zu Weihnachten aus Freiburg im Breisgau geschrieben hatte [vgl. Anny Barck an Wedekind, 20.12.-21.12.1883], erhielt erst im Frühjahr seine Antwort [vgl. Wedekind an erst Anny Barck, 23.2.-12.3.1884].“, na ja, „Glückauf“! Hörst Du es das b/B/lasen von um den/ie/ Thürmen, das Rauschen in den Bäumen, das Heulen um die Ecken u dann wieder das sehnsuchtsvolle, langgedehnte Wehen? Das sind die Grüße Deines „Sturmwinds“.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11 x 8 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 13.1.1884 (ein Sonntag) ist als Ankerdatum gesetzt für das Schreibdatum, das durch die Sonntage nach dem Cäcilienfest (9.12.1883) und vor der Fertigstellung des „Prologs zur Abendunterhaltung der Kantonsschüler“ (vor dem 20.1.1883) [vgl. Oskar Schibler an Wedekind, 20.1.1883]) eingegrenzt ist. Die 5 möglichen Schreibdaten (16.12.1883, 23.12.1883, 30.12.1883, 6.1.1884, 13.1.1884) erfahren durch briefliche Implikationen weitere Eingrenzungen: 1.) Die angesprochenen Briefschulden gegenüber Anny Barck hatte Wedekind erst nach Ankunft ihres Briefes [Anny Barck an Wedekind, 20.u.21.12.1883]; 2.) Schulaufgaben dürften in der weihnachtlichen Ferienzeit (25.12.1883-3.1.1884) trotz der bevorstehenden Prüfungszeit durch die Matura nicht im Vordergrund gestanden haben; 3.) Olga Plümachers mit einem Auftrag verbundenen Brief [vgl. Olga Plümacher an Wedekind, 5.1.1884] dürfte Wedekind nicht am frühesten möglichen Schreibtag (Sonntag, den 6.1.1884) – ohne den Versuch der Auftragserledigung – beantwortet haben. Als mögliches Schreibdatum bleibt nur Sonntag, der 13.1.1884, übrig.

  • Schreibort

    Lenzburg
    13. Januar 1884 (Sonntag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Pharus I. Frank Wedekind. Texte, Interviews, Studien

Titel des Aufsatzes:
Eine Lenzburger Jugendfreundschaft. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Minna von Greyerz.
Autor:
Elke Austermühl
Herausgeber:
Elke Austermühl, Alfred Kessler, Hartmut Vinçon. Editions- und Forschungsstelle Frank Wedekind
Ort der Herausgabe:
Darmstadt
Verlag:
Verlag der Georg Büchner Buchhandlung
Seitenangabe:
363
Kommentar:
Die Briefkarte ist im Erstdruck auf „Dezember 1883 / Anfang Januar 1884“ datiert.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Aargauer Kantonsbibliothek

Aargauerplatz
5001 Aarau
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
Wedekind-Archiv B, Schachtel 11, Mappe 6, Autographen

Danksagung

Wir danken der Aargauer Kantonsbibliothek für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Minna von Greyerz an Frank Wedekind, 13.1.1884. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

20.03.2024 15:01
Kennung: 12

Lenzburg, 13. Januar 1884 (Sonntag), Briefkarte

Autor*in

  • Greyerz, Minna von

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Lieber Baby!

