Kennung: 562

Berlin, 16. März 1907 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Jureit, Johann Christoph

Inhalt

[Briefentwurf:]


Geehrter Herr Jureit.

mit gleicher Post übersende ich Ihnen eine Nummer der Zukunft in der auf Seite 404Wedekind weist seinen Schneider auf folgende Passage in der Besprechung hin, die seinen Auftritt betrifft (in der Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters): „Jetzt erscheint der vermummte Herr in einer neuen raffinirten Verkleidung; einer, die auch die ,oberen Schichten‘ der Gesellschaft kirren soll. Er kommt im eleganten Ueberrock, mit glänzend gebürstetem Cylinder, eine schwarze Maske vor dem Gesicht; […] das monumentale Achselzucken kleidet vortrefflich in einem Gewand, das vom Modeschneider Unter den Linden bezogen ist.“ [Karl Scheffler: Der vermummte Herr. In: Die Zukunft, Bd. 58, Jg. 16, Nr. 24, 16.3.1907, S. 403-407, hier S. 404] mein Kostüm ansprochenSchreibversehen statt: angesprochen. ist in dem dem/ich/ hier am Deutschen Theater in meinem Stück Frlgs Erwachen den vermummten Herrn spieleWedekind spielte die Rolle Der vermummte Herr in Max Reinhardts erfolgreicher Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin (Premiere: 20.11.1906), die am 16.3.1907 bereits in der 73. Vorstellung zu sehen war.. Ich möchte Sie nun bitten beiliegenden Brief mit Ihrer Unterschrift an den Herausgeber der Zukunft Maximilian Harden zu senden. Ich bin mit Harden sehr befreundet und ich bin fest überzeugt, daß er Ihnen sowol wie mir den Gefallen thun wird, den Brief in der nächsten Nummer abzudruckenIn Nr. 25 der „Zukunft“ vom 23.3.1907 ‒ das war das nächste Heft ‒ und auch in den folgenden Heften findet sich kein entsprechender Beitrag.. Nur braucht er natürlich nicht zu wissen, daß ich Ihnen dazu geraten habe. Ich finde daß man solche vortheilhaften Gelegenheiten ausnutzen | muß, da sie sich selten genug bieten. Ich habe den Brief möglichst vornehm aufgesetzt, so daß er uns unmöglich irgendwie keinerlei I/s/chaden thun kann. Sie brauchen ihn nur von Ihrem Sekretär auf abschreiben zu lassen und zu unterzeichnen, natürlich auf Ihrem Geschäftspapier. Nur müßte das umgehend geschehen, da die nächste Nummer in den ersten Tagen der WocheDer Herausgeber Maximilian Harden war Anfang der Woche stets sehr beschäftigt, da er dienstags das jeweilige „Zukunft“-Heft im Einmannbetrieb fertig redigierte. „Die Zukunft“ erschien, datiert auf den folgenden Samstag, immer freitags. zusammengestellt wird Wenn Sie irgend ein Bedenken haben, dann theilen Sie mir das vielleicht telegraphisch mit. Ich hoffe aber, Sie werden meiner Ansicht sein, daß sich eine vornehmere Art von Reklame gar nicht denken läßt

Mit besten Gruß
Ihr Fran w.


[Entwurf der Beilage:]


Herrn Maximilian Harden, Hochwohlgeboren
Berlin.


Ew. Hochwohlgeboren!

Ew. Hochwohlen wollen mir gestatten Sie unter Bezugnahme auf den Artikel Der vermummte Herr in N. x der ZukunftNr. 24 vom 16.3.1907 der „Zukunft“. Euer Hochwohlgeboren mit ergebenster Bitte um Berichtigung die Mittheilung zu machen, daß der Euer Winterpaletotein halblanger, leicht taillierter Herrenwintermantel. Die letzte Szene von „Frühlings Erwachen“, in welcher der vermummte Herr auftaucht, spielt im November., den Herr Wedekind als vermummter Herr trägt, nicht wie es dort irrtümlich heißt, von einem der ersten Schneider Modeschneider unter den LindenKarl Scheffler mutmaßte am 16.3.1907 in der „Zukunft“ über das Kostüm des vermummten Herrn, dass es „vom Modeschneider Unter den Linden bezogen ist.“ Ein bestimmter Schneider war nicht gemeint. Das „Berliner Adreßbuch 1907“ weist acht Unter den Linden ansässige Schneiderateliers aus, die angesichts der noblen Adresse in Frage kommen. bezogen ist stammt, sondern in meinem AtelierJohann Christoph Jureit war Inhaber des Schneiderateliers Johann C. Jureit in Frankfurt am Main (Roßmarkt 12), Schneider für Damen und Herren sowie Hoflieferant der Kaiserin [vgl. Adreßbuch für Frankfurt am Main 1907, Teil I, S. 174]. Er war seit 1877 als Schneider in Frankfurt am Main ansässig, als Schneider tätig aber schon seit 1857, wie eine Zeitungsnotiz verrät: „Frankfurt a. M., 1. Juli. (Privat-Telegramm.) Der Schneidermeister Jureit stiftete anläßlich seines 50jährigen Handwerkerjubiläums 232.000 Mark, davon allein 100.000 Mark für die Witwen- und Waisenkasse seiner Arbeiter.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 36, Nr. 328, 1.7.1907, Abend-Ausgabe, S. (4)] Jureit war seit Jahren Wedekinds Schneider und ist im Tagebuch öfters erwähnt. in Frankfurt a. M. angefertigt wurde.

Mit der Bitte, den Ausdruck vorzüglichster Hochschätzung entgegen nehmen zu wollen
Euer Hochwohlgeboren ergebenster
gez: J. C. Jureit.


Adresse
Herrn Maximilian Harden
Grunewald bei Berlin
Wernerstraße 10Maximilian Harden wohnte Wernerstraße 16..

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Briefentwurf: Papier. 2 Seiten beschrieben. 13 x 17 cm. Gelocht. Entwurf der Beilage: Liniertes Papier. 1 Notizbuchseite beschrieben. 10 x 17 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Bei dem Entwurf der Beilage handelt sich um einen von Wedekind für Jureit formulierten Brief an Maximilian Harden [Notizbuch 40, Bl. 30r].

Datum, Schreibort und Zustellweg

Dem Inhalt des Briefentwurfs zufolge dürfte das Schreibdatum der 16.3.1907 gewesen sein (Erscheinungsdatum des in Brieftext und Beilage genannten Artikels).

  • Schreibort

    Berlin
    16. März 1907 (Samstag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort


    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 198 und L 3501/40
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Johann Christoph Jureit, 16.3.1907. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.07.2019 02:46