Frau Helene M. BogenhardtHelene Bogenhardt, Mutter der Schriftstellerin und Übersetzerin Gisela Bogenhardt (Vater war Leopold Waltner aus Kissingen) [vgl. Wer ist’s? 6 (1912), S. 1468], die unter den Pseudonymen Sela Etzel [vgl. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1907, Teil II, Sp. 140] oder Gisela Etzel [vgl. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1908, Teil II, Sp. 147, 1514] schrieb und im Frühjahr 1908 den Schriftsteller Theodor Schulze (Pseudonym: Theodor Etzel) als „Hotelbesitzerstochter Fräulein Gisela Waltner“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 123, 13.3.1908, Morgenblatt, S. 3] heiratete, und des Schauspielers Johannes Bogenhardt (siehe unten). Sie selbst ist als Schriftstellerin kaum in Erscheinung getreten; nur vereinzelt finden sich Hinweise wie die zu eine Aufführung im Berliner Lessingtheater: „Prolog von Helene Bogenhardt“ [Berliner Börsen-Courier, Jg. 30, Nr. 79, 17.2.1897, Morgen-Ausgabe, 1. Beilage, S. (1)].
München
Elisabethstraße 4. p.Adresse von Johannes Bogenhardt in München (Elisabethstraße 4, Parterre), Schauspieler und Mitglied des Hofschauspiels [vgl. Adreßbuch von München 1908, Teil I, S. 54], der 1910 im „Fach des ersten jugendlichen Helden“ [Berner Tagwacht, Jg. 18, Nr. 10, 13.1.1910, S. (3)] an das Stadttheater in Bern wechselte, dort bis 1913 blieb und dann für rund vier Jahrzehnte Schauspieler und später auch Regisseur am Stadttheater in Dortmund wurde (auch unter den Namen Hans Bogenhardt oder Hanns Bogenhardt-Waltner).
Sehr geehrte gnädige Frau
ich erhielt Ihr Manuscript schon im Frühjahr zugeschicktHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Helene Bogenhardt an Wedekind, 31.5.1907..
Ich schrieb Ihnen darauf in einigen Zeilenvgl. Wedekind an Helene Bogenhardt, 4.7.1907., daß ich es leider nicht mehr wagen
könne, Bücher im Manuscript zu lesen, da mir von den Autoren solcher
Manuscripte schon zu oft der Vorwurf gemachtWedekind wiederholt die Bemerkung aus seinem früheren Brief [vgl. Wedekind an Helene Bogenhardt, 4.7.1907]. wurde, daß ich Sätze, ja ganze Abschnitte
aus ihren Manuscripten abgeschrieben und in meinen und in meinen eigenen
Schriften als mein geistiges Eigenthum herausgegeben hätte. Diesen Brief, der
nicht größer und schwerer | war als dieser hier, legte ich mit dem Manuscriptnicht ermittelt (und vermutlich auch nicht überliefert).
zusammen in das von Ihnen mitgeschickte frankierte Kuvert und trug das Paket
zur Post. Der Postbeamte sagte mir aber, daß die Sendung als Brief zu schwer
wäre und als Paket geschickt werden müßte. Um nicht zu spät zu einem Besuch zu
kommen, den ich unmöglich mit einem Paket in der Hand machen konnte, warf ich
das Paket draußen vor dem Postbureau in den Briefkasten. Als ich nun während
des Sommers drei MonateWedekind war vom 19.7.1907 bis 3.10.1907 in München [vgl. Tb]. in München war, wurde ich eines Tages durch ein
Schreibennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Postamt München an Wedekind, 9.8.1907. aufs Hauptpostamtauf das Postamt München 1 (Residenzstraße 2) mit dem „Bureau für postlagernde Sendungen“ [Adreßbuch für München 1907, Teil III, S. 103]. zitiert. Ich folgte der Aufforderung an einem
Nachmittage an dem ich mit einem Freunde einen | AusflugWedekind unternahm den Ausflug an den Starnberger See möglicherweise am 12.8.1907, einem Montag (kein Eintrag im Tagebuch), vielleicht gemeinsam mit seinem Freund Emil Gerhäuser, den er am 11.8.1907 getroffen hat: „Abends mit Gerhäuser.“ [Tb] an den Starenberger
See unternehmen wollte. Der Postbeamte legte mit Ihr Manuscript vor und
verlangte von mir daß ich es mitnehme. Ich weigerte mich aufs Entschiedenste.
Ich sagte ihm daß das Manuscript nicht mir gehöre, daß ich nicht darum gebeten
habe, es anvertraut zu erhalten und daß ich mich nicht für verpflichtet halte,
es mit mir herumzutragen. Es war an einem der mittleren Schalter auf der
rechten Seite (von der Weinstraße aus) an dem postlagernde Wertsendungen
ausgeliefert wurden. Darauf behielt der Postbeamte das Manuscript. Es sollte mir
nun sehr leid thun, wenn Sie, geehrte gnädige Frau, durch diese
Unan|nehmlichkeiten Schaden erlitten. Wenn Sie mit diesen Zeilen zu dem
betreffenden Schalter gehen, so wird das wohl der beste Weg sein, um dem
Manuscript wieder auf die Spur zu kommen.
Mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochschätzung
Ihr ergebener
Frank Wedekind
13.12.7.