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Kennung: 1150

Zürich, 18. August 1917 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Martens, Kurt

Inhalt

Zürich 18. August 1917
Schönbühlstraße 14 III.


Lieber Freund!

Sehr verspätet erhielt ich Deine freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Martens an Wedekind, 16.7.1917. über die Kundgebung zugunsten MeyrinksGegen den Schriftsteller Gustav Meyrink war im Frühjahr 1917 eine publizistische Hetzkampagne losgebrochen, ausgelöst von Angriffen des völkisch-antisemitischen Hamburger Aktivisten Albert Zimmermann. Mitte Juli 1917 hatte der Schutzverband Deutscher Schriftsteller, dessen Münchner Ortsgruppe Martens vorsaß, eine Solidaritätserklärung für Meyrink an zahlreiche deutsche und österreichische Blätter ausgesandt. Die Unterzeichner der Erklärung – darunter Artur Kutscher, Heinrich Mann, Albert von Schrenk-Notzing und Wedekind – verwahrten sich sowohl gegen den durch die Angriffe hervorgerufenen Anschein, „als sei Gustav Meyrink ein Schädling der deutschen Literatur“ [Eine Kundgebung gegen die Meyrink-Hetze. In: Berliner Tageblatt, Jg. 46, Nr. 359, 17.7.1917, Morgen-Ausgabe, S. (3); vgl. ausführlich KSA 5/III, S. 685-691], als auch gegen den antisemitischen Grundton der Kampagne, der zudem von der unzutreffenden Annahme ausging, dass Meyrink Jude sei. und konnte mich nur noch darüber freuen, daß Du mich mit meinem Namen schon an dem Protest hattest teilnehmen lassen. In Zürich ist es derweil sehr still geworden | nachdem ReinhardtDas von Max Reinhardt geleitete Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin gastierte im Januar und Juni 1917 am Stadttheater Zürich. und die Wiener Operettenicht ermittelt. vorüber gerauscht sind. Alles lebt in den Bergen, kein Publicum läßt sich auftreiben, aber die Tage sind wunderschön. Trotzdem sehne ich mich nach München zurückWedekind hielt sich vom 7.10. bis zum 4.11.1917, als er nach Zürich zurückkehrte, in München auf. und hoffe auch am ersten Oktober wieder dort zu sein. Dir wünsche ich daß auch Du Dich des herrlichen Sommers nach Herzenslust freust und Kraft und Mut für den kommenden Winter gesammelt hast. Häufig | lese ich hier die n/N/euesten NachrichtenMartens war während des Ersten Weltkrieges zeitweise als Redakteur im Feuilleton der „Münchner Neuesten Nachrichten“ tätig. und glaube an vielen Stellen die Wirkung Deines Geistes darin zu spüren. Das ganze Blatt hat ein frisches Gesicht bekommen. Im Café OdéonDas 1911 eröffnete Grand Café Odeon am Bellevue-Platz in Zürich war bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ein beliebter Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle. Wedekinds Tagebuch dokumentiert für die Sommermonate 1917 etliche Aufenthalte und Treffen im Odeon. findet sich hier eine Gesellschaft von Künstlern und Journalisten zusammen, unter denen die Tagesneuigkeiten erörtert werden. Daneben verwende ich möglichst viel Zeit auf Rudern und Schwimmen. Aber auch bei Regen ist die Temperatur | so schwül, daß man täglich unentgeltlich sein Schwitzbad bekommt. Eben bittet mich Pamela ihre Grüße an Hertha zu bestellen. Auch meine Frau sendet schönste Grüße. Mit den besten Wünschen auf baldiges Wiedersehen in München

in alter Freundschaft
Dein
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 17 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    18. August 1917 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
350
Briefnummer:
476
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/20
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Kurt Martens, 18.8.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Zuletzt aktualisiert

06.11.2024 17:24
Kennung: 1150

Zürich, 18. August 1917 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Martens, Kurt
 
 

Inhalt

Zürich 18. August 1917
Schönbühlstraße 14 III.


Lieber Freund!

Sehr verspätet erhielt ich Deine freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Martens an Wedekind, 16.7.1917. über die Kundgebung zugunsten MeyrinksGegen den Schriftsteller Gustav Meyrink war im Frühjahr 1917 eine publizistische Hetzkampagne losgebrochen, ausgelöst von Angriffen des völkisch-antisemitischen Hamburger Aktivisten Albert Zimmermann. Mitte Juli 1917 hatte der Schutzverband Deutscher Schriftsteller, dessen Münchner Ortsgruppe Martens vorsaß, eine Solidaritätserklärung für Meyrink an zahlreiche deutsche und österreichische Blätter ausgesandt. Die Unterzeichner der Erklärung – darunter Artur Kutscher, Heinrich Mann, Albert von Schrenk-Notzing und Wedekind – verwahrten sich sowohl gegen den durch die Angriffe hervorgerufenen Anschein, „als sei Gustav Meyrink ein Schädling der deutschen Literatur“ [Eine Kundgebung gegen die Meyrink-Hetze. In: Berliner Tageblatt, Jg. 46, Nr. 359, 17.7.1917, Morgen-Ausgabe, S. (3); vgl. ausführlich KSA 5/III, S. 685-691], als auch gegen den antisemitischen Grundton der Kampagne, der zudem von der unzutreffenden Annahme ausging, dass Meyrink Jude sei. und konnte mich nur noch darüber freuen, daß Du mich mit meinem Namen schon an dem Protest hattest teilnehmen lassen. In Zürich ist es derweil sehr still geworden | nachdem ReinhardtDas von Max Reinhardt geleitete Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin gastierte im Januar und Juni 1917 am Stadttheater Zürich. und die Wiener Operettenicht ermittelt. vorüber gerauscht sind. Alles lebt in den Bergen, kein Publicum läßt sich auftreiben, aber die Tage sind wunderschön. Trotzdem sehne ich mich nach München zurückWedekind hielt sich vom 7.10. bis zum 4.11.1917, als er nach Zürich zurückkehrte, in München auf. und hoffe auch am ersten Oktober wieder dort zu sein. Dir wünsche ich daß auch Du Dich des herrlichen Sommers nach Herzenslust freust und Kraft und Mut für den kommenden Winter gesammelt hast. Häufig | lese ich hier die n/N/euesten NachrichtenMartens war während des Ersten Weltkrieges zeitweise als Redakteur im Feuilleton der „Münchner Neuesten Nachrichten“ tätig. und glaube an vielen Stellen die Wirkung Deines Geistes darin zu spüren. Das ganze Blatt hat ein frisches Gesicht bekommen. Im Café OdéonDas 1911 eröffnete Grand Café Odeon am Bellevue-Platz in Zürich war bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ein beliebter Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle. Wedekinds Tagebuch dokumentiert für die Sommermonate 1917 etliche Aufenthalte und Treffen im Odeon. findet sich hier eine Gesellschaft von Künstlern und Journalisten zusammen, unter denen die Tagesneuigkeiten erörtert werden. Daneben verwende ich möglichst viel Zeit auf Rudern und Schwimmen. Aber auch bei Regen ist die Temperatur | so schwül, daß man täglich unentgeltlich sein Schwitzbad bekommt. Eben bittet mich Pamela ihre Grüße an Hertha zu bestellen. Auch meine Frau sendet schönste Grüße. Mit den besten Wünschen auf baldiges Wiedersehen in München

in alter Freundschaft
Dein
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 17 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    18. August 1917 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
350
Briefnummer:
476
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Wedekind, Frank A I/20
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Kurt Martens, 18.8.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Zuletzt aktualisiert

06.11.2024 17:24