Sehr geehrter Herr Doctorvermutlich Dr. jur. Ludwig Bauer, Schriftsteller in Basel (Centralbahnstraße 7) [vgl. Adressbuch der Stadt Basel 1917, Teil I, S. 23], Redakteur der Basler „National-Zeitung“, pazifistischer oder „‚neutraler‘ Journalist“ [KSA 8, S. 1015], der des Krieges wegen in der Schweiz lebte und der wohl gerade wieder in Zürich war. Wedekind hat ihn dem Tagebuch zufolge am 21.6.1917 („Café Odeon Ludwig Bauer“) und 27.7.1917 („Dr. Ludwig Bauer“) schon früher in Zürich getroffen. Ludwig Bauer hatte das „Erdgeist“-Gastspiel vom 19. bis 21.5.1917 im Künstlertheater am 24.5.1917 in der Basler „National-Zeitung“ begeistert besprochen [vgl. Seehaus 1973, S. 410] und plante offenbar eine Besprechung auch des aktuellen „Erdgeist“-Gastspiels (siehe unten) oder des anstehenden „Franziska“-Gastspiels (siehe unten). – Ludwig Bauer ist zwar als Adressat der Visitenkarte anzunehmen, als mögliche Adressaten kommen allerdings auch Dr. phil. Hermann Kesser, den Wedekind dem Tagebuch zufolge am 31.7.1917 („Café Odeon mit Dr. Kesser und Dr. Hirzel“) und 1.8.1917 („Edenhotel mit Dr. Korrodi und Dr. Kesser“) in Zürich traf, und vielleicht auch Dr. phil. Max Hochdorf, den Wedekind recht oft in Zürich sah [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 1.12.1917] in Frage; beide Schriftsteller lebten jedoch in Zürich, weshalb es weniger wahrscheinlich ist, dass die Visitenkarte an einen von ihnen adressiert war.!
Leider haben wir heute und die folgenden Tage sehr
anstrengende ProbenProben zu Frank und Tilly Wedekinds „Franziska“-Gastspiel im Pfauentheater, einer „Schauspielbühne des Stadttheaters“ [Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 612], das am 27.9.1917 (Donnerstag) begann: „Im Pfauentheater findet am Donnerstag wieder ein Gastspiel von Frank und Tilly Wedekind statt, und zwar geht diesmal, einstudiert unter Leitung des Dichters, Wedekinds ‚modernes Mysterium‘ ‚Franziska‘ zum erstenmal in Szene. Wedekind und seine Gattin spielen die Hauptrollen.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 1791, 27.9.1917, 1. Morgenblatt, S. (3)]. Trotzdem werde ich mich sehr freuen, Sie | sehen zu
können. Vielleicht erwarten Sie mich nach Schluß der VorstellungFrank und Tilly Wedekind gaben seit dem 12.9.1917 in Zürich ein „Erdgeist“-Gastspiel im Pfauentheater, dessen letzte Vorstellung am 25.9.1917 (Dienstag) im Stadttheater (verbunden mit dem Pfauentheater, Direktion: Alfred Reucker) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 610] stattfand, Beginn um 20 Uhr: „Im Stadttheater gelangt am Dienstag Wedekinds ‚Erdgeist‘ zum letztenmal, diesmal im großen Hause, zur Aufführung. Wieder werden Frank und Tilly Wedekind selbst mitwirken. Beginn 8 Uhr.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 1770, 24.9.1917, 2. Morgenblatt, S. (2)] in der
Garderobe oder dann im Cafe Odeondas 1911 eröffnete Café Odeon in Zürich (am Bellevueplatz), das Wedekind oft besuchte – zuletzt hat er am 1.8.1917 „Cafe Odeon“ [Tb] notiert, zuerst am 21.6.1917, als er sich dort mit Ludwig Bauer traf (siehe oben). fünf Uhr17 Uhr. Nachmittags. Mit besten Grüßen Ihr
FrWedekind.
Frank Wedekind |
[Kuvert]