Du wirst wol etwas erstaunt sein, beiliegend einen BriefDer beigelegte Brief Minna von Greyerz’ an Olga Plümacher ist nicht überliefert. Wie aus späterer Korrespondenz hervorgeht, gab Wedekind ihn an die Absenderin zurück, die ihn dann vernichtete [vgl. Minna von Greyerz an Wedekind, 8.5.1884]. an Deine „TanteOlga Plümacher, Jugendfreundin Emilie Wedekinds und von ihrem Sohn Frank Wedekind als ‚philosophische Tante‘ tituliert; sie war Vertreterin des philosophischen Pessimismus in der Tradition Arthur Schopenhauers und Eduard von Hartmanns und philosophische Schriftstellerin.“ vorzufinden. Ich weiß selbst nicht was in mich gefahren ist, aber ich hatte so große Lust, einmal einer geistreichen Dame, sei’s auch nur wegen einer Bagatelle zu schreiben. Das kommt Dir nun sicherlich noch recht backfischmäßigveraltete Bezeichnung, für: pubertierend. vor u Du bist vielleicht etwas „baff“, wie Du Dich zu dieser Sonderlichkeit Deiner sonderbaren Cousine zu stellen hast. | Allein, habe ich Dich in eine jener „verhaßten“ Verlegenheiten gebracht, so bin ich es selbst, die Dir wiederum die Skrupeln, die Du Dir darüber machen könntest, verscheucht. Sieh, ich habe meine merkwürdige Begierde befriedigt, habe mich eine kl. Spange Zeitseltene Verwendung, statt: „Spanne Zeit“. mit der „großen Plümacher“ schriftlich unterhalten. Wenn Du nun aber es für rathsamer findest, den Brief nachdem Du ihn gelesen, nicht an sie abgehen zu lassen, so glaube mir, nehme ich’s Dir nicht übel, im Gegentheil | danke ich Dir, daß Du mich dadurch vor etwaiger „Blamage“ gerettet hast; denn Du weißt, ich habe das eben Geschriebene nicht „kritisirt“, sondern wie mir’s der Augenblick eingab hingeschmiert; ja leider geschmiert, wenn Du’s für nöthig erachtest, kannst Du auch meine Schrift entschuldigen, wenn Du meine Zeilen wirklich ihr zuschickst. Somit habe ich nun einen ganz angenehmen Winter-Sonntag-Nachmittag verlebt und Du? Hast | gefaulenzt, geträumt, gespielt, gelesen gedichtet oder gar selbst auch an sie „Tante Plümacher“ geschriebenOlga Plümacher hatte Wedekind nachweislich am 23.12.1883 und am 5.1.1884 geschrieben. Auf beide Briefe antwortete er [vgl. Olga Plümacher an Wedekind, 5.1.1884 und 20.1.1884], seine Briefe sind nicht überliefert.? Deine Zeit ist allerdings recht ausgefüllt, SchulaufgabenNach den Weihnachtsferien (26.12.1883 – 3.1.1884) war für Wedekind das letzte Quartal seiner Schulzeit angebrochen, im März 1884 begannen die Maturaprüfungen [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule für das Schuljahr 1883/84, S. 8]. in erster Linie, dann 2. „PrologWedekind schrieb einen „Prolog zur Abendunterhaltung der Kantonssschüler“, den er zu Beginn des Kantonsschülerfests am 1.2.1884 vortrug.“ 3. Brief an „Tante Plümacher“ 4. der „WettgesangEin Wettgesang Wedekinds über das Cäcilienfest vom 9.12.1883 ist nicht überliefert.über’s Cäcilienfest 5. Briefe an „BoreasBriefe Frank Wedekinds an seinen Bruder Armin Wedekind, der im Freundschaftsbund „Fidelitas“ den Namen des Windgotts ‚Boreas‘ führte und in Göttingen Medizin studierte, sind aus der Zeit vor 1884 nicht überliefert.u „GlanzpunktDie im Freundschaftsbund ‚Glanzpunkt‘ genannte Anny Barck, die Wedekind zu Weihnachten aus Freiburg im Breisgau geschrieben hatte [vgl. Anny Barck an Wedekind, 20.12.-21.12.1883], erhielt erst im Frühjahr seine Antwort [vgl. Wedekind an erst Anny Barck, 23.2.-12.3.1884].“, na ja, „Glückauf“! Hörst Du es das b/B/lasen von um den/ie/ Thürmen, das Rauschen in den Bäumen, das Heulen um die Ecken u dann wieder das sehnsuchtsvolle, langgedehnte Wehen? Das sind die Grüße Deines „Sturmwinds“.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11 x 8 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 13.1.1884 (ein Sonntag) ist als Ankerdatum gesetzt für das Schreibdatum, das durch die Sonntage nach dem Cäcilienfest (9.12.1883) und vor der Fertigstellung des „Prologs zur Abendunterhaltung der Kantonsschüler“ (vor dem 20.1.1883) [vgl. Oskar Schibler an Wedekind, 20.1.1883]) eingegrenzt ist. Die 5 möglichen Schreibdaten (16.12.1883, 23.12.1883, 30.12.1883, 6.1.1884, 13.1.1884) erfahren durch briefliche Implikationen weitere Eingrenzungen: 1.) Die angesprochenen Briefschulden gegenüber Anny Barck hatte Wedekind erst nach Ankunft ihres Briefes [Anny Barck an Wedekind, 20.u.21.12.1883]; 2.) Schulaufgaben dürften in der weihnachtlichen Ferienzeit (25.12.1883-3.1.1884) trotz der bevorstehenden Prüfungszeit durch die Matura nicht im Vordergrund gestanden haben; 3.) Olga Plümachers mit einem Auftrag verbundenen Brief [vgl. Olga Plümacher an Wedekind, 5.1.1884] dürfte Wedekind nicht am frühesten möglichen Schreibtag (Sonntag, den 6.1.1884) – ohne den Versuch der Auftragserledigung – beantwortet haben. Als mögliches Schreibdatum bleibt nur Sonntag, der 13.1.1884, übrig.

  • Schreibort

    Lenzburg
    13. Januar 1884 (Sonntag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Pharus I. Frank Wedekind. Texte, Interviews, Studien

Titel des Aufsatzes:
Eine Lenzburger Jugendfreundschaft. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Minna von Greyerz.
Autor:
Elke Austermühl
Herausgeber:
Elke Austermühl, Alfred Kessler, Hartmut Vinçon. Editions- und Forschungsstelle Frank Wedekind
Ort der Herausgabe:
Darmstadt
Verlag:
Verlag der Georg Büchner Buchhandlung
Seitenangabe:
363
Kommentar:
Die Briefkarte ist im Erstdruck auf „Dezember 1883 / Anfang Januar 1884“ datiert.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Aargauer Kantonsbibliothek

Aargauerplatz
5001 Aarau
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
Wedekind-Archiv B, Schachtel 11, Mappe 6, Autographen

Danksagung

Wir danken der Aargauer Kantonsbibliothek für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Minna von Greyerz an Frank Wedekind, 13.1.1884. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

20.03.2024 15:01