Lieber Frank!
Ich bitte dich umgehend um Antwort. Gedenkst du in
meiner Sache etwas zu tun und kannst du es. Wenn ich mich nicht selbst
umbringe, so sterbe ich doch Hungers. Ich denke, wenn du dir unsere Beziehungen
seit den letzten 10 Jahren in Erinnerung zurückrufst, so müßte mein Tod, den du
ohne einen Finger zu rühren, zuläßt, | doch etwas Peinliches für dich haben.
Armin hat sich seit Jahren wegen meines Verhaltens zu dir von mir getrennt.
Mieze schrieb mir ablehnend, aber immerhin freundlich, während du noch bittere WorteFrank Wedekinds Antwort auf Donald Wedekinds letzten Brief [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 9.12.1900], auf die er sich hier vermutlich bezieht, ist als Entwurf überliefert [vgl. Frank Wedekind an Donald Wedekind, 7.1.1901]. für michFrank Wedekinds Antwort auf Donald Wedekinds letzten Brief [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 9.12.1900], auf die er sich hier vermutlich bezieht, ist als Entwurf überliefert [vgl. Frank Wedekind an Donald Wedekind, 7.1.1901]. hast. Bin ich krank oder bin ichs nicht? Sicher ist, daß ich
seit dem Jahre 93 nicht aus der BehandlungDonald Wedekind war wegen einer Syphiliserkrankung in Behandlung gewesen [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 25.12.1895]. Ob er vor seinen Besuchen bei Dr. Constantin von Monakow in Zürich 1908 [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 2.2.1908 und die folgende Korrespondenz] auch bereits in psychiatrischer Behandlung war, ist nicht belegt. herausgekommen, und daß schon
stärkere Naturen durch denselben Krankheitskeim wie | nichts als ihrer Vernunft
beraubt wurden. Ich bitte um sofortige Antwort, und wenn du kannst, um Hilfe.
Heiliger schreibt mirDer Rechtsanwalt Hans Heiliger aus Hannover war mit der Abwicklung des Erbfalls von Wedekinds Tante Auguste Bansen beauftragt (siehe dazu die Korrespondenz zwischen Frank Wedekind und Walther Oschwald). Das Schreiben ist nicht überliefert., daß am 15. dieses der Rest der Erbschaft bezahlt wird.
Dein
Donald
Mailand, Via Medici 15
d. 9. Jan. 1901 |
Halbbetrubt,
halberfeut mache ich Ihnen die Mitteilung, dass Ich voraussichtlich in der
Nacht von 1900 – 1901 aus dieser Welt scheiden werde.
Der trauernde Hinterbliebene
(indem meine eigentliche Natur schon seit einiger Zeit voraus ist).
Donald Wedekind
MAILAND, Via
Medici 15.
d. 20. XII. 1900
P. S. –
Condolenzschreiben werden bis zu erstangeführtem Datum gerne entgegengenommen,
später nicht, wegen mangelnder Postverbindung!
[Kuvert:]
Herrn
Frank Wedekind
42. Franz-Josefstraße
München
Germania