Vertrag
Zwischen Herrn Frank Wedekind in München und der Firma
Albert Langen, Verlag in München, wurde
folgender Vertrag abgeschlossen:
§ 1.
Herr Frank Wedekind verpflichtet sich alle
künftig erscheinenden Bühnenwerke seiner Feder, ausgenommen „Hidalla“, der Firma Albert Langen in erster Linie zum
Bühnenvertrieb anzubieten. Ueber Annahme oder Ablehnung des Stückes hat die
Firma Albert Langen innerhalb drei Wochen vom Tage des Empfanges des Stückes an gerechnet zu
entscheiden und den Autor vorSchreibversehen, statt: von.
der Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Im Falle der Annahme hat Herr Wedekind seine Stücke dem
Langen’schen Bühnenvertrieb zu denselben Bedingungen zu überlassen, die für die
bereits im Langen’schen Bühnenvertrieb befindlichen Stücke des Herrn Wedekind:
„Erdgeist“
„Der Kammersänger“
„Der Liebestrank“
„Die Junge Welt“
massgebend sind und in den folgenden Paragraphen fixiert werden.
§ 2.
Die Firma Albert Langen hat das alleinige und
ausschliessliche Recht die Aufführung der in § 1
bezeichneten Stücke für sämtliche Bühnen des In- und Auslandes zu vergeben und
Herr Frank Wedekind bevollmächtigt die Firma Albert Langen
alle Vereinbarungen hinsichtlich Honorar und Tantiemen zu treffen, doch
verpflichtet sich der Bühnenvertrieb Albert Langen
allen speziellen Wünschen des Herrn Wedekind in Hinsicht darauf soweit
als tunlich gerecht zu werden.
§ 3.
Die Firma Albert Langen erhält für ihre Tätigkeit
im Interesse der in § 1 bezeichneten Werke als Provision zehn Prozent
sämtlicher Eingänge, die | aus der Veranstaltung von öffentlichen Aufführungen
dieser Werke vereinnahmt werden und verpflichtet sich, Herrn Wedekind darüber monatlich
Abrechnung zuzustellen und nach Abzug seiner Provision und eventuell nach Abzug
des in § 6 bezeichneten Prozentsatzes Zahlung zu leisten.
§ 4.
Um in etwaigen Streitfällen Herrn Wedekind
vor Gericht rechtsgiltig vertreten zu können, gilt dieser Vertrag zugleich als
Vollmacht für die Firma Albert Langen.
§ 5.
Die Firma Albert Langen hat das Recht, nach ihrem
Ermessen eine Bühnenauflage der bezeichneten Werke, soweit die Herstellung
einer solchen im Interesse der Werke notwendig ist, drucken zu lassen. Die
Kosten solcher Bühnenauflagen hat die Firma Albert Langen
zu verauslagen und sie soll berechtigt sein, diese Kosten in erster Linie aus
den für das Werk zu erzielenden Einnahmen zu decken.
§ 6.
Wenn Herr Wedekind bei der Firma Albert Langen einen Vorschuss hat, ist
die Firma Albert Langen berechtigt, von den Herrn
Wedekind nach Abzug der zehn Prozent Provision zukommenden neunzig Prozent der
Tantiemen vierzig Prozent nicht zur Auszahlung zu bringen, sondern zur Deckung
des Vorschusses des Herrn Wedekind unter Gutschrift auf dessen
Konto zu verwenden.
§ 7.
Dieser Vertrag ist auf die Dauer von drei Jahren für beide
Teile unkündbar. vom
1. Juni 1907 ab steht sowohl Herrn Frank Wedekind,
wie der Firma Albert Langen das Recht zu, diesen
Vertrag jederzeit zu kündigen. Nach erfolgter Kündigung erlischt dieser Vertrag
falls die Kündigung in der Zwischenzeit nicht zurückgenommen wurde, ein Jahr
nach dem Tage an dem die Kündigung stattgefunden hat.
Vorstehender Vertrag wurde in zwei gleichlautenden
Exemplaren ausgefertigt, von beiden Teilen gelesen, genehmigt und
unterschrieben.
München, den 1. Juni 1904Wedekind notierte am 1.6.1904 in München einen Besuch im Albert Langen Verlag, bei dem er Honorar und Tantiemen erhalten sowie den vorliegenden Vertrag unterschrieben hat: „Erste Rate von Langen erhalten M. 500– An Tantiemen erhalten M. 124. Contrakt unterschrieben“ [Tb]. Frank Wedekind.
D. R.
GeheebDr. phil. Reinhold Geheeb, seit dem 1.8.1897 Mitarbeiter des Albert Langen Verlags [vgl. Pöllinger 1993, S. 421